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enttäuschte und verzweifelt nach Erfahrungen im krankenhaus

Kaleido

Mitglied
ich habe hier in anderen threads schon hilfreiche antworten bekommen, deshalb möchte ich versuchen, über ein für mich sehr sensibles thema zu sprechen.

ich weiß nicht, wo ich am besten anfange, da mehrere themen ineinander greifen und ich hier auch keinen zwanzig seiten langen roman schreiben will.

im grunde ist das thema, dass ich schon lange psychische probleme habe und nie richtig hilfe dafür bekommen habe.
als teenager hatte ich die naive vorstellung, dass dinge so funktionieren wie in büchern oder in serien. ich erkläre später, wie ich das genau meine.

ich habe seitdem ich mich erinnern kann, probleme mit meinen eltern, insbesondere mit meinem erzeuger. als ich 16 war für mich eine grenze erreicht und ich nach ein paar für mich schwierigen ereignissen probleme mit dem essen entwickelt.
ich will klarstellen, dass ich das nicht gemacht habe, um aufmerksamkeit zu bekommen. irgendwann wurde es aber richtig problematisch für mich und ich habe gemerkt, dass ich ein problem habe. (es hat dann nochmal zwei jahre gedauert bis ich realisiert habe, dass ich sehr wahrscheinlich eine essstörung hatte.)

und dann habe ich nichts gesagt und stattdessen still gelitten und darauf gewartet, dass jemand etwas tut.
monatelang habe ich alles gemacht, damit niemand merkt, dass ich ein problem habe. und dann fing ich an, insgeheim zu wünschen, dass jemand etwas merkt.

ich hab echt erwartet, dass es so sein würde wie in büchern. ihr wisst vielleicht, was ich meine. diese szenen, wo person a person b konfrontiert oder etwas dramatisches passiert und plötzlich alle realisieren, was los ist.

leider lebe ich nicht in einer fernsehserie. und meine realität sah so aus:
niemand hat mich konfrontiert, niemanden hat mein verhalten interessiert. irgendwann ist mir dann im unterricht unglaublich schlecht geworden und ich bin vor der tür zusammengeklappt und saß dann würgend auf dem flur und konnte nicht aufstehen. unser lehrer war darüber dann doch besorgt und ich wurde mit rtw ins krankenhaus gebracht.

neben der angst und scham, die ich damals empfand, war da auch erleichterung. ich dachte, jetzt ist alles klar, jetzt kann ich nicht mehr lügen, jetzt wissen alle bescheid. nur dass es in der realität nicht so war.

die ärztin, die mich untersucht hat, war unfreundlich und herablassend. und trotzdem habe ich, als ich da saß und auf die blutergebnisse gewartet habe, gedacht, dass jetzt gleich jemand kommt, sich neben mich setzt, mich nachdenklich ansieht, und mich dann fragt, wann ich das letzte mal etwas gegessen habe. und sich meine unterlagen ansieht und mir sagt, dass er/sie weiß, dass ich wegen meines gewichts gelogen habe. und dass meine blutwerte katastrophal sind und ich ein paar tage da bleiben muss und dann in eine klinik gehen sollte. ich habe mir ausgemalt, dass endlich alles okay sein würde und dass mir endlich jemand zuhören würde und ich mich nicht mehr weiter verstecken müsste.

nur sah die realität so aus, dass mir gesagt wurde, dass meine blutwerte in ordnung seien und ich dann jetzt nach hause gehen könne. und das war's.

also nochmal zusammengefasst. ich war total ausgehungert und psychisch am ende und war gewichtstechnisch deutlich im untergewicht. und es hat einfach niemanden interessiert und niemand hat etwas unternommen.

ich wurde wieder nach hause geschickt als wäre nichts gewesen. und danach ging es weiter als wäre nichts gewesen.

und ich bin jahre später noch verzweifelt und verletzt darüber, wie das abgelaufen ist. und gleichzeitig schäme ich mich und hasse mich dafür, dass ich überhaupt diese kindlichen und naiven gedanken habe und so eine theatralische scheiße abgezogen habe.

ich bin von mir selbst angeekelt und gleichzeitig bin ich verletzt darüber, wie wenig andere sich für mich interessieren. ich hätte mich auch einfach zu tode hungern können und niemanden hätte es interessiert. ich weiß nicht, was mit mir nicht stimmt, dass ich anderen menschen derart egal bin. ob ich einfach so abstoßend und unsympathisch bin.
 

MissVerständnis

Aktives Mitglied
@Kaleido :
Also erstmal: du bist weder abstoßend noch unsympathisch! Und hier im Forum gibt es welche, die deine Worte lesen und dich wahrnehmen!
was ich wahrnehme ist, dass du anscheinend sehr überlastet bist und unter großem emotionalen Druck stehst.
Da ist es jetzt erstmal eine gute Idee, hier zu schreiben.
Das kann ein gutes Ventil sein.
Ich würde mir gerne deine Situation ein bisschen vorstellen können…
du hast im anderen Thread was von einer Unimappe geschrieben…
also Student?
gehst du zur Zeit an die Uni oder sind deine Symptome gerade zu heftig?
wie ist deine private Situation, wohnst du alleine?
und bist du zur Zeit in einer Behandlung?
Du musst da natürlich nicht drauf antworten!
Ich hab nur gerade deine Verzweiflung aus deinen Texten rausgelesen und würde dir gerne ein bisschen weiterhelfen, wenn ich darf und kann.

aber noch mal : jetzt bist du erst mal hier und das ist gut!😊
 
Zuletzt bearbeitet:

Holunderzweig

Aktives Mitglied
aber noch mal : jetzt bist du erst mal hier und das ist gut!😊
Für mich ist das, als ob wir uns treffen, wir Menschen untereinander, die ja nicht umsonst hier sind. Wie Gleichgesinnte, eine Selbsthilfegruppe.

Mir kommt immer vor, das echte Leid verschweigt man, man ist zu traurig, um es aussprechen zu können.

Lieber Kaleido, ich sitzt jetzt da und heule mal, nachdem ich dir zugehört habe.
 

Holunderzweig

Aktives Mitglied
Ich war bis vorher oben in meinem Malzimmer, es flutschte nur so, ich habe mehrere Bilder gleichzeitig in Arbeit, sehe, es wird, jedes Einzelne macht mich zufrieden, man wirds mögen, das weiß ich. Als ich die Treppe runter bin, ( immer rückwärts geh ich über diese steile alte Stiege, um ja nicht zu stürzen) als ich herunter bin, da war ich der glücklichste Mensch auf Erden, hab die Kaffeemaschine eingeschaltet und mich zum PC gesetzt- überfroh, weil ich wieder voll da stehe. Voller Saft und Kraft.
Es gibt Zeiten, da schäme ich mich total, weil meine Kinder mich erlebt haben, wie ich total out war, völlig von der Rolle, absolut vernichtend schlimm war das, Nervenklinik, Totalzusammenbruch, schreckliche Diagnose. Ab da war ich quasi unten durch, belächelt, bespottet, plemplem, offiziell. Ich höre Stimmen, das ist pathologisch, ich hörte so Sager von einem meiner Kinder: Mama, das hat Vorteile, du bist nie alleine, hihi...ich war da sehr betroffen damals und heute sehe ich, er hat Recht, es wäre ein entsetzlich schlechtes Leben, hätte ich das nicht. Damals sah ich anders hin- aber heute sag ich mir tagtäglich, boah, habe ich ein Glück, wahnsinn, ist das gut. Ich kann nie wieder Einsamkeit fühlen, das ist weg, ich brauche nie wieder nachgucken, ob eh wer für mich da ist, ich weiß das, ich spüre das, ich habs, in mir gefunden.
 

Holunderzweig

Aktives Mitglied
Ich bin sicher nicht die erste auf der Welt, die behauptet, niemand kann dich froher machen, als du dich selbst, eigentlich: als dein Selbst.
In Indischen Malereien wird das dargestellt als blauer großer schöner Mann, der eine Frau umarmt. Die Frau stellt den Körper dar, der Geist ist der Blaue, der sie liebt, der sie umgibt, der immer da ist. 1708999589763.png
 

Holunderzweig

Aktives Mitglied
Lieber Kaleido, vielleicht leben wir in verschiedenen Bewusstseinsebenen, wir sind eigentlich "Säuger" Säugetiere, mit ebensolchen Bedürfnissen, wie zb- Partnerschaften eingehen wollen, eine Gruppe um sich wissen, Schutz finden, Geborgenheit, Sattheit und auf der Suche nach dem allen sind wir vielen Widrigkeiten und Gefahren ausgeliefert und manchmal gehen wir dabei drauf, oder fast drauf.

Ich wurde schwer misshandelt, gebissen, verwundet, schrecklich gemobbt, oftmals vergewaltigt, bereits als Kind schon, also mir war mal danach, zu glauben, das Leben ist die reinste Hölle auf Erden. Dann bin ich gekippt und tiefstes Grauen hat mich verschluckt und nachher kams anders. Es kann ja sein, dass das ähnlich ist wie bei den Raupen, sie ahnen nicht, dass sie mal anders haben, als Raupe gibts Fressen und gefressen werden- dann gibts einen Break, es ist vorbei, es kommt anders... so war es bei mir und ich habe null Ahnung, ob das nun mein Verdienst ist, eher nicht, das wird so sein, wie bei der Pupertät, unvermeidlich gehen wir weiter, vom Kind zum Mann, von dem, der sich fürchtet, zu dem, der sich nicht mehr fürchtet. Ich kann sagen, ich bin selbstbewusst, im wahrsten Sinn des Wortes.

Als der Pinsel vorher herumgeflogen ist auf den Leinwänden, da habe ich gespürt, gemerkt, geführte Hand, geführtes Auge, geführtes Sehen, mit einer unvorstellbaren Leichtigkeit und ebensolcher Lockerheit gabs den Flow..eins mit meinem Geiste.. das ist oft so, nicht immer. Ob ich koche, oder arbeite, oder sonst was mache, ich merks immer, ab einem bestimmten Punkt verSELBST-ständigt sich das und ich fühle mich wie aufgehoben und geführt. Zb...heute überlegte ich, Hunger..was mache ich mir..ich fühlte in mich, auf was habe ich Gusto.. es war Lachs da, frischer Dill, Sahne..oh..Kartoffel von gestern..oh..grüner Salat... na dann, auf gehts, WIR kochen jetzt auf... ich bin aber alleine, trotzdem gabs das Gefühl, wir kochen..mein DU und ich.
Während des Abends dachte ich, meine Kameradin, die ruf ich jetzt an- ich griff zum Handy und zugleich läutete es, wer war dran? Meine L... von der habe ich über zwei Wochen nichts gehört, ihre Mama ist bei ihr in Pflege, da hat sie wenig Zeit. Zufällig habe ich heute gespürt ( das ist auch hören) die geht mir ab... und sie hats wohl vernommen...

In diesem Sinne, ich umarme dich und dich im Geiste...du wirst es spüren, du ebenso... und ich umarme auch die Holunderzweig, die so arm war mal. Das ist zusammengefasst unsere Kindheit, denke ich. Wir sind die Kinder unseres Selbst. Das wäre da, wir sehen es nicht. Wir vermuten es nicht einmal, wir ahnen es nicht. Bis man auf einmal kapiert, ausgelöst durch irgendwas, ich weiß nicht was.
 

Hr. Pinguin

Aktives Mitglied
also nochmal zusammengefasst. ich war total ausgehungert und psychisch am ende und war gewichtstechnisch deutlich im untergewicht. und es hat einfach niemanden interessiert und niemand hat etwas unternommen.
Hallo, @Kaleido ,

es macht mich traurig zu lesen, wie mit dir umgegangen wurde und dass du nicht gesehen wurdest. Leider ticken die Menschen so, dass sie das Leid von anderen eher nicht wahrnehmen. Allenfalls kommt noch ein Spruch wie, "Magersucht ist die neue Modeerkrankung" oder sowas. Was man allgemein in dem Zusammenhang kennt, ist, dass man seine Körperwahrnehmung verloren hat und sich zu einem vermeintlichen Ideal herunterhungern möchte (was ja auch etwas sehr schlimmes ist, finde ich). Man erkennt es eher nicht als Hilferuf, und die Ärzte in einem normalen Krankenhaus machen da eben ihre Untersuchung und sind genervt, weil sie die Situation nicht angemessen einschätzen können (oder dürfen), und nur einen im übertragenen Sinn Ar*chtritt nach Hause geben können.

Verständnis bekommst du am ehesten von anderen Betroffenen, und das ist dann das, denke ich, was am meisten hilft. Verstanden zu werden und endlich nicht mehr alleine damit zu sein.

Ich denke, du solltest dringend an eine verständnisvolle fachliche Vertrauensperson angebunden sein. Arzt/Ärztin, Therapeut/Therapeutin.

Wenn es mal um Medikamente (Psychopharmaka) gehen sollte, rate ich zur Vorsicht. Die schwatzen einem gerne was auf...
 

Geißblatt67

Sehr aktives Mitglied
Hallo Kaleido,

Ja, als Jugendliche kannte ich das Gefühl auch sehr gut, dass mir niemand hilft. Meine Eltern haben meine Probleme nicht gesehen bzw. Hatten genug eigene.

Es hat ziemlich lange gedauert, bis ich verstanden habe, dass die Hilfe nicht von außen kommt. Bei Kindern und Jugendlichen sollte das so sein, da hast du Recht.

Jetzt bist du aber erwachsen, wenn ich das richtig interpretiere? Du kannst dich um dich selbst kümmern und dir Hilfe holen. Dein Erlebnis im Krankenhaus war nicht schön, aber es muss nicht immer so sein. Es gibt sehr gute Psychotherapeuten und Ärzte. Man muss hartnäckig sein, dranbleiben, darf sich nicht abwimmeln lassen.
Ich denke schon, dass Gespräche mit geschulten Personen dir gut tun würden. Aber dafür bist du jetzt tatsächlich selbst verantwortlich.
 

cafard

Sehr aktives Mitglied
Die Realität ist: Niemand rettet dich. Rette dich selbst.
Das hat nichts mit dir zu tun. Fast allen Menschen geht es so.
Das ist richtig und entspricht auch genau meiner Lebenserfahrung.

Die allermeisten Menschen sind mit sich selbst beschäftigt und nicht willens und auch nicht fähig, sich wirklich in einen anderen Menschen in einer anderen Lebenssituation hineinzuversetzen.

Probleme, die sie nicht selber haben, existieren für sie nicht.

Am Ende kann man sich wirklich nur selber helfen. Man ist auch der/die einzige, der/die die eigene Lebenssituation wirklich beurteilen kann.

Es geht sehr vielen Menschen so wie dir, das, was du durchmachst, ist ein normales Stück Leben. Ich habe das auch erfahren. Mit der Akzeptanz der Realität, wie sie ist, packt man das.
 

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