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Hilfe: Ich arbeite in einem unseriösen Unternehmen

knupper

Neues Mitglied
Hallo liebe Forum-Gemeinde,

vorab möchte ich mich für die Länge meines Beitrages entschuldigen. Ich werde mich so kurz wie möglich fassen, aber von dem, was ich schreibe, kann ich leider nichts weglassen.

Seit drei Jahren arbeite ich jetzt in einem kleinen „Ingenieurbüro“, das Umweltberatung und vor allem Energiekostensenkung für klein- und mittelständische Unternehmen anbietet. Außer unserer Geschäftsführerin, einer dynamischen jungen Frau Anfang 30, ist neben mir (51) noch eine Frau (59) fest angestellt. Meine Kollegin kümmert sich vorwiegend um die Telefonakquise. Sie hat keinen Beruf erlernt. Ich bin Bürofachkraft und habe kurz bevor ich fest angestellt wurde einen Intensivkurs Buchführung erfolgreich abgeschlossen.

Kennengelernt habe ich das Ingenieurbüro, das damals noch von einem Diplom-Ingenieur als Einzelunternehmen geführt wurde und in dem meine jetzige Chefin als Assistentin tätig war, vor etwa zehn Jahren. Damals war ich selbständig mit einem Schreib- und Büroservice und habe für dieses Ingenieurbüro Berichte, Analysen, Briefe usw. geschrieben (vom Manuskript abgeschrieben).

Vor dreieinhalb Jahren etwa hat dann meine Chefin die Firma übernommen, weil der Ingenieur im Laufe seiner mehrjährigen Tätigkeit Steuern in Höhe von ca. 280.000 € hinterzogen hatte. Zuerst wurde die Firma als GbR mit dem Ingenieur zusammen gegründet und später, damit das Firmenkonto nicht gepfändet werden konnte, in eine GmbH umfirmiert und meine Chefin als alleinige Geschäftsführerin bestellt.

Laut Arbeitsvertrag bin ich Finanzbuchhalterin. Ich bekam einen schönen Designer-Schreibtisch aus schwarzem Glas und einen neuen Laptop. Die sind zum Arbeiten zwar nicht wirklich geeignet – der Schreibtisch ist viel zu klein und der Laptop ergonomisch eine Katastrophe – aber optisch machen sie schon was her...

Als ich anfing dachte ich, die Buchhaltung und das Schreiben der Berichte, Analysen, Briefe usw. könnte ich entsprechend meiner Qualifikation gut bewältigen. Anfangs lief auch alles ganz gut. Eines Tages jedoch stand meine Chefin hinter mir am Fensterbrett mit einem Taschenrechner und schrieb Ihre Berechnungen auf ein Blatt Papier. Dabei murmelte Sie mehrmals vor sich hin: „Ich weiß gar nicht, wie ich das ausrechnen soll.“[/i] Irgendwann reichte es mir, und ich bat sie, mir doch das mal zu zeigen. Es handelte sich um eine Vergleichsrechnung der Stromkosten eines Unternehmens beim aktuellen zu denen bei einem günstigeren Anbieter. Das stachelte meinen Ehrgeiz an, und weil Excel meine Leidenschaft ist, entwickelte ich eine schöne Tabelle, in die man nur noch ein paar Werte eintragen musste und die dann alles alleine ausrechnete. Das war natürlich toll. Ich kopierte die Tabelle auf Ihren Rechner.

Nach ein paar Tagen allerdings hatte sie die Tabelle total zerschossen. Von da an sollte ich dann die Berechnungen vornehmen. Dazu werden die Stromrechnungen der Kunden ausgewertet und die Angebote neuer Anbieter dagegen gerechnet. Bald stellte ich fest, dass jeder Anbieter die Rechnungen anders aufbaut und dass es auch noch Unterschiede gibt bei einem Verbrauch unter 100.000 kWh pro Jahr und über 100.000 kWh pro Jahr, wo dann noch die abgenommene Leistung berechnet wird, und dass meine Tabelle dazu lange nicht ausreichte. Also entwickelte ich sie weiter, und weil ich immer neue Erkenntnisse dazu gewann, weiter und weiter...

Richtig fertig bin ich damit übrigens immer noch nicht, weil ich kaum noch Zeit dazu habe. Nach und nach sind immer mehr Aufgaben auf mich zugekommen. Wir kümmern uns auch um Gaspreisangebote (wieder alles anders) und um Müllentsorgung (alles ganz anders). Ich hole die Angebote von verschiedenen Anbietern ein. Ich kläre Unstimmigkeiten zwischen unseren Kunden und deren Energieversorgern. Es wurden immer mehr Kunden. Ich hatte längst den Überblick über alles verloren und machte natürlich Fehler. Für jeden Fehler wurde ich angeschrien und oft mit übelsten Schimpfworten belegt.

Eines Tages wurde ich krank. Fast jeden Morgen musste ich mich übergeben, obwohl ich noch nichts im Magen hatte. Schließlich ließ ich mich krankschreiben. Da ich aber inzwischen die einzige war, die gewisse Arbeiten machen konnte, brachte mir meine Kollegin, die in der gleichen Straße wohnt wie ich, abends die Arbeit nach Hause oder ich erhielt Emails.

Nach ca. zwei Wochen Krankheit meldete sich meine Chefin zu Besuch bei mir an und machte mir dabei dann den Vorschlag, ich könnte ja erstmal von zu Hause aus arbeiten bis es mir wieder besser ginge, sprich: solange ich krankgeschrieben bin. Und dann machte sie den Vorschlag, noch jemanden einzustellen, der mir gewisse Arbeiten abnehmen könnte. Zwei Bewerbungen von in Frage kommenden Damen zeigte sie mir. Ich bräuchte dann nur noch von Montag bis Donnerstag arbeiten – also 32 Stunden pro Woche. Mein monatliches Gehalt würde von sagenhaften 1.175 € auf 800 € (brutto) herabgesetzt. Dann hielt sie mir eine Änderungskündigung vor, deren Empfang ich bestätigen sollte. Ich hatte die Wahl, die Änderung anzunehmen oder zum nächsten Monatsende die Kündigung zu akzeptieren. Das heißt, eigentlich hatte ich keine Wahl, denn hätte ich die Änderungen nicht akzeptiert, hätte ich eine dreimonatige Sperre bei Hartz IV riskiert. Das konnte ich mir nicht leisten. Irgendwie gefiel mir auch die Vorstellung, Freitags nicht mehr und ansonsten auch weniger arbeiten zu müssen – und das für unterm Strich mehr Geld, da ich jetzt aufstockendes Hartz IV beantragen könnte.

Eine neue Kollegin wurde eingestellt, d. h. zunächst einmal „schwarz“ beschäftigt, für zweimal wöchentlich je vier Stunden. Daraufhin ließ ich mich wieder gesundschreiben, um sie einarbeiten zu können. Zuerst machte sie sich auch ganz gut. Sie sollte von nun an die Berichte schreiben, aber da diese inzwischen nicht nur einfach abzuschreiben waren, sondern auch noch jede Menge Berechnungen einzufügen waren, war sie damit schnell überfordert, machte Fehler und wurde „gebeten nicht mehr zu kommen“.

Da ich nun aber beim besten Willen in vier Tagen nicht die Arbeit machen kann, die ich vorher in fünf Tagen nicht geschafft hatte, war meine liebe Chefin nun gezwungen, wieder selbst mitzuarbeiten. Das ist ihr aber peinlich, weil sie der Meinung ist, dass sie als Geschäftsführerin nicht zu arbeiten braucht. Daher telefoniert sie gern mal als eine Frau Müller oder schreibt Emails im Namen unserer „Schwarzkollegin“ oder auch in meinem Namen, was manchmal peinlich wird, wenn man keine Ahnung hat, mit wem der Kunde oder Geschäftspartner denn nun gesprochen hat bzw. was man „selbst“ doch am Freitag mit ihm besprochen hat. Ein Gutes hat das Ganze aber: Da sie jetzt selbst arbeitet, macht sie auch Fehler und schreit mich nicht mehr so gemein an, wenn ich einen mache.

Anfangs war ich selbstverständlich davon ausgegangen, dass meine Chefin Energiewirtschaft oder ähnliches studiert hätte und einen Dipl.-Ing.-Titel innehaben würde. Inzwischen hat sie sich aber mal verquatscht und erzählt, dass sie nicht einmal Abitur gemacht und einen ganz artfremden Beruf gelernt hat (Verkäuferin oder sowas). Außerdem habe ich festgestellt, dass sie eine deutliche Schreib- und Leseschwäche hat. Sie kann es wohl, aber ich würde sagen: Rechtschreibung 5 und Lesen 4. Das ist besonders peinlich, wenn sie freitags Emails mit meiner Signatur schreibt.

Kunden gegenüber behauptet sie aber immer gern, „... schließlich jahrelang studiert...“[/i] zu haben. Sie ist nicht dumm und bringt das mit ihrer schon pathologischen Selbstüberschätzung sehr glaubhaft rüber.

Weil aber keiner von uns drei Damen wirklich Ahnung von dem hat, was wir hier machen, passiert eigentlich eine Katastrophe nach der anderen. Außerdem gibt es kein System. Jeder macht das, was die Chefin sagt, was der gerade so in den Sinn kommt. Vor einiger Zeit hatte ich mal damit begonnen, eine Datenbank zu entwickeln, damit mal etwas Ordnung in unser Tun kommt. Aber das ist wie mit den Excel-Tabellen, die wird niemals fertig, weil ich nie Zeit dazu habe. Einmal habe ich vorgeschlagen, für die Kundenrechnungen eine vernünftige Ablage anzuschaffen. Jetzt werden diese lose in Aktenkörben im Regal aufbewahrt, die in Plastikfolien (drei Seiten offen) gesammelt werden. Man sucht sich dumm und dämlich, wenn man was sucht, und wenn man was rausnimmt, fallen die losen Blätter aus den Folien. Es ist grauenvoll und kostet jede Menge Zeit. Aber so eine Hängeregistratur ist zu teuer und außerdem: „Wie sieht denn das aus?“ [/i]Sowas würde ihr schönes Designerbüro doch völlig verschandeln.

Da das mit meiner Änderungskündigung so gut geklappt hat, hat kurze Zeit später auch meine Kollegin eine erhalten. Sie hat bisher 38 Stunden pro Woche gearbeitet und dafür 800 € (plus Hartz IV) erhalten und wurde nun auf 20 Stunden auf 400-€-Basis herabgesetzt – zumindest auf dem Papier. Sie erhält tatsächlich nur noch 400 € + entsprechend mehr Hartz IV, muss aber in Wirklichkeit nach wie vor 38 Stunden arbeiten. Auch sie ist mittlerweile ziemlich am Ende, denn auch sie muss am Telefon immer so tun, als hätte sie den vollen Durchblick in der Energiewirtschaft. Denn „...wir haben das ja alle jahrelang studiert. Schließlich sind wir ein Ingenieurbüro.“[/i]

Nötig war diese Maßnahme allemal, denn unser Konto ist ständig bis zum Dispolimit in Höhe von 5.000 € überzogen. Die Gesellschaftereinlage in Höhe von 12.500 € ist so gut wie aufgebraucht. Jeden Monat fragen wir uns, ob wir unser Geld überhaupt bekommen. Aber bisher ist ihr immer etwas eingefallen. So schreibt sie z. B. Rechnungen an ihren ehemaligen Chef, der noch hin und wieder als Ingenieur für sie arbeitet (manchmal braucht man ja doch einen so als Ingenieurbüro).

Kurzum: Ich arbeite in einem unseriösen Unternehmen, das Sozial- und manchmal auch ein bisschen Steuerbetrug betreibt, mit einer schrecklichen Chefin. Selber kündigen kann ich nur bei Strafe des Verhungerns. Wenn ich mir einen neuen Job suche, muss ich eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Quartalsende einhalten. Muss ich das? Wenn ja, wer wartet so lange? Außerdem ist es in meinem Alter sowieso nicht leicht, einen neuen Job zu finden. Wenn ich mich krankschreiben lasse, um evtl. eine Kündigung zu provozieren, steht meine Chefin bei mir auf der Matte und holt mich entweder mit Engelszungen zurück oder sie kündigt mir tatsächlich. Dann muss ich mit noch weniger Geld auskommen. Wenn ich sie anzeige könnte ich mir sogar vorstellen, dass mir kurz darauf ein Unfall passiert – irgendwie würde sie mich jedenfalls fertig machen. Ich will das nicht unbedingt ausprobieren.
 
G

Gast

Gast
Das Blöde ist, Du bist Mitwisserin und dadurch wohl erpreßbar, was für eine Schei**.
Mal sehen, was für Vorschläge kommen, was Du tun kannst.
 

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