Ich hab den Eindruck, dass es bei dir tatsächlich noch diese andere Baustelle gibt, von der du ja auch schreibst: Nämlich, dass du fürchtest, dass einige deiner Einstellungen bzw. deine Psyche möglicherweise der andere Grund für deine Orientierungslosigkeit und Zweifel ist.
Du schreibst, dass du dich sehr stark mit anderen vergleichst und fürchtest, hinter ihnen und ihren Erfahrungen "zurückzubleiben". Du möchtest etwas Besonderes machen und vielleicht auch etwas Besonderes sein. Du dachtest, du würdest am Meer auf jeden Fall glücklich sein - aber jetzt bist du ständig am Grübeln und kannst das Meer gar nicht genießen. Du fühlst dich generell ruhelos und kannst nicht ankommen. Du würdest gerne "leben".
Ich würde es für möglich halten, dass du ein Narzissmusproblem hast. Und nein, du hörst dich definitiv nicht wie Trump an. 🙂 Es gibt mehrere Narzissmustypen, den grandiosen (Trump), den weiblichen und den vulnerablen; vielleicht auch noch mehr. Kann es sein, dass du dich generell angespannt fühlst und generell eigentlich nie richig zufrieden oder glücklich bist? Sondern fast immer am Grübeln und Nachdenken bist? Vielleicht bist du auch oft unsicher, ob du so viel wert wie andere bist. Ich könnte mir vorstellen, dass deine Eltern oder ein Elternteil dich nicht geliebt haben. D. h. dich nicht so geliebt haben, wie du bist, ohne irgendwelche Bedingungen zu stellen. Bei den Kindern dieser narzisstischen Eltern, die ständig über das Stöckchen ihrer Eltern springen müssen, um "geliebt" zu werden, löst dieses Verhalten oft eine generelle Unsicherheit, Traurigkeit, Depression, verdrängte Wut usw. aus. Möglicherweise grübelst du auch deshalb so oft über deine Zukunft nach, um deinen Gefühlen aus dem Weg zu gehen und sie weiter zu unterdrücken.
Aber wenn das so ist, dann hilft dir dieses Im-Kopf-Bleiben für dein seelisches Wohlergehen nicht weiter. Man kann damit überleben, aber zufrieden und glücklich wird man dadurch nicht. Ein sehr kompetenter Therapeut hat mir mal gesagt, dass sog. negative Emotionen nie "verschwinden" - sie wandeln sich um, wenn man sie zulässt. Ich könnte mir vorstellen, dass du einiges aus deiner Kindheit und Jugend noch nicht verkraftet und verarbeitet hast und du dich vielleicht manchmal gefangen fühlst. Richtig leben bedeutet auch immer, dass man alle Gefühle zulässt, erst dann fühlt man sich bei sich selbst angekommen und mehr oder weniger zufrieden. D. h. Schmerz, Angst, Wut, Trauer etc. gehören dazu. Wenn du immer am Denken bist, ist es klar, dass du dich ruhelos fühlst.
Lies mal in wikipedia unter "Narzissmus" und "Narzisstische Persönlichkeitsstörung". Es geht mir wirklich nicht darum, dir ein Etikett anzuheften, aber vielleicht trifft einiges auf dich und deine Familie zu und du hast ein Riesen-Aha-Erlebnis.
Ich stamme selbst aus einer narzisstischen Familie, war auch selbst narzisstisch, und den Moment, als ich begriffen hab, dass meine Eltern nicht von Geburt an "komisch" und kalt waren, sondern von deren Eltern zu Narzissten gemacht worden sind, werd ich nie vergessen. Sie haben mir sehr oft das Gefühl gegeben, nicht "richtig" zu sein, erst dies und jenes tun zu müssen, um in Ordnung zu sein ... aber in Wirklichkeit war ich als kleines Kind in Ordnung und sie waren es absolut nicht.