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Leben und Reisen macht Angst

_Phoenix2_

Aktives Mitglied
Du brauchst Dir sicher keine Vorwürfe wegen Deines Ego's zu machen, es ist doch gut, wenn man versucht, sich zu überwinden. Was dabei allerdings noch fehlt, ist meiner Ansicht nach der Sinn darin und das Ziel. Z.B. das Auslandssemester. Du könntest es beispielsweise allein deshalb machen wollen, um eine Fremdsprache zu lernen oder aus sonst irgendeinem Grunde. Also nichts so ziellos unternehmen und sich einfach durch Launen oder Hirngespinste so treiben lassen. Wie wär's damit?
Muss denn alles einem „Ziel“ folgen? Sie schreibt, dass sie reisen gut findet. Vielleicht sieht sie einfach gerne etwas von der Welt. Ein längerer Auslandsaufenthalt vermittelt noch tiefere Einblicke in andere Kulturen und damit beispielshalber idealerweise auch Toleranz und interkulturelle Kompetenz. Interkulturelle Kompetenz aber ist im Berufsleben wichtig.
 
V

versuch

Gast
Hallooo,

es ist Mal wieder Nacht und ich denke über das Leben nach. Folgende Randbemerkungen: ich bin 23 und studiere noch.
Als Kind und Jugendliche war ich enorm ängstlich. Ich hatte jahrelang sehr starke Schlafstörung, hab mich in alles reingesteigert, hing sehr lang an meiner Mutter und dachte, dass ich ohne sie das Leben nicht schaffen kann. Vor 2 Jahren bin ich ausgezogen und ja, ich bin viel selbstständiger geworden und alles, aber ich bin, glaube ich, einfach immer ein eher ämgstlicher und nachdenklicher Mensch. Ich bin in den letzten Jahren alleine gereist (meist nur 1 Woche lang ) und etwas in mir will - glaube ich - mir und allen anderen beweisen, dass ich es kann, dass ich es alleine schaffe. Ich will dieses Bild von mir erschaffen und ich glaube ich habe mir dieses Bild auch schon zugeschrieben. Im Sinne von : ich muss so sein... Diese abenteuerlustige, junge Frau, die so mutig ist, das Leben nicht so ernst nimmt, ständig reisen geht. Wie diese jungen Menschen auf Instagram, die einfach "zu leben scheinen" und reisen. Ich weiss es klingt so dämlich naiv ...
Aber genau da ist gerade das Problem. Ich buche Reisen und es belastet mich so sehr diese anzutreten. Da ist keine Vorfreude, keine Aufregung. Da ist nur Angst, stundenlanges Gedankenkarussell und Reue. Jedes Mal nach der Buchung nehme ich mir vor: das war die letzte Reise, bei der du dein Ego hast entscheiden lassen, aber dann vergeht Zeit und ich buche wieder. Ich werde manchmal gefragt, warum ich mich so quäle, aber wenn ich erstmal weggehe, ist die Reise meist toll.
Was mich belastet ist, dass ich das Leben so anstrengend finde. Ich habe Angst vor den Herausforderungen, die ich noch meistern muss. Die Komfort Zonen, die ich verlassen muss Die Reisen, die anstehen... Es fühlt sich an wie ein Kampf. Im Alltag bin ich aber auch nicht happy, kann nicht abschalten, bin rastlos und bin immer auf der Suche nach einem anderen Ort zu leben, einem anderen Job, einem anderen Leben...
Mein größter Struggle gerade ist, dass ich einen Platz für ein Auslandssemester im Sommer bekommen habe. Mich stresst es so sehr eine Woche wegzugehen, wie soll ich es schaffen für 4 Monate zu verreisen? Ich weiss nicht, ob ich mich damals einfach beworben habe, weil es sich cool anhört, die anderen sowas nicht machen, ich "bewundert" werde und auch selber auf mich stolz sein kann ( also mein Ego entschieden hat ) oder, ob ich wirklich Lust darauf habe. Ich glaub es war ersteres. Aber ich weiss gerade nicht, ob ich absagen soll und mich erstmal um mich kümmern soll oder dem ganzen ne Chance geben soll, weil die Reisen sich ja oft als was gutes dann doch herausstellen. Was bleibt von mir übrig, wenn ich nicht die mutige, reiselustige Solo Travelerin bin? Ist das nicht das, was alle in den 20ern machen und feiern? Frei sein, wild sein?... Mir macht das einfach nur Angst und es belastet mich dieses Bild aufrechtzuerhalten. Wenn ich mir mein Leben nicht so ungemütlich wie es geht mache, nicht die Komfortzone verlasse, nicht wachse, sehe ich in mir vlt wieder das kleine bedürftige Kind.


Ich fühle mich auch schlecht, weil ich so Scheisse privilegiert bin.. ich mein ich heul rum, weil ich in meinem Alter Geld zum reisen habe und die Welt sehe haha... Aber ja ich denk da steckt mehr dahinter.
Danke an alle, dass ihr das gelesen habt :) ich hoffe, es geht euch gut und, dass ihr glückliche Momente erlebt. Vielleicht hat ja jemand einen Ratschlag.

Dankeee
Zur konkreten Frage (Auslandssemester) haben andere User schon viel hilfreiches geschrieben. Was das angeht, möchte ich mich völlig u a Phönix 2 anschließen.

Vielleicht noch etwas zu Selbstbild / Fremdbild. Es kann sein, dass du gerade die Rolle der mutigen, jungen Abenteurerin spielst, für dich und für andere.

Eine der ursprünglichen Arten, etwas zu lernen, ist Imitation. Je länger du diese Rolle spielst, um so mehr lernst du, wirklich so zu sein.

Und das ist gut, sonst würdest du den Teil von dir nicht entwickeln können, der genau so ist. Mit der Zeit probierst du vielleicht andere Rollen aus, da gibt es nicht nur Kind und Abenteurerin.

Dass du deine Komfortzone verlässt, ist meiner Meinung nach nicht nur wichtig für die Rolle, die du für andere spielst oder für dein Selbstbild.

Die Komfortzone zu verlassen ist die Voraussetzung dafür, dass du dich besser kennen lernen kannst. Du weißt, wie du im Alltag bist.

Wenn du die Komfortzone verlässt, kannst du auch heraus finden, wie du auf andere Situationen, Orte, Menschen reagierst. Das ist wichtig, denn so lernst du dich besser kennen. Es ist die Voraussetzung dafür, dass du wachsen kannst.

Grundsätzlich finde ich aber auch, dass du dir die Erlaubnis zum Scheitern geben solltest. Wenn du etwas versuchst, kannst du daran scheitern oder es gelingt. Das hängt nicht nur von dem ab, was du tust, sondern auch von äußeren Faktoren.

Wenn du dir diese Erlaubnis nicht gibst, musst du immer in dem Bereich bleiben, den du für 'sicher' ansiehst. Und dieser Raum wird mit der Zeit wahrscheinlich noch kleiner und enger.

Da du von 'ego' geschrieben hast, ein Buchtipp von mir: 'Die Wolfsfrau' von Clarissa Pinkola Estes.

Gegen Ende des Buches ist darin ein Gedicht abgedruckt:

'(...) Geh in den Wald, auch wenn er gefährlich ist. Wenn du nicht gehst, dann bleibt du sicher, aber deine Geschichte kann sich nicht entfalten (...)'

So grob aus dem Gedächtnis, zumindest...;-)
 

Luisa1960

Aktives Mitglied
Ich finde mich so ziemlich wieder in deiner schilderung.
Ich war bin auch schon immer ängstlich, verlasse ungern meine Sicherheitszone.
Wo ich jung war, hab ich das auch so gemacht wie du, gedacht, wenn die anderen das können, dann schaffst du das auch. Hab mich entsetzlich gequält und nach aussen hin eine Rolle gespielt und mich gesonnt in der Anerkennung. Aber das war nicht ICH. Ich muss nicht den Held spielen für andere.
So ab Mitte 40 kam mir dann die Erkenntnis.
Tu nur das, was du möchtest und nicht das, was andere machen oder wollen.
Wenn du nicht gern reist oder im Trubel bist, dann tu es auch nicht.
Wer es tut, sollte Freude empfinden dabei und keine Qual.
Klar du bist noch jung und kannst wachsen und dich ändern, das muss nicht so sein wie bei mir.
Ich bin jedenfalls froh, das ich irgendwann die Reissleine gezogen habe und mich abgegrenzt und nicht mehr das tue, was ich nicht wirklich will und mir gut tut.
 

Youshri

Aktives Mitglied
Ich will dieses Bild von mir erschaffen und ich glaube ich habe mir dieses Bild auch schon zugeschrieben. Im Sinne von : ich muss so sein...
Darauf beziehe ich mich, wenn ich von Hirngespinsten rede. Und in Deinem Fall, liebe TE, glaube ich tatsächlich, dass genaue Ziele Dir dazu helfen werden, Deine Aktionen (Reisen usw.) so zu erleben, dass Du mehr Freude und weniger Ängste im Leben hast. Du gibst Deinem Leben einen Sinn, und darauf kommt es schliesslich an.
 

Malory

Mitglied
Hey, mir geht es oft so. Bevor ich etwas, zum Beispiel auch ausgehen an einen Platz, wo ich noch nie war, zum ersten Mal mache, bin ich ängstlich, aber wenn ich es dann doch mache, wird es schön. Ich bin auch in den Zwanzigern und bin ein Mann.

Ist es ein Privileg, dass ich diese Sorte von Probleme habe und nicht beispielshalber in der Ukraine sitze und überlegen muss, wie ich es schaffe meiner Familie essen zu holen ohne erschossen zu werden oder an der Front sein muss? Ja, ganz gewiss.

Ich glaube, dass kann man sich auch mal bewusst machen und zwar nicht sich runterputzen „schäm dich dass du privilegiert bist und trotzdem dich fürchtest“, sondern dass man sich sagt „mir geht es gut, ich kann diese Sachen machen und es ist wahrscheinlich sicher für mich“. Ich gehe mal davon aus, dass du dein Auslandssemester an einem relativ sichereren Platz machst.

Was ist denn deine größte Angst bei dem Auslandssemester? Wie wahrscheinlich schätzt du ein, dass das passiert?

Wenn ich vor etwas Angst habe, zum ersten Mal an einem Platz, versuche ich vorher etwas darüber rauskriegen, mögliche Gefahren für mich und andere identifizieren, um diese zu vermeiden. So habe ich das Gefühl, dass es sicherer ist.

Die Welt ist gefährlich, denk ich, aber man kann Gefahren minimieren. Man kann sich ja auch nicht zuhause einschließen.

Kannst du vielleicht jetzt schon online Kontakt mit anderen Studentinnen am Studienort aufnehmen oder Organisationen, Hochschulgruppen, Clubs, so dass du jemandem kennst, nicht allein bist?

Ich würde es machen. Als Frau muss man imho noch ein bisschen vorsichtiger sein, als als Mann, aber ich würde gucken, wie man es sicher machen kann und dann machen.

Ich mache mir übrigens immer Sorgen, wenn eine Bekannte alleine reist, Auslandssemester macht oder ähnliches. Es macht mir Angst um sie, aber sie kamen bis jetzt alle heil zurück und es war eine schöne Erfahrung.

Wenn du allerdings das Gefühl hast, dass es dort wirklich unsicher ist und dies nicht nur deine Angst ist, dann mache es lieber nicht.

Hi, danke für deine Antwort :) Ja, ich hab schon versucht eine Studentin zu kontaktieren, die gerade schon in Portugal ist, aber keine Antwort erhalten.
Meine größte Angst... hmm schwer zu sagen. Ich glaube einfach, dass ich es nicht schaffe. Dass ich keine Wohnung finde, dass mein Körper nicht mitmacht und ich mich allein durchkämpfen muss (Ich habe seit einigen Jahren Probleme mit meinem Körper, einige Lebensmittelunverträglichkeiten usw...)... einfach alles macht Angst und es fängt schon bei kleinen Fragen an, wie " wie komme ich vom Flughafen zur Unterkunft? Und was ist, wenn das nicht klappt oder es mir nicht gut geht...?" Vor allem, weil ich Zweifel am Studium habe, frage ich mich, ob es nicht sinnvoller ist Praktika zu machen, anstatt am Strand sitzend die erhoffte Erkenntnis zu kriegen. Oje sorry, dass ich mich schon wieder ausheul urghs
 

Malory

Mitglied
Vielleicht versuchst du dich ja auch in Selbsttherapie deiner Ängste? Das finde ich eigentlich sehr positiv, denn Ängste sind häufig nicht rational. Dennoch sollte das natürlich nicht soweit gehen, dass du dich dauerhaft quälst, es sollte also schon ein Lerneffekt stattfinden, über den du immer häufiger feststellst und verinnerlichst, dass deine Ängste unbegründet sind.
Interessanter Gedanke. Nach einer Reise ziehe ich oft sehr schnell weiter und suche schon wieder die nächste Herausforderung, mit der ich es ungemütlich habe. Irgendwie sammel ich deshalb meine Reisen wie Trophäen ohne innezuhalten ... :/
 

Malory

Mitglied
Musst du denn um die Welt reisen?

Ich bin 44 und meine weiteste Reise war der Schüleraustausch nach Frankreich...

Reisen scheint irgendwie so eine Art Manie bei vielen zu sein.
Das Ding ist, ich bin bisher auch nur in Europa gewesen und immer nur so 1 Woche.. bin nicht eine dieser Menschen mit dem one way ticket nach Australien, obwohl ich sicher gern so wäre haha. Ja, das stimmt. Reisen und die Freiheit und Unabhängigkeit wird, besonders durch social media, mega gefeiert und als etwas angesehen, dass man in den 20ern machen MUSS. (Zumindest hab ich das Gefühl).
 

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