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Berufseinstieg ...

Frau Rossi

Aktives Mitglied
Hallo miteinander,

ich möchte mir hier eigentlich gerade nur meine Frustration von der Seele schreiben. Ich frage mich, ob ich einfach so zimperlich bin und nichts abkann oder ob mein Frust gerechtfertigt ist. Seit kurzem habe ich nun meinen ersten Job als Fachkraft im sozialen Bereich nach Beendigung meines Studiums. Ich bin nich unbedarft in den Beruf gestartet, sondern habe neben dem Studium auf Hilfskraftbasis gearbeitet und verschiedene Bereiche gesehen. Ich bin gut zurecht gekommen, meine Kollegen schätzten mich, die Arbeit war für mich bewältigbar, machte Spaß. Was jetzt aber seit Aufnahme meines neuen Jobs abgeht, bringt mich an und über meine Grenzen.

Dazu muss ich sagen, dass mein Studium quasi ein Pilotstudiengang war, und ich zum ersten Jahrgang gehörte, der das Ganze so mitgemacht hat, entsprechend unausgereift war der Lehrplan, entsprechend wenig bis nichts an praktischen Werkzeugen haben wir gelernt. Das war bei meinen Kommilitonen und mir immer wieder Thema, dass wir uns so schlecht vorbereitet fühlen, also war mir klar, dass ich wenigstens beim Berufseinstieg eine gute Einarbeitung möchte, damit ich dann auch gut arbeiten kann.

Ja, nix da, nada. Meine Einarbeitung im neuen Job sah so aus, dass ich zwei Wochen mehr oder weniger mitlief und jetzt, kurz danach, dank massiven Personalmangels und Krankenstands schon die ersten z.T. 10-h-Dienste (plus Nachtbereitschaft plus 6-Stunden-Dienste am darauffolgenden Tag) alleine schmeißen muss, obwohl jeder meiner Kollegen, auch die anderen Fachkräfte, sagen, dass auch sie eigentlich keine Einzeldienste wollen. Das liegt daran, dass einfach schwierige pädagogische und medizinische Situationen in der Wohngruppe herrschen (Fremd-, Autoaggression usw.), weswegen schon mehrere Mitarbeiter kündigten/wechselten, und man im Einzeldienst den Bedürfnissen der Klienten nicht gerecht werden kann. Die Nerven einiger verbliebener Kollegen liegen blank, es sind auch kaumnoch Kollegen verblieben .... Ich kann und möchte das als Anfänger nicht auffangen und, so ehrlich bin ich, ich gehe z.T. mit großen Versagensängsten in die Arbeit.

Hinzu kommt, dass ich nun das erste Mal Schicht arbeite und Nachtbereitschaft 2-3x wöchentlich nun zu meinem Alltag gehört; ich könnte schlafen, die Nächte sind sehr ruhig, aber bisher konnte ich kaum schlafen. Nachdem ich also eine Nacht nicht geschlafen habe, darf ich z.T. weitere 6 Stunden arbeiten, irgendwelche entfernten Arzttermine wahrnehmen und zuvor gucken, dass sich keiner die Köpfe einschlägt, alles, während ich alleine im Dienst bin.

Mir war klar, dass der Berufseinstieg, vor allem in Pandemie-Zeiten, nicht supereasy werden würde. Mir war klar, dass die Nachtbereitschaft für mich am Anfang erstmal eine Riesenumstellung bedeuten würde. Dass ich aber so schnell so alleine gelassen werden (und so fühle ich mich auch), macht mich echt fertig. Im Bewerbungsgespräch wurde natürlich nichts von den wirklich schwierigen Umständen erzählt; ich hatte eigentlich ein gutes Bauchgefühl, jetzt fühle ich mich megaüberfordert und überemotional, weil mich alles einfach nur noch stresst.

Ich hatte mir das alles anders vorgestellt - das Berufsleben ist kein Ponyhof, ja, aber es muss doch auch anders gehen .... wie seht ihr das? Einfach zusammenreißen? Bleibt mir ja nix anderes übrig.
Evtl. werde ich diesen Post später wieder löschen....

Liebe Grüße und Danke euch schonmal!
Hast du die Verantwortlichen des Trägers schon einmal auf die prekäre Situation angesprochen?
Dich gerade in so einem sensiblen Bereich alleine zu lassen finde ich sehr suboptimal.
 
G

Gelöscht 120812

Gast
Ich kann dir soweit sagen, dass diese Form der "Einarbeitung" leider vollkommen normal ist.

Meine beste Freundin hat neben ihrem Psychologiestudium auch in so einer Einrichtung gearbeitet, Mutterkindheim für Minderjährige und schwer psychisch kranke, um genau zu sein. Da war auch nichts mit Einarbeitung und die Nachtschichten, sehr lange Schichten kamen auch schnell auf sie zu.

Das du das nicht gut findest ist verständlich. Aber ich denke da bleibt dir nur übrig zu überlegen, ob du das so abkannst oder eben nicht.

Es gibt sicher Einrichtungen wo es besser läuft, bei den meisten aber nicht. Und das auch unabhängig von Corona.
 

Lavendelgrau24

Aktives Mitglied
Für mich klingt das leider auch nach normalem Alltag, was mir für dich sehr Leid tut...
Es ist aktuell Gang und Gebe, dass überall Personal fehlt und man völlig allein gelassen wird.

Ich würde dir auch raten, dich weg zu bewerben. Du hast dort keine Zukunft.
Es gibt Einrichtungen, die solche Probleme eher achten und auch mal Geld für mehr Mitarbeiter in die Hand nehmen. Wenige, aber es gibt sie.

Alles Gute.
 

Dalmatiner

Aktives Mitglied
Ich rate dir einen Job zu suchen wo du nach 8 Stunden nach Hause gehen kannst. Du arbeitest offenbar in einer Wohngruppe oder einem Heim. Vieleicht mit Jugendlichen oder Behinderten. Jeder der das gemacht hat weiß dass es wie ein Fronteinsatz ist. Man überlebt oder auch nicht. Es gibt wenige die das über viele Jahre aushalten und gern machen. Im Sozialen Bereich gibt es viele Möglichkeiten. Du musst da nicht bleiben wenn du es nicht schaffst.
 
S

Smoker86

Gast
Nö, dass liegt nicht an dir - durch den Fachkräftemangel ist die Situation fast überall so. Ich habe auch lange in dem Bereich gearbeitet, viele Freunde von mit auch.
Wir sind alle an unsere Grenzen gekommen und wir sind alle kompetente Leute, die mit Leidenschaft dabei sind und wissen, was sie tun.
Kenne echt niemanden aus dem Bereich, der was anderes berichtet...
Wenn dir das zu stressig ist (was völlig nachvollziehbar wäre!) Würde ich dir zu einer alternativen Wohnform raten.
 
D

Deichpott

Gast
Leider ist das was du beschreibst bei den meisten Trägern der stationären Kinder- und Jugendhilfe üblich.
Bei meinem ersten Job sah es so aus, dass 30-36 Stunden Arbeitszeit am Stück normal waren. Einmal war ich für 48 Stunden allein im Dienst. An Pädagogik war kaum zu denken.
Monatlich hatte ich 80 Überstunden, aber da es keine offizielle Arbeitszeiterfassung gab, sondern eine "Vertrauensarbeitszeit", konnten diese weder "abgefeuert" noch ausgezahlt werden. Ich habe in der Zeit stark gelitten, konnte aber im Gegensatz zu den Kinder und Jugendlichen irgendwann kündigen. Das kann ich dir auch nur raten...
 

trigital

Aktives Mitglied
Hallo B.,

ich kann mir sehr gut vorstellen, dass du keine Freude an deiner Arbeit finden kannst und dich überfordert fühlst. Und ich glaube, dass wenn der Zustand anhält, dass du dann wirklich eine andere Stelle suchen solltest.
Aber andererseits könntest du versuchen deinen Ehrgeiz zu wecken, da du nun mal dir diese Herausforderung zum Beruf gemacht hast.
Ich sehe ganz klar eine friedliche und vernünftige Person in dir und leidest womöglich auch darunter, dass deine Kollegen ebenso große Schwierigkeiten haben, wie du. Deshalb brauchst du nicht an dir verzweifeln oder dich schwach fühlen. Deine Kollegen haben ähnliche Probleme mit der Situation.
Ich denke, dass es vielleicht unbewusst ein Problem ist, dass man erreichen möchte, dass die Situation dauerhaft ertragbar ist. Aber ich denke für dich wäre es wichtiger, wenn du die Situationen klar erkennen kannst und für dich einen klaren Weg siehst, wie du denken und reagieren kannst. Vielleicht kannst du dich manchmal nicht so durchsetzen, wie es gut wäre. Und vielleicht solltest du dir auch manchmal herausnehmen emotionaler zu reagieren in Problemsituationen. Aber es ist denke ich für einen Berufseinsteiger schon mehr als genug, wenn du es schaffst die Situationen zu erkennen und für dich einen Weg zu sehen, wenn du auch nicht alles dadurch in den Griff bekommst. So kannst du mit der Zeit an deiner Autorität arbeiten, um dich so besser durchsetzen zu können. Solche Kompetenzen muss man sich mit der Zeit denke ich erarbeiten.
Und wenn man zu Hause ist, dann sollte man sich vielleicht seine Zeit nehmen, um sich abzulenken und sich mit was völlig anderem beschäftigen. Dann sind Reflektionen und Nachdenklichkeit vielleicht auch nicht so schwer. Man muss auch loslassen können, um sich nicht zu verlieren. So kannst du dich vielleicht zu Hause besser fallen lassen und die Nacht besser für dich arbeiten lassen.
Die Arbeit mag manchmal schwierig und ansträngend, vielleicht kaum ertragbar sein. Aber wenn man wenigstens sich sagen kann, dass man trotzdem gut schlafen kann, dann brauch man für sich nicht die Hoffnung verlieren. Allen Menschen kann man sowieso nicht helfen und so kann man sich sicherer sein, dass man genügend Kraft gewonnen hat, um an sich und der Arbeit wachsen zu können.
Deshalb ist es denke ich eine wichtige und sehr notwendige Messlatte, ob man gut schlafen kann und vielleicht geträumt hat?!
Ich hoffe jedenfalls, dass du das für dich hinbekommst. Auch wenn die Arbeit mit den Problemmenschen keinen wirklichen Erfolg verspricht, so kannst du dich vielleicht mit ein paar guten Reaktionen am Abend bei einem Rotwein belohnen.
Ich wünsch dir jedenfalls viel Glück und die richtige Idee, um im schwierigen Arbeitsalltag ein paar Lichtblicke gewinnen zu können.
Und vielleicht kannst du ja bei den Dienstbesprechungen durchschimmern lassen, dass bei der schwierigen Lage der schwierigste Dienst vielleicht nicht an die unerfahrenste Person abgegeben werden sollte.
Schließlich sind deine Kollegen ja Sozialarbeiter!!!
lg t
 

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