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Kontaktabbruch zu den Eltern

Fallen Soul

Mitglied
Hallo,

momentan bin ich in einer Krise (siehe anderen, neuen Beitrag von mir) und mache mir viele Gedanken.
Mitunter auch, ob es für mich nicht besser wäre, den Kontakt zu meinen Eltern bzw. meiner Mutter abzubrechen.
Mein Bruder hat diesen Schritt vor vier Jahren getan, er hat den Kontakt zu der Familie abgebrochen und ich kann ihn immer mehr und mehr verstehen.
Meine Mutter hatte selbst eine schlimme Kindheit (Missbrauch, Vernachlässigung), aber das berechtigt sie noch lange nicht, so mit ihren eigenen Kindern umzugehen.
Zur Situation:
Im Moment wohne ich noch daheim (ja, ich Versagerin, mit 26), will aber nach der bald folgenden stationären Borderlinetherapie (Aufnahme in 2 - 4 Wochen) von zu Hause ausziehen und nach Krefeld, meiner Studienstadt, ziehen.

Meine Mutter macht mehr oder minder uns Kinder (vor allem besagtem Bruder und mir) Vorwürfe, das ihr Leben so "katastrophal" verlaufen ist und verläuft.
Kein beruflicher Erfolg, der Suizid meines ältesten Bruders, finanzielle Schieflage daheim....
Zudem ist sie selbst wie erwähnt psychisch krank , aber weder einsichtig noch therapiebereit.
Erst solle ich ja wieder gesund werden (obwohl sie genau weiß, dass gesund werden bei Borderline und einer so lange anhaltenden Essstörung an sich nicht möglich ist) bevor sie was für sich tun könne.
Ich habe den Eindruck, sie nimmt mich als willkommene Ausrede, um ja nicht an sich arbeiten zu müssen.
Das mich das enorm unter Druck setzt, brauche ich kaum zu erwähnen.
Ich bin ja verantwortlich durch meine eigenen Störungen an den schlechten Zustand meiner Mutter.....
Aber woher kommen denn meine Störungen? Ganz bestimmt nicht, weil meine Kindheit so "toll" war (Ironie).

Schon als Kind musste ich grosse Verantwortung übernehmen, auf meine jüngeren Geschwister aufpassen, weil meine Mutter es nicht konnte, und meine älteren Brüder ihre eigenen Probleme hatten.
Auch durfte ich nur ganz kurz den Kindergarten besuchen (obwohl mir dieser sehr viel Spaß machte), weil es meiner Mutter zu viel wurde, mich immer dahin zu bringen und nebenher meine jüngeren Brüder im Kinderwagen hin- und her zu schieben.
Für den Bruder, der den Kontakt abgebrochen hat und mich gab es auch nie sowas wie Wertschätzung.
Es war immer selbstverständlich, das wir Leistung erbrachten und taten, taten und taten ohne Pause.
Lob war für uns beide ein Fremdwort, als Beispiel wurde es als nebenher abgetan, das wir unsere Ausbildungen als beste des Jahrgangs abgeschlossen haben, als mein einer älterer Bruder aber seine Ausbildung abgeschlossen hat, gab es ein riesiges Fest.
Wir wollten ja beide gar kein Fest, aber vielleicht mal ein einfaches und kurzes "Das hast du gut gemacht" hätte schon gereicht, um etwas Zuneigung zu zeigen und das man die Leistungen anerkennt.
Dagegen bekamen wir von unseren Ausbildungsbetrieben viel Lob, aber von den eigenen Eltern? Das konnte man vergessen.
Als ich nach der Ausbildung für begrenzte Zeit festangestellt übernommen wurde und ich 1300 Netto verdiente, sahnten meine Eltern mal eben die Hälfte ab, angeblich für Wohnkosten usw.
Das selbe Spiel wurde mit meinen einen Bruder gespielt.
Wir waren immer die Kühe, die gemolken wurden, und wenn wir nicht funktionierten wie wir sollten gab es direkt einen Höllenkrach daheim.
Nicht von meinem Vater, nein, sondern von meiner dominanten Mutter.
Blöderweise habe ich ihr mal qualvoll angespartes Geld geliehen und was war? Als ich es zurück haben wollte (Ratenweise, ganz hätte sie es nicht gekonnt) hat sie mir sogar gedroht von wegen wen ich weiter auf das Geld poche dann passiert mir was.....

Dadurch, das mir auch immer die Schuld an allem gegeben wurde habe ich dies verinnerlicht und tue es immer noch.
Ich fühle mich verantwortlich dafür, wenn es meiner Mutter schlecht geht, wenn was daheim nicht klappt,die Finanzen mal wieder schlecht stehen....
Aber auch für meine verbliebenen beiden Brüder (ein älterer und ein jüngerer) fühle ich mich verantwortlich.
Haben die krumme Laune, so suche ich die Schuld automatisch bei mir.

Ihr fragt euch bestimmt, warum ich nicht schon längst ausgezogen bin, zu Recht.
Nun, ich habe trotz allem Angst, die Familie, die ich habe, ganz zu verlieren wenn ich mein eigenes Leben führe... weil ich ja dann als Verräterin gelten würde.
Anders erging es meinem einen Bruder auch nicht.
Und dann kamen wieder Vorwürfe an ihn: Von wegen wie er es denn wagen konnte, auszuziehen, und das er es dann wagte, sein ganzes Geld natürlich für sich zu behalten, da er es ja nun brauchte.
Zudem fühle ich mich verantwortlich für meine Mutter und habe Angst, das sie sich was antut, wenn ich ausziehe und den Kontakt abbreche.
Dann hätte sie ja schon drei ihrer fünf Kinder verloren.
Wenn ich ausgezogen bin müsste ich dann auch die Angst vorm Allein sein aushalten können und eben die Verlustangst.

Es gab auch mal ein Familiengespräch bei meinen zweiten Aufenthalt auf der Essgestörtenstation in Essen.
Da brachte ich sachte (alles mit dem dortigen Psychologen besprochen) alles zur Sprache und was war?
Es gab einen Riesenkrach, während ich versuchte, möglichst trocken und sachlich an die emotionale Sache ran zu gehen , und mein Vater sogar einigermaßen ruhig blieb, drehte meine Mutter durch und überhäufte mich mit Vorwürfen.
Nach diesem "Gespräch" wollte ich freiwillig am Wochenende (Es war Freitag) in der Klinik bleiben und nicht nach Hause.
Ich war nachher so aufgebracht und kaum zu beruhigen, dass überlegt wurde, mich zur Beobachtung für einen Tag in die geschützte Station der Klinik zu überweisen , damit ich mir nichts antue, denn zu dem Zeitpunkt war ich dank des emotionalen Aufstands nicht sicher vor mir und meiner eigenen Reaktion.
Schlussletztlich musste ich mich zur Beobachtung in das Schwesternzimmer setzen und mir wurden zwei Beruhigungstabletten verabreicht.
Ich durfte erst auf mein Zimmer, nachdem ich deutlich ruhiger und müder geworden bin.
Zum Wochenende musste ich trotzdem leider nach Hause.

Das mit den Klinken war sowieso so eine Sache, andere sind froh, wenn sie nach der Therapie nach Hause zurück kehren können, ich dagegen war niemals froh wenn eine Therapie endete und wollte nie nach Hause.

Jetzt bin ich am Überlegen, ob ich nicht zumindest temporär den Kontakt abbrechen sollte.
Die Verlassenheitsangst und die Angst vorm Allein sein werde ich so oder so aushalten müssen durch den Auszug.
Mein Psychologe befürwortet das auch mit den Kontaktabbruch.
Die ganze Familiensituation belastet mich sehr, und es triggert mich in meinen kranken Verhaltensweisen.
Was sagt ihr dazu? Übertreibe ich oder ist diese Reaktion verständlich?
Ich will ja nichtmal für immer den Kontakt abbrechen, nur solange, bis mein eigenes Leben besser läuft und ich mich dann an die neue Situation gewohnt habe.
Oder bin ich einfach ein verwöhntes Miststück?
 
Hallo Fallen Soul,

ich finde deine Geschichte wirklich erschütternd. Ich kann Bandit nur beipflichten - was deine Mutter macht, ist Erpressung, sie missbraucht dich als Sündenbock, emotionale Stütze und finanzielles Polster! Das hat mit Liebe nichts zu tun.

Ich denke auch, dass Auszug und (erstmal) Kontaktabbruch für dich vermutlich das Beste sind. Deine Mutter ist momentan unfähig, dir mit Respekt oder Liebe zu begegnen, und du merkst ja sehr deutlich, wie weh dir das alles tut.

Ich hab den Kontakt zu meinen Eltern auch jahrelang abgebrochen. Zu meinem Vater zweimal für ein paar Jahre, zu meiner Mutter mehr als 15 Jahre. Und es war gut so. Wer mich nicht mit Respekt oder Wohlwollen behandelt, der fliegt bei mir raus. Ich hätte nie gedacht, dass sich mein Vater im Laufe der Zeit so positiv verändern würde. Und auch meine Mutter hat inzwischen kapiert, dass unsere "Beziehung" früher alles andere als normal und gut war. Auch sie hat sich durch eine Therapie verändert. Ja, es gab Zeiten, in denen ich mich sehr einsam gefühlt hab, aber trotzdem, das ist es wert!

Vermutlich wirst auch du Zeiten der Einsamkeit erleben ... was du aber gewinnst, ist mehr Selbstbewusstsein und ein Leben, in dem du dich nicht mehr generell als Opfer fühlen musst - wenn du mal verlernt hast, dich für das Wohlergehen deiner Mutter verantwortlich zu fühlen. Das könnte ein harter Kampf werden ... war es auch bei mir.

Was mir geholfen hat, die Verantwortung für meine Mutter abzugeben, waren Gedanken wie: Sie ist erwachsen und kein Kleinkind. Sie kann sich theoretisch bei Fachleuten so viel psychologische Hilfe holen, wie sie will. Ich bin nicht ihre Mutter.
Trotzdem hat es bei mir lange gedauert, bis ich mich nicht mehr für sie verantwortlich gefühlt habe. Eine Therapeutin hat mir mal vorgeschlagen, symbolisch die Verantwortung für meine Mutter an sie zurückzugeben. Ich kam auf keine Lösung, denn die wollte meine Mutter ja nicht übernehmen. Die Lösung der Therapeutin war: Leg ihr sie vor die Füße. Da gehört sie hin. - Das war für mich sehr wichtig, das hat mich sehr erleichtert.
Wenn deine Mutter sich weigert, die Verantwortung für ihr eigenes Leben zu übernehmen, sprich, wenn ihr "innerer Erwachsener" trotzt und nichts tun will - dann ist es ihre Entscheidung. Sowieso kannst du sie nicht glücklich machen, das kann nur sie selbst!

Ich drück dir die Daumen, dass du es schaffst, bald auszuziehen und dir ein Leben aufzubauen, in dem dich deine Mutter nicht mehr benutzen kann. :blume:

Liebe Grüße 🙂
Kaela
 
Danke für eure Antworten!
Ich werde und muss auf jeden Fall den Kontakt abbrechen, wenn auch nur temporär, damit es mir überhaupt besser gehen kann.
Das habe ich inzwischen eingesehen.
Sie wird sich auch nicht ändern, dafür ist sie zu stur.
Sie ist nie an irgendwas schuld, immer sind es die anderen, auch die eigenen Kinder, insbesondere der eine Bruder, der sich schon abgewandt hat und ich.
Nur er ist schon einen weiten Schritt weiter: Er wohnt alleine und hat mit dem Kontaktabbruch wohl seinen Weg gefunden.
Da ist mir mein Bruder schon einen grossen Schritt voraus.
Ich finde es auch schade, das auch wir keinen Kontakt mehr haben, aber ich kann mir vorstellen, das dies ist, weil unsere Mutter was über ihn erfahren könnte, wenn er weiter Kontakt zu mir oder seinen anderen Brüdern hätte.
Vielleicht kommt zwischen uns ja wieder ein Kontakt zustande, wenn er merkt, dass ich nicht mehr daheim bin sondern mich ebenfalls abgenabelt habe.
Wenn er keinen Kontakt will, dann sei es eben so, zwischen mir und meinem besagten Bruder ist ja einiges auch schief gelaufen in der Jugend, wir hatten einzeln schon genug Probleme und haben da wohl nicht die Probleme des anderen gesehen.
Dabei waren wir vier Jahre zusammen auf einer weiter führenden Schule (in unterschiedlichen Stufen, natürlich).

Auch darüber habe ich schon mit meinem Psychologen gesprochen, denn er war einer der Brüder (meine beiden jüngeren Brüder sind zweieiige Zwillinge, um alles etwas zu entwirren), auf den ich ab und an aufpassen musste als ich selbst noch ein Kind war und zu dem ich eigentlich ein recht enges Verhältnis hatte.
In Bezug auf unsere Mutter kann ich ihn vollkommen verstehen, mir gehts ja nicht anders.
Und wenn er denkt, dass es für ihn das Beste wäre, garkeinen Kontakt mehr zu haben, auch nicht mit seinen Geschwistern, dann akzeptiere ich dies.
Wir sind beide unter widrigen Umständen aufgewachsen, waren immer die,die wegen allem beschuldigt wurden und bildeten die schwarzen Schafe der Familie, die man nur finanziel und emotional melkt.

Meine Mutter wird aber an ihrere Haltung stur fest halten.
Sie ist bis heute noch sehr wütend, das er sich abgewandt hat und so die "Familie" verraten hat.
Familie in Anführungszeichen, weil wir nie eine richtige Familie waren.
Traurig aber wahr.

Ich habe auch schon häufig mit meinem Psychologen über meine Mutter gesprochen, ihm alles erzählt, und er meinte, das sie auch persönlichkeitsgestört sein könnte...
Da ich Psychologie sehr interessant finde habe ich mich nebst der Borderline-Persönlichkeitsstörung, an der ich selbst leide, auch mal mit anderen Persönlichkeitsstörungen beschäftigt.
Die narzistische könnte auf sie passen.
Aber sie tut ja nichts dagegen, sie geht voll in ihrer selbst erwählten Rolle auf und von Empathie ist dabei keine Spur.
Und mir wirft sie auch noch vor, dass ich nicht genug gegen meine Störungen tun würde.
Ehm hallo? Wer sucht die Schuld denn immer bei anderen und macht diese nieder?
Doch wohl sie, oder?
Und ich tue was dagegen, damit es mir endlich mal besser geht.
Wenn sie nichts gegen ihre Störungen macht, damit es ihr besser geht, weil sie keinerlei Einsicht hat, dann ist dies nicht meine Schuld.

Aus dieser Schuldspirale muss ich raus, da führt kein Weg dran vorbei.
Es jagt mir nur immer wieder ein schlechtes Gewissen ein, wenn ich beispielsweise auf anderen Webseiten lese, dass die "bösen" und "undankbaren" Kinder es doch selbst schuld sind wenn sie sich abwenden von den Eltern wenn es um das Thema "Verlassene Eltern" geht.
Aber kein Kind bricht aus Spaß den Kontakt zum Elternhaus ab, da gehört schon einiges dazu.
Letztlich sind es ja immer die eigenen Eltern, egal, was sie getan haben.
Man macht sich durch den Abbruch ja zu symbolischen Vollwaisen und wer macht das schon aus Spaß?

In der Klinik darf ich sogar mein Netbook mitnehmen und Internet gibt es da auch, das bedeutet, ich könnte mich leicht während des Aufenthalts um alles Organisatorische kümmern.
Und das werde ich auch machen.

So bleiben wie es jetzt ist kann es nämlich auf keinen Fall.
 

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