Die moderne Interpretation dieses Bibeltextextes durch Jörg Zink gefällt mir auch sehr gut:
"Was bleibt stiften die Liebenden
(Nach 1 Kor 13; Jörg Zink)
Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete,
wenn ich, ein Pfarrer,
jeden Sonntag auf die Kanzel stiege
und eine glanzvolle Predigt hinlegte
und es wäre voll bis auf den letzten Platz,
und mich bewegte nicht die Liebe zu den Leuten, zu denen ich rede,
wäre es besser, ich hielte den Mund.
Und wenn ich, eine Lehrerin,
täglich fünf Stunden vor meiner Schulklasse stände
und meine Kräfte verzehrte in meiner täglichen Mühsal mit Unterrichten und Korrigieren
und mich bewegte nicht die Liebe zu diesen Kindern, die mir das Leben sauer machen,
dann wäre es besser, ich ließe sie in Frieden.
Und wenn ich, eine Krankenschwester,
zwanzig Betten perfekt versorgte,
und es fehlte nirgends die geringste Kleinigkeit,
es wäre alles sauber, blank, steril und chemisch rein,
und mich bewegte nicht die Liebe zu den Menschen, für die ich es tue,
dann hätte ich meine Berufung verfehlt.
Und wenn ich, ein Verwaltungsangestellter,
täglich hinter meinem Schalter säße
und Formulare ausfüllte,
genau und zuverlässig,
und mich in meinem Beruf hingäbe
für das Gemeinwohl
und ich hätte keine Freundlichkeit für die Leute,
die vor mir Schlange stehen,
ich wäre nichts als ein Stück Apparat.
Und wenn ich, ein Verliebter,
von Zärtlichkeit spräche,
und von Phantasie im Spiel der Liebe
und ich dächte allein an die Liebe, die ich empfangen möchte,
und nicht auch an die, die ich liebe,
so wäre ich nichts als ein kleinkarierter Egoist.
Und wenn ich, ein politischer Mensch,
gegen alle Ungerechtigkeit der Welt demonstrierte,
und mich bewegte nur der Haß gegen die Unterdrücker,
nicht aber das Erbarmen für die Unterdrückten,
dann brächte ich in diese Welt keine Spur von Gerechtigkeit
Und wenn ich, eine Hausfrau,
mein Leben hinbrächte
— bitte, das einzige, was ich auf dieser Welt habe! —
mit Kochen, Waschen, Wickeln, Aufräumen,
um die Familie am Laufen zu halten,
und mich bewegte nur die Interessen der anderen,
niemals aber die Frage, was mir selbst gut tut,
dann wäre ich eine bedauernswerte Marionette.
Denn es ist die Liebe, durch die besteht, was wir tun.
Was bleibt in Zeit und Ewigkeit,
stiftet der liebende Gott.
Was bleibt,
stiften die Liebenden mit ihm."