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Die Konsequenzen einer unerfüllten Beziehung.

M

Moorla

Gast
Hallo zusammen,

ich lese seit einiger Zeit hier und da so mit um eine Antwort auf meine Situation zu finden. Leider bin ich nicht fündig geworden, so schreibe ich selbst einmal. Ich weiß, dass man um gute Antworten geben zu können eigentlich den Gesamtzusammenhang wissen müsste. Ich gebe mir Mühe alles Nötige hier darzustellen, möchte aber auch nicht meine Lebensgeschichte erzählen.

Es geht um meine letzte Beziehung. Mein Partner (30, im Folgenden T. genannt) und ich (32) waren 3 1/2 Jahre zusammen. Seit ca. 4 Wochen sind wir nicht mehr zusammen.

Unsere Beziehung begann sehr vorsichtig und langsam. Erst nach ca. 3 Monaten gingen wir über das Knutschen hinaus, was ich irgendwie als so etwas wie ein Zeichen sah. Sollte er der richtige Mensch für mein zukünftiges Leben sein? Wobei, allein in den ersten drei Monaten gab es seinerseits schon Zweifel an mir. Ich erzählte ihm sehr zeitnah, dass ich mit einem ihm bekannten Typen ein Jahr zuvor für zwei Jahre zusammen war und danach einige Monate etwas mit einem anderen Menschen hatte, den er auch kannte. Allerdings wusste ich nicht, dass alle drei sich kannten, bevor ich T. kennenlernte und ehrlich gesagt, ist es mir auch heute noch egal, denn das spielt doch überhaupt keine Rolle oder?! Doch diese Menschen aus meiner nahen Vergangenheit waren nicht die einzigen Zweifelsbringer. T. zweifelte daran, ob ich die richtige sei aufgrund meiner Schuhe und Klamotten, die ich damals trug. In denen er mich kennenlernte. Dabei ging es um die Herkunft, Kinderarbeit und unfaire Produktionsbedingungen usw. Außerdem könne ich ja so viel mehr aus mir machen.

Ich begann an mir selbst zu zweifeln. (Dazu sei gesagt, dass ich mitunter eh schon Selbstzweifel habe, diese aber immer wieder in den Griff bekomme). Ich fragte mich immer öfter ob ich wirklich die bin, die er an seiner Seite haben will oder er nicht doch einen anderen Typ Frau bevorzugt. Wir sprachen viel darüber und konnten fürs erste diese ganzen Zweifel aus dem Weg räumen. Doch sie kamen hier und da immer wieder hoch. Bei ihm und auch bei mir. Die beziehung wuchs trotzdem und wir hatten sehr schöne und intensive Momente.

Vor zwei Jahren begann ich eine neue Ausbildung. Ich lernte viele nette Menschen kennen, meine Klasse ist total super und alle verstanden sich auf Anhieb. Wir unternahmen viel gemeinsam, hatten viele Parties zusammen usw. Mit einem Klassenkameraden verstand ich mich nach einigen Monaten besonders gut. Wir fühlten uns total zueinander hingezogen, was immer in unterschwelligen Sprüchen und eindeutigen Blicken zum Ausdruck kam. Anfangs mied ich Momente in denen wir allein sein könnten, doch irgendwann suchte ich bewusst seine Nähe und er ging darauf ein. So auch an diesem einen lauen Sommerabend am Strand. Wir saßen alle zusammen, es fing an zu regnen. Die anderen fuhren mit dem Bus, er und ich gingen zu Fuß nach Hause. Wir hatte den gleichen Weg. Irgendwann blieben wir beide stehen und küssten uns. Es war wie in nem Film. In diesem Moment machte ich mir keine Gedanken, als wir uns trennten hatte ich ein schlechtes Gewissen. Doch ich führte diese Liaison weiter. Bis wir auf einer anderen Party miteinander schliefen.
Danach war ich wie verändert. Zum einen war es nicht sehr schön mit dem anderen zu schlafen, zum anderen hat dieser One Night Stand eine totale Veränderung herbeigeführt. Ich war danach nicht mehr die selbe. Das wirkte sich absolut auf mein Verhalten in der beziehung zu T. aus. Ich war wie ausgewechselt, immer in Gedanken bei der Dummheit, die ich da gemacht hatte. Ich konnte nicht mehr wirklich auf T. eingehen. Im Nachhinein betrachtet war es, als würde ich mich immer mehr distanzieren. Es tat mir so unendlich leid und ich wollte es am Liebsten rückgängig machen. Das hat niemand verdient, so hintergangen zu werden! Ich habe es T. nie erzählt.

Im September des gleichen Jahres lernte ich auf einem Konzert einen Menschen aus einem anderen Land kennen. Er war Sänger in der band die das Konzert gab. Wir unterhielten uns eine Weile, waren auf einer Welle und er fragte mich nach meiner Mailadresse. Er würde mir gerne schreiben wollen. Ich gab sie ihm und kurz nach Weihnachten bekam ich die erste Mail. Wir schrieben einige Monate sehr tiefgründig hin und her. Auch davon erzählte ich T. erstmal nichts. Im darauffolgenden Sommer wollte er für ein weiteres Konzert wieder nach Deutschland kommen. Er fragte ob ich ihn beherbergen könne. Ich stimmte zu, dachte keinen Moment daran, was das für Probleme bringen würde. Letztlich kam ich zur Besinnung und habe die ganze Sache dann doch abgesagt. Der Kontakt brach nach und nach dann ab. T. hat dann aber doch irgendwann eine Mail von diesem besagten Menschen entdeckt und nach langem Hin und Her erzählte ich ihm die ganze Geschichte. Er war sehr verletzt und sauer und machte Schluss. Wir trafen uns danach einige Male, sprachen uns aus und versuchten es wieder miteinander. Wir dümpelten so vor uns hin, mal besser mal schlechter.

Anfang dieses Jahres fuhren wir gemeinsam ein Paar Tage weg. Wir brauchten unbedingt eine Pause. Er arbeitete sehr viel und ich hatte bis dahin noch drei Jobs, ein Vollzeitpraktikum und die Schule zu meistern. Doch als wir dort ankamen hatte ich schon so ein eigenartiges Gefühl. Ich fühlte mich unwohl und wollte am Liebsten gleich wieder nach Hause. Konnte das aber nicht sagen. So ließ ich mich darauf ein. Nach einer nacht und einem Tag flippte ich irgendwie aus. Ich wollte einfach nicht mehr dort sein. Wollte diese Beziehung so nicht mehr, wollte am Liebsten ganz weit weg. Das war so ein Gesamtgefühl und nicht nur auf die Beziehung bezogen. T. wusste nicht, was er sagen sollte und ich war wie glähmt, konnte das nicht erklären, brachte kein Wort mehr raus. Am nächsten Morgen fuhren wir also nach Hause. Sahen uns ein Paar Tage nicht um dann wieder darüber zu reden. Es kam heraus, dass ich einfach total überfordert mit der Gesamtsituation war, die Jobs, persönliche Probleme usw. Wir stellten einen Survivalplan zusammen - Jobs kündigen, einen Gang runterschalten, Hilfe von außen suchen.

Hab ich alles gemacht! Ich stelle mein Leben um, trete nen Schritt zurück, räume auf. Auch mit T. wollte ich aufräumen, Dinge aus der Welt schaffen, damit nichts mehr zwischen uns steht. Doch ich bin es nicht richtig angegegangen. Bin einfach herausgeplatzt mit der Wahrheit und das brachte das Fass zum Überlaufen. Er machte zum zweiten Mal Schluss. Diesmal entgültig.

Ich verstehe T. sehr gut. Denn wie ich schon weiter oben schrieb, hat niemand so einen Umgang mit sich verdient. Dieses ganze Hin und Her all die ganze Zeit. Von ihm, wie von mir. Wir stehen uns da wohl in nichts nach, ich habe weitestgehend von meinem Fehlverhalten berichtet.

Trozdem bin ich so unendlich traurig über diese Situation! Auch wenn ich viel Mist gebaut habe, ich liebe ihn wirklich sehr und er ist der Mensch meines Lebens! Durch ihn habe ich mich sehr verändert, bin Dinge angegangen, die ich so nicht bearbeitet hätte. Ich habe nur zu spät erkannt, dass ich mich weiter/ sich was ändern muss. Als ich damit begann, war unsere Beziehung wohl schon zu sehr kaputt. T.sagt, er liebt und vermisst mich, will mich aber aufgrund all dieser Sachen nicht zurück. Er kann nicht mehr, hat keine Energie mehr für solche Spielchen usw.

Ich habe das Gefühl zu zerbrechen, sehe plötzlich keinen Sinn mehr darin irgendwas zu Ende zu bringen. Wozu denn auch? Wenn man sich liebt und das tun wir doch (!), dann gehört man doch zusammen, oder?!

Welche Antworten ich hier erwarte, sei mal dahingestellt - vielleicht wollte ich das alles auch nur einmal loswerden ohne verurteilt zu werden für das, was ich getan habe.
 
R

Rotfuchs

Gast
Hallo Moorla

Deine Überschrift erscheint mir komisch. Unerfüllte Liebe gibt es, oder unerwiderte Liebe, aber unerfüllte Beziehung? In der Überschrift spiegelt sich meiner Meinung nach ein Problem wieder.

Diese Beziehung hat etwas den Charakter einer abhängigen, bedürftigen Beziehung. Du schilderst dich als ungezogen und verbesserungswürdig. Ihn als jemand, der dir hilft dich weiter zu entwickeln.

Das erinnert sehr stark an das Verhältnis von Vater und Tochter. Sicherlich konntest du zeitweise mit ihm die vielleicht wenig gekannte und errungene Liebe zum Vater (er)leben. Das gab dir Halt und Selbstwert. Andererseits muss man selber in die Welt hinaus und die Eltern verlassen und selbstständig werden. Das hast du dann stellvertretend und unbewusst mit deinem Verhalten gemacht.

Die Szenerie im Urlaub hat dich bestimmt an deine Eltern-Kind Beziehung erinnert und war genau deshalb unerträglich.

Der Punkt ist, du musst für dich leben, weder für deinen Vater glänzen oder Dinge erledigen oder was werden, oder dich verändern, noch für T.

Du schreibst, wenn man sich liebt, dann gehört man doch zusammen. Nimmst du da nicht eine Position ein, die auch stark aus der Kindheit stammen könnte?

Du liebst dich zu allererst, denn du bist mit dir zusammen. Du erledigst Dinge für dich, du bist glänzend und gut für dich und du veränderst dich für dich.

Rotfuchs
 

Moorla

Neues Mitglied
Hallo Rotfuchs,

danke erst einmal für deine Antwort. Sie regt mich sehr zum Nachdenken an.

Was den Titel meines Threads betrifft hatte es eigentlich nichts mit der Beziehung zu meinem Vater zu tun. Vielmehr wollte ich damit ausdrücken, wie sich eben die letzte Partnerschaft angefühlt hat. Nämlich unerfüllt, nicht erfüllend. Für beide Seiten nicht.

Bedürftig und abhängig war unsere Beziehung vielleicht teilweise. Möglicherweise auch von meiner Seite aus. Es ist jedoch nicht unbedingt so, dass ich mich grundsätzlich von T. abhängig mache/ gemacht habe. Er hat einfach bewirkt, dass ich in eine neue Richtung denke und motivierter bin einige Dinge in meinem Leben anzugehen, zu verändern. Das habe ich allerdings nicht unbedingt nur für ihn getan. Ich habe gemerkt, dass es mir auch gut tut. Andererseits merke ich grade in der aktuellen Trennungssituation, dass es mir fehlt, seine Meinung zu hören. Ich habe mich noch niemals vorher einem Menschen so sehr geöffnet und es wird wohl auch nie wieder so sein. Ich glaube, das macht man nur einmal in seinem Leben. Bis zuletzt dachte ich ja auch, er sei der Mensch meines Lebens und wir würden alle Hürden überstehen. Letztlich wollte ich alle diese Hürden ja aus dem Weg räumen, damit nichts mehr zwischen uns steht. Hätte ich doch gar nicht erst damit angefangen!

Warum es auch so weh tut und so unglaublich für mich scheint, dass es vorbei ist, ist, dass T. und ich trotz allem die gleiche Lebenseinstellung und das gleiche Menschenbild teilen. Wir haben so viele Gemeinsamkeiten. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, mein Leben jemals mit einem anderen zu teilen, als mit ihm.

Was erstaunlich ist, dass du aus meiner Ausführung herausliest, dass ich keine Beziehung zu meinem Vater hatte/ nach wie vor nicht habe. Damit hast du so gesehen Recht. Ich habe ihn erst spät kennengelernt und es war ein eher enttäuschendes Treffen an meinem 18. Geburtstag. Davor hatten wir sporadischen Kontakt zu Geburtstagen und Weihnachten. Obwohl er mich als ich noch ein Kind war öfter zu sich eingeladen hatte, kam es nie zu einem Besuch. Kurz vorher sagte er immer wieder ab. Darüber war ich natürlich immer sehr enttäuscht. Mein Dad/ Stiefvater war immer ein Hintergrundsmensch. Er hat sich aus allem/ der Erziehung mehr oder weniger herausgehalten. Zu ihm hatte/ habe ich auch keine tiefere Beziehung.

Du hast auch Recht damit, dass ich in meiner Kindheit wenig Rückhalt von meinen Eltern bekam. Doch ich dachte, diese Problematik längst aufgearbeitet zu haben. Sie sollte sich also nicht in meinen Partnerschaften wiederspiegeln. Wobei, etwas bleibt ja doch immer hängen. Nur bin ich sehr müde, mich davon weiterhin beeinflussen zu lassen.

Ich weiß, dass alles was ich mache von mir selbst als erstes honoriert werden sollte. Auch, dass wenn ich mich schon nicht so liebe, wie ich bin, es auch kein anderer kann. Daduch werden Beziehungen gleich welcher Art immer wieder beeinflusst. Blöd nur es zu wissen, trotzdem dieses Selbstwertproblem nicht vollständig abschütteln zu können.

Wie kommst du denn darauf, dass die Urlaubssituation mich an meine Kindheit erinnerte? Eine interessante Vermutung, die ich sehr gern aufgeschlüsselt hätte!

Wenn man sich liebt, gehört man zusammen war darauf bezogen, dass T. sagt, er liebt mich und vermisst mich, will mich aber nicht wieder zurück. Vor drei Wochen trafen wir uns und sprachen über unsere Situaion. Es war ein liebevolles Treffen. Er umarmte mich, Küsste mich zum Abschied auf die Stirn. Er fragte mich ob ich meinen Haustürschlüssel wieder haben möchte, er hätte ihn dabei. Ich sagte: "Eigentlich nicht.". So ließ er ihn und auch all seine Sachen bei mir. Er sagt, es fiele ihm nicht leichter als mir, doch er kann und will einfach nicht mehr. Warum ist er nicht einfach gemein zu mir, sagt mir, ich soll ihn in Ruhe lassen oder so etwas? Warum ist er noch so freundlich und liebevoll? Er gibt mir das Gefühl, das ist es noch nicht gewesen. Und ich glaube, wir müssen einfach an unserer Beziehung arbeiten. Das Vertrauen wieder langsam aufbauen. Doch er sagt, er will mich nicht zurück obwohl er mich liebt und vermisst. Geht das überhaupt oder sagt er das einfach so?

Sicher hat mein Verhalten auch etwas mit meiner Kindheit zu tun, doch ich will nicht immer alles darauf schieben und ich glaube auch nicht, dass nur ich an dieser Situation Schuld bin.
 

digitus

Aktives Mitglied
Unsere Beziehung begann sehr vorsichtig und langsam. Erst nach ca. 3 Monaten gingen wir über das Knutschen hinaus, was ich irgendwie als so etwas wie ein Zeichen sah.
Ja, das ist in der Tat ein Zeichen allerdings nicht für ...

Sollte er der richtige Mensch für mein zukünftiges Leben sein?
... sondern ein erstzunehmendes Alarmsignal! Wenn da 3 Monate lang nichts passiert, dann fehlt es schlicht an der sexuellen Anziehung, die die Grundlage einer jeden Liebsbeziehung ist. Egal von wem es ausging und wer da auf der Bremse stand: es hätte Euch klar sein müssen, dass ihr vermutlich nicht zueinander passt.

Der weitere Verlauf Eurer Beziehung ist dann wenig überraschend. Nur "kopfmäßig" zusammenzupassen ist leider viel zuwenig.

digitus
 
R

Rotfuchs

Gast
Hallo Moorla

Ich danke dir erstmal für deinen zweiten langen Beitrag der ebenfalls sehr interessant ist.

Es liegt mir fern etwas zu entschlüsseln oder aufzuschlüsseln. Das geht hier nicht und ist auch nicht mein Job. Am besten kannst du das auch selber.

Natürlich kann man nicht alles auf die Kindheit schieben und es hat überhaupt nichts mit Schuld zu tun. Der Gedanke, wegen meiner Kindheit bin ich so und so geworden und ich muss das aufarbeiten, also mich davon lossagen und anders werden ist erstmal sehr falsch. Damit verurteilt man sich ja schon wieder selber, was den Zugang zu einem Selbst und zu seiner Kindheit gleich wieder verstellt. Wenn man als Erwachsener die Leiden und die Wut der Kindheit erleben kann und sich selber trösten kann, dann ist schon sehr viel gewonnen.

Bestimmt hast du unter dem fehlenden Vater gelitten und dich nach ihm gesehnt, ihn idealisiert. Das kommt auch in deiner Beziehung zu T. heraus wenn du schreibst, dass du dir nicht vorstellen kannst dein Leben jemals mit jemandem anderen, als mit ihm, teilen zu können. Gleichzeitig sprichst du von einer unerfüllten Beziehung. Da sind schon Parallelen vorhanden, denke ich.

T. wiederrum geht es vermutlich genauso. Er spürt vielleicht, dass ihr euch sehr viel geben könnt, dass es aber noch keine ganz erwachsene Liebe oder Beziehung ist. Du schreibst ja selber er hat auch Schuld. Bestimmt spürt er durch dich eine tiefe Geborgenheit und auch diese einmalige Offenheit, während gleichzeitig das Gefühl da ist, da fehlt vielleicht etwas oder eben dieses unerfüllte, was ihr beide noch nicht so recht benennen könnt.

Das ihr euch nicht im Unfrieden oder mit großem Streit getrennt habt und das ihr noch reden könnt ist doch ein großes Geschenk. Es ist wie wenn zwei Menschen eine zeitlang einen Weg gemeinsam gegangen sind, sich dabei weiterentwickelt haben und viel voneinander gelernt haben. Und doch, damit jeder zu sich selbst findet und ein Selbst wird muss jeder seinen eigenen Weg gehen. Schon wieder so eine Parallele zur Kindheit.

Du schreibst, du bist müde dich immer noch von der Kindheit beeinflussen lassen zu müssen oder das immer noch aufarbeiten zu müssen. Mal ganz abgesehen davon, dass die Kindheit nicht alles am Menschen ausmacht, du schreibst so, als wenn deine Kindheit dein Manko wäre, eine Altlast. Da solltest du liebevoller mit dir und deiner Geschichte umgehen. Dein Ziel sollte nicht rationelles aufarbeiten und aufräumen von Trümmern, Müll und Scherben sein, sondern dich als Erwachsener mit dem kleinen Kind von damals zu verbünden, es zu trösten und mit ihm zusammen zu weinen, aber auch sich mit ihm zusammen zu freuen und glücklich zu sein.

Deine Frage ist bestimmt wie es nun mit T. weitergehen soll? Wenn er nicht mehr will und seine Ruhe möchte, dann darfst du das nicht auf dich beziehen. Denke nicht du bist es nicht wert oder du bist Schuld, denn damit machst du ganz direkt Verhalten aus der Kindheit nach.

Vielleicht kannst du ihn verstehen lernen und hoffentlich könnt ihr diese schöne, tiefe Verbindung auf recht erhalten. Der Mensch hat die Fähigkeit sich vielen anderen Menschen zu öffnen und mit ihnen emotional und körperlich zu verschmelzen, nicht nur mit einem.

Es wird aber nicht mehr die in der Kindheit erlebte einfache Verschmelzung, Geborgenheit und Liebe sein. Es ist etwas höherwertiges, neues, anderes. Es ist die sexuelle, partnerschaftliche Liebe zu einem Menschen, den man bis jetzt nicht kannte. Die Fähigkeit dazu hast du. T. hat diese Fähigkeit auch. Freut euch doch beide darüber diese Fähigkeit zu haben.

Es ist nicht wichtig den idealen, den richtigen Partner fürs Leben zu finden zu besitzen oder zu haben, sondern diese Fähigkeit zu haben. So sind die Menschen nun mal. Liebe ist also nicht die Fähigkeit jemanden zum lieben zu finden, sondern jemanden zu lieben.

Rotfuchs
 

Moorla

Neues Mitglied
Danke digitus auch für deine Antwort.

Deine Meinung über die Gründe, weshalb man sich am Anfang Zeit lässt, teile ich jedoch nicht. Meiner Meinung nach hat es nichts damit zu tun, dass man sich sexuell nicht attraktiv findet oder nicht zusammen passt, wenn man sich nicht gleich aufeinander stürzt. Ganz im Gegenteil. Es hat etwas mit Respekt voreinander zu tun und damit, dass man sich erst sicher sein will, wem Mann/ Frau sich hingibt. Da waren T. und ich uns von Beginn an einig. Dass wir sexuell aufeinander stehen hatte sich sehr schnell rausgestellt und war auch bis zum Schluss unserer Beziehung gar kein Thema.

Allerdings stimme ich dir zu, dass es einfach nicht reicht "kopfmäßig" zusammenzupassen. Aber auch das war bei uns nicht der Fall. Wir haben beide tiefe Gefühle füreinander. Nur manchmal reicht es vielleicht auch einfach nicht "gefühlsmäßig" zusammenzupassen, wenn so einige Dinge geschehen sind. Manchmal reicht die Liebe vielleicht einfach nicht?!

Siehst du die Situation eigentlich im Gesamtzusammenhang oder hast du nach den ersten Zeilen schon aufgehört zu lesen? Denn auf einzig diese beschränkst du dich scheinbar.
 

Moorla

Neues Mitglied
Hej Rotfuchs,

ich danke dir gleichermaßen.

Im Entschlüsseln von Problemsituationen bin ich Meisterin. Allerdings eher bei anderen. Bei mir selber ist es gefühlt viel komplizierter. Wahrscheinlich ist es das nicht wirklich. Mit ein wenig Abstand auf ein Problem zu schauen ist aber bekanntlich einfacher. Ich bleib trotzdem dran, denn ich möchte mit meiner Situation klar kommen, sie verstehen, mich verstehen. Damit ich es zukünftig besser machen kann. Es liegt bereits ein langer Weg der Problembearbeitung hinter mir. Ich sollte gut mit meinem Leben klar kommen, doch es zieht mir noch immer hier und da den Boden unter den Füßen weg. Sehr gerne würde ich mich mit den Geistern meiner Kindheit versöhnen, mich selbst trösten können, die Wut in mir erleben um sie dann bändigen zu können. Doch es will so oft nicht klappen. Dann falle ich zurück in die alten Gedanken- und Verhaltensmuster und bin am Ende noch mehr enttäuscht über mich selber. Das hat aber nichts mit Selbstmitleid zu tun, auch wenn es sich grade so anhört! Ich bin eine Kämpferin, die manchmal zum Aufgeben neigt, sich dann aber wieder aufrappelt :)

Ich nehme mir zu Herzen, dass ich mich nicht von diesen Geistern der Vergangenheit lossagen muss, nein, ich kann es auch gar nicht. Aber wie tröste ich mich denn selber? Die Dinge habe doch nicht ich mir angetan, sondern waren es andere. Außerdem fällt es mir sehr schwer wieder dahin zurückzukehren und alles noch einmal zu erleben.
Ich denke nicht, dass ich meinen fehlenden Vater idealisiert habe. Es kam nicht mal ein Bezug zu ihm zustande. Wir kannten uns ja nur durch Briefe und wenige Telefonate. Und meinen Stiefvater habe ich nicht idealisiert. Der war einfach da. Ich schätze sein Dasein allerdings heutzutage schon sehr, denn er hat viel für uns getan, viel ausgehalten und mitgemacht und er ist nach so vielen Jahren noch immer mit meiner Mutter verheiratet (eine weitere Baustelle). Das habe ich erst später begriffen. Worunter ich wirklich gelitten habe war, dass ich es erst so spät erfahren hatte, dass es neben meinem Dad noch einen "richtigen Vater" gab, den ich nie kennenlernen durfte/ konnte. Ich hatte lange Zeit so eine Art Identitätskrise. Wo komme ich eigentlich her, warum fühle ich mich nicht vollständig, wer bin ich eigentlich, wie und wer will ich sein? So geht es mir heute noch oft.

Ich komme total vom eigentlichen Thema ab. Daran merkt man wie doch alles irgendwie miteinander zusammenhängt.

Zurück zu T. und meinem eigentlichen Problem.

Es wäre so schön, wenn T. genauso fühlen würde wie ich. Nämlich, dass da etwas Einzigartiges zwischen uns ist, etwas, dass uns verbindet. Etwas an dem wir gemeinsam arbeiten können. Doch ich befürchte, er hat mit mir und uns (zumindestens schon oberflächlich) abgeschlossen. Er ist zu verletzt, hat Angst unsere Beziehung würde sich nicht ändern und er gibt mir keine weitere Chance, es ihm zu beweisen. Ich hoffe so sehr, dass wir beide einfach Zeit benötigen um zu uns zu finden und sich unsere Wege wieder kreuzen, damit wir auf einem zusammen weitergehen. Doch das Leben ist keine Soap Story. Da bin ich wohl zu sehr Realist. Wenn es nicht mit uns weitergeht, muss ich es doch sehr wohl auf mich und mein Verhalten beziehen. Denn dadurch ist es doch erst soweit gekommen. Ich habe ihn mehrmals zutiefst enttäuscht und das ist die Konsequenz. Wäre schön, wenn es nicht so wäre.
 

digitus

Aktives Mitglied
Deine Meinung über die Gründe, weshalb man sich am Anfang Zeit lässt, teile ich jedoch nicht. Meiner Meinung nach hat es nichts damit zu tun, dass man sich sexuell nicht attraktiv findet oder nicht zusammen passt, wenn man sich nicht gleich aufeinander stürzt. Ganz im Gegenteil. Es hat etwas mit Respekt voreinander zu tun und damit, dass man sich erst sicher sein will, wem Mann/ Frau sich hingibt.
Eben: Das heisst doch, dass für Euch oder zumindest für Dich die gemeinsam ausgelebte Sexualität einen niedrigeren Stellenwert hat als (trügerische) Sicherheit und "Respekt" (sorry, ich tu mir schwer, mit jemanden nicht zu schlafen für etwas respektvolles zuhalten, erst recht wenn man Gefühle für ihn hat). Du hast damit Deine Sexualität instrumentalisiert, sie von einem Akt der Lust zu einem Zugeständnis gemacht und in bezug auf ihn und nur in bezug auf ihn mit einer Bedeutung befrachtet die Du bei anderen potentiellen oder tatsächlichen Sexualpartnern keineswegs vermisst. Dort erlaubst Du Dir dann, was Du Dir bei ihm verbietest.

Da waren T. und ich uns von Beginn an einig. Dass wir sexuell aufeinander stehen hatte sich sehr schnell rausgestellt und war auch bis zum Schluss unserer Beziehung gar kein Thema.
Ein vollzogener und ein beinahe-Seitensprung und zwar vor dem biologischen "Ablaufdatum" Eurer Beziehung sprechen da aber ein ganz andere Sprache.

Siehst du die Situation eigentlich im Gesamtzusammenhang oder hast du nach den ersten Zeilen schon aufgehört zu lesen? Denn auf einzig diese beschränkst du dich scheinbar.
Ich hab schon den ganzen post gelesen, habe aber nichts gefunden, was nicht ins Bild gepasst hätte: 1 1/2 Seitensprünge, die sprichwörtlichen "Probleme mit der Gesamtsituation" und ein missglückter Rettungsversuch wo nichts mehr zu retten war. Ein Partner zieht die Konsequenzen, beide leiden, der Verlassene naturgemäß etwas mehr. Tut mir leid, aber genau so läuft es halt, wenn es von Anfang an nicht gepasst hat obwohl beide die Beziehung an sich wollten - aber eben aus den falschen Gründen, denn die Natur lässt sich nicht austricksen.

Genau das macht es so gefährlich, mit dem Sex zuzuwarten bis man sich "sicher" ist, d.h. bis die erste Verliebtheit schon wieder verflogen ist, aber dafür schon die ersten "Kopfgründe" da sind. Man merkt viel zu spät, wenn es nicht passt und hat es viel leichter, sich was vorzumachen.

digitus
 
R

Rotfuchs

Gast
Hallo Moorla

Ich verstehe jetzt die Sache mit der unerfüllten Beziehung. Weil du die Beziehung nicht erfüllen konntest, nicht ausfüllen konntest, hat es diese Konsequenzen gegeben. Konsequenzen, die du jetzt tragen musst. Weil du ihn mehrmals enttäuscht hast.

Diese einfache Schuldzuweisung ist einfach zu einfach, finde ich. Auf Grund deiner Geschichte hast du vielleicht ein Problem, wenn du bevormundet wirst. Wenn du kritisiert wirst. Wenn du angeleitet wirst. Wenn du bemuttert oder bevatert wirst. Einerseits findest du es gut wenn sich jemand mit dir beschäftigt, sich kümmert, und dir Bestätigung gibt. Andererseits spürst du, dass es oft keine richtige Anerkennung ist, keine selbstlose Anerkennung, keine selbstlose Liebe. Als Erwachsener kann man diesen Widerspruch erkennen, aber als Kind nicht. Es ist der Widerspruch, dass kümmern, bevormunden und erziehen als Liebe ausgegeben wird. Doch jedes Kind spürt ob es geliebt wird oder nur versorgt oder umsorgt wird. Das Kind kann aber nicht sagen und das auch nicht feststellen ich werde nicht geliebt. Das wäre wie Selbstmord. Das Kind kann es nicht und löst diesen Widerspruch in dem es sich selber die Schuld gibt. Das Kind hält sich für schuldig, wenn es zu Hause nicht gut läuft, wenn es nicht geliebt wird oder zu wenig, wenn es statt selbstloser Liebe nur Versorgung oder eitle Bewunderung bekommt. Oder wenn der "richtige Vater" fehlt.

Das Kind sehnt sich gleichzeitig aber nach Liebe und hat Bedürfnisse. Diese nimmt es vielleicht wahr oder träumt davon, aber für den Preis noch schwererer Schuldgefühle. Es läuft alles sehr drauf raus, dass das Kind sich eigentlich selber mehr oder weniger verleugnen muss um emotional und real zu überleben. Der Preis dafür ist die spätere Frage Wer bin ich eigentlich?

Ein anderer Preis ist der, wenn man sich aus einer als rational gut empfundenen Situation heraus emotional daneben benimmt, dass man es selber nicht verstehen kann und schwere Schuldgefühle hat.

T. zweifelt ob du die richtige bist, wegen deines Lebensstils, deiner Schuhe und Klamotten. Du bekommst Selbstzweifel und änderst dich. Außerdem kannst du ja mehr aus dir machen. Vielleicht hat T. deine Selbstzweifel auch ausgenutzt um dich so zu ändern wie er es will. Hat dir dafür andere Dinge geben die du so dringend brauchst. Vielleicht war das eine etwas "unnatürliche Ergänzung" dieser zwei Partner? Vielleicht waren deine Ausbrüche eine Rebellion dagegen? Vielleicht hat T. auch viel Bewunderung nötig und vielleicht ist er stolz aus dir was gemacht zu haben? Vielleicht hat er jetzt das Gefühl du wärst undankbar, so wie Eltern über ihre Kinder denken? Vielleicht hält er seine Hilfe für dich für Liebe?

Ich will dir also sagen, dass es keinsfalls so ist, dass du alles vermasselt hast und du jetzt alle Konsequenzen tragen musst und dich wieder hochkämpfen musst. Sei nicht so schlecht zu dir und nimm nicht alles ernst, was ich so schreibe.

Rotfuchs
 

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