Ich kann dich sehr gut verstehen. Mir geht es ähnlich. Bin seit 2020 arbeitslos, konnte nicht mehr und brauchte eine Auszeit, da ich in meinem bisherigen Job jahrelang zu viel leisten musste (Kompetenzmangel jüngerer Kollegen ausgleichen, die billig eingestellt wurden, ständige Personalfluktuation und Leistungsdruck durch den Arbeitgeber). Das hat bei mir zu einem teilweise Burn Out geführt. Ich brauchte erstmal eine Auszeit, wobei Corona nicht ganz ungelegen kam. Da ich vorher, d.h. während meiner Arbeit die WE nur noch im Bett verbracht habe (das aber irrsinnigerweise für "normal" hielt). Ich bin jetzt während meiner Arbeitslosigkeit wesentlich lebendiger als ich es vorher war und die Aussicht zurück in die 40 Std. Tretmühle zu müssen, bringt mich fast zum Weinen, weil ich so ein Leben nicht mehr führen möchte.
Dann ständig dieser "mentale innere Druck", den man sich selbst macht, sich jetzt wieder wegen der berühmten "Lücken im Lebenslauf" bewerben zu müssen. Aber auch mit Absagen umzugehen. Jünger wird man ja auch nicht. Ich werde dadurch zeitweise depressiv, immer wenn ich mich wieder mit dem Thema "Bewerben" und "Selbstinszenierung" zu Hause am Schreibtisch befassen muss. Für mich sind Bewerbungen inzwischen reine Zeitverschwendung. Eine Alternantive kann ich dir leider auch nicht nennen. Ich wüsste jedoch definitiv, dass wenn ich ein Verkaufstalent wäre, ich lieber selbständig und mein eigener Herr wäre, als ständig dieses scheinheilige Präsentieren und diese aus meiner Sicht meist vollkommen überzogenen Ansprüchen der Arbeitgeber spätestens im Vorstellungsgespräch über mich ergehen zu lassen. Arbeiten ist für mich reine Broterwerb, warum soll ich da groß Lügen? Ich bin absolut kein Publikumsmagnet (wirke auf andere kühl und abweisend, kann es aber nicht ändern; eigentlich ist es nur die innere Haltung, nicht Buckeln zu wollen "also take it or leave ist" ,sehr ungewöhnlich für eine Frau, und deshalb sind meine Chancen relativ gering). Ok, ich höre auf zu jammern. Aber du sollst wissen, du bist mit deinem Problem nicht alleine. Arbeit und die Erwartungshaltung der Gesellschaft können einen Menschen leider depressiv machen.
Du könntest es schon mit einer Umschulung versuchen. Du fängst dann gehaltstechnisch aber wieder von vorne an, je nachdem was du vorher gelernt hast. Und ganz raus kommst du in Deutschland eh nie aus der Nummer des ewig Gestrigen. Wenn du hier einmal eine Laufbahn eingeschlagen hast, selbst ich merke das, obwohl ich in derselben Branche geblieben bin, aber mich nur weiter entwickelt habe, zählt für den Arbeitgeber das jahrelang zurückliegende Studium / Ausbildung immer noch sehr viel und er misst dich daran. Und wie ehrlich soll man dann sein? Ich war jung und brauchte das Geld? Nein... dann muss man wieder Lügen erfinden, von wegen ich war topmotiviert angesichts der spannenden neuen Karrierechancen, die besser zu meinem Persönlichkeitsprofil passten. bla bla... das glaubt doch eh keiner