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Falsche Studienwahl hat mein Leben zerstört

L

Le2

Gast
Ich habe mich damals in ein Duales Studium mit integrierter Ausbildung eigeschrieben. Heißt: Studium und Ausbildung gleichzeitig plus unbezahlt Vollzeitarbeiten in den Semesterferien. Der Grund war, dass mich das Fach interessiert hat und meine Leidenschaft geweckt hat. Und da das Fach gerade von einer reinen Ausbildung in die reine Akademisierung übergeführt wird, wird momentan beides parallel gemacht. Der Bachelor dauert dabei 4 Jahre und man hat am Ende einen doppelten Abschluss, Ausbildung plus Bachelor. Die Verdienstmöglichkeiten sind übel, man kommt eigentlich schwer über Mindestlohn raus. Dafür bekommt man an jeder Ecke einen Job hinterher geworfen, weil es eben keiner machen will. Selbst mit einem schlechten Abschluss. Allerdings wird man im Job auch wie der Depp vom Dienst behandelt.
Das Arbeitspensum war schon von vorne rein enorm. Zu Beginn ca 40 Stunden Vorlesungen die Woche (später wurde es weniger) mit kontrollierter Anwesenheitspflicht die auch wirklich kontrolliert wurde, Hausarbeiten in der Prüfungsphase und dann halt Vollzeit ins unbezahlte Praktikum, wo man sich im Zweifelsfalle auch noch selbst ums Pendeln oder Übernachten kümmern musste, ggf. auf eigene Kosten. Oft hatte man von 8-19 Uhr Vorlesung und musste dann noch lernen. Dabei durfte man insgesamt in den vier Jahren inklusive Praktika in den Semesterferien nicht mehr als 30 mal fehlen, sonst würde man exmatrikuliert.
Insgesamt war das Studium unfassbar schlecht strukturiert. Oft wurde am Anfang des Jahres sehr wenig und sehr langsam unterrichtet und am Ende des Jahres sollte man innerhalb weniger Tage alles restliche alleine zu Hause mit Büchern und Videos lernen und wurde dann praktisch geprüft, ohne es je praktisch gemacht oder gezeigt bekommen zuhaben. Der ganze Studienplan schien auch darauf hinauszulaufen, möglichst schnell möglichst viele Leute zu vergraulen. Da in den ersten Semestern enorm viele Vorlesungen und Prüfungen sind, bis am Ende des Studiums kaum noch irgendwas gemacht wird, was man auch hätte gleichmäßiger verteilen können.
In den mündlich/praktischen Prüfungen wurde gemobbt und schikaniert wo es nur ging. Regelmäßig sind Leute heulend rausgekommen. Jedesmal wurde gesiebt und gesiebt und 2/3 waren auch schnell rausgegrault. Dabei konnte die selbe Antwort auf die selbe Frage bei Einem falsch und beim Nächsten richtig sein. Man hatte oft das Gefühl, dass ob man weiterkommt feststeht, bevor man den Raum betritt.
Dann kam Corona und der praktische Unterricht hat quasi gar nicht mehr stattgefunden. Auch nicht Online, weil die Dozenten oft einfach keine Lust darauf hatten. Es wurde dann immer von irgendwelchen schriftlichen Ersatzleistungen geredet, aber dann hat sich nie ein Dozent darum gekümmert. Es wurde das ganze Jahr nichts gemacht und es musste dann wieder alles Praktische wenige Tage vor der Prüfung alleine mit dem Buch gelernt werden. Weil vorgeschrieben war, dass dies und das ,,unterrichtet'' worden sein musste. Anstatt dass man einem dann wenigstens schon im Semester die Aufgaben gibt. Natürlich gab es auch schriftliche Klausuren usw.
Irgendwann musste ich dann wegen einer Krankheit operiert werden, danach ist auch noch eines meiner Elternteile erkrankt, war Pflegebedürftig und ist dann gestorben. In der Zeit habe ich dann eine Verlängerung des Studiums beantragt, die aber in einem ziemlich unfreundlichen Schreiben abgelehnt wurde, (nach dem Motto: ist halt mein Pech was privat passiert) da wir wegen dem ganzen Dualen Mist die Regelstudienzeit nicht überschreiten dürfen. Die Dozenten wussten dann auch, dass ich es kaum noch in der Regelstudienzeit schaffen kann und haben dann teilweise alles daran gesetzt, mich zum gehen zu bewegen, weil ich nicht freiwillig gegangen bin und es trotzdem weiter versucht habe. Das habe ich dann fast ein Jahr über mich ergehen lassen und irgendwann habe ich so dermaßen einen Nervenzusammenbruch bekommen, dass ich alles von einem Tag auf den anderen hingeschmissen habe.
Jetzt bin ich Mitte-Ende 20, stehe vor dem Absoluten nichts, habe so viel darein investiert, soviel Schikanen über mich ergehen lassen für nichts. Ich bereute nicht, dass ich es geschmissen habe. Aber ich bereue, dass ich es nicht früher geschmissen habe, als der Großteil gegangen ist. Meine Familie macht mir einen Riesen stress, warum ich abgebrochen habe. Und haben keinerlei Verständnis, wollten mich immer dazu bringen weiter zumachen. Aber es geht nichtmehr, es geht wirklich nichtmehr. Ich habe gar keine Kraft und Energie mehr, fühle mich komplett ausgelaugt und will das ganze nichtmehr. Dieses Studium war der einzige Psychoterror und jetzt habe ich nichts daraus gewonnen außer jede Menge verlorene Lebenszeit, einen Schandfleck auf meinem Lebenslauf, für den ich mich für immer rechtfertigen muss und der es mir im weiteren Leben schwer machen wird, und ein Burnout. Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll und würde am Liebsten nichtmehr leben. Ich will auch gar nichts mehr mit diesem Beruf zutun haben. So wie die mit ihren Leuten umgehen verdienen die es nicht anders, als dass überall ein Mangel herrscht und der Großteil abbricht. Es war richtig abzubrechen aber es war ein riesiger Fehler es so spät zutun und so viel Zeit zu vergeuden. Es war auch allgemein ein Fehler sich da überhaupt je einzuschreiben. Ein Bachelorstudiengang ist schwer genug , wenn man die Regelstudienzeit unter keinen Umständen überschreiten darf. da muss nicht auch noch zusätzlich eine Ausbildung und Betriebspraktika dazu kommen. Ich bin nervlich komplett am Ende und habe keine Kraft mehr mich wieder aus dem Dreck zu ziehen. Habe da so viel Blut, schmerz und tränen rein investiert und alles was ich rausbekommen habe ist Prüfungsangst, Zukunftssorgen und ein Burnout.
 

Daoga

Urgestein
Das Thema reicht, um ein Buch draus zu machen. Was ich so meine, schreib Dir Deine Erfahrungen von der Seele und veröffentliche. Wer denkt sich die Bedingungen von so einem Extrem-Studium überhaupt aus? Wundert mich daß da überhaupt jemand mitmacht. Was ist das überhaupt für ein Berufszweig, der Dich so interessiert hätte, daß Du da voller Idealismus reingegangen - und viel zu lange mitgemacht - hast? Die Beschreibung "weil es einfach keiner machen will" und "wird wie der Depp vom Dienst behandelt" liest sich nämlich alles andere als überzeugend, sowas mitzumachen.
 

GrayBear

Aktives Mitglied
Hallo Le2,

es gibt wenig, was Dir in dieser Situation helfen kann, außer der Zeit und die Art und Weise, wie Du mit Dir selbst umgehst. Du hast Dein Möglichstes getan und mehr war nicht drin. Dass es nicht gereicht hat und Dir das Leben mit all seinen Vorkommnissen auch nicht gerade in die Hände gearbeitet hat, ist einfach nur schwer zu ertragen. Aber Du wirst sehen, dass dieser Schmerz der Enttäuschung im Laufe der Zeit leichter zu ertragen ist. Er wird nie ganz weg gehen und wenn mir jemand einzureden versucht, dass solche Ereignisse zu etwas gut sein sollen, dann klinke ich mich gerne aus diesem Gespräch aus, denn so viel Schönfärberei ist für mich manchmal nur schwer zu ertragen.

Also schalte Deinen Verstand ein und betrachte Deine augenblicklichen Gefühle als etwas Vorübergehendes, denn nichts anderes sind sie. Du hast Dein Leben nicht ruiniert, selbst wenn da am Horizont kein Silberstreif ist. Für eines ist dieser riesen Mist dann doch gut: Du lernst, dass Du das überstehen kannst. Es geht nicht ums "ungeschehen machen", denn das kann niemand. Wer Dir aufgrund Deiner Erfahrungen und diesem Punkt im Lebenslauf keine Chance geben will, dem entgeht ein Mensch, der gelernt hat, was es heißt zu kämpfen und der auch Enttäuschungen verarbeiten kann. Manchmal ist nicht das Vorkommnis das Problem, sondern wie Du dazu stehst, es beschreibst und damit umgehst.

Wenn möglich, nimm Dir nun Zeit, um nach Dir zu schauen. Solche Dinge reißen innere Wunden und die müssen versorgt werden. Das zieht sich meistens über einige Wochen oder Monate. Also sei freundlich zu Dir und habe Geduld, denn Du bist Dein wichtigster Verbündeter. Was andere über Dich denken könnten, ist nicht so wichtig, wie Dein eigenes Urteil über Dich. Also kümmere Dich dann darum, wenn dies z.B. bei einer Bewerbung ansteht. Aber noch wichtiger ist: gab es etwas in diesem Studium, das Dir entspricht und das "Deins" ist? Denn nur dann entwickelt man auch die Energie, sich den Problemen zu stellen und über sich selbst hinauszuwachsen. Jeden Tag mit sich und der eigenen Situation zu hadern verbraucht genau diese Energie zum Wachstum.

Versorge Deine Wunden, tu Dir auch ein wenig selbst leid und dann "berapple" Dich wieder. Aber tu das nicht für andere. Nur für Dich selbst und nur mit Deinen eigenen Entscheidungen und Deinen eigenen Schritten macht das Sinn und die zu finden, ist eines vom Schwierigsten. Meine Oma sagte bei sowas immer: "In hundert Jahren spricht kein Mensch mehr davon!". Das macht es nicht besser und auch nicht leichter. Aber es verschiebt etwas die Prioritäten und kann Dir durch ein wenig Demut auch diese Last etwas leichter machen. Auf Deinen Schultern ruht nicht die Verantwortung für das Universum und die Geschichte des Abendlandes. Es ist schief gelaufen und Du lebst noch.

Ich will Deinen Schmerz nicht klein reden, ganz gewiss nicht, denn gerade dieser Schmerz ist der Humus für Dein inneres und unfreiwilliges Wachstum. Jetzt zeigt sich Deine Verantwortung: das ist die Bereitschaft, Antworten zu suchen und zu geben. Ein Spruch wird Konrad Adenauer zugeschrieben: "Es ist kein Schande hinzufallen, aber liegen zu bleiben." Mach es auf Deine Weise und geh gut mit Dir um. Dann stehst Du auch wieder, wenn die nächsten Chancen vorbei kommen. Alles Gute dafür.
 

Sonic

Aktives Mitglied
Du hast nichts falsch gemacht. Lass dir da nichts reinreden. Mache dich auch selbst nicht damit kaputt.
Was du getan hast ist ein Schritt im Leben um zu lernen.
Du hast in deinem Studium viel gelernt, was dir den Weg zu einem anderen Beruf (der dir viel mehr Spaß machen wird) so viel einfacher machen kann.
Du musst nicht nochmal von Null anfangen. Deine investierte Zeit gibt dir so viele Möglichkeiten etwas Neues anzufangen.

Sehe es als Chance, dass du mit dem ganzen Wissen, welches du nun in dir hast, einen Ausbildungsplatz in einem Beruf suchst der dich erfüllt.
Drücke halt nochmal 2-3 Jahre die Schulbank mit all den jüngeren Lehrlingen die noch nix vom Leben wissen. So what! Du bist dann der King unter den ganzen Jungspunten.

Prüfungsangst haben fast alle. Nur weil du so bescheuerte Leute vor dir stehen hattest, heißt das nicht, dass alle Prüfer so Ars.....er sind.

Meine Eltern haben mir auch immer gesagt, dass ich meine Traumberuf vergessen soll und was lernen soll wo man gut verdient.
Habe ich auf sie gehört? Nein!
Fazit war, dass ich nach dem ersten Ausbildungsjahr das ganze hinschmeißen wollte, weil ich dachte, das schaffe ich nie.
Warum ich es nicht hingeschmissen habe war, dass ich eine unglaubliche Wut auf meine Eltern hatte und denen beweißen wollte, dass ich meinen Traumberuf verdammt nochmal verwirkliche.
Und ich habe es geschafft! Die ersten drei Jahre war ich jedoch wieder kurz davor aufzugeben. Aber all die Mühe, die Angst, der Stress, die Panik, ect., haben sich gelohnt. Ich gehe gerne zur Arbeit, werde dort geschätzt, und weiß, dass ich alles richtig gemacht habe.

@Le2: Lass dich bitte nicht verunsichern von deiner Familie. Frag Onkel, Tante und co doch einfach mal, für was sie schon alles verurteilt wurden was sie im Leben "angeblich" falsch gemacht haben. Und wie sie damit umgeganen sind. Somit nimmst du ihnen den Wind aus den Segeln, da sie sich erst mal selbst rechtfertigen müssen.
 
I

ibkr

Gast
Lass dir nicht einreden, deine Entscheidung sei falsch gewesen. Du hattest ja gute Gründe dafür und hast da offensichtlich auch viel mit dir gerungen. Aber natürlich ist es schade, dass du solche Erfahrungen an deiner Uni sammeln musstest; sowas habe ich in der Form echt noch nie gehört.
So oder so ist in deinem Alter noch sehr viel möglich, sowohl Ausbildung als auch Studium. Kümmern dich gut um dich selbst und sobald du kannst, spiel mal gedanklich mit den verschiedenen Möglichkeit.
 

dr.superman

Sehr aktives Mitglied
warum muss man denn in der Regelstudienzeit studieren, das schafft doch eh kaum einer...
ansonsten such Dir einen Studiengang, bei dem Du möglichst viel anrechnen lassen kannst und mache, nach einer Erholungspause, Dein Studium zu Ende. Du brauchst den Lehrabschluss nicht,
keiner, der studiert hat, kehrt wieder in den Ausbildungsberuf zurück. Duales Studium ist für Kontakte knüpfen und organisiert Geld verdienen, beides kannst Du auch so.
Deine FH ist halt bissl komisch, oder
Später gibst Du dann im Lebenslauf einfach beide Studienorte an.
 
G

Gelöscht 119860

Gast
Hallo TE!
Von so einem knallharten dualen Studium hab ich auch noch nie gehört. Ich kann's fast gar nicht glauben, dass man dass in Regelstudienzeit abschließen muss oder man wird geext. Oder ist das allgemein so, das das für alle dualen Studiengänge so gillt?
Was ich nich nicht ganz verstanden habe: Kannst oder konntest du denn auch den Kammer-Abschluss des Ausbildungsberufes nicht machen, weil dein Ausbildungsbetrieb dich nun deshalb auch gekündigt hat?
Sonst wäre ja vielleicht zu überlegen, dich nochmals bei einem Ausbildungsbetrieb zu bewerben, um wenigstens die duale Ausbildung abschließen zu können sofern dich der Beruf weiterhin interessiert. In welchem Lehrjahr bist du da? Kann doch soviel nicht mehr fehle ln denk ich...
Gruß,Juke
 

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