als eine Bekannte von uns mal mit denen am Tisch sas kam raus dass sie fast genausoviel verdient wie er. Das schmeckte ihm offensichtlich nicht, denn er fing dann an Dinge wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, 13. Gehalt etc. zu vergleichen und meinte dann wörtlich "siehst du, ich hab aber mehr Urlaub oder Weihnachtsgeld". Dann schien er sichtlich beruhigt, dass er ja immer noch was "Besseres" hat. Zumindest hat es stark danach gewirkt, sonst vergleicht jemand sowas doch nicht dermaßen kleinkarriert.
Allerdings. Da hast du volkommen Recht. So etwas ist kleinkariert, kleinbürgerlich und typisch emporkömmlingshaft. Leute aus gehobenen Kreisen, für die ein hohes Einkommen, Eigentum, sonstige Vermögenswerte, überdurchschnittliche Bildung etc. seit Generationen selbstverständlich sind, gehen damit viel dezenter um, fragen andere nicht danach, thematisieren das auch nicht von sich aus. Sie betreiben eher ein vornehmes Understatement. Dein Bekannter gibt nur unbeabsichtigt ganz deutlich über sich preis, dass er ein kleiner Gernegroß ist und sozial von ziemlich weit unten kommt.
Es ist ja wirklich furchtbar, wenn jemand keine anderen Gesprächsthemen kennt.
Aber ich habe vergleichbare Erfahrungen gemacht wie du. Als ich Rechtsreferendarin war (über 20 Jahre her), bekam ich Anwärterbezüge nach Besoldungsgruppe A 13 BBesG. Der Mann der bereits mehrfach erwähnten Cousine fragte mich damals ganz plump, wieviel ich verdienen würde.
😱Eigentlich hätte ich das mit einem blöden Spruch nach dem Motto "Über Geld spricht man nicht, Geld hat man" abtun sollen. Ich war aber ob dieser Dreistigkeit so perplex, dass ich wahrheitsgemäß den Betrag nannte. Daraufhin meinte er, das könne doch eigentlich gar nicht sein, seine Frau verdiene dann ja sogar etwas weniger als ich, obwohl sie schon seit Jahren mit der Berufsausbildung fertig sei (ich weiß gar nicht mehr, ob sie damals Vollzeit gearbeitet hat oder Teilzeit).
Ja hallo? Als Juristin mit 1. Staatsexamen bekam man damals im Vorbereitungsdienst für das 2. Staatsexamen die Anwärterbezüge für das Eingangsamt im höheren Verwaltungsdienst (A 13). Meine Cousine hat weder Abitur noch Studium, sondern hat Büroarbeiten in der Art einer Bürokauffrau oder Verwaltungsfachangestellten gemacht. Da wird sie wohl in der Tat weniger verdienen als jemand, der sich auf den höheren Verwaltungsdienst vorbereitet. Oder darf sich eine höhere Qualifikation neuerdings nicht mehr finanziell bezahlt machen? Ich fand es schon abartig, überhaupt so plump nach so etwas zu fragen. Hätte ich das umgekehrt gemacht, hätten mir schon allein meine Eltern was anderes erzählt, wie ich mich so daneben benehmen könne!
Der Mann der anderen Cousine hatte den Aufstieg vom mittleren in den gehobenen Verwaltungsdienst gemacht. An sich lobens- und anerkennenswert. Bei Treffen fragte meine Tante (seine Schwiegermutter) aber immer, in welcher Besoldungsgruppe ich (Beamtin im höheren Verwaltungsdienst) inzwischen sei, weil ihr Schwiegersohn das wissen wolle. Hinterher hat er wahrscheinlich in den Besoldungstabellen nachgeschlagen, wieviel ich mehr verdiene als er.
😀
Der Mann der zuerst genannten Cousine hatte angeblich "80 Leute unter sich".
🙄 Er machte sich auch über einen älteren Onkel lustig, weil dieser "nur" einen Opel Astra fuhr. Er selbst dagegen hatte seine jeweiligen Wagen geleast. Der (inzwischen verstorbene) Onkel war zu der Zeit bereits Rentner und fuhr allenfalls einmal im Jahr mit seiner Frau an die Nordsee. Ansonsten brauchte er den Wagen nur für Einkäufe an seinem Wohnort und Sonntagsausflüge maximal im 30 km-Umkreis. Wozu hätte er einen noch größeren Wagen kaufen sollen? Nur um andere zu übertrumpfen?
Die betreffende Cousine erträgt es noch nicht mal ohne konkurrierende Replik, wenn ich erzähle, dass ich mit Mitte 30 angefangen habe, Querflöte zu spielen, und dass mir das Spaß macht (passt natürlich nicht in ihr Bild von einer überbraven, langweiligen, altjüngferlichen Cousine, die keinen Ehemann abgekriegt hat und mit ihrer Freizeit nichts Sinnvolles anzufangen weiß). Sofort geht es los, dass sie schon als Kind Blockflöte gespielt hätte (ich übrigens auch
😉), "und zwar sehr gut". Ich habe es mir verkniffen zu erwidern, dass ich drei Musikinstrumente spielen, vom Blatt singen und im Musiktheorieunterricht bei der Gehörbildung sehr treffsicher Intervalle und Akkorde erkennen und einfachere Stücke in eine andere Tonart transponieren bzw. nach Gehör die Noten dazu niederschreiben kann. Dieses "Wettrüsten" war mir einfach zu blöd. Schließlich sind wir nicht im Kindergarten.
Wenn jemand nur solche Themen und Vergleiche drauf hat, dann ist mir das zu hohl.
😛
Ich habe die Erfahrung gemacht, und zwar immer und immer wieder, dass solche geltungssüchtigen Menschen nicht zu ändern sind. Man sollte sie lächelnd links liegen lassen, dann können sie ihre Prahlereien ja künftig ihrem Friseur erzählen.
😉