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Existenzielle Krise

TylerD

Neues Mitglied
Hallo ihr,
ich wusste leider nicht mehr, was ich tun kann, also dachte ich, ich erzähle meine Situation, vielleicht gibt es jemanden, der helfen kann.
Mein Bruder und ich studieren momentan beide, meine Mutter ist gelernte Bürokauffrau. Wir leben seit ca. 20 Jahren in einem Haus zur Miete, die unsere allein-erziehende Mutter von zwei Kindern jeden Monat aufbringen musste. Zeitweise ging das nur mit 3 Jobs gleichzeitig. Immer wieder musste meine Mama starke Rückschläge erleiden und wurde von allen Menschen, die Freunde waren, irgendwann fallen gelassen, als es Probleme gab.
Dieses Jahr hat schon so einige Schicksalsschläge hervorgebracht: Anfang des Jahres ist mein Opa (ihr Vater) gestorben und momentan verkauft unser Vermieter das Haus, in dem wir leben, sodass sie ein neues Zuhause braucht. In den letzten Wochen sah sie sich nach etwas zum Wohnen um und wollte es sich finanzieren lassen.


Dann letzte Woche wurde sie völlig unerwartet und ohne genannten Grund aus ihrem Job gefeuert, sie war 16 Jahre in diesem Kleinbetrieb. Und mit einem Mal ist ihre Existenz schon zum wiederholten Male extrem bedroht. Die Zeit läuft gegen uns, weil das Haus verkauft wird und sie keine Möglichkeit zum Wohnen hat.
Das Problem ist, dass meine Mutter sich alles, was sie besitzt, wie sie sagt über die Jahre mühsam erarbeitet hat, weshalb sie sich von materiellen Dingen nicht trennen kann (sie wirft damit in ihren Augen Geld und Arbeit aus dem Fenster). Deshalb reicht es meiner Mama nicht, in eine kleine 2-Zimmer Wohnung zu ziehen, sondern sie kann sich nicht von den Dingen trennen. Das mag nach einem Luxusproblem klingen, aber Tatsache ist, dass sie damit nicht klar kommt. Es ist so schlimm, dass sie meint, sie hat einfach keine Kraft mehr um weiterzukämpfen. Sie musste immer und immer wieder auf sich rumtrampeln lassen, weil sie es allen recht machen wollte und nicht auf sich geachtet hat. Sie hat mir offen gesagt, dass sie einfach nicht mehr weitermachen will und es besser wäre, wenn sie ein Ende macht, dann bekämen mein Bruder und ich auch Waisengeld etc. Mir macht das Angst und ich weiß nicht, was ich noch tun kann.


Wenn irgendjemand helfen kann, wäre ich unendlich dankbar.
Ich danke euch.
 

JuliaSarah

Mitglied
Hallo Tyler,


ich kenne deine Situation. Habe bereits schon eine ähnliche erlebt und haben familiär auch immer wieder Rückschläge erleben müssen,seien es Freunde oder gar das "eigene" Land.
Möchte dies jetzt auch nicht weiter ausschmücken.

Um direkt ein paar Vorschläge zu machen, wäre das Amt eine vorrübergehende Lösung? Ich weiß ,man hört nicht viel gutes darüber und auch wir hatten extreme Probleme dort,aber es ist ja immernoch eine Anlaufstelle. Weiß ja nicht inwieweit sie noch Wohngeld oder so dazu bekäme..,wobei dies über das Sozialamt oder so geht..

Ja in der heutigen Welt kommt man meist nicht weit mit einem Job es sei denn man hat wirklich den Job schlechthin bei einer BG oder so. Von daher sollte sie sich immer weiter bewerben. An größeren Stellen.
Dazu sei noch gesagt.. wenn sie schon 16 Jahre dort fest gearbeitet hat , dann darf sie nicht ohne Grund gekündigt werden. Im Grundegenommen während einer Probezeit ja die meist so zwischen 1-6 Monaten andauern kann ,aber danach MUSS ein Grund angegeben werden. Das ist gesetzlich vorgeschrieben und man kann da mit einem Anwalt gegen vorgehen.

Gut um Grunde muss eben eine kleinere Wohnung her.Denn sollte sie wirklich vom Amt Geld benötigen um es sich zumindest vorrübergehend zu finanzieren gibt es dort auch eine begrenzte Anzahl an QM. Meist ist dies auch nur eine 1 Zimmer Wohnung wenns für sie alleine sein soll. Wenn ihr zu 3 lebt und umziehen wollt/müsst dann habt ihr ja auch anspruch auf eine etwas höhere qm-Zahl.
Denke da wird man nicht drum herum kommen. Was die matieriellen Sachen angeht....verstehe ich auch. Manches sind Erinnerungsstücke,dann verbindet man mit dem und dem noch was und sie hat ja bereits erst vor kurzem "etwas" verloren bzw in dem Sinne jemanden. Ich denke gerade da realisiert man nochmal was es heißt,was zu verlieren. Dennoch muss man da wirklich schauen was ist vom hohen Wert. Wenn definitv gar nichts davon weg kann,weil es hohe Emotionale Werte hat,dann vielleicht schauen ob man dies in Kisten ERSTMAL verstauen kann ,und eben wo aufteilen kann bei Bekannten oder Freunden oder so.

Sollte es eher darum geht z.B. eine teure Kaffeemaschine nicht abgeben zu wollen ( ist vielleicht weit hergeholt aber so in dem Sinne : ) ),dann muss man abwägen was wichtiger ist. Ein Dach übern Kopf oder eben Kaffee.
Aber da bin ich mir auch nicht so sicher ob der Vermieter dies darf. Ich mein ihr LEBT da noch. Es gehört zwar ihm aber muss der nich auch so eine Art Frist einhalten?+ein offizielles Schreiben anfertigen und alles? Bin da der Meinung das er euch da nich einfach rauswerfen darf sondern es eben auch eine gewisse Frist geben muss.

Zurück zu den Materiellen Sachen... im endeffekt müsste man aus ein paar Sachen vielleicht was neues machen,was eben dann in eine neue Wohnung passt. Manche sind teilsweise ja sogar froh wenn sie eine günstige 1 Zimmer Wohnung zu zweit oder zu dritt bekommen. Da muss man eben irgendwie schauen und diese Wohnungen sind logischerweise mit 2 Zimmern oder mehr nicht gerade preiswert. Ca. 500-900€ aufwärts.Kommt auch auf die Lage an. Das Amt bezahlt soweit ich weiß..... um die 900 (jenachdem,wird bei jedem anders gerechnet!) für 2 Personen. und gibt eine maximale Zahl an qm an.


Zu den psychischen Sachen deiner Mutter... Es läuft mal gut und mal schlecht und mal mehr als schlecht und man verliert von den einen Moment zum anderen ALLES. diese Rückschläge hatten wir auch in der Familie. Habe im Monat von 20€ Taschengeld gelebt usw. was schon "luxus" für uns war.

Die Situation ist schwierig aber vllt müsst ihr eurer Mutter klarmachen das man nicht sofort ALLES geklärt haben kann. Man muss es step by step machen. Klar kommt da dann auch sehr viel auf einmal und ist sehr viel Stress und dann kommt dies und das noch hinzu.

-Wie gesagt würde mich da AUF JEDEN FALL an eurer Stelle informieren was diese Arbeitsstelle betrifft,da die einen Grund angeben müssen. Das ist Gesetz soweit ich es gelernt habe.
-Dann schauen was man eventuell weggeben könnte um es sich irgendwann mal wiederzuholen oder was man wo unterbringen kann
-weiterhin nach Arbeit und Wohnung ausschau halten
- und euch irgendwo bezüglich des Amtes informieren.Manchmal sind die da echt scheiße,für manche hört es sich nich schön an "ja vom Amt leben". Aber es geht ja derzeit um eine "notsituation" die auch noch durch einen Tod geprägt ist!! Deine Mutter tut und macht ja!!
- Wäre eine Rente die Option? Oder Erwerbsminderungsrente ?

Sorry für den langen Text,hoffe ich konnt dir ETWAS weiterhelfen.. :)
 
Zuletzt bearbeitet:
G

Gelöscht

Gast
Der Verkauf des Hauses beendet nicht automatisch den Mietvertrag. Der geht auf den Käufer über. Und je nach der Dauer des Mietverhältnisses und der Gestaltung des Vertrages gibt es die Kündigungsfristen.
 

TylerD

Neues Mitglied
Hallo ihr,
erst einmal vielen Dank für eure schnellen Antworten und euer Verständnis, vor allem @JuliaSarah für die ausführliche Antwort.
Was das Haus angeht habt ihr alle natürlich völlig Recht, wir können nicht einfach so rausgeworfen werden. Morgen kommen aber 5 Stunden lang Kaufinteressenten im 20-Minuten-Takt (wie uns vom Makler gesagt wurde), womit die Verkaufswahrscheinlichkeit sehr hoch ist. Die Käufer werden das Haus sehr sicher für sich selbst kaufen und Eigenbedarf anmelden, damit beginnt unsere Kündigungsfrist.
Problem sind einfach zwei große Dinge:
1.) Schaut man sich zuerst nach einer Arbeitsstelle oder einer Wohngelegenheit um? Das eine bedingt ja dann aus entfernungstechnischen Gründen das andere bzw. wo gibt es gute Möglichkeiten das eine oder andere zu finden?

2.) Das viel größere Problem ist bei allem Pragmatismus, den ich meiner Mutter gegenüber auch immer anschlage (indem ich auch versuche ihr klarzumachen, dass es sich bei den Dingen nur um Krempel handelt, dass es eine Kündigungsfrist für unser Wohnen im Haus gibt, dass man Ansprüche von unten nach oben aufbauen muss und nicht umgekehrt, ...), dass ihr die Kraft und der Wille fehlt, weiterzumachen. Sie sieht nur, dass es allen anderen, die sich von ihr abgewandt haben, über die Jahre immer besser ging und alle nun in einem gesichertem Leben mit Haus, Partner und Geld leben, sie selbst aber ihr Leben lang nur Rückschläge erleiden musste. Das geht soweit, dass sie denkt sie sei verflucht (kein Witz) und sich selbst nun als absoluten Versager wahrnimmt, wenn sie vom Amt leben muss o.ä.
Man kann da mit Logik und Vernunft nicht mehr zu ihr durchdringen, sie sehnt sich ganz einfach nach einem Leben, in dem sie keine Angst mehr um ihre Existenz haben muss und sie mehr als verdient hätte.
Ich selbst weiß, dass es unzählige Menschen in ähnlichen und weitaus schlimmeren Lebenssituationen gibt, aber wie gesagt, sie kann nur ihre Misere sehen.

@Angua: Danke auch für deine Anteilnahme, leider habe ich selbst nicht die leiseste Ahnung, wie man da helfen könnte. Wenn du meiner Mutter diese Frage stellen würdest, dann würde sie sagen: was ihr hilft ist entweder ein Lottogewinn oder alles zu beenden.

Ich nehme mir eure Ideen zu Herzen und versuche weiter, meine Mutter verbal zu bearbeiten und wieder auf einen optimistischeren Weg zu führen, so gut ich kann.

Danke vielmals, euch allen einen schönen Abend.
 
G

GrayBear

Gast
Hallo TylerD,

wie Du schon geschrieben hast, wird dieser "Tunnelblick" Deiner Mutter von Angst hervorgerufen. Dieses Gefühl sollte die letzten Kraftreserven hervorrufen, um die notwendigen Schritte "anzupacken", aber sie bewirkt leider immer wieder auch das Gegenteil. Dagegen hilft, was Therapeuten versuchen zu vermitteln: die "Macht der kleinen Schritte". So vieles scheint das andere zu bewirken: weil sie so viel "Krempel" hat, reicht eine 2-Zimmer-Wohnung nicht. Weil sie keine Kraft mehr zu haben glaubt, scheint ein Umzug eine unüberwindbare Hürde für sie und euch zu sein. Die "Schande" vom Amt leben zu müssen, lässt sie "erstarren". Alles scheint mit allem verwogen zu sein und immer scheint etwas zu zerbrechen, egal was man tut. "Rien ne va plus"? Nichts geht mehr?

Das ist alles sehr schmerzlich und natürlich würdet ihr eurer Mutter das gerne ersparen (was den Druck auf euch erhöht), aber die Wahrscheinlichkeit eines bedeutenden Lotto-Gewinns ist nun mal kaum einer Rede wert. Fangt mit machbaren Zielen und Schritten an:


  1. Was von dem "Krempel" (Es wird nicht nur Krempel sein) hat noch einen Wiederverkaufswert? Sucht diese Dinge zusammen und stellt sie auf div. Portale. Es kommt etwas Geld herein und Schritte sind erkennbar. Das bringt ein Erfolgserlebnis und das bringt Kraft für die nächsten Schritte.
  2. Sammelt die Dinge zusammen, die man 2 Jahre und mehr nicht "angefasst" hat und weg damit. Nur in dem man sich von solchen Dingen trennt, wird es einem "leichter". Räumt Zimmer und Keller in eurem Haus auf und "Tür zu", damit klar wird: das sind wir los!
  3. Gibt es jemanden, bei dem sich eure Mutter "ausweinen" kann? Ich meine das nicht sarkastisch oder zynisch. Diese Arbeit mit den Gefühlen ist wichtig und notwendig. Ihre Söhne sollten nicht diese Person sein, denn dieser Prozess kostet Kraft und erfordert einen gewissen inneren Abstand, den ihr nicht habt.
  4. Geht strukturiert vor: macht eine Liste der Aufgaben mit Prioritäten, damit ihr wirklich Dinge "abhaken" könnte. Solche kleinen Erfolge sind wichtig.
  5. Die Erfolge anderer und die eigenen zu vergleichen, nun ja, wenn die Erfolge "aufgebraucht" sind, ist es nur noch Nostalgie und sinnlos. Abstellen kann man diese "Nostalgien" selten. Sie sind wie "Sandbänke", die man umschiffen muss, sonst läuft man auf Grund.

So übel es ist, in der Vergangenheit wurden Entscheidungen getroffen oder unterlassen und deshalb ist es heute, wie es ist. Das tut weh, aber es hilft alles nichts. Baut auf diesem Weg immer wieder kleine "Verschnaufpausen" ein, wenn es geht: ein Abendessen mit Freunden, etwas, das Freude macht und damit klar wird: das Leben hört nicht auf. Ihr steht zusammen, das ist viel wert. Aber macht ihr beiden Söhne euch klar, dass ihr nicht alles aufhalten könnt. Und vielleicht ist ein Lotto-Schein eine weitere kleine Geste der Hoffnung.

Trennt eure Gefühle im Augenblick von den JETZT notwendigen Schritten. Dafür ist später noch Zeit. Ja, das schreibt sich viel, viel leichter, als es sich lebt. Ihr packt das irgendwie. Alles Gute dafür.

LG
 

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