Interessantes Thema, sehe es in etwa so wie Juka.
Ich glaube aber die einzelnen technischen Geräte sind an sich nicht das Problem, eher die Gesamtheit der Entwicklung. Ist auch egal ob iPhone, Androids oder sonstige Smartphones, die haben ja durchaus ihre Vorteile, die sich sozial und kommunikativ erstmal nicht negativ auswirken. Wenig erforscht scheinen mir aber die schleichenden Auswirkungen auf unser Miteinander zu sein, ich stoße jedenfalls extrem selten auf Quellen die sich ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen. Bei Smartphones wird hauptsächlich diskutiert ob nun Apple oder nicht Apple, bei Facebook wird der Datenschutz kritisiert, aber das große und ganze, der psychosoziale Aspekt wird kaum beleuchtet.
Ich beobachte das in meinem Umfeld recht gerne, persönlich gehöre ich zwar zur technikinteressierten Sorte (ist schließlich mein Beruf), bin von der Nutzung her allerdings vielem gegenüber eher skeptischer.
Nehmen wir erstmal die Informatiker, wovon ich berufsbedingt viele kenne. Für den Beobachter wahrscheinlich überraschend, da gibt es einen sehr großen Anteil, die sich gegen diese "Entwicklung" eher wehren. Es gibt eine deutliche Abneigung gegenüber Facebook und viele davon rennen auch noch mit alten Handys rum, für die reine Zweckkommunikation um Treffen abzumachen oder für "Notfälle". Häufig permanent auf lautlos.
Dann gibt es die graue Welt dazwischen, man hat vielleicht ein Smartphone, nutzt es aber immer noch recht zweckmäßig. Ein guter Teil steht Facebook weder übertrieben negativ noch positiv gegenüber, hat vielleicht einen Account, verbringt aber nur wenig Zeit dort und kommuniziert tatsächlich nur über für die entsprechenden Freunde und Bekannten interessante dinge, möglichst zielgerichtet.
Und dann kommen die Leute, die das ganze intensiver nutzen, die sich der Informationsflut völlig unbeeindruckt hingeben. Das jemand keinen Facebook-Account hat, können sie nicht verstehen und beim kleinsten Anflug von Langeweile ist der erste Gedanke Handy rausholen und/oder Facebook. Es wird breitläufig kommuniziert, broadcasting, nach dem Motto ich schreie es heraus, wens nicht interessiert, der muss es ja nicht lesen. Diese Menschen setzen sich untereinander einer maßlosen Flut von Einflüssen aus, ohne dass sie daran etwas auszusetzen hätten. Es ist ihr Lebensstil. Der personalisierte Klingelton hat maximale Lautstärke, damit sie es auch aus dem entferntesten Raum heraus noch hören und es klingelt oft.
So das sollte jetzt mal möglichst neutral dargestellt sein, ohne Wertung.
Im täglichen Umfeld hab ich von allen Bereichen Leute dabei. Die erste Gruppe (exemplarisch an so manchem Informatiker) ist ein Extrem in die eine Richtung, häufig werden Gründe vorgeschoben, es ist eine Art rebellenhafte Antihaltung. Hier ist fraglich was Ursache und Wirkung ist, sind sie dagegen weil sie sehr gesellschaftskritisch sind oder sind sie dagegen, weil sie es nicht geschafft haben sich in die Gesellschaft zu integrieren, obwohl sie es eigentlich gerne wollten. Es gibt beides.
Dazwischen gibt es einige. Häufig vernünftige Menschen, die einfach nur ihr Leben kontrolliert und zufrieden leben.
Das andere Extrem macht mir zunehmend etwas sorgen, da es größer wird und ich es als gefährliche und schleichende Veränderung von Sozialverhalten sehe. Diese Menschen fangen normal und vernünftig an und lassen sich nach und nach davon völlig in den Bann ziehen, so langsam, dass ihnen selbst keine Veränderung im eigenen Verhalten bewusst wird. Die Flut an "Statusmeldungen", denen sie sich freiwillig aussetzen, überlastet ihren kognitiven Filter langfristig. Das wichtige bleibt zwar trotzdem noch wichtig, es wird ihm aber nicht mehr so viel Aufmerksamkeit geschenkt, wie vorher. Jeder weiss, dass man nicht 100 echte "Freunde" haben kann, das geben sogar die Intensivnutzer zu. Räumt man den Bekannten oder "alten" Freunden allerdings die Möglichkeit einem ständig und überall dazwischenzufunken, dann leidet darunter unweigerlich auch die Kommunikation mit den aktuell wahren Freunden, da es an Konzentration fehlt. Darüber hinaus fällt mir auf, wird es in Gruppen ab 3 Leuten mal kurz etwas stiller, dann wird nicht darüber nachgedacht wie man sich weiter gegenseitig Aufmerksamkeit schenkt. Nein, es ist bequemer das Handy rauszuholen und mal schnell nachzuschauen was der Rest der Welt so zu sagen hat. Für dein einen zunächst bequem und nicht weiter wild, aber insgesamt, wenn es sich durchsetzt... dann wird es sich durchaus auch auf die realen Treffen zwischen Freunden auswirken. Wozu sich noch mit Freunden treffen, wenn diese einem dann nicht die gebührende Aufmerksamkeit schenken? Nichts gegen gelegentliches SMS schreiben, während man unterwegs mit Freunden ist. Aber wenn es überhand nimmt, dann frage ich mich persönlich immer was das soll, ich bin nicht gekommen um anderen dabei zuzuschauen wie sie mit (mir) Fremden nonverbal kommunizieren.
Ich bin wirklich skeptisch, ob sich das insgesamt positiv auf das Sozialverhalten auswirkt. Aber ich bin überzeugt davon, dass unser Gehirn für diese Informationsflut und das ständige Hin und Her der Aufmerksamkeit nicht geschaffen ist. Stichwort ADHS, wenn die "Störung" zur Normalität wird.