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Azubi einfach nur doof oder desinteressiert?

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Gast

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Hallo! Ich brauche bitte eure Meinung zu meinem Azubi im 2. Lehrjahr. Er macht mir den Anschein als würde er seine Arbeit nicht ernst nehmen. Es gab schon unzählige Gespräche, auch mit dem Chef und jedes Mal drückt er auf die Tränendrüse dass er einem ja fast leid tut. Immer wieder geht es um das selbe und ich weiß langsam nicht mehr, verarscht der mich? Nimmt er mich nicht ernst? Oder ist er einfach zu dumm?
Derzeit ist er im Krankenstand (wie so oft) und hat mir per SMS geschrieben dass er nicht kommt obwohl klar kommuniziert wurde dass er sich telefonisch beim Chef abmelden muss. Ich komme erst gegen 8:30 Uhr ins Büro, von daher weiss niemand wo er steckt wenn ich nicht selbst beim Chef Anrufe. Wenn ich ihm schreibe er solle sich "wie vereinbart" im Büro abmelden, schreibt er "ach ja schei...". Er ruft dann an, aber lässt es einfach ausrichten.
Er speichert seine Projekte immer Lokal auf dem Schreibtisch anstatt auf dem gemeinsamen Laufwerk (das auch täglich gesichert wird). Immer wieder muss ich mir einen Deppen absuchen auf seinem PC, wenn er wieder mal krank ist. Er "vergisst" auch immer seinen Abwesenheitsassistent zu aktivieren wenn er Urlaub hat. Er bringt den Müll nicht raus wenn Ware kommt obwohl der Weg im Büro deutlich erschwert wird bei sovielen leeren Schachteln. Er füllt die Werbemittel im Betrieb nicht auf obwohl er das täglich tun muss und er ohnehin jeden Tag an leeren Prospektständern vorbeiläuft. Das sind alles Dinge die ich ihm mehrmals zu seinen Aufgaben erklärt habe und jedes Mal wenn ich ihn drauf Anrede sagt er "hab ich vergessen" oder "wollte ich gerade.."
Er sitzt stundenlang an einer Aufgabe die er in einer Stunde haben sollte, wenn ich ihm nicht sagen würde er soll Gas geben. Er würde etliche Projekte vergessen wenn ich ihn nicht danach fragen würde wie der Stand ist (obwohl sie auf seiner Liste stehen die direkt vor seiner Nase hängt). Wenn ich mich dann wirklich mal auf ihn verlassen muss weil wir einen Termin haben und ich ihm eine Checkliste gebe über Dinge die er mitnehmen muss, vergisst er die Hälfte und ich muss schnell zurückfahren. In der Zwischenzeit dreht er natürlich Däumchen. Es kommen dann Ausreden wie: "aber ich dachte du würdest das machen..". Ich nehme mir sehr viel Zeit um ihm zu erklären was er zu tun hat und lass es auch von ihm wiederholen, von daher sind solche Argumente schlicht inakzeptabel. Es fehlt ihm aber auch an Dingen wo ich sage das ist hausverstand. Wir hatten ein shooting und dementsprechend Kleidung für unser Model. Beim versorgen der Kleidung nach dem shooting (worauf er von selbst nie drauf kommen würde) hat er schmutzige Kleidung zur sauberen begügelten Bekleidung in einen Karton gesteckt und zugeklebt. Ich habe das zufällig entdeckt und kann jetzt alles waschen und bügeln. Ich sage ruf den Kollegen an, dann ruft er auf dem Festnetz an (außerhalb der Bürozeiten), ganze zwei mal und sagt mir er nimmt mir ab. Als ich ihn fragte ob er nicht gesehen habe dass das die Festnetz Nummer war, ist er angepisst und sagt nein, das sei ihm nicht aufgefallen. Ich geb ihm ne Aufgabe und sage bis Freitag hast du Zeit, er hat es vergessen! Ich sage er soll mir sein Projekt vorlegen wenn er damit fertig ist, er vergisst es! Es sind laufend solche Dinge wo ich merke er ist mir absolut keine Hilfe, als würde er wissen dass ich eh draufkomme. Ich bin am verzweifeln und frage mich ob es an mir liegt? Ich ließ ihn eigenständig arbeiten und das funktionierte nicht. Jetzt kontrolliere ich ihn mehr und auch da funktioniert es nicht. Wo liegt denn das Problem?

Ich bin froh um jeden Tipp!
 
Hallo Gast,

das klingt irgendwie merkwürdig... es könnte sein, dass er wirklich kein großes Interesse an der Arbeit hat, aber es könnte auch sein, dass ihm die Arbeit zu viel ist, dass er das einfach nicht schaffen kann. Schwierig für dich.

Hast du dich mit ihm schon mal hingesetzt und ganz offen mit ihm über die Probleme, die du mit ihm und seiner Arbeitsweise hast, gesprochen? Also ganz ruhig, verständnisvoll und möglichst nicht anklagend oder vorwurfsvoll.

Frag ihn doch mal ganz direkt und lass dich nicht mit einer Floskel abspeisen, wie er auf diesen Beruf gekommen ist? Warum er ihn macht? Was ihn daran interessiert? usw. Und ich würde auch fragen, ob er private Probleme hat, die ihn gerade sehr beschäftigen? Vielleicht möchte er auch von dir anders behandelt werden...

Du schreibst, dass er im 2. Lehrjahr ist, wie war er denn im 1. Lehrjahr? Besser? Schlechter?

Es gibt Menschen, die sich nicht lange konzentrieren können, vielleicht ist er so ein Mensch.

LG
 
Liebe Gast-Schreiberin - oder Gast-Schreiber,

könnte es sein, dass Du ihn nicht motivierst sondern demotivierst?
Wenn es so wäre, dann finde ich so eine Reaktion seinerseits nicht richtig.
Aber wir sind alle Menschen.
Und manchmal liegt die Ursache für Schusseligkeit in der Chemie...

LG, Nordrheiner
 
Ich kann mir auch vorstellen, dass er vielleicht schon aus rein persönlichen Gründen überfordert ist und er noch Zeit zum reifen braucht. Wahrscheinlich ist er auch ziemlich verunsichert, hat selber auch das Gefühl, dass er alles falsch macht und kann sein, dass er sogar schon in einen Resignationsmodus gefallen ist und er aus sich selbst heraus keinen Antrieb aufbauen kann. Das kann auch psychische Gründe haben. Es gibt genügend psychische Leiden, die einem den inneren Antrieb nehmen. Es kann auch sein, dass gewisse Botenstoffe im Gehirn eine erhöhte Trägheit und Konzentrationsschwäche hervorrufen.

Die Schulen arbeiten den Ausbildungsbetrieben in dieser Hinsicht auch nicht zu. Im Gegenteil. In der Schule bekam man 10 Schuljahre lang nur alles vorgekaut und musste immer nur auf Kommando irgendwelche Aufgaben erledigen. Das kann einem auf Dauer auch sehr zum Hals raushängen. Eigeninitiative, Kreativität, selbstständiges Denken und sog. Hausverstand werden in Schulen nicht gefördert, eher sogar abgewöhnt.
Natürlich sollte man es sich auch nicht zu leicht machen und den Schulen die ganze Schuld in die Schuhe schieben. Aber viele Schüler sind in Schulen bereits überfordert, weil für die Vermittlung von Lerninhalten immer weniger Zeit zur Verfügung steht, sie immer mehr unter Druck geraten, ihnen immer weniger Zeit für Ausgleich gelassen wird und nicht wenige schon in einen Burn-out-ähnlichen Zustand geraten. Wenn Schüler dann aus der Schule kommen, sind sie bereits leer wie eine Batterie und haben keine Energie. Zumal bleibt Schülern ja viel zu wenig Zeit, sich selbst zu finden, herauszufinden, was ihnen liegt und was ihnen Spaß macht, welche Berufe sie sich vorstellen können und erhalten bei dieser Persönlichkeitsentwicklung weder von Schule noch von Familie in dieser Hinsicht Unterstützung.
Das merkt man doch schon daran, wenn man bspw. ein 7-jähriges Kind fragt, was es später mal werden will und wenn man eine Jugendliche Person zwischen 15 und 17 dieselbe Frage stellt.
Das 7-jährige Kind hat noch ziemlich genaue Vorstellungen, was es später mal sein möchte.
Bei einem Jugendlichen sind diese Gedanken schon nicht mehr greifbar, nicht selten mit solchen Floskeln wie "Heute kann man sich seine Arbeit nicht mehr aussuchen", "Heute muss man schon froh sein, wenn man überhaupt eine Ausbildungsstelle bekommt", etc. ausgetrieben worden, dass die Person schon gar nicht mehr auf die Idee kommt, sich zu fragen, was die Person im späteren Leben überhaupt will.
So rutschen viele auch in Berufe hinein, die eigentlich gar nicht zu ihnen passen.

Ich kann mich auch daran entsinnen, dass ich als Azubi mal Phasen hatte, in denen ich mich zu nix aufraffen konnte. Später habe ich dann die Kurve bekommen, aber ich musste bei der Selbstmotivation auch sehr stark gegen meine inneren Widerstände ankämpfen und das kostet enorm viel Energie.
Man weiß innerlich, dass man Motivation und Einsatz zeigen muss, aber irgendetwas zieht einen von innen immer herunter. Es ist schwer zu beschreiben.
Es kann sehr oft damit zusammenhängen, wenn ein junger Mensch in der Vergangenheit immer getadelt wurde, sich anhören musste, dass er zu nichts taugt, dass er es im späteren Leben eh zu nichts bringen wird und seine späteren Chefs und Kollegen ihn nur noch in den A**** treten würden. (Sind teilweise originale Phrasen, die ich mir früher selber schon anhören musste).

Ein solcher Mensch tritt mit solchen Überzeugungen im Gepäck auch mit fast null Selbstvertrauen in die Arbeitswelt hinein. Vom außen injizierte Überzeugungen werden zu eigenen Überzeugungen und formen das Selbstbild. Es ist nur noch die Angst da, seinen Anforderungen nicht gerecht zu werden und mit anderen Mitauszubildenden und Kollegen nicht mithalten zu können. Dies bildet sich dann auch im ganzen Arbeistverhalten ab.

Auch dieser Azubi, so nehme ich an, hat womöglich ein gestörtes Selbstbewusstsein und ein gestörtes Selbstbild. Er stellt sehr wahrscheinlich auch fest, dass er bei Euch keinerlei Erfolgserlebnisse verzeichnen kann. Nur Niederlagen und Tadel. Sehr gut möglich, dass er wirklich Hilfe benötigt und jemanden braucht, den er sich wirklich anvertrauen kann.

Anderseits kann ich genauso auch Außenstehende verstehen, die an solch einem Azubi verzweifeln. Sie erhoffen sich, durch den Azubi entlastet zu werden, weil die Arbeit ohnehin schon kaum zu bewältigen ist und man hat stattdessen gefühlt nur noch eine zusätzliche Mehrbelastung durch einen Azubi, der es nicht schafft, richtig mitzuarbeiten. Folglich machen es die meisten so, dass sie einen solchen Azubi nur links liegen lassen, über ihn ablästern oder ihn teilweise noch veräppeln, wodurch meist nur noch alles schlimmer wird.

Mein Eindruck ist, er braucht eine Starke Hand hinter sich, die ihn führt, die Geduld mit ihm hat. Man muss ihn sicherlich auch klar machen, dass er sich mehr aufdrängen muss, wenn er eine gute Ausbildung machen und sich für eine folgende Anstellung empfehlen möchte.
Vielleicht muss man wirklich erst einmal damit anfangen, nach Dingen zu suchen, die er bisher gut gemacht hat und ihn dies auch so mitteilen. Er braucht vielleicht erst einmal auch positive Feedbacks, auch wenn diese evtl. nur vereinzelt zu nennen sind, nur damit er sich öffnet und ein Gefühl dafür bekommt, dass er nun doch nicht alles schlecht macht. Damit könnte man evtl. wieder seinen inneren Motivator wecken und dann kann man ihn auch viel einfacher darauf hinweisen, was er noch verbessern müsste und man ihm Tipps mit auf dem Weg gibt, wie er diese Ziele erreichen kann.

Als Ausbilder würde ich es so machen wenn möglich, dass ich mit ihm eine Vereinbarung treffe, dass ich für die nächsten Wochen zu Feierabend immer ein 5-Minuten-Gespräch mit ihm führe, wo ich ihm ein Feedback seiner täglichen Arbeitsleistung erteile, Positives und eben auch Ausbaufähiges (ganz wichtig: Nicht nur tadeln!). Abschließend immer eine Zielvereinbarung für den folgenden Arbeitstag festlegen. Beim nächsten Gespräch dann die erreichten Zielvereinbarungen lobend erwähnen. Bei den nicht erreichten Zielvereinbarungen NOCH konkreter werden, was man genau eigentlich meint und was man eigentlich von einem will, damit er es auch besser verstehen und umsetzen kann. In etwa so: "Als wir heute zusammen am Z gestanden haben und ich dabei war Y zu machen, hatte ich mir in diesem Moment gewünscht, dass Du X machst. Versuche bitte immer achtsam zu sein, um zu erkennen, was zu tun ist und tue es dann auch!" . Wenn nach und nach sich abzeichnet, dass der Azubi sich daraufhin auch weiterentwickelt, dann kann man auch dazu übergehen, dass Feedback-Gespräch nur noch einmal wöchentlich zu führen.

Viele Azubis haben innerlich manchmal das Gefühl, dass alles OK ist und alles schon laufen wird, erkennen häufig aber nicht, wie sie TATSÄCHLICH von den Kollegen und Chefs wahrgenommen werden. Sie sind oft verunsichert und fühlen sich dabei häufig sich selbst überlassen und wissen gar nicht so richtig, was sie eigentlich tun sollen und was man eigentlich von ihnen erwartet.

Nicht alle hatten das Glück, dass sie in der Kindheit und Jugend bei der Entwicklung Ihrer Persönlichkeit und Ihres Selbstbewusstseins gefördert wurden oder dass sie eine gepflegte Kinderstube kennengelernt haben.

Die Resultate werden meistens erst in der Arbeitswelt reell sichtbar. Dann nämlich, wenn es darauf ankommt.

So wirken die einen Azubis faul und unmotiviert. Andere wirken dagegen dann arrogant und legen schlechtes Benehmen an den Tag.

Ich bin persönlich davon überzeugt, dass sich JEDER Azubi in seinem Job im Innersten Erfolg und Erfolgserlebnisse wünscht, auch wenn sich für die Außenstehenden ein ganz anderes Bild abzeichnet.
 

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