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Amby Valenz
Gast
Hallo zusammen,
kennt hier jemand die ACE Studie von Vincent Felitti aus den USA? Ausgeschrieben heißt das Adverse Childhood Experience (zu deutsch: traumatische Kindheitserfahrungen) und diese beinhaltet 10 Fragen zu Misshandlungen, bzw. traumatischen Erfahrungen. Es geht dabei um Erfahrungen, die vor dem 18. Lebensjahr gemacht wurden, ob Familie, Heim oder Verwandte. Wo auch immer man aufgewachsen ist.
In den USA und in Großbritannien drehen viele Wissenschaftler fleißig am Rad, um der (Ärzte)welt zu beweisen, dass unbeachtete schlechte Kindheitserlebnisse sich später im Erwachsenenalter sehr negativ auf unsere Psyche und Körper auswirken. Beweise haben sie inzwischen massenhaft, und dort breitet sich das Wissen um Kindheitserlebnisse + Folgen großflächig aus. Man ist mit diesem Wissen auch in Frankreich und Schweden angelangt, Deutschland verschließt noch ungläubig Augen und Ohren und wird derweil immer kränker.
Die ACE Studie belegt, warum Menschen im Erwachsenenalter Depressionen bekommen, krank werden, süchtig bzw. abhängig oder auch Selbstmord begehen. Gehirnforscher, die seit Jahrzehnten mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, haben haarsträubendes herausgefunden, wie unsere Körper Trauma für immer speichern, auch wenn wir beschliessen, es zu vergessen.
Leider kennen hier bei uns weder Ärzte noch Therapeuten die dramatischen Folgen von Kindheiten, mit denen man sich als (kranker) Erwachsener herumschlagen muss. Es werden fleißig Pillen, Tabletten und Therapien verschrieben, die allesamt nicht weiterhelfen. Ein Pflaster für einen Beinbruch, könnte man sagen.
In der ACE Studie geht es um 10 Misshandlungsarten, den häufigsten, und jede Frage kann mit Ja oder Nein beantwortet werden. Die Antworten mit Ja werden dann zusammengezählt, und dann hat man seinen ACE Score. Je höher dieser ist, desto höher die Wahrscheinlichkeiten von Symptomen und Auswirkungen im Erwachsenenalter.
Eine der am weitesten, und meist unterschätzten Misshandlungen ist die Vernachlässigung. Die körperliche und emotionale. Diese hat weitreichende Folgen für das Gehirn des Kindes, und sein Wachstum. Ein Kind, das als Säugling stark vernachlässigt wurde, bleibt z.B. kleinwüchsig weil es sich nicht so schnell entwickelt, wie Kinder, die eben wertgeschätzt und geliebt wurden. Ohne vorherige Leistung, einfach so. Weil sie da sind. Weil sie erwünscht sind, willkommen in ihrer Familie und Umgebung.
Ich habe z.B. nie verstanden, warum manche Menschen in Krisen so stabil bleiben können, so ruhig, während andere panisch und dissoziativ reagieren. Warum manche so kalt, und andere so mitfühlend sind. Die Antwort steckt eigentlich in einem deutschen Zitat: was klein Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Und das habe ich mir schon gedacht, da war ich selbst noch Kind, dass uns Kleinen extrem Schaden zugefügt wird, egal ob aus Unwissenheit oder bewusster Ver- bzw. Missachtung. Das Feld der Kindesmisshandlungen geht so viel weiter, als Missbrauch und Gewalt. Die subtile unterschwellige Gewalt am Kind, die die unsichtbar bleibt, ist mindestens genauso grausam und schädlich für Körper und Psyche. Diese unsichtbare, oder versteckte Gewalt an Kindern ist so schädlich, aber auch so selbstverständlich, dass wir sie nicht erkennen. Beispiel: Leistungsdruck, Belohnungen für 'ordentliches' Verhalten, Strafe für Fehler... Wie soll ein Kind aus eigenen Erfahrungen lernen, wenn alles fest vorgeschrieben ist? Wie soll ein solches Kind sich in diesem Leben zurechtfinden, wenn es aus dem Elternhaus zieht, aber sein Leben lang von Mama's oder Papa's Entscheidungen abhängig bleibt? Ob bei der Partnerwahl, Berufswahl oder anderen wichtigen Zukunftsentscheidungen? Wie oft habe ich von Jugendlichen die Frage gehört, was 'soll' ich denn jetzt machen? Und wie oft antworte ich, nicht was du machen 'sollst, sondern was du machen WILLST, ist hier die Frage. Dann sehe ich menschlichgewordene Fragezeichen vor mir stehen. Wissen sie nicht. Oh Herr vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun sollen... Selbst Erwachsene reden noch so, sie wissen nicht, was sie noch tun sollen, um etwas zu erreichen, von dem sie nichtmal wissen, ob sie es selbst auch wollen, oder man ihnen beigebracht hat, dass das gut sei, was sie sollen.
Also, ich finde die Forschungen rund um Kindheiten hochgradig spannend und verstehe unsere kranke Welt, aber auch mich selbst viel besser.
Für Interessierte noch schnell ein Link über diese Studie aus dem Internet, von Stephan Niederwieser:
https://www.stephan-niederwieser.de.../Relaunch Juni16/Stephan_Niederwieser_ACE.pdf
Es gibt sogar Gehirnforscher, die belegen, dass Krankheiten wie Krebs aus traumatischen Kindheitserfahrungen herrühren. Ist das nicht ein Alarmzeichen, dass wir noch mal viel genauer hinschauen müssen, was wir 'unseren' Kindern antun? Immernoch? In aller Öffentlichkeit oder heimlich zuhause?
Ich leide heute vor allem darunter, dass ich den Kindern nicht helfen kann, oder darf, die täglich in ihren Zimmern sitzen und weinen, ohne dass sie jemand tröstet, oder ihnen erklärt, dass ihnen gerade großes Unrecht widerfährt. In Fachkreisen nennt man diese Personen 'wissende Zeugen', die ein Leben retten können. Fremde, Außenstehnde also, die das Kind abholen und ihnen Trost spenden, und Gewissheit, dass man ihnen Leid zufügt (also nicht das Kind bestärken, dass es böse, falsch, faul oder sonstwie lästig ist).
Seit ich mich damit befasse, habe ich das Gefühl, wir stecken alle psychisch in einem tiefen Sumpf, und die die als erstes ertrinken, sind unsere Kinder weltweit.
Wie denkt Ihr denn darüber? Meint Ihr nicht, dass man dieses Wissen schnellstmöglich ausbreiten und weiter erforschen sollte? Meint Ihr nicht, dass es an der Zeit ist, Kinder massiv zu beschützen, damit unser aller Zukunft gesichert ist, und wir empathische, geistig und psychisch gesunde Erwachsene bekommen, die an die Allgemeinheit denken, statt nur an sich selbst?
Und wer kennt diese Studie schon, und Wissenschaftler wie Dr. Bruce Perry, Vincent Felitti, Terry Brazelton oder Dr. Nadine Burke Harris? Es gibt sicher noch viele mehr, die über die enorme Wichtigkeit 'gesunder' Kindheiten sprechen und geschrieben haben.
Warum sperren sich die Deutschen so gegen diese Wissenschaften? Ist das wirklich wegen der Pharmaindustrie? Oder haben wir zu viele Ärzte, die glauben, mit ihrem Studium alles gelernt zu haben, und nun nie wieder Neues dazulernen müssen, weil sie ja sowieso schon 'alles' wissen?
Bin gespannt auf eure Antworten und Fragen, denn Fragen führen uns weiter und weiter, bis an den Kern der Sache.
Es grüßt von Herzen
Die Menschin
kennt hier jemand die ACE Studie von Vincent Felitti aus den USA? Ausgeschrieben heißt das Adverse Childhood Experience (zu deutsch: traumatische Kindheitserfahrungen) und diese beinhaltet 10 Fragen zu Misshandlungen, bzw. traumatischen Erfahrungen. Es geht dabei um Erfahrungen, die vor dem 18. Lebensjahr gemacht wurden, ob Familie, Heim oder Verwandte. Wo auch immer man aufgewachsen ist.
In den USA und in Großbritannien drehen viele Wissenschaftler fleißig am Rad, um der (Ärzte)welt zu beweisen, dass unbeachtete schlechte Kindheitserlebnisse sich später im Erwachsenenalter sehr negativ auf unsere Psyche und Körper auswirken. Beweise haben sie inzwischen massenhaft, und dort breitet sich das Wissen um Kindheitserlebnisse + Folgen großflächig aus. Man ist mit diesem Wissen auch in Frankreich und Schweden angelangt, Deutschland verschließt noch ungläubig Augen und Ohren und wird derweil immer kränker.
Die ACE Studie belegt, warum Menschen im Erwachsenenalter Depressionen bekommen, krank werden, süchtig bzw. abhängig oder auch Selbstmord begehen. Gehirnforscher, die seit Jahrzehnten mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, haben haarsträubendes herausgefunden, wie unsere Körper Trauma für immer speichern, auch wenn wir beschliessen, es zu vergessen.
Leider kennen hier bei uns weder Ärzte noch Therapeuten die dramatischen Folgen von Kindheiten, mit denen man sich als (kranker) Erwachsener herumschlagen muss. Es werden fleißig Pillen, Tabletten und Therapien verschrieben, die allesamt nicht weiterhelfen. Ein Pflaster für einen Beinbruch, könnte man sagen.
In der ACE Studie geht es um 10 Misshandlungsarten, den häufigsten, und jede Frage kann mit Ja oder Nein beantwortet werden. Die Antworten mit Ja werden dann zusammengezählt, und dann hat man seinen ACE Score. Je höher dieser ist, desto höher die Wahrscheinlichkeiten von Symptomen und Auswirkungen im Erwachsenenalter.
Eine der am weitesten, und meist unterschätzten Misshandlungen ist die Vernachlässigung. Die körperliche und emotionale. Diese hat weitreichende Folgen für das Gehirn des Kindes, und sein Wachstum. Ein Kind, das als Säugling stark vernachlässigt wurde, bleibt z.B. kleinwüchsig weil es sich nicht so schnell entwickelt, wie Kinder, die eben wertgeschätzt und geliebt wurden. Ohne vorherige Leistung, einfach so. Weil sie da sind. Weil sie erwünscht sind, willkommen in ihrer Familie und Umgebung.
Ich habe z.B. nie verstanden, warum manche Menschen in Krisen so stabil bleiben können, so ruhig, während andere panisch und dissoziativ reagieren. Warum manche so kalt, und andere so mitfühlend sind. Die Antwort steckt eigentlich in einem deutschen Zitat: was klein Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Und das habe ich mir schon gedacht, da war ich selbst noch Kind, dass uns Kleinen extrem Schaden zugefügt wird, egal ob aus Unwissenheit oder bewusster Ver- bzw. Missachtung. Das Feld der Kindesmisshandlungen geht so viel weiter, als Missbrauch und Gewalt. Die subtile unterschwellige Gewalt am Kind, die die unsichtbar bleibt, ist mindestens genauso grausam und schädlich für Körper und Psyche. Diese unsichtbare, oder versteckte Gewalt an Kindern ist so schädlich, aber auch so selbstverständlich, dass wir sie nicht erkennen. Beispiel: Leistungsdruck, Belohnungen für 'ordentliches' Verhalten, Strafe für Fehler... Wie soll ein Kind aus eigenen Erfahrungen lernen, wenn alles fest vorgeschrieben ist? Wie soll ein solches Kind sich in diesem Leben zurechtfinden, wenn es aus dem Elternhaus zieht, aber sein Leben lang von Mama's oder Papa's Entscheidungen abhängig bleibt? Ob bei der Partnerwahl, Berufswahl oder anderen wichtigen Zukunftsentscheidungen? Wie oft habe ich von Jugendlichen die Frage gehört, was 'soll' ich denn jetzt machen? Und wie oft antworte ich, nicht was du machen 'sollst, sondern was du machen WILLST, ist hier die Frage. Dann sehe ich menschlichgewordene Fragezeichen vor mir stehen. Wissen sie nicht. Oh Herr vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun sollen... Selbst Erwachsene reden noch so, sie wissen nicht, was sie noch tun sollen, um etwas zu erreichen, von dem sie nichtmal wissen, ob sie es selbst auch wollen, oder man ihnen beigebracht hat, dass das gut sei, was sie sollen.
Also, ich finde die Forschungen rund um Kindheiten hochgradig spannend und verstehe unsere kranke Welt, aber auch mich selbst viel besser.
Für Interessierte noch schnell ein Link über diese Studie aus dem Internet, von Stephan Niederwieser:
https://www.stephan-niederwieser.de.../Relaunch Juni16/Stephan_Niederwieser_ACE.pdf
Es gibt sogar Gehirnforscher, die belegen, dass Krankheiten wie Krebs aus traumatischen Kindheitserfahrungen herrühren. Ist das nicht ein Alarmzeichen, dass wir noch mal viel genauer hinschauen müssen, was wir 'unseren' Kindern antun? Immernoch? In aller Öffentlichkeit oder heimlich zuhause?
Ich leide heute vor allem darunter, dass ich den Kindern nicht helfen kann, oder darf, die täglich in ihren Zimmern sitzen und weinen, ohne dass sie jemand tröstet, oder ihnen erklärt, dass ihnen gerade großes Unrecht widerfährt. In Fachkreisen nennt man diese Personen 'wissende Zeugen', die ein Leben retten können. Fremde, Außenstehnde also, die das Kind abholen und ihnen Trost spenden, und Gewissheit, dass man ihnen Leid zufügt (also nicht das Kind bestärken, dass es böse, falsch, faul oder sonstwie lästig ist).
Seit ich mich damit befasse, habe ich das Gefühl, wir stecken alle psychisch in einem tiefen Sumpf, und die die als erstes ertrinken, sind unsere Kinder weltweit.
Wie denkt Ihr denn darüber? Meint Ihr nicht, dass man dieses Wissen schnellstmöglich ausbreiten und weiter erforschen sollte? Meint Ihr nicht, dass es an der Zeit ist, Kinder massiv zu beschützen, damit unser aller Zukunft gesichert ist, und wir empathische, geistig und psychisch gesunde Erwachsene bekommen, die an die Allgemeinheit denken, statt nur an sich selbst?
Und wer kennt diese Studie schon, und Wissenschaftler wie Dr. Bruce Perry, Vincent Felitti, Terry Brazelton oder Dr. Nadine Burke Harris? Es gibt sicher noch viele mehr, die über die enorme Wichtigkeit 'gesunder' Kindheiten sprechen und geschrieben haben.
Warum sperren sich die Deutschen so gegen diese Wissenschaften? Ist das wirklich wegen der Pharmaindustrie? Oder haben wir zu viele Ärzte, die glauben, mit ihrem Studium alles gelernt zu haben, und nun nie wieder Neues dazulernen müssen, weil sie ja sowieso schon 'alles' wissen?
Bin gespannt auf eure Antworten und Fragen, denn Fragen führen uns weiter und weiter, bis an den Kern der Sache.
Es grüßt von Herzen
Die Menschin