"Unser kind" - werde ich wieder nicht für vollgenommen?

Hallo ihr,

ich habe vor kurzem beschlossen mich beruflich umzuorientieren.
Habe bis vor einiger zeit als einzelhandelskauffrau gearbeitet wo ich auch für verwaltungsarbeit zuständig war. Das hat mir aber nicht so gelegen weil ich schnell chaotisch bin. Die kollegen fingen an mich zu mobben weil ich schon mal in meiner schusseligkeit fehler machte.

Da ich meine großeltern liebe und gern mit ihnen zusammen bin, dachte ich die arbeit mit älteren menschen könnte mir spaß machen.
Ich bewarb mich bei altenheimen und eins hat mir jetzt die möglichkeit gegeben ein praktikum von 2 wochen zu machen. Die haupttätigkeit besteht in der betreuung von menschen in der tagespflege. Wenn alles gut läuft, könnte ich im august dort anfangen.
Heute war mein 1. tag im praktikum.
Es sind 2 altenpflegekräfte in dem wohnbereich die mich ein bisschen eingewiesen haben.
Ich musste den frühstückstisch und mittagstisch eindecken, abräumen, spülmaschine füllen, mit den leuten in den garten gehen, aus der zeitung vorlesen, spiele spielen, gymnastik machen, etc. Eine der beiden angestellten unterstützte mich dabei.
Dabei fiel sofort wieder meine sehr zurückhaltende und gehemmte art auf.
Ich kann nicht einfach so mit den leuten drauf losplappern. Ich kenne sie ja noch nicht und man kann auch nicht viele gespräche führen da sie dement sind.
Trotzdem habe ich versucht alles so gut wie möglich zu machen.
Nur das aus der zeitung vorlesen fiel mir schwer. Ein mann sagte mir ich müsste alles mehr betonen und nicht so monoton lesen.
Habe sogar die angestellte bei einem toilettengang einer rollstuhlfahrerin unterstützt. War also auch nicht pingelig.
Ich glaube allerdings ich habe einen etwas größeren fehler gemacht.
Ein 85-jähriger redete ohne punkt und komma und ich konnte ihn nicht ignorieren weil er so aufdringlich war.
Er fing auch an mit mir zu flirten, machte komplimente und sagte ich könnte mich doch auf seinen schoß setzen.
Dadurch konnte ich mich kaum mit den anderen personen beschäftigen.
Damit bin ich bestimmt unangenehm aufgefallen.
Jedenfalls war es dann so das ich mit eine der beiden angestellten "bingo" spielte und dabei etwas versteckt neben einer frau saß der ich helfen sollte. Als die andere angestellte von einer besprechung zurückkam und mich nicht gleich im raum sah, fragte sie die andere:"wo ist denn unser kind geblieben?" Die deutete dann auf mich. 😱

Ich fühle mich nach dieser frage ganz komisch. Irgendwie als wenn man mich nicht gerade als kompetent ansieht.

Was meint ihr?
Heißt das das sie mich nicht für vollnehmen, oder warum wird eine frau von mitte 30 als "unser kind" bezeichnet?
Ich meine, ich bin ja kein junges mädchen, was als schülerin ein praktikum macht.
Ich habe jetzt angst das ich in dem job keine chance habe.

lg
givenup

Also, erstmal finde ich, dass du dich gut gehalten hast. Erster Tag, neue Erfahrung....wer ist da schon perfekt.

Was "unser Kind" betrifft: Die beiden arbeiten wohl schon zu lange in diesem Beruf!? Leider ist es da wohl manchmal so, dass man sich schnell ein Verhalten zulegen kann, wie etwa manche Kindergärtner(innen). Wenn die komisch reden, interessiert das keinen Menschen, da sie ja eh mit Kleineren zu tun haben. Wenn aber Erwachsene so angesprochen werden, ist das schon eigenartig, jedoch nachvollziehbar. Viele ältere Menschen, besonders mit Demenz verhalten sich ähnlich wie Kinder. Von daher passen sich LEIDER viele APs dem in ihrer Sprache und Umgang an...unbewußt wahrscheinlich.

Ich würde das von heute nicht zu ernst nehmen. Wenn sie dich jedoch in Zukunft wie "ihr Baby" behandeln, solltest du vielleicht doch mal ein nettes Wort mit ihnen wechseln....auf Augenhöhe! 😀

Hallo kriss,

danke für deine antwort.
Vielleicht ist es wirklich ihre redensweise weil sie mit älteren menschen und zum einem großen teil ja auch dementen menschen umgehen, die sie wohl leider nicht für vollnehmen.
Die eine angestellte sagte nämlich das ihr der geschwätzige 85-jährige auf den sack gehen würde!
Ich fand es gemein weil er total unruhig ist, sicher aufgrund seiner erkrankung und der medikamente!

Ich finde es trotzdem komisch weil ich in ihrem alter bin und kein junges ding.

Ich würde das eher liebevoll auffassen. Schließlich bist du nunmal diejenige der sie jetzt die ganze Sache beibringen müssen oder um es anders zu sagen, "das Kind" eben. Du bist nunmal neu in dem Bereich und sie werden dir lernen wie du zu reagieren hast. Das war auf keinen Fall böse oder abwertend gemeint, sowas sagt man eben schnell.
Du wurdest sogar als "ihr" Kind bezeichnet. Ich denke dass sie dich damit schon als zukünftigen Teil der Organisation sehen. Du gehörst praktisch schon bald dazu.

Es klingt finde ich netter als "wo ist die Neue?" oder "wo ist der Anfänger hin?".

Die Bezeichnung finde ich in diesem Zusammenhang auch nicht schlimm, sondern eher nett gemeint.

Die alten dementen Männer können tatsächlich in der Wirkung sackgängerisch sein, auch wenn man tausend Gründe für ihr Verhalten kennt und weiß, dass sie es nicht böse meinen. Dennoch nervt es.

Im Pflegeheim meiner Ma lebt ein alter Mann, der sich pausenlos in der Hose am Sack kratzt, dann an der Hand riecht und Besucher und Pfleger im Anschluss mit genau diesem Händchen anpacken will. Das ist nicht lustig und ist für die Pflegekräfte eine tägliche Herausforderung.
Ich bewundere die Kunst der richtig guten Pfleger, die einen Bewohner freundlich stoppen und sanft in seine Grenzen weisen können. Und das täglich, stündlich neu. Denn die Interventionen werden umgehend vergessen.

Du wirst bestimmt für voll genommen. Aber der Ton im Pflegeheim ist anders, als beispielsweise beim Einwohnermeldeamt.

Ich wünsche dir alles Gute für den neuen Job. 🙂

Hi,

also ich würde mich tierisch aufregen, wenn mich jemand in dem Alter als "Kind" bezeichnen würde! Auch dann, wenn ich rein äußerlich noch ein bisschen kindlich aussehen würde. Ich weiß es nicht, aber ich könnte mir vorstellen, dass das zum einen - aus der Sicht deiner Kolleginnen - damit zusammenhängt, dass du eine Frau bist u. zum anderen keinen hohen sozialen Status hast. Vielleicht auch, weil du zurückhaltend und schüchtern bist. Ich kann mir kaum vorstellen, dass z. B. ein 35jähriger männlicher, arbeitsloser Geisteswissenschaftler, der beschlossen hat, umzusatteln, in dieser Situation von jemandem als "Kind" bezeichnet würde. Besonders nicht, wenn er groß, laut und selbstbewusst ist. Das ist mein Gefühl bei der Sache.
Ich finde, du hast das Recht, als Erwachsene gesehen und behandelt zu werden, egal wie deine Lebensumstände oder dein Selbstbewusstsein aussehen.
Mir hat jemand gesagt, als ich schon über 30 war, "du bist keine Frau". Das hat gesessen. Das war ein Schlag ins Gesicht.
Deute ich das richtig, dass du dich gedemütigt fühlst? Wenn ja, dann kann ich dir es nachfühlen.
Bin gespannt, wie diese Diskussion weitergeht.

kaela meinte:

Hi,

also ich würde mich tierisch aufregen, wenn mich jemand in dem Alter als "Kind" bezeichnen würde! Auch dann, wenn ich rein äußerlich noch ein bisschen kindlich aussehen würde. Ich weiß es nicht, aber ich könnte mir vorstellen, dass das zum einen - aus der Sicht deiner Kolleginnen - damit zusammenhängt, dass du eine Frau bist u. zum anderen keinen hohen sozialen Status hast. Vielleicht auch, weil du zurückhaltend und schüchtern bist. Ich kann mir kaum vorstellen, dass z. B. ein 35jähriger männlicher, arbeitsloser Geisteswissenschaftler, der beschlossen hat, umzusatteln, in dieser Situation von jemandem als "Kind" bezeichnet würde. Besonders nicht, wenn er groß, laut und selbstbewusst ist. Das ist mein Gefühl bei der Sache.
Ich finde, du hast das Recht, als Erwachsene gesehen und behandelt zu werden, egal wie deine Lebensumstände oder dein Selbstbewusstsein aussehen.
Mir hat jemand gesagt, als ich schon über 30 war, "du bist keine Frau". Das hat gesessen. Das war ein Schlag ins Gesicht.
Deute ich das richtig, dass du dich gedemütigt fühlst? Wenn ja, dann kann ich dir es nachfühlen.
Bin gespannt, wie diese Diskussion weitergeht.

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OK, da kommen natürlich persönliche Erfahrungen mit dazu. Wenn man mal verletzt wurde, dann wirkt das bestimmt noch ganz anders.
Wir hatten mal einen Zivi bei uns. Er war Anfang-Mitte 20, ein erwachsener Mann, ich glaub er hatte schon eine kleine Tochter oder so...und die "Altchen" nannten ihn "unseren Kleinen". 🙂
Kaela, alles hat 2 Seiten und du hast Recht. Es kommt aber auch immer auf den Kontext an, die Körpersprache und den Gesichtsausdruck. Den können wir ja hier nur raten, von daher eben die Annahme, dass es vielleicht eher nett gemeint war.

Hallo,

danke für eure antworten!

Ich habe auch gedacht vielleicht bin ich zu empfindlich und "unser kind" war nett gemeint.
Obwohl ich es ein bisschen als demütigung empfand. Es liegt einfach daran das mich viele nicht für vollnehmen weil ich etwas schüchtern und ängstlich bin. Dadurch wirke ich naiv, so wurde mir gesagt.

Ich habe mich so viel mit dieser äußerung beschäftigt das ich mich heute sehr unter druck gesetzt habe. Ich wollte nicht unsicher und naiv wirken!
Heute morgen sollte ich mit einer angestellten und einer gruppe von "patienten", darunter 2 rollstuhlfahrer, in die stadt gehen. Ich traute mir das gar nicht so richtig zu einen rollstuhl zu schieben. Ich habe das noch nie gemacht, und dann noch gleich eine etwas größere strecke mit einem gebrechlichen alten herrn, der richtig schlaff darin saß.
Aber ich traute mich auch nicht zu sagen das ich unsicher bin und es mir zu riskant ist!
Ich bin ganz vorsichtig gefahren mit abstand zur gruppe. Bei einem bordstein hat mir ein anderer mann geholfen.
Dann passierte was schreckliches!
Die angestellte, die den anderen rollstuhl schob, musste schnell zurück zur toilette mit einer frau aus der gruppe.
Sie stellte den rollstuhl mit meinem 85-jährigen "verehrer" einfach ab und vergaß die bremse anzuziehen!
Der rollstuhl rollte schon gefährlich auf die straße zu und ich reagierte gerade noch schnell genug kurz bevor er die bordsteinkante erreichte! Der arme mann wäre sonst auf die straße geknallt.
Ich muss kreidebleich geworden sein, denn er fragte mich gleich, ob ich mich sehr erschrocken hätte. Dabei wäre er ja fast gestürzt!
Ich habe mich danach besonders um ihn gekümmert.
Er ist so ein lieber alter Kerl, und ich habe einfach verdrängt das ich ihn ja eigentlich abwimmeln sollte.
Aber es ging nicht und ich habe ihm auch paarmal über den arm gestreichelt. Ich habe ihn einfach lieb, wie man seinen opa lieb hat. Natürlich ist das den pflegerinnen aufgefallen, und sie haben mich ermahnt und mir ein paar kleine aufgaben übertragen um mich von ihm wegzubekommen.
Ich habe mich den ganzen tag irgendwie zusammengerissen.
Doch als ich zu hause war, musste ich ohne ende weinen.
Der mann tat mir so leid und ich hatte die ganze zeit das bild vor augen, das er fast aus dem rollstuhl gefallen wäre und dann auf der straße gelegen hätte. Er ist doch so hilflos, hat nur noch ein bein!
Wenn ihm was passiert wäre, wäre ich meines lebens nicht mehr froh geworden.
Er hat mir gesagt das er mich sehr mag und er mich auch seiner frau vorstellen wollte da wir doch ein freundschaftliches verhältnis haben.
Heute morgen hat er fast eine halbe stunde mit mir vor einem bild gestanden das er auf eine ganz rührende art interpretierte. Dabei hätte ich ihn am liebsten in den arm genommen.
Eine pflegerin lächelte schon so belustigt als sie uns da so stehen sah.
Er ist ein ganz toller mensch!
Ich habe mir echt die augen ausgeheult weil ich von meinen emotionen dermaßen überrollt wurde.
Jetzt denke ich schon das ich mich für diesen beruf nicht eigne.
Dabei wollte ich so tough und selbstbewusst wirken, gerade nach diesem "unser kind" gestern. 🙁

Ich glaube aus dir wird eine tolle Pflegerin!!! Du hast Mitgefühl. Fehler wie die, die dir heute passiert sind, können und sind schon jedem unterlaufen, der keine Erfahrung hat, also nimm es nicht zu tragisch.
Allerdings pass auf, dass du den nötigen Abstand bewahrst. In diesem Beruf kann das sehr schwer sein, da man ja ein Mensch ist, der mit Menschen zu tun hat. Vertrau dir einfach...von dem was du schreibst bin ich mir sicher, dass du es schaffst!!!

Mein erster Gedanke, als ich auch den ganzen Kontext zu "unser Kind" gelesen habe, war:

Das war einfach nur nett, lieb gemeint, liebevoll.

Es hätte auch lauten können: "unser Küken". Nimm es leicht und locker, positiv, so, wie es wohl ganz sicher gemeint war. Nicht in so vielem was Böses sehen, das hemmt dich nur in deinem Leben.

Und alles Gute für deinen neuen Job.

🙂