Eine schwierige Geschichte - Gewalt? Ich weiß nicht. Viele, viele Missverständnisse. Der Wunsch zu verzeihen. Ein Vertrauensbruch. Ich freue mich über Gedanken und Meinungen und andere Perspektiven.
Ich bin seit 2001 mit meinem Mann zusammen. Damals lebte ich am Rande der Gesellschaft, hatte nicht viel zu verlieren, wechselte mein Heimatland um mit ihm zusammenzuziehen. Ich war 20, viel Neugierde und jugendlicher Übermut im Spiel. Er ist 25 Jahre älter, seine Frau war vor einiger Zeit mit 4 Kindern ausgezogen, er hatte einige wilde Beziehungen hinter sich und war zu der Zeit psychisch nicht der stabilste.
Wer uns zu der Zeit gesehen hat, dürfte unserer Beziehung eine Halbwertszeit von wenigen Monaten gegeben haben.
16 Jahre später leben wir noch immer zusammen, unser Sohn ist 13 Jahre alt. 98% der Zeit halte ich mich für den glücklichsten Menschen auf Erden. Wir lieben einander, haben gemeinsame Interessen, sind finanziell recht gut versorgt, leben an einem wunderschönen Ort, unser Sohn ist zufrieden und klug...
Aber dann ist da die posttraumatische Belastungsstörung meines Mannes. Es heißt, die käme wegen seinem Beruf, wo er jahrelang gemobbt wurde. Ich denke, da ist noch mehr hinterm Berg. In einem Land, wo der Großteil der Bevölkerung streng katholisch ist, wurde er mit 6 Jahren von seinen Eltern einem Priester anvertraut, der ihm "eine gute katholische Erziehung" vermitteln sollte. Der Priester, schwer beschäftigt, lieferte das Kind in einem Waisenhaus 250 km von seinem Elternhaus ab, und dort fand ihn sein Vater Monate später. Als sei das nicht genug, setzten sich die Versuche, ihm eine ordentliche katholische Erziehung zu verpassen, fort. Katholische Internate, Ferienaufenthalte im Nonnenheim und der ganze Blödsinn.
Die psychologische Versorgung hier ist nicht die Beste. Mein Mann machte sich mit 16 emotional von seiner Familie los und besuchte als eine Form von Protest eine landwirtschaftliche Schule, anstatt Priester, Arzt oder Anwalt zu werden. An Wein mangelte es dort nicht, und Probleme wurden wohl jahrelang einfach weggesoffen.
Fast-forward: es kann heute vorkommen, dass ihm etwas zu viel wird - alles scheint okay, und von einem Moment zum anderen brennt ihm die Sicherung durch. Er wird ärgerlich, beschuldigt mich, ihn zu mobben und trinkt zu viel. Tagelang gibt es Stress. Er verschwindet nachts, weckt mich und unseren Sohn zu Unzeiten, provoziert und beleidigt mich. Manchmal gehe ich mit meinem Sohn für einige Tage fort, weil es mir einfach zu viel wird.
Oft beschuldigt er mich dann, dass mit mir etwas nicht stimmt. Eine Weile sind wir zu einem Therapeuten gegangen, der ihm klargemacht hat, dass das Problem eher auf seiner Seite liegt und er etwas ändern muss. Eine Weile war er aufmerksamer, hat gemerkt, wenn er eine Pause braucht, hat Medikamente im Vorhinein genommen, wenn etwas zu stressig wurde. Aber er zieht es vor, seine psychischen (und körperlichen) Probleme zu ignorieren. Vor zwei Monaten hatte er Schmerzen, so stark, dass er praktisch 24/7 geschrieen hat und kaum laufen konnte. Zum Arzt habe ich ihn geschleppt, als ich es nicht mehr ertragen konnte und er mal wieder zum Alkohol gegriffen hatte, um alles zu ertragen - mit all den Problemen, die damit einhergehen. Er war sich so sicher, dass es für seine Probleme keine Lösung geben konnte. Ihm wurde ein Schmerzmittel verschrieben, und nach zwei Wochen war alles wieder gut...
Am Wochenende waren wir unterwegs, und es wurde etwas spät - er fuhr die Nacht durch, damit wir pünktlich zu einer Veranstaltung kommen konnten, die mir viel bedeutete. Ich bestand nicht darauf, bat ihn, dass er den Caravan anhält und schlafen geht, wenn er nicht mehr kann. Er versicherte, alles sei in Ordnung, er sei okay. Aber auf dem Nachhauseweg einen Tag später ging es wieder los. Er schrie mich eine halbe Stunde lang an (ich fuhr und wollte dem Navi folgen anstatt seinen Ratschlägen), und tobte noch Tage danach - ich würde ihn mobben, sein Leben ruinieren...
Da ich das schon kenne, blieb ich relativ ruhig, es schien auch erst, er würde sich wieder beruhigen. Aber dann ging es doch immer wieder los. Ich versuchte, ihn zu unterstützen, versuchte freundlich zu sein, wurde nicht wütend sondern zeigte Geduld.
Dann kam die Sache mit dem Sex. Er ist ein sehr aufmerksamer Liebhaber, und einer der ganz wenigen Menschen, die wissen wie ich sexuell ticke. Ich mag es gerne etwas härter, und komme eigentlich nur in die Gänge, wenn ich von meinem Partner "gezwungen" werde. Dazu gehört aber natürlich Vertrauen, und mein Mann weiß eigentlich, dass meine Lust sofort auf Null sinkt, wenn er nach Alkohol riecht und/oder in einer seiner Krisen steckt. Und in einer der Nächte nach dieser blödsinnigen Autofahrt redeten wir sehr viel und sehr ehrlich. Er war nach wie vor angetrunken, schien sich aber endlich bewusst zu sein, dass ihm bei der Fahrt die Sicherung durchgebrannt war, dass er sich falsch verhalten hatte, ich umarmte ihn erleichtert, machte aber klar, dass Sex an dem Tag einfach nicht drin war, da der Alkoholgeruch mich abtörnt. Und er zog an meinen Schultern und an meinen Haaren und sagte, er würde mich jetzt F*****. Ich machte mich los und ging weg. Er wurde erst sauer, schien dann zu verstehen. Aber dann passierte dieselbe Szene noch zwei Mal. Immer wenn ich versuchte, ihm die körperliche Nähe zu geben, die er in seinen Krisen eigentlich braucht, wurde er sexuell. Und ich ekelte mich jedes Mal mehr und war verzweifelt, dass mein Mann, der mich eigentlich kennt, in seiner unendlichen trauma-und-alk-ausgelösten Verwirrung nicht mehr weiß, was er tut.
Wäre er weiter gegangen, hätte ich ihm in die Eier getreten, kein Problem. Aber das wäre gleichzeitig auch das Ende unserer Beziehung gewesen. Und das macht es so furchterregend und bedrohlich. Ich liebe diesen Mann. Ich weiß zu hundert Prozent, dass er im normalen Zustand feinfühlig ist und meine Reaktionen einschätzen kann. Aber in seinem Krisenzustand hat er in dieser Nacht Grenzen überschritten, und das macht mir Angst. Angst nicht mal so sehr vor ihm, aber um unsere Beziehung und das Vertrauen, das ich eigentlich zu ihm habe.
Ich weiß nicht genau, wie ich damit umgehen soll. Meine Strategie soweit, ich bin zu einer wohlmeinenden Verwandten (von seiner Seite der Familie) gegangen. Dort kann ich ein paar Tage bleiben. Ich habe gefordert, dass er sich psychologische Hilfe sucht - und nach meiner Drohung, für länger auszuziehen, war er dazu scheinbar sofort bereit. Aber sofort danach meinte er "Du musst mir einen Psychologen suchen. Ich weiß nicht, was ich tun soll." Ich denke aber, dass zu einem ehrlichen ersten Schritt auch seine Eigeninitiative gehört. Er ist erwachsen und durchaus zur Initiative fähig. Andere Probleme (z. B. seine Kettenraucherei) hat er alleine bewältigt. Da sollte auch dieser Schritt drin sein. Er hasst es, andere um Hilfe und Unterstützung zu bitten. Er ist skeptisch und zynisch - es wird nicht einfach sein, einen Psychologen zu finden, dem er vertraut - aber in Zeiten von Internet und grenzenloser Mobilität sollte es machbar sein. Ich hoffe, er schafft den Schritt. Ich hoffe, ich bleibe stark und halte den nötigen Abstand ein, bis er die nötigen Schritte unternimmt. Es wäre einfach zu schade um diese Beziehung.
Ich bin seit 2001 mit meinem Mann zusammen. Damals lebte ich am Rande der Gesellschaft, hatte nicht viel zu verlieren, wechselte mein Heimatland um mit ihm zusammenzuziehen. Ich war 20, viel Neugierde und jugendlicher Übermut im Spiel. Er ist 25 Jahre älter, seine Frau war vor einiger Zeit mit 4 Kindern ausgezogen, er hatte einige wilde Beziehungen hinter sich und war zu der Zeit psychisch nicht der stabilste.
Wer uns zu der Zeit gesehen hat, dürfte unserer Beziehung eine Halbwertszeit von wenigen Monaten gegeben haben.
16 Jahre später leben wir noch immer zusammen, unser Sohn ist 13 Jahre alt. 98% der Zeit halte ich mich für den glücklichsten Menschen auf Erden. Wir lieben einander, haben gemeinsame Interessen, sind finanziell recht gut versorgt, leben an einem wunderschönen Ort, unser Sohn ist zufrieden und klug...
Aber dann ist da die posttraumatische Belastungsstörung meines Mannes. Es heißt, die käme wegen seinem Beruf, wo er jahrelang gemobbt wurde. Ich denke, da ist noch mehr hinterm Berg. In einem Land, wo der Großteil der Bevölkerung streng katholisch ist, wurde er mit 6 Jahren von seinen Eltern einem Priester anvertraut, der ihm "eine gute katholische Erziehung" vermitteln sollte. Der Priester, schwer beschäftigt, lieferte das Kind in einem Waisenhaus 250 km von seinem Elternhaus ab, und dort fand ihn sein Vater Monate später. Als sei das nicht genug, setzten sich die Versuche, ihm eine ordentliche katholische Erziehung zu verpassen, fort. Katholische Internate, Ferienaufenthalte im Nonnenheim und der ganze Blödsinn.
Die psychologische Versorgung hier ist nicht die Beste. Mein Mann machte sich mit 16 emotional von seiner Familie los und besuchte als eine Form von Protest eine landwirtschaftliche Schule, anstatt Priester, Arzt oder Anwalt zu werden. An Wein mangelte es dort nicht, und Probleme wurden wohl jahrelang einfach weggesoffen.
Fast-forward: es kann heute vorkommen, dass ihm etwas zu viel wird - alles scheint okay, und von einem Moment zum anderen brennt ihm die Sicherung durch. Er wird ärgerlich, beschuldigt mich, ihn zu mobben und trinkt zu viel. Tagelang gibt es Stress. Er verschwindet nachts, weckt mich und unseren Sohn zu Unzeiten, provoziert und beleidigt mich. Manchmal gehe ich mit meinem Sohn für einige Tage fort, weil es mir einfach zu viel wird.
Oft beschuldigt er mich dann, dass mit mir etwas nicht stimmt. Eine Weile sind wir zu einem Therapeuten gegangen, der ihm klargemacht hat, dass das Problem eher auf seiner Seite liegt und er etwas ändern muss. Eine Weile war er aufmerksamer, hat gemerkt, wenn er eine Pause braucht, hat Medikamente im Vorhinein genommen, wenn etwas zu stressig wurde. Aber er zieht es vor, seine psychischen (und körperlichen) Probleme zu ignorieren. Vor zwei Monaten hatte er Schmerzen, so stark, dass er praktisch 24/7 geschrieen hat und kaum laufen konnte. Zum Arzt habe ich ihn geschleppt, als ich es nicht mehr ertragen konnte und er mal wieder zum Alkohol gegriffen hatte, um alles zu ertragen - mit all den Problemen, die damit einhergehen. Er war sich so sicher, dass es für seine Probleme keine Lösung geben konnte. Ihm wurde ein Schmerzmittel verschrieben, und nach zwei Wochen war alles wieder gut...
Am Wochenende waren wir unterwegs, und es wurde etwas spät - er fuhr die Nacht durch, damit wir pünktlich zu einer Veranstaltung kommen konnten, die mir viel bedeutete. Ich bestand nicht darauf, bat ihn, dass er den Caravan anhält und schlafen geht, wenn er nicht mehr kann. Er versicherte, alles sei in Ordnung, er sei okay. Aber auf dem Nachhauseweg einen Tag später ging es wieder los. Er schrie mich eine halbe Stunde lang an (ich fuhr und wollte dem Navi folgen anstatt seinen Ratschlägen), und tobte noch Tage danach - ich würde ihn mobben, sein Leben ruinieren...
Da ich das schon kenne, blieb ich relativ ruhig, es schien auch erst, er würde sich wieder beruhigen. Aber dann ging es doch immer wieder los. Ich versuchte, ihn zu unterstützen, versuchte freundlich zu sein, wurde nicht wütend sondern zeigte Geduld.
Dann kam die Sache mit dem Sex. Er ist ein sehr aufmerksamer Liebhaber, und einer der ganz wenigen Menschen, die wissen wie ich sexuell ticke. Ich mag es gerne etwas härter, und komme eigentlich nur in die Gänge, wenn ich von meinem Partner "gezwungen" werde. Dazu gehört aber natürlich Vertrauen, und mein Mann weiß eigentlich, dass meine Lust sofort auf Null sinkt, wenn er nach Alkohol riecht und/oder in einer seiner Krisen steckt. Und in einer der Nächte nach dieser blödsinnigen Autofahrt redeten wir sehr viel und sehr ehrlich. Er war nach wie vor angetrunken, schien sich aber endlich bewusst zu sein, dass ihm bei der Fahrt die Sicherung durchgebrannt war, dass er sich falsch verhalten hatte, ich umarmte ihn erleichtert, machte aber klar, dass Sex an dem Tag einfach nicht drin war, da der Alkoholgeruch mich abtörnt. Und er zog an meinen Schultern und an meinen Haaren und sagte, er würde mich jetzt F*****. Ich machte mich los und ging weg. Er wurde erst sauer, schien dann zu verstehen. Aber dann passierte dieselbe Szene noch zwei Mal. Immer wenn ich versuchte, ihm die körperliche Nähe zu geben, die er in seinen Krisen eigentlich braucht, wurde er sexuell. Und ich ekelte mich jedes Mal mehr und war verzweifelt, dass mein Mann, der mich eigentlich kennt, in seiner unendlichen trauma-und-alk-ausgelösten Verwirrung nicht mehr weiß, was er tut.
Wäre er weiter gegangen, hätte ich ihm in die Eier getreten, kein Problem. Aber das wäre gleichzeitig auch das Ende unserer Beziehung gewesen. Und das macht es so furchterregend und bedrohlich. Ich liebe diesen Mann. Ich weiß zu hundert Prozent, dass er im normalen Zustand feinfühlig ist und meine Reaktionen einschätzen kann. Aber in seinem Krisenzustand hat er in dieser Nacht Grenzen überschritten, und das macht mir Angst. Angst nicht mal so sehr vor ihm, aber um unsere Beziehung und das Vertrauen, das ich eigentlich zu ihm habe.
Ich weiß nicht genau, wie ich damit umgehen soll. Meine Strategie soweit, ich bin zu einer wohlmeinenden Verwandten (von seiner Seite der Familie) gegangen. Dort kann ich ein paar Tage bleiben. Ich habe gefordert, dass er sich psychologische Hilfe sucht - und nach meiner Drohung, für länger auszuziehen, war er dazu scheinbar sofort bereit. Aber sofort danach meinte er "Du musst mir einen Psychologen suchen. Ich weiß nicht, was ich tun soll." Ich denke aber, dass zu einem ehrlichen ersten Schritt auch seine Eigeninitiative gehört. Er ist erwachsen und durchaus zur Initiative fähig. Andere Probleme (z. B. seine Kettenraucherei) hat er alleine bewältigt. Da sollte auch dieser Schritt drin sein. Er hasst es, andere um Hilfe und Unterstützung zu bitten. Er ist skeptisch und zynisch - es wird nicht einfach sein, einen Psychologen zu finden, dem er vertraut - aber in Zeiten von Internet und grenzenloser Mobilität sollte es machbar sein. Ich hoffe, er schafft den Schritt. Ich hoffe, ich bleibe stark und halte den nötigen Abstand ein, bis er die nötigen Schritte unternimmt. Es wäre einfach zu schade um diese Beziehung.