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Ist Narzissmus immer "grandios"? Andere Formen?

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Liebes Forum,

wie viele andere versuche ich, als Erwachsener zu verstehen was genau in meiner Prägungszeit (Kindheit und Jugend) eigentlich passiert ist. Emotional war das alles eher belastend, aber auf eine konfuse Art und Weise. Erst später habe ich bestimmte Dinge einordnen können und auch den inneren Mut aufgebracht, sie zu benennen, vornehmlich den Alkoholismus meines Vaters mit all seinen Folgen.

Wesentlich schwieriger zu beschreiben ist die Rolle meiner Mutter. Es gehört wohl alles zum emotional gestörten Bereich. Ohne krampfhaft eine bestimmte Erklärung zu konstruieren, bin ich dennoch auf das Thema "narzisstische Mutter" gestossen. Manches davon trifft auf unsere Familie definitiv zu. Anderes eher nicht so. Daher bin ich mir unsicher, ob ich da auf der richtigen Spur sein könnte.

Was mir vor allem aus den Beschreibungen nicht ganz klar wird: ich habe Narzissten eigentlich als Menschen aufgefasst, die eine gewisse Grandiosität ausleben. Die Züge tragen, die mit emotionalem Sadismus und einem gewissen Stolz auf die eigene Manipulationsfähigkeit verwandt sind. Auch wenn sie es eventuell kaschieren. Ich bin durch meine Prägung jemand der Schwingungen von Menschen sehr genau merken kann, und ich bilde mir ein, so etwas selbst bei geschickten Manipulatoren sehr gut wahrzunehmen - einfach weil ich an mir selber merke, dass eine Manipulation auf mich gerichtet ist. Ist schwer zu erklären. Ich bin wohl einfach hoch trainiert darin.

Was bei meiner Mutter nicht in dieses (mein, unvollständiges?) Bild passt, ist dass sie ein sehr stark verunsicherter Mensch ist. Aufgrund von Äusserungen im Rahmen emotionaler Ausbrüche ihrerseits muss ich den Schluss ziehen, dass sie wohl missbraucht worden ist. Auch spätere Beziehungen waren immer mit Männern die sie emotional nicht wahrgenommen und ihre Grenzen nicht geachtet haben. Klassischer, aggressiver Narzissmus wurde eher von einem meiner Stiefväter ausgelebt. Mein Vater trägt auch solche Züge.

Passen würde wiederum, dass sie ihr Opfer-sein und die (tatsächlichen) Schicksalsschläge ihres Lebens ausspielt. Dass sie irgendwie alles, was passiert, durch ihre emotionale Befindlichkeit filtert und diese entsprechend ganz zentral in unserer kaputten kleinen Familie stand - wir hatten als Kinder keinen eigenen Platz im Windschatten lebenstüchtiger Eltern, sondern waren in ihre Angelegenheiten emotional und intellektuell stark involviert - und diese Angelegenheiten lagen primär im abstrakten Bereich, nicht in der echten Welt. Entsprechend waren wir absolut überangepasst, was man fühlen, meinen und denken soll. Waren Stichwortgeber und Vertraute und Zuhörer. Und alle drei mit Einsamkeitsproblemen, Identitätsproblemen, Depressionserfahrungen. Keiner von uns war jemals unbeschwert jung. Nicht einen einzigen Tag.

Kontakt zur Aussenwelt wurde nicht bewusst schlechtgemacht, aber durch unsere Lebensumstände und die Atmosphäre zuhause dennoch effektiv verhindert, so dass die einseitige Bindung ans die Eltern weiter verstärkt wurde. Gleichzeitig steht solange ich denken kann, eine tabuisierte, aber fühlbare Enttäuschung im Raum, dass wir nicht so normale Jugendliche und junge Erwachsene waren, mit tollen Hobbies, tollen Berufslaufbahnen, Freunden, usw. Dabei waren dafür keinerlei Voraussetzungen vorhanden. Als wenn unsere Abweichung von der Norm alles auffliegen lassen könnte, als sichtbarer Beweis sozusagen. Ich empfinde es nicht so, als wenn es bei dieser Enttäuschung darum geht, dass es für uns Kinder traurig ist dass so vieles fehlt(e).

Naja, der Text ist jetzt länger geworden als ich eigentlich vorhatte. Eigentlich wollte ich ja eher einkreisen ob es eben noch andere Formen des Narzissmus gibt:

1. ob Narzissten auch mit Narzissten zusammen sind, z.B. starke mit schwachen? Mindestens zwei der Männer meiner Mutter könnten welche sein
2. ob es das gibt, dass praktisch jemand den aggressiven Narzissten ins Haus holt (wie meine Mutter meinen Stiefvater), damit der einen Zustand herstellt für den man selbst nicht die aggressive Kraft hat
3. und ob das überhaupt für Euch, sofern Ihr Euch auskennt, in die entsprechende Richtung weist? Man muss nämlich sagen dass es ja noch das Thema Alkohol/Coabhängig gibt, was auch u.U. ein Chaos anrichten kann das dem eines Narzissten in nichts nachsteht. Oder tritt auch dies teils gemeinsam auf?
 
Nach meinem Verständnis ist die narzistische Persönlichkeitsstörung nur durch Menschen vom Fach zu diagnostizieren. Aktuell werden menschliche Verhaltensweisen, die uns nicht gefallen, schnell zu Krankheiten erklärt. Was früher traurig war, ist heute depressiv. Was früher "himmelhochjauchzend-zu Tode betrübt" genannt wurde, ist nun eine "bipolare Störung". Wer früher aus Minderwertigkeitskomplexen heraus angegeben und geblendet hat, ist heute "persönlichkeitsgestört". Mein Rat wäre, als Laie alle Schubladen erstmal wegzulassen und sich mit dem Menschen, nicht mit seinen augenscheinlichen Diagnosen zu befassen.
Davon abgesehen ist es Angelegenheit deiner Mutter, mit ihren "narzistischen" Partnern zurechtzukommen. Was würde eine in einem Hilfeforum bestätigte Ferndiagnose besser machen?
 
Es gibt viel Material über Narzismus und seine Unterarten.
Ich finds schwierig deiner Mutter eine Zuweisung zu geben. Aber ich denke du hast sie erlebt, wenn du dir das durchliest was es zu lesen gibt kommst du eher zu einem Ergebnis.
Was zwar nicht bedeutet das es stimmt, aber zumindest bekommst du ein Bild.

Allerdings möchte ich davor abraten, sich Persönlichkeitsstörungen durchzulesen, oder sich Bücher darüber zu kaufen, wenn man selbst keine gefestigte Persönlichkeit hat.
Da beim Lesen oft ein verinnerlichen des Inhalts stattfindet, bereitet man sich den Boden für die eigene Persönlichkeitsstörung vor.
Für solche Inhalte sollte man gefestigt sein. Bist du das?

Hast du einen Therapeuten/in mit dem du das besprechen kannst?

Du hattest eine anstrengende Kindheit, ich denke eine Therapie würde dir gut tun. So oder so.

Was denkst du dazu?
 
Hallo TE,

mir scheint, dass Du das, was Du wirklich wissen willst, noch nicht klar genug formulierst. Deine Fragen am Ende Deines Beitrags sind mir irgendwie noch nicht "zielsicher".

Ich weiß auch nicht, ob Du den Begriff "Narzissmus" wirklich richtig einordnest.

Mir stellt sich das Bild Deiner Familie so dar, dass die Mutter ihre Leidsituation in den Mittelpunkt der Familie gestellt hat. Bewußt oder unbewußt, mit oder ohne Absicht scheint sie die anderen Familienmitgliedern an sich gezogen zu haben. Ganz unabhängig vom Alkoholproblem Deines Vaters sehe ich eine Art Co-Abhängigkeit aller Familienmitglieder von dem speziellen Leid Deiner Mutter. Mit Narzissmus würde ich das so nicht unbedingt in Verbindung bringen.

Ein Narzisst ist für mich eher ein Selbstverliebter, der sich an sich selbst ergötzt. Allerdings gebe ich zu, dass Leid Narzissmus fördern kann (quasi als Kompensationsversuch, dem erfahrenen Leid aus dem Weg zu gehen).

Es hat sich alles um die Mutter gedreht (und ihr konntet Euch nicht auf Eure Selbstentwicklung konzentrieren)?

Ich würde wohl dazu raten - wenn ich das richtig verstanden habe -, dass Du Dich nicht zu sehr in diese alte Familiengeschichte verwickelst, sondern die Sache als negatives Kapitel Deines Lebens abhakst und Dich auf das Hier und Jetzt konzentrierst. Die Gegenwart hat in der Regel schon genug Probleme auf Lager, mit denen man sich fruchtbar auseinander setzen kann und muss. Ein Kramen in der Vergangenheit, an der man sowieso nichts ändern kann, wäre insofern destruktiv und brächte ohnehin nichts außer Selbstmitleid etc.

Mach' Dich unabhängig von Deiner Vergangenheit!
 
Nach meinem Verständnis ist die narzistische Persönlichkeitsstörung nur durch Menschen vom Fach zu diagnostizieren. ..

Das stimmt so nicht. Sowohl Aussagen wie auch Verhalten sind durch den Patienten manipulierbar (egal ob bewusst oder unbewusst). Der Psychiater ist auf sein Fachwissen und seinen subjektiven Eindruck angewiesen. Zudem würden die meisten Narzissten kaum einen Psychiater aufsuchen, da sie keinen Leidensdruck verspüren.
 
Ich bin auch keine Expertin und finde es sehr schwierig anhand deiner Beschreibungen Narzismus rauszulesen.

Zu einem gewissen Teil sind wir alle narzisstisch. Die einen mehr, die anderen weniger.

Narzissten haben ein großes Geltungsbedürfnis, benutzen Menschen (verdinglichen sie), sie nehmen Gefühle anderer nicht wahr und sind immer im Zentrum ihres Lebens, sie manipulieren auch, aber das alles entspringt großer Unsicherheit. Sie sind Hochstapler ihrer selbst.
 

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