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Angst vor Eltern - ist meine Angst berechtigt?

soriana

Neues Mitglied
Hallo Zusammen,

ich habe ein Problem, welches mich mein ganzes Leben schon begleitet. Ich bin immer mal wieder beim Therapeuten (nicht sehr aktiv), was mir sehr geholfen hat und immer noch hilft. Aber ich kann meine Vergangenheit leider nicht einfach vergessen und weitermachen... Ich erhoffe mir eine objektive Sicht zum Thema, weil ich nie weiss, ob meine Angst von einem Trauma kommt oder ob ich mich zurecht fürchten muss.
Das Problem ist, dass mein Therapeut mir schnell sagt, dass ich mich nicht fürchten muss, weil mir mein Vater nichts antun wird. Aber Freunde wiederum sagen mir, ich solle es doch nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ich habe keine Ahnung was ich glauben soll :confused:

Zu meinem Problem: Meine Eltern kommen aus einer islamischer Kultur. Mein Vater ist streng gläubig und meine Mutter streng kulturell geprägt (nicht wirklich gläubig). Ich bin eine Frau (23) und seit ich ein kleines Mädchen bin, wurde ich streng nach den Regeln der Kultur erzogen worden. Sex ist ein schlechtes Thema, ich darf keine Freundschaften mit Männer haben, ich darf nicht mit Freunden unterwegs sein (ich könnte mich ja mit einem Mann treffen) und ich muss gehorchen. Mein Vater hat mich niemals bedroht, aber meine Mutter immer. Wenn die Frage aufkam: "Ja Mutter, was passiert mit uns, wenn wir einen Freund hätten". Meine Mutter: "Euer Vater würde euch umbringen. Bitte tut das nicht". Oder "Mutter, was tut ihr wenn wir einfach ausziehen?" Sie sah mich entsetzt an: "Wir würden euch töten. Ganz klar. Versucht es erst gar nicht." Mein Vater hat nie ein Wort darüber verloren oder uns gedroht. Meine Mutter versuchte uns aber immer einzuschüchtern.
Als meine Eltern erneut ein Kind bekamen (obwohl wir (meine Schwester und ich) bereits 14+ waren), wurden wir zur Hausnanny. Wir mussten uns um den Kleinen kümmern, sobald wir Feierabend hatten. Für uns gab es keine Freizeit, geschweige den ein eigenes Leben. Wir mussten denken und fühlen, was meine Mutter wollte. Wir wurden auch von ihr geschlagen, wenn wir nicht gehorchten oder wenn sie ihre Wutausbrüche hatte. Mein Vater war nicht so Aggressiv, er schlug uns aber auch. Jedoch "nur", wenn wir "europäisch" waren und auf unsere Meinung bestanden.
Als ich 20 wurde, flüchteten meine Schwester und ich gemeinsam an einem Morgen. Wir haben im Voraus alles vorbereitet (frei genommen ohne Elterns wissen) und sind dann in einer neuen Wohnung eingezogen.
Für mich war das die schwerste Zeit meines Lebens. Ich hatte ständig Angst, dass sie auf der Strasse sind. Dass sie uns finden und entdecken. Seit dieser Zeit leben wir versteckt. Ein ganzes Jahr hatten wir keinen Kontakt mit ihnen. Erst nach einem Jahr haben sie per Zufall meine Schwester in der Schule gefunden. Dann hatten wir uns alle paar Monate einmal am neutralen Boden getroffen.
Sie haben uns immer angefleht und versucht die Adresse rauszulocken. Wir blieben stur...
Irgendwann wollte meine Schwester heiraten und all dem ein Ende setzen. Sie hat ihren Freund vorgestellt. Zuerst fanden sie es toll, dann aber irgendwann kamen wieder die Gedanken bei meiner Mutter auf, dass er sie nur ausnutzt (sie hat paranoide Gedanken). Es kam so weit, dass mein Vater ihm mal nach der Arbeit mit dem Auto folgte. Als ihr Partner dies bemerkte, konnte er ihn noch rechtzeitig abhängen. Meine Schwester lies sich nicht beeindrucken und bestand auf die Hochzeit. Meine Eltern haben sich geschlagen gegeben, mit der Bedingung, dass sich ihr Mann konvertieren muss, um islamisch zu heiraten. Aus Angst hat meine Schwester ihn überzeugt. Er tat das dann auch. Er hasst unsere Eltern aber bis heute.
Nun, ich bin nicht verheiratet und lebe alleine. Das ist für meine Eltern die totale Katastrophe. Das Problem ist, dass sie über blödes Versehen (komplizierte Sache) wissen, wo ich künftig Arbeiten werde. Sie wissen auch, wann mein erster Arbeitstag ist.
Seit diesem Vorfall fürchte ich mich vor der Zeit. Ich habe Angst, dass mein Vater dort stehen wird und auf mich wartet. Mein Problem ist nicht, dass ich ihm begegne, sondern dass er mir folgen kann. Er kann dann herausfinden wo ich wohne und mit wem ich zusammen wohne. Ich habe Angst, weil ich nicht weiss, was er dann tun würde. Ich würde aus Angst sofort aus der Wohnung verschwinden und mich nie wieder blicken lassen. Diese Arbeitsstelle ist meine Zukunft... Ich will nicht meine Zukunft aufs Spiel setzen wegen ihnen...
Ich weiss nicht, ob er mir was antut. Er wusste auch eine Zeitlang wo meine Schwester arbeitet... Er folgte ihr auch nicht. Er war nur einige Male bei Notfall vor ihrer Arbeit und bat sie um Rat (als meine Mutter durchdrehte). Deshalb weiss ich nicht, ob meine Angst berechtigt ist.
Obwohl er religiös ist, er zwang uns nie Kopftuch zu tragen. Wir konnten auch in die Badis Bikini tragen... Aber Hotpans o.ä. war verboten...
Ich habe Angst und ich weiss nicht, ob ich mich auf meine Arbeit dann konzentrieren kann. Ich weiss nicht, was ich tun soll... Einfach mutig sein? Wird er mir doch nichts tun? Keine Ahnung...
Ich weiss nicht, ob die Polizei eine Hilfe wäre, schliesslich kann ich ohne Beweise nichts bewirken! Und ich habe keine Beweise! Vor allem ist ja noch nichts passiert... Und ich weiss nicht, ob was passieren wird! Diese Ungewissheit macht mich fertig.

Danke für die, die bis jetzt gelesen haben!!!
Hoffe auf eine objektive Antwort!

Gruss soriana
 
Zuletzt bearbeitet:

Garen

Mitglied
Hallo Soriana,

wirklich schwierige Situation in der du da steckst, aber das weißt du denke ich schon selber. Ich sehe schon, dass deine Vergangenheit von Gewalt geprägt war, durch die Religion bedingt und ihr aus einem guten Grund geflohen seit und das war finde ich auch richtig so, wofür ihr euch überhaupt nicht schämen müsstet. Jedoch werden sich die Schuldigen, in dem Fall eure Eltern niemals dafür schämen, da sie immer die Religion wie einen Schutzschild für alle schlechten Dinge die sie euch antaten hochhalten und sind damit vor dem Gesetz auch freigesprochen, also zur Polizei gehen fällt hier schon einmal als erstes raus.

Sich mit den Eltern zu konfrontieren, ja auf einer gewissen weiße aus therapeutischen Sicht bestimmt eine gute Möglichkeit, um mit der Vergangenheit aufzuräumen, doch solltest du für den nötigen Schutz sorgen, d.h. starke Freunde mitnehmen oder selber Selbstverteidigung wie Judo erlernen, um gegen mögliche körperliche Übergriffe von den Eltern geschützt zu sein. Ich denke wenn du siehst, dass deine Eltern dir nichts mehr können, weil du über sie hinausgewachsen bist kannst du am ehesten dein Trauma beheben. (Um wirklich gut eine Kampfsportart zu können brauchst du jedoch mind. ein halbes Jahr mit viel Training ;) ).

Deine Arbeitsstelle solltest du weiter beibehalten, siehe es als Ablenkung, weil du dich sonst nur noch mehr in den negativen Gedankenkarussell bewegst. Versuche es auch mit Meditation, der Buddhismus eignet sich da super als Anleitung für um die alten Gedankenmuster zu durchbrechen. Viel Glück beim besiegen der Angst.

LG
Garen
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Liebe Soriana,

Deine Angst kann ich gut verstehen.
Sehr traurig finde ich ist, dass Deine Eltern zu Deinem Feind geworden sind. Ihre Kultur und Religion geben ihrem Verhalten Recht. Dein Therapeut scheint von islamischer Kultur und Religion keine Ahnung zu haben ...

Nach meiner Meinung ist in Deiner Situation wichtig, dass Du Dich auf die evt. mögliche Konfrontation mit Deinen Eltern vorbereitest, die vielleicht erst in einigen Jahren erfolgen mag. Vorher ängstlich zu sein nimmt Dir nur die Konzentration auf das, was Du tun möchtest und wie Du leben willst.

Weit wegziehen wäre eine Option.
Die andere Option liegt darin, für verschieden mögliche Situationen im Vorfeld zu überlegen, wie Du Dich dann verhalten willst. Lege Dir für verschiedene Situationen einen Plan zurecht und besprich diese mit Deinem Partner.

Auch das Thema Selbstverteidigung ist wichtig. Durch Selbstverteidigung stärkst Du nicht nur Deinen Körper, sondern auch Dein Selbstbewusstsein.

LG, Nordrheiner
 
Hallo Soriana

puhhh das ist ganz hartes Brot ---

ich glaube für dich ist es jetzt wichtig zu lernen, dass diejenigen die Gewalt über dich ausgeübt haben heute keine Macht mehr haben und darauf zielt dein Therapeut auch glaube ich hin.

Das ist eine "Lernphase" für dich, die ganz ganz wichtig ist.

Nordrheiner und Garen haben ja schon geschrieben, dass es wichtig wäre dich vorzubereiten.
Selbstverteidigung wäre aus meiner Sicht wichtig - da gibt es eine ganze Menge Kurse, du musst halt gucken wozu du Lust hast.

Und ich würde an Deiner Stelle auch jemanden an deiner Arbeitsstelle über deine Situation informieren, einfach damit es für DICh ohne Scham möglich ist wieder dort aufzutauchen sollte dein Vater wirklich jemals vor der Tür stehen.


ABER ich würde mich an deiner Stelle auf jeden Fall umsehen ob es bei Dir in der Gegend Vereine wie z.B. Sabatina (Hilfe für unterdrückte, missbrauchte, schutzlose Frauen und verfolgte Christen) gibt. Die können Dir, glaube ich, sehr viel besser helfen als jemand der sich in dem Metier nicht wirklich auskennt.

Wenn die Not ganz groß ist, gibt es aber immernoch die Möglichkeit über die Polizei kurzfristig in einem Frauenhaus unterzukommen.


Ich drück Dir ganz ganz dolle die Daumen
die olle Landpommeranze
 

soriana

Neues Mitglied
Ich danke euch sehr für die hilfreichen und tollen Antworten!! :herz:

Ich werde nun mit Ju Jitsu (mal schauen, ob das etwas für mich ist) anfangen, damit ich mein Selbstbewusstsein stärke und sich hoffentlich meine Angst vermindert.
Mir ist bewusst, dass ich eine Kindheitsgeprägte Angst in mir trage, die vielleicht nicht mehr so realistisch ist. Ich werde versuchen, mich selbst zu stärken und mir klar machen, dass ich nicht mehr so machtlos bin, wie ich es damals war. Das Training wird mir hoffentlich helfen!
 

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