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Hat jmd. Erfahrung mit dem Psychologe?

S

sun6shine

Gast
Hallo,

Ich habe mich nun endlich dazu überwunden mal zu einem Psychologe zu gehen. Ich habe ein Problem mit meinem Freund was das streiten angeht. Ich habe schon mal einen Bericht dazu hier reingepostet "Bei Streit mache ich voll dicht".
Meine Frage an euch: War schonmal jemand bei einem Psychologen? Hat jemand Erfahrung damit? Ich glaub die meiste Angst habe ich vor dem 1. Besuch. Ich weiss nicht genau was ich ihm sagen soll und habe Angst, dass er mich gleich ins kalte Wasser wirft.
Kann mir jemand einen Tipp geben oder von seinen Erfahrungen berichten?

Danke

sun6shine
 
A

Adler

Gast
Hallo,

Brauchst keine Angst vor einem Therapeuten zu haben. Es hängt natürlich alles von ihm ab, ob der Draht zwischen euch stimmt. Wenn nicht, ist es absolut kein Problem dich zu einem anderen überweisen zu lassen.

Und ins kalte Wasser stürzen wird er sicher nicht. Ein guter Psychiater/Therapeut handelt ganz feinfühlig. Er fängt an mit einigen kleinen Fragen. Nichts verfängliches oder so. Er will nur einige Informationen betreffend deiner Person. Dann arbeitet er sich langsam voran. Er fragt natürlich nach deinem Problem, d. h. weshalb du seine Hilfe aufsuchst. Dann ergründet er die Neben- und Hintergründe, das Umfeld. Immer langsam, mit Taktgefühl. Und nach der 1. Sitzung ist das Problem noch lange nicht gelöst. Erst nach einigen weiteren Sitzungen bewegt er sich immer mehr auf den Kern der Sache zu. In dieser Zeit hast du, normalerweise, ein Vertrauen zu dieser Person gewonnen. Und mit gezielteren Fragen und Feststellungen und Kommentaren kommt der Therapeut der Sache immer näher.

Du musst offen und ehrlich sein. Sage immer die Wahrheit über deine Gedanken und Gefühle, denn nur dann kann er dir helfen.

Viele Grüsse

Adler

PS Es gint natürlich verschiedene Richtuingen, Auffassungen an denen die Therpeuten glauben, wie Psychoanalyse, Verhaltenstherapie und und und. darauf bin ich nicht eingegangen.
 
S

sellerie

Gast
Liebe sun6shine

ja, ich hab Erfahrung!
Es gibt den paradoxen Spruch: "Wer zum Arzt geht, sollte ziemlich gesund sein" und das gilt meines Erachtens auch bei Psychologen und Psychologinnen und sonstwo. Psychologen sind keine unvoreingenommenen Roboter, sondern menschlichen Irrtümern unterworfene Leute. Sie mögen aus innerer Berufung Psychologen geworden sein - wenn du dir aber einen Überweisungsschein holst, um zu einem zu kommen, dann deshalb, weil es AUCH sein JOB ist. Und wenn es 10 mal die Kasse ist, die das zahlt: Durch dich kommt Geld rein. Deshalb gilt unbedingt, wie Maximilian schon sagte: Du wählst. Es wird ihn nicht besonders kratzen, wenn du dich in der ersten Stunde gegen ihn entscheidest, denn es ist für ihn klar, dass du erst mal gekommen bist, um ihn zu beurteilen - ausser du bietest eine besondere Einlage bevor du gehst, so dass er entweder eine verwüstete Praxis hat oder sich schwere Sorgen um dich machen muss.
Vielleicht ist es dir nützlich, nicht zu fragen, ob er dir helfen kann, sondern, ob er für dich hilfreich ist. Ob der Psychologe dir passt, merkst du nach der ERSTEN Stunde (oder den ersten zwei, maximal drei Stunden) grob gesagt an zwei Dingen: GUT: Du fühlst dich sicher bei ihm während der Stunde und gegenüber deinem Freund fühlst du eine gewisse Hoffnung oder es geht zumindest nicht schlechter als vorher. ZWEIFELHAFT: du verspürst ein wachsendes Unwohlsein während der Stunde und fühlst dich draussen erstmal deshalb besser, WEIL du draussen bist, und dafür rabaukst du bei deinem Freund deutlich stärker als sonst. Ich war mal in einer Paartherapie bei einem Pfarrer (gratis) und wir hatten danach Streit wie noch nie, wollten es aber noch mal wissen und nach drei Tagen Streit nach der zweiten Stunde fanden wir erstmal darin zusammen, dass wir uns jemand anderen suchen.

Adler, deine Beschreibung des sich behutsam an den heissen Brei heransuchenden Psychologen finde ich wunderschön und so soll es einfach sein! Hinzufügen möchte ich trotzdem, dass ich mir in (wiedermal einer) ersten Stunde die Seele buchstäblich aus dem Leib geredet habe mit rotzen und heulen und die so verständnisvolle Person hörte einwandfrei und teilnahmsvoll zu, um mir am Ende zu erklären, dass sie keine Erfahrung in der Behandlung dieses Problems habe, es aber gern mal probieren würde, sie biete einfach eine klassische Therapie an, und denke, ich solle mich mal für die nächsten fünf bis sechs Jahre "gemeinsamen Wegs" einstellen. Das hat mich schlagartig ernüchtert, was für mich damals allerdings auch schon eine hilfreiche Erfahrung war, denn damals ging es mir so besch... dass ich überrascht war, wie spontan und ernüchtert ich reagieren konnte und ihr sagen, dass sie für mich in dem Fall nicht die Richtige sei (kann man auch netter sagen). Sie akzeptierte sofort und rief ein paar Stunden später an um mir die Adresse einer Frau zu geben, die genau auf mein Problem spezialisiert war, weil sie sich nach meiner Verabschiedung doch erinnerte, dass sie jemanden kennt, der jemanden kennt...DIESE vermittelte Psychologin war dann aber dermassen versiert in ihrem Gebiet, dass ich das spezielle Problem damals kurz aber dauerhaft (das ist jetzt sechs Jahre her) losgeworden bin.

Du schreibst, dass deine Angst ist, dass der dich gleich ins kalte Wasser wirft - jetzt mal vorausgesetzt, dass eine erste Stunde wirklich so wie von Adler beschrieben laufen sollte - stellen wir uns mal vor, das passiert. Der trifft dich gleich am wunden Punkt, aber nicht so, dass du dich verstanden fühlst, sondern er macht auf Konfrontation und Unverständnis. Das kann ebenfalls eine funktionierende Technik sein, das ist deswegen noch kein Ar... oder es ist deswegen einer, es funktioniert aber trotzdem. Nehmen wir an, du machst sofort dicht. Nehmen wir weiter an, er mache ebenfalls weiter und EXPLODIER: du kriegst einen aggressiven Anfall und schimpfst den armen unschuldigen Psychologen klein wie Frühstücksmüsli. Solltest du dann die Trägheit besitzen, die Praxis nicht auf der Stelle zu verlassen sondern gleich in deinem Sessel zusammenbrechen, tritt sozusagen beim Therapeuten Plan B in Kraft: Er fängt dich auf. Das heisst, er wird sofort aufhören, dich zu konfrontieren, aber er wird auch nicht schweigend abwarten wie vielleicht dein Freund das tut sondern er wird sogenannt "intervenieren", was heisst, er nimmt sich ganz zurück und wird auf eine Weise nett und verständnisvoll reagieren, die dich von ausser dir zu zu dir bringt, mit anderen worten, er "fängt dich auf".

Das Problem ist ein bisschen mit den Psychologen, dass der Sprung ins kalte Wasser meistens sehr lehrreich ist, je nach Heftigkeit zumindest einige Jahre später :) und in deinem Fall wäre es auch nicht ganz schlecht, wenn du genau vor ihm ausflippen würdest, denn dann wüsste er natürlich haarscharf, was du meinst und zudem noch in der richtigen Geschmacksrichtung. Allerdings ist es mir noch nicht gelungen, beispielsweise einen offenen oder verdeckten Streit mit dem Psychologen durchzustehen, ich hab dann jeweils wen anderen gesucht oder eine mehrjährige Pause eingelegt, bevor ich jemand anderen gesucht habe. Und siehe da: Spielt überhaupt keine Rolle. Ob du nun bei demselben bleibst oder ob du wechselst oder, wie ich, immer wieder mal wechselst oder ob du dann nie mehr gehst- du wirst dich auf alle Fälle besser kennengelernt haben, sei es dadurch, wie du reagierst oder wie er auf dich reagiert oder durch Erkennen oder wie auch immer.

Und darum geht es ja meiner Meinung nach bei den Psychologen, du kannst dich besser verstehen lernen. Du willst vom Psychologen lernen, wie du dich angemessen auseinandersetzen kannst, das ist dein Ziel. Aber sein Ziel wird wahrscheinlich sein, vor allem wenn er ein Tiefenpsychologe ist, dass du verstehst, warum ausflippst, anstatt dich angemessen auseinander zu setzen, und noch einen Schritt weiter, warum du Angst hast, dein Freund könnte dir weh tun, nach dem Motto: Wenn du das verstehst, gibt sich das Ausflippen von allein. Und ja, die Vorstellung, das könnte einen berechtigten Sinn haben, vor dem du aber lieber dicht machst, das kann durchaus beängstigen, da gebe ich dir sehr recht. Möglicherweise ist deine Angst vor der ersten Stunde im Grunde die Angst, dieser Sinn würde plötzlich enthüllt und du könntest nicht rechtzeitig genug dicht machen. Zu einem Psychologen zu gehen, erhöht das Risiko dazu ausserordentlich, das musst du auch sehen. Einerseits willst du nicht wissen, andererseits willst du nicht, dass es so weiter geht. Davor hätte ich auch Angst, kann ich dir sagen. Kommt eben ein bisschen darauf an, wie bereit du dafür bist. Wenn du nicht so ganz bereit dafür bist, wirst du höchst wahrscheinlich auch beim Psychologen immer dicht machen, wenn es an den heissen Brei geht, du leistest dann eben Widerstand. Deshalb stellt sich durchaus die Frage nach einem verhaltenstherapeutischen Ansatz, wo du das angemessene Verhalten üben kannst. So was kenn ich jetzt betreffend angemessen streiten lernen allerdings eher von Kursen aus der Arbeitswelt, Stichwort Selbstmanagement.

Liebe Grüsse von Susan
 
U

Unregistriert

Gast
Oh,das ist so schön geschrieben,Susan !
Nun weiß ich,warum ich immer soooo genußvoll mein Müüüüslii mampfe....es sind die vielen kleinen Psychologen...sowas von lecker sag ich Euch!!!
Ist der preiswerteste Weg..."HEILUNG VON INNEN"...fleißig sindse zwar nich so ---nun ja---hab ja noch 'ne Tonne davon...und mit probiotischem Joghurt wird nachgespült !
Genauso mit dem Bild im Kopf wird jeder Psychologenbesuch zum Kinderspiel!

Langanhaltender Beifall!
Abendgruß von Micky !
 
S

sun6shine

Gast
Hallo Susan,

Wow, jetzt hatte ich ja jede Menge zu lesen :) Danke, dass du dir so eine große Mühe gemacht hast, war echt lieb von dir.
Du hast schon recht mit allem was du schreibst. Wahrscheinlich mach ich mir einfach viel zu viel Gedanken um alles, wie immer halt...
Morgen werd ich jetzt anrufen und einen Termin ausmachen! Hab die Nummer schon hier liegen :)
Du hast was von Verhaltenstherapie gesprochen. Davon hab ich jetzt auch schon mal ein paar mal was gelesen. Kannst du mir näheres darüber erzählen? Denke, dass genau das zu mir passen wird. Aber der Psychologe wird mir da sicher auch ein paar Tips geben.

Dann werd ich mich mal auf den WEG der Besserung machen...

Danke an dich und alle anderen!
 
S

sellerie

Gast
Liebe sun6shine, komme erst jetzt zum antworten. Danke, dass du meinen langen Schrieb gelesen hast, das kurz fassen ist leider nicht meine Stärke!

In der Verhaltenstherapie geht man davon aus, dass das problematische Verhalten erlernt ist und man stützt sich bei dieser Annahme auf Lerntheorien. Wir lernen, einen bestimmten Reiz mit einem bestimmten Ereignis in Zusammenhang zu bringen. Klassisches Beispiel für eine solche Konditionierung: der pawlovsche Hund. Wissenschaftler Pawlov fütterte einen Hund immer nachdem er ein Glöckchen läutete. Mit der Zeit begann der Hund schon zu sabbern, wenn er nur das Glöckchen hörte, selbst wenn dann kein Futter kam. Es ist auch für Menschen wichtig, solche Zusammenhänge machen zu können und auch zu suchen. Wir sind meist gut darin, die richtigen Zusammenhänge aufzuspüren. Zum Beispiel verbinden wir plötzliches Bauchweh nicht mit der Jahreszeit, sondern mit dem, was wir kürzlich gegessen haben oder mit der Information, dass gerade eine Magendarmgrippe umgehen soll.

Unangenehme, beängstigende Situationen wie Schmerz, heftige Angst oder andauernde leichte Misshandlungen und so weiter, bringen wir nun ebenfalls mit einem auslösenden Reiz in Zusammenhang. Dieser Reiz kann immense Bedeutung bekommen, denn wir wollen ja das folgende schlechte Ereignis vermeiden. Ist das schlechte Ereignis (kann immer ein besonderes Erlebnis oder ein langandauernder Zustand sein) für uns zu schwer zu ertragen, dann beginnen wir das leicht zu vergessen. Wir verdrängen das, wissen es gar nicht mehr. Aber auf den auslösenden Reiz reagieren wir trotzdem heftig, und nur noch diese Reaktion ist dann "das Problem".

Es können da zwei blöde Sachen passieren, erstens, der auslösende Reiz ist nicht zweckmässig, zweitens, er wird verallgemeinert. Ein Kind wird in einer Gruppe anderer Kinder verspottet und verlacht und wird dadurch furchtbar beschämt. Dieses Ereignis geschah an einer Bushaltestelle: Das Kind weiss nicht mehr warum (Verdrängung der schmerzlichen Erinnerung), aber es mag nicht mehr bei Bushaltestellen stehen bleiben (unzweckmässiger Reiz) und mit der Zeit, weil es ja nicht mehr erinnert weshalb, auch nicht mehr Bus fahren, später dann auch nicht mehr Zugfahren und irgendwann wird es dann schwierig, mit diesem Menschen mal weg zu fahren (verallgemeinerter Reiz).

Verhaltenstherapie versucht nun, diesen gelernten Zusammenhang wieder zu verlernen, die Konditionierung zwischen Glöckchen und Futter beim pawlovschen Hund wieder zu neutralisieren. Es gibt ein Stufenprogramm, du musst aufschreiben, wann deine Wut am grössten wird, zum Beispiel, wenn du an deinen Freund denkst = 1, wenn du an ein gemeinsames Gespräch denkst = 2, wenn du dir vorstellst, wie er dir widerspricht = 3, wie er dich kritisiert = 4, wie du Angst vor Schmerz bekommst = 5. Die niedrigste Stufe wird solange behandelt, bis du sie aushälst, ohne aggressiv zu werden, dabei musst du deine Aggression auch wieder graduell benennen können, zum Beispiel 0 = überhaupt nicht aggressiv, 5 = maximal aggressiv. Wenn das klappt, wird zur nächsten Stufe fortgeschritten und so weiter, bis du auch die für dich schlimmste Situation, also etwa dass dein Freund dich stark kritisiert, gut
aushalten kannst.

Verhaltenstherapie hat in bestimmten Bereichen ganz gute Erfolge. Die Hauptkritik von der Tiefenpsychologie daran ist, dass du dann immer noch nicht weisst, für wen oder was dein Freund steht und je nach dem einfach einen neuen auslösenden Reiz für das verborgene Problem findest (Verschiebung). Also dass du mit deinem Freund zwar immer besser streiten lernst, aber auf Arbeit immer grössere Aggressionen gegenüber einem Arbeitskollegen bekommst.

So. He, das war kürzer als letztes Mal! Liebe Grüsse, Susan
 

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