Hallo KindohneNamen,
ich habe es auch so erfahren wie Du: dass manche Dinge nicht mehr wieder gut werden. Aber der entscheidende Punkt ist: sie sind Vergangenheit und auch wenn sie Dich noch so sehr im hier und heute beschäftigen, sie bleiben Vergangenheit. Das ist zwar eine kleine, aber zumindest ist eine positive Nachricht.
Eine weitere Erkenntnis ist: meine Erinnerungen und meine Gefühle sind wie eine Art Haus mit vielen Räumen. In einigen Räumen lebt meine Kindheit wieder auf, in anderen erwarten mich Ereignisse, die ich lieber vergessen möchte. Und nun kommt es: wer entscheidet, in welchen "Räumen" ich mich aufhalte? Es sind Deine und meine Gedanken und Gedanken lassen sich lenken. Am Anfang führen irgendwie alle Wege dahin, wo ich nicht hin will, aber mit wachsender Übung kannst lernen, die eine oder andere Tür zuzulassen, denn Du weißt ja, was dahinter wartet. Also warum das immer und immer wiederholen? Es wird auch irgendwann langweilig.
Wenn ich die eine oder andere Tür öffne, passiert eben, was dahinter immer passiert. Ich weine, schreie, tobe, meine Kraft geht flöten und so weiter. Also? Tür zu. Und wenn ich in den Raum "gebeamt" werde, dann weiß ich wo der Ausgang ist. Nicht flüchten, nicht rennen, denn da ist nur, was ich schon kenne.
So furchtbar und endgültig sich manche Ereignisse anfühlen mögen, meistens kann man sie überstehen und was auch verloren gegangen ist, es ist noch vieles andere da. Du hast etwas über den "Verlust Deiner Persönlichkeit" geschrieben. Wie kann ich mir das vorstellen? Was hast Du verloren? Ich will das nicht anzweifeln oder klein reden. Manchmal ist es wichtig, die Dinge beim Namen zu nennen, um sie handhabbarer zu machen, denn was Du und ich nicht kennen, können wir nicht bewusst verändern. Magst Du schreiben, was Du verloren hast? War es die Leichtigkeit?
Vor vielen Jahren habe ich einen der besten Tipps meines Lebens bekommen: "Wenn Dich Deine Gefühle zu überrennen drohen, dann geh da nicht hin." Ja, auch Gefühle haben einen Ort und sind oft an Erinnerungen geknüpft. Wenn diese Erinnerungen auftauchen, dann kannst Du sie auch wieder abtauchen lassen. Wenn ich in meinem Körper meinen schmerzvollen Erinnerungen nachspüre, dann sattelt die Schweinebande die Pferde und greift mich an. Immer. So oft ich das mache. Also geh ich da nun einfach nur noch hin, wenn ICH will. Das erfordert etwas geistige Disziplin und die Erkenntnis, dass ich nicht meine Gedanken und meine Gefühle bin. Sie sind nur ein Teil von mir und ICH setze die Grenzen.
Bei jedem Menschen haben die Gefühle eine Obergrenze. Ihr Schrecken ist nicht unendlich. Wenn Du Deinen Schmerz herausschreist, wird irgendwann ganz, ganz sicher der Punkt kommen, an dem Du fühlst, dass mehr Schmerz nicht geht und dass Du stärker als all Dein Schmerz bist. Und dadurch ändert sich Dein Blickwinkel, denn Du musst da nicht mehr hingehen. Nur, wenn Du das willst. Ich würde das nicht als Heilung bezeichnen. Es ist auch aus meiner Sicht nur ein "Dazulernen", damit man damit umgehen lernt. Manches wird tatsächlich nicht mehr gut. Aber dort müssen Du und ich nicht unser Zelt aufschlagen. Geh da nicht hin. Dein inneres Haus bekommt noch viele neue Räume und Türen, in denen Du Dich wohlfühlen kannst und wirst. Das ist dann wirklich besser.
Also üb Dich im "Geh da nicht hin". Stell Dich Deinem Schmerz und durchlebe ihn, damit Du im Anschluss daran wieder sehen und spüren kannst, dass Du mehr und größer bist, dass Du noch wachsen kannst. Er nicht. Das ist dann noch immer kein "gut". Das ist besser, denn es ist die Gegenwart und nicht Vergangenheit. Mach das nicht allein. Auf manchen Wegen brauchen wir Begleiter:innen.
Hab einen guten Start in Deine neue Woche.