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Muss ich mich als Versagerin empfinden?

A

Aljona

Gast
Liebe Community,

wie ihr aus anderen Threads von mir wisst, arbeite ich als Betreuungskraft in einem Altenheim und mache den Job gerne. Ich würde auch nach zwei Jahren immer noch sagen, meine Stärken sind mein freundliches Wesen, meine Geduld und Empathie.

In den vergangenen beiden Wochen habe ich allein gearbeitet und war für 30 Bewohner zuständig, weil meine Kollegin in den Osterferien Urlaub hatte. Vorher hatte ich noch gedacht, dass alles kein Problem ist. Ich würde mir die Betreuung neben den Gruppenangeboten gut einteilen. Leider war ich aber an einigen Tagen echt am Limit!

Es begann schon an dem Wochenende, wo meine Kollegin bereits frei hatte. Am Palmsonntag fand im Garten ein Gottesdienst statt und ich hielt es für eine gute Idee, einen schwerdementen Bewohner mitzunehmen, da er meistens ziellos im Wohnbereich rumläuft und von den anderen oft weggescheucht wird. Ich fuhr mit ihm im Aufzug runter und als wir unten ankamen, schwankte er aus dem Aufzug. Da fiel mir auf, dass ich seinen Rollator oben vergessen hatte! Auch aus dem Grund, weil er grundsätzlich ohne Rollator rumläuft, weil er ihn immer an seiner Zimmertür stehen lässt.
Zwei Betreuungskräfte standen am Aufzug und waren entsetzt, dass ich ihn so mit runtergenommen hatte. Sie warfen mir laut vor, verantwortungslos gehandelt zu haben. Ich holte den Rollator und machte mich mit dem Bewohner auf den Weg in den Garten. Wir kamen zu spät, weil es ewig dauerte.

Es gibt eine Bewohnerin, von der ich leider etwas genervt bin. Sie möchte an jedem Gruppenangebot teilnehmen, ist aber so gut wie taub und sieht es nicht ein, ein Hörgerät zu tragen. Ich habe wenig Verständnis dafür, denn mein fast 80-jähriger Vater ist auch schwerhörig und trägt seit Jahren ein Hörgerät. Sonst könnte er mich gar nicht verstehen.
Ich schreie mir beim Gedächtnistraining und Bingo jedes Mal eine Stunde lang die Lunge aus dem Leib. Sehr schön mit FFP2-Maske! Wenn sie etwas dann noch immer nicht versteht, macht sie ein bitterböses Gesicht und fängt an zu stänkern, dass ich zu leise spreche. Ich kann aber nicht lauter, und alle anderen Bewohner verstehen mich ja auch.

Sie ist mit einer Bewohnerin befreundet, die nur so lange zu mir freundlich war, wo sich mich ausnutzen konnte. Eine Pflegekraft machte mich darauf aufmerksam, dass ich ausgenutzt werde. Jetzt hat sie einen Elektrorollstuhl und braucht mich nicht mehr. Sie wird mir gegenüber oft frech, suggeriert mir, dass ich nicht besonders helle bin. Wenn sich ein Gruppenangebot mal um 10 Minuten verzögert, weil Bewohner vorher noch zur Toilette müssen oder die Einladung dazu vergessen haben, fängt sie schon laut an zu murren. Dabei hänge ich die Zeit ja immer hintendran!
Letzte Woche habe ich leider zum ersten Mal übersehen, dass ich morgens ein Gruppenangebot hatte. Die freche Bewohnerin schnauzte mich an, wann ich denn endlich erscheinen würde. Als ich meinen Fehler sah, entschuldigte ich mich bei ihr. Doch sie gab keine Ruhe und keifte, dass ich dann den Wochenplan genauer lesen müsse. Ich antwortete ihr ganz sachlich und ohne Vorwurf, dass wir alle Menschen sind und Fehler machen. Doch in mir brodelte es!

Am nächsten Tag befahl mir ein Stinkstiefel regelrecht, die Bewohner zu seinem Angebot zu holen. Ich sagte ganz ruhig, dass doch eh nur wenige Bewohner mitmachen und es noch 15 Minuten Zeit sind. Da mischte sich gleich die freche Bewohnerin ein und meinte, ich würde die Leute ja immer warten lassen. Der Stinkstiefel antwortete, es sei halt großer Mist, wenn "niemand Richtiges" da sei.

Sie haben zweimal durchblicken lassen, dass sie meine Kollegin vermissten, die Urlaub hatte. Sie geben mir irgendwie das Gefühl, nicht gut genug zu sein.

Wie würdet ihr euch bei so viel Respektlosigkeit verhalten?
Könnt ihr verstehen, dass ich es so empfinde, dass ich versagt habe?

Liebe Grüße,
Aljona






 

Knirsch

Sehr aktives Mitglied
Ich denke, man wird leider in der Pflege und dem Gesundheitswesen insgesamt auch dafür bezahlt, dass man nicht alles persönlich nimmt. Ich stimme zu, dass man aber von Kollegen auch erwarten kann, dass sie einem nicht in den Rücken fallen.
Von den Anvertrauten kann man allerdings nichts erwarten, sie sind sozusagen Kunden. Wenn sie einen nicht tatsächlich beflegeln, beschimpfen, etc. ist da wohl nicht viel zu machen. Ich habe mir immer vorgestellt, dass solche Leute kleine Kinder sind und man dementsprechend mit Nachsicht aber auch mit Konsequenz dabei sein sollte. Wenn zum Beispiel die Kandidatin, die sich weigert ein Hörgerät zu tragen, die Gruppenaktivität mit ihren Bemerkungen stört, obwohl es offensichtlich nicht möglich ist, noch lauter zu sprechen, könnte man das ansprechen und fordern, dass sie die Aktivität nicht stört, da auch die anderen Anwesenden etwas davon haben wollen und lauteres Sprechen nun mal nicht möglich ist. Es liegt dann in ihrer Verantwortung zu entscheiden, ob sie ein Hörgerät trägt, vielleicht auch ein paar schriftliche Hinweise braucht (man könnte ja etwas auf eine Tafel, ein Board oder Karten schreiben, um das Notwendigste zu verdeutlichen) oder sich einfach ruhig verhält, auch wenn sie nicht alles versteht, damit die Aktivität überhaupt möglich ist. Bei allen anderen Dingen würde ich einfach Nachsicht walten lassen. Es wird immer jemanden geben, der einen nicht mag und ein bisschen stichelt. Oft reicht es auch, wenn man einfach nichts antwortet und zur Tagesordnung übergeht.
 
A

Aljona

Gast
Danke für eure Antworten.

Ich würde das Ganze ja gerne nicht so persönlich nehmen. Doch ich habe mir heute an meinem freien Tag vorgestellt, wie sie meine Kollegin freudig nach ihrem Urlaub begrüßt haben. IHR würden sie wahrscheinlich nicht so begegnen, auch wenn sie alte und hilflose Menschen in einer chronischen Extremsituation sind.

Möglicherweise haben sie ihre Unzufriedenheit auch an meine Kollegin rangetragen. Wenn sie fair ist, wird sie mich unter vier Augen darauf ansprechen. Nur was ist, wenn sie das Gespräch mit unserer Vorgesetzten sucht?
Das Arbeitsklima ist bei uns eh seit einiger Zeit vergiftet. Jeder hat Angst, den Job zu verlieren. Jobs als Betreuungskraft gibt es nun mal nicht wie Sand am Meer. Daher steht jeder unter Druck.

Ich finde das Ganze eben traurig, wenn man sich abmüht und es vielen doch nicht recht machen kann.
Am Donnerstag und Freitag habe ich der frechen und der schwerhörigen Bewohnerin noch extra Zeit gewidmet, weil sie laut murrten, dass es so langweilig ist. Dabei hätte ich die Zeit eigentlich für die bettlägerigen Bewohner benötigt. Im Nachhinein hat es mich geärgert.

@ Styx.85

Nein, es war das dritte Mal, dass ich zwei Wochen lang die ganze Verantwortung für so viele Menschen hatte. Bei den anderen beiden Malen ist es besser gelaufen. Allerdings hatte ich da auch ein bisschen Unterstützung durch eine Mitarbeiterin vom sozialen Dienst.
Ich glaube, dass ich dieses Mal einfach überfordert war. Ich wollte es allen recht machen und habe es nicht geschafft.

Der "Stinkstiefel" ist übrigens ein Bewohner von Anfang 90, der selbst schon mal ein Gruppenangebot mit Singen und Rätseln leitet. Er ist generell nicht sehr beliebt, nimmt sich aber sehr wichtig, weil er Mitglied im Bewohnerbeirat ist. Er hat meistens so einen Befehlston an sich. Trotzdem habe ich keine Lust, mich wie ein Schulmädchen herumkommandieren zu lassen.

Ich werde mich aber bemühen und versuchen, in Zukunft mehr professionelle Distanz an den Tag zu legen.
 
A

Aljona

Gast
@ Knirsch

Deinen Beitrag habe ich erst gelesen, nachdem ich meine Antwort abgeschickt hatte.
Auch du hast mir sehr weitergeholfen. Vielen Dank!
 

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