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Der Brief den ich nie schrieb

Samrita

Neues Mitglied
Hallo , ich möchte hier den Brief an meinen vor kurzen verstorbenen Vater schreiben. Ich hoffe es ist für euch ok , den es kam nie zu einer Aussprache ,da kein Kontakt mehr bestand. Er starb an Bauchspeicheldrüsenkrebs , durch jahrelangen Alkohlkonsum!

Hallo!

Ich weiß nicht so recht wo ich anfangen soll.
Ich bin dein Kind und ich liebe dich , obwohl du mich nicht wolltest und keine Gelegenheit ausgelassen hast es mir zu zeigen - habe ich versucht dir immer zu zeigen was ich kann , in der Hoffnung du würdest mich loben oder anerkennen.
Die einzige Anerkennung ,die ich von dir bekam ,war deine Hand und die innerlichen , sowie äußerlichen schmerzen.
Ich war ein Kind und ich liebte dich!

Als du nicht mehr Teil unserer Fsmilie warst , hatte ich die Hoffnung , du würdest dich ändern , aber dir war dein Alkohl wichtiger.

Ich musste mit 14 Jahren bei dir leben und du hast mich auch dort behandelt , wie das letzte.
Ich wollte doch immer nur deiner verdammte liebe habe.
Ich musste mir ein Ferienjob suchen , damit ich mir mal was kaufen konnte und was zu essen hatte , weil du mir verboten hast an deinem Tisch zu essen und auch noch das zu essen , was du mit deinen sauerverdienten Geld gekauft hast.
Wie ein Hind musste ich auf dem Boden , in einer Ecke sitzen und dort essen.
Du hast mich geschlagen , ohne Grund und nach Lust und Laune. Ich musste nicht mal was machen und konnte einfach still im Zimmer sitzen und du hast einfach zugehauen.

Als ich mein Mann kennengelernt habe , würdest du schlimmer , gedroht hast du ihm und mich vor die Wahl gestellt : entweder er oder du .
Du hast mich beleidigt , erniedrigt und wieder und wieder auf mich eingeschlagen. Das ich blutete war dir egal , das ich dich anflehte mich gehen zu lassen war dir egal , das ich blutverschmiert wegrannte , war dir egal. Weil ich dir egal war.

Du schicktest meinen Mann , die Polizei ins Haus und erzähltest lügen in der Familie , so das ich ausgegrenzt wurde.
Das alles nur , weil ich mich für eine Mann entschieden habe , den ich liebe und der deinen Vorstellungen nicht entsprach.
Und trotzdem liebte ich dich , weil du mein Vater warst.

Du jagtest mich aus deinem Haus ,als ich versuchte wieder Kontakt mit dir aufzunehmen und mit dir eine Versöhnung zu starten. Du hast mich getretten und geschlagen , an den Haaren gezogen und gesagt ich sei nicht deine Tochter. Seid dem hatte wir keinen Kontakt mehr und ich habe gedacht ich hasse dich und ich wollte dich auch nie mehr sehen. Für mich gehörtest du nicht mehr zu meinem Leben.

Über 10 Jahre sind vergangen.

Ich habe zwei Kinder , du hast zwei wundervolle und so herzlich liebe Enkelkinder. Du wirst sie nie kennen lernen und du wärst vielleicht doch einmal stolz auf mich gewesen. Ich bin meine Weg mit meinen Mann gegangen , hab sogar was aus meinem Leben gemacht.

Vor einem Jahr hast du mich bei Einem Sozialnetzwerk angeschrieben , du hast geschrieben es tut dir alles so leid und du hoffst ich kann dir irgendwann verzeihen und das du nichts mehr trinken würdest. Ich solle mich bei dir melden.

Ich war zu stolz ,um mich zu melden und ich wollte den Kontakt nicht zu dir. Ich glaubte dir nicht mal mehr ,das du nicht mehr trinken würdest und ich hab dir nie geantwortet.
Deine neue Frau , schickte mir die Nachricht das du verstorben bist und ich habe lange mit ihr auf deiner Beerdigung geredet. Sie sagte du hättest mich geliebt und wärst stolz auf mich gewesen . Sie sagte auch du wärst ohne den Alkohol total anders geworden und hättest geweint wegen mir.

Ich bereue es dir nicht geantwortet zu haben, den hätte ich gewusst , das du da schon so krank bist , hätten wir uns noch versöhnen können und ich hätte dir sagen können das ich dich lieb habe.

Es macht mich , aber auch traurig , das du dein Alkohol Problem nicht schon früher in den Griff bekommen hast. Erst als du erfahren hast das du schwer krank bist , könntest du mit dem trinken aufhören.

Alles was du mir angetan hast , werde ich nicht vergessen können , aber ich kann es dir verzeihen.
Ich wünsche mir , das es dir da wo immer du auch bist besser geht und du keine Schmerzen mehr hast.
Ich liebe dich.
Deine Tochter
 
Liebe Samrita ...
mir stehen Tränen in den Augen und ich schäme mich nicht deswegen.

Diese Welt ist so künstlich und unnatürlich geworden,so viele Gefühle sind gestorben.
Es werden immer Wunden zurückbleiben in Dir,aber Du hast verzeihen können - das zählt!!!
Ob Dein Vater überhaupt die Kraft gehabt hätte sich vom Alkohol zu befreien,werden wir nie erfahren.Vielleicht wollte er dagegen ankämpfen und hat es nicht geschafft.
Nach aussen hat er den Starken gespielt,aber tief in seinem Herzen war er vielleicht ein zutiefst verzweifelter Mensch.
So viele 'vielleicht' ...

Jetzt ist die Gegenwart.
Du hattest die Kraft,Dir das alles von der Seele zu schreiben - und sogar die Kraft,einem breiten Publikum das zu zeigen.
Glaub mir,das kann und will nicht jeder.

Leb Dein Leben und sei gut zu allen Menschen!

Herzliche Grüße
 
Liebe Samrita,
es macht mich betroffen, deinen offenen Brief so gut geschildert, lesen zu dürfen...

Ich fühle mit dir und ich bin sehr stolz auf dich und auch auf Jeden, der es schafft,
aus so einem bitteren Lebensverlauf aufzustehen,
sich einen Ausweg aus dem Labyrint, aus den Verstrickungen sucht, und sich im Leben neu orientiert,
sein Leben in die Hand nimmt und sich eine LEBEN DANACH aufbaut.

Das Leben mit alkoholkranken, alkoholabhängigen Eltern (Vater/Mutter/Beide),
hat auch in meiner Familie den gesamten Lebensverlauf beinträchtigt...
Jeden Satz von dir kann ich bestätigen, kann mich in deine Gefühlswelt hineinversetzen...
Egal wie unter solchen UMSTÄNDEN nur möglich, man hat alles gegeben,
man hat alles versucht und niemals war es, war man gut genug,
niemals hat man Worte einer Dankbarkeit und schon gar nicht von Liebe gehört oder gespürt...:wein:

Liebe Samrita, diese Angst, diese Schuld, diese Wut, diesen Hass hat man sich in all den Jahren der kindlichen Entwicklung aufgeladen, wie einen Pack - Esel, der irgendwann unter der extremen Last dieser Ereignisse, Vorfälle, Auseinandersetzungen, Ausrastern, Demütigungen, Erniedrigungen und Verletzungen zusammenbricht...

Du bist aus diesem Märthyrium aufgestanden, du hast dich zu einer sehr starken Persönlichkeit entwickelt,
du hast es geschafft eine, deine Familie zu gründen mit einen Partner an deiner Seite, der dir und den deinen Kindern alles geben kann, was du im Leben bei deinem Vater niemals erleben durftest, immer gesucht und nie gefunden hast.
Es werden immer Fragen offen bleiben, die du für dich als gegeben (LERNEN) hinnehmen solltest, denn mit seinem Tod hat es endgültig einen Schnitt zu deiner Vergangenheit gegeben,
der dich von der Last deines Lebens allmählich befreien könnte...Erinnerungen werden blasser
Vielleicht kannst du es auch zulassen, mit seiner Frau (Witwe) einen guten Kontakt aufzubauen, dir, deiner Familie und deinen Kindern einen "Platz" , eine Rolle als Großmutter einzuräumen, wenn du/ihr/sie es mag...?

Ihr seit ein starkes Familienbündnis, so das ihr es es auch schaffen könntet, "aufzuräumen" mit der Vergangenheit, alte Familienzerwürfnisse, alte Familiengeheimnisse aufzuarbeiten und deinen Kindern (Enkeln) eine glückliche, unbeschwerte und gewaltfreie Kindheit zu ermöglichen.

Das Rüstzeug hättest du auf jeden Fall, du solltest nicht weiter darüber trauern, das du ihm zu Lebzeiten nicht verzeihen konntest...VERZEIHEN ist so ein großes Wort...
Bei allem Verständnis, was diese Krankheit in einem Menschen auslöst, er hatte niemals, zu keiner Zeit in deinem Leben das Recht, dich so zu behandeln und dir persönlichen Schaden zu zufügen, es hat dir als Kind und deinem Leben nachhaltig geschadet...
Für sich selbst konnte es schaffen, nach dem es keinen Weg zurück gab, durch die Diagnose Krebs, für dich, seine Tochter hat es nicht versucht, nicht geschafft, nicht für seine damalige Frau,deiner Mutter und auch nicht für eure Familie, das darf und sollte man nicht vergessen.

Vielleicht hat auch seine jetzige Witwe ihren Anteil daran, das er es endlich schaffen/ändern konnte, das bleibt offen und könntest du im Kontakt mit ihr herausfinden...Das korrigiert etwas das NEGATIVE eines Menschen...

In jedem Fall tragen Gespräche, zur Aufarbeitung von Ereignissen aus der Vergangenheit zur eigenen Stabilität und zur Gesundung einer verletzten Seele bei.
Möglich/ratsam wäre auch eine therapeuthische Begleitung für die Trauerphase, damit du/man sich nicht erneut (unbewußt) neue weitere Schuldgefühle auflädt.
Großen Respekt auch deinem Partner, dafür, das er dich in all dieser schweren Zeit begleitet hat, dir die Sicherheit und den Schutz vermitteln konnte ...:blume:
Ich wünsche dir ganz pesönlich weiterhin viel Kraft und euch als Familie alles Gute für die Zukunft...MfG
 
Zuletzt bearbeitet:
@samrita:
So, wie ich das sehe:

Das, was Dein Vater Dir antat, ist unverzeihlich. Verzeihen könnte ich das niemals.

Wenn Du ihm "verzeihen" kannst, weil Du das für Dein Weiterleben brauchst, ist das völlig in Ordnung.

Wichtig ist Dein Leben. Vergiss (geht ja gar nicht) diesen sich selbst nicht im Griff habenden Menschen aus Deiner Vergangenheit.

Versuche es zumindest. Wenn verzeihen Dir hilft, dann verzeihe ihm.
 
Einen Rat, damit abzuschliessen, hätte ich noch:
Schreib genau diesen Brief handschriftlich und verbrenne ihn anschliessend - auf seinem Grab, im Klo oder wo auch immer Du ihn (den Brief) verbrennen willst.

Seine Liebe hast Du nie bekommen/wirst Du nie bekommen.

Es war nie Deine Schuld.

Das hast Du gut erkannt. :blume:
 
@Samrita
Ich hab einen ganz trockenen Hals, kämpfe mit den Tränen und hab meinen eigenen Vater vor mir. Respekt vor soviel Herzensgüte und Nachsicht. Ich kanns irgendwie nicht, will ich nicht, es berührt mich jedoch sehr das du es schaffst. In dir steckt enorme Kraft, da will ich auch hinkommen und sein. Nur jetzt noch nicht.
 
Ich weiß nicht , was ich euch antworten soll

Ich weiß , das viele meine Vergangenheit teilen oder sogar grade das selbe durchmachen.
Ich wünsche diesen Menschen , das sie die Kraft finden , es zu verarbeiten , sich ein Leben aufzubauen und glücklich werden.

Vergessen was mir angetan wurde , kann ich nicht , es gehört zu mir und es ist meine Vergangenheit.

Ich habe das Glück meinen Mann bei mir zu haben und seine Familie die mich herzlich aufgenommen haben und seine Eltern , die so lieb zu mir sind und mich behandeln ,als sei ich ihr eignes Kind.

Ich weiß nicht , ob ich ohne diese Menschen , heute auch so wäre.

Ich danke euch , das ich diesen Brief hier schreiben durfte , damit habe ich das Gefühl endlich abschließen zu können und mich etwas fangen können. Denn es kamen viele alte Gefühle ,in der letzten Woche hoch und ich habe sie kaum wegstecken können.Sie haben mich überrannt.

Liebe grüße Samrita
 
Ich weiß nicht , was ich euch antworten soll

Ich weiß , das viele meine Vergangenheit teilen oder sogar grade das selbe durchmachen.
Ich wünsche diesen Menschen , das sie die Kraft finden , es zu verarbeiten , sich ein Leben aufzubauen und glücklich werden.

Vergessen was mir angetan wurde , kann ich nicht , es gehört zu mir und es ist meine Vergangenheit.

Ich habe das Glück meinen Mann bei mir zu haben und seine Familie die mich herzlich aufgenommen haben und seine Eltern , die so lieb zu mir sind und mich behandeln ,als sei ich ihr eignes Kind.

Ich weiß nicht , ob ich ohne diese Menschen , heute auch so wäre.

Ich danke euch , das ich diesen Brief hier schreiben durfte , damit habe ich das Gefühl endlich abschließen zu können und mich etwas fangen können. Denn es kamen viele alte Gefühle ,in der letzten Woche hoch und ich habe sie kaum wegstecken können.Sie haben mich überrannt.

Liebe grüße Samrita
nach dem ich den Tränen nah war bei deinen Brief muss ich nun etwas Lächeln weil ich mich so für dich freue das du damit jetzt einen Abschluss finden konntest es ist wunderschön wie du deine Gefühle frei lässt und ich bin dir dankbar das ich daran Teil nehmen durfte Menschen machen Fehler manches berreut man zu tiefst ich hoffe das du deine starke Persönlichkeit immer behältst und auch an deine Kinder weiter gibst man hört aus deinen Brief raus wie stark du bist und das du vergibst das ist das schönste es gibt nur wenige Menschen die das können
 

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