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Worauf kommt es im Leben wirklich an? Ich mache mich kaputt wegen nicht Erreichtem

T

Tilly1901

Gast
Guten Tag zusammen. Ich fürchte dass ich eine schwerwiegende Sinnkrise habe. In den letzten Jahren überkam mich immer stärker das Gefühl alle anderen würden ein besseres, intensiveres und erfüllteres Leben führen als ich. Alle anderen wären intelligenter, leisten mehr und haben mehr erreicht.

Dabei bewundere ich Menschen die scheinbar überall gefragt und beliebt sind, privat sowie beruflich irgendwas "besonderes" haben, machen oder sind. Gerade im beruflichen Bereich ist es bei mir nicht wirklich gut gelaufen, ich hatte nie meine "Passion" für irgendwas gefunden, so manches ausprobiert und bin letztlich eben als einfacher Sachbearbeiter hängengeblieben.

Leider setze ich mich selbst unter Druck und gehe hart mit mir ins Gericht, mache mir Vorwürfe und stelle Ansprüche an mich, die ich wahrscheinlich nie erfüllen kann. Das führt dann immer wieder zu emotionalen Abstürzen, Tage an denen ich überhaupt nichts auf die Reihe bekomme, herum hadere, eine Lustlosigkeit und Resignation verspüre.

Einerseits denke ich mir manchmal kommt es wirklich nur auf Geld, Status und Besitztum an? Oder gibt es da noch mehr, so dass ich sagen könnte: ok ich bin einfach ein normaler Typ der jetzt nie Vorstand bei Daimler wird, und ich ziehe meine Werte aus anderen Dingen?

Aber speziell bei diversen Feierlichkeiten überkommt mich dieser Verlierergedanke immer und immer wieder. Wenn ich höre der Sohn von xxx studiert in New York, der nächste hat grad ein Haus gekauft, ein anderer fährt mit S-Klasse vor. Dann frage ich mich immer was ich falsch gemacht habe und meine auch so sein zu müssen, oder ich bin eben ein Niemand. Das kann mir schonmal einen ganzen Abend versauen.

Ich bin ziemlig verzweifelt.
 
A

#AE

Gast
Hallo Tilly1901,

ich kann dich sehr gut verstehen.

Pflegst du denn irgendwelche Hobbies? Eine Passion für etwas haben muss sich ja nicht ausschließlich auf den beruflichen Bereich beziehen. Es kann auch deine Freizeit betreffen.

Bezüglich dem "einfachen Sachbearbeiter": findest du selbst das denn wirklich so schlimm? Oder sind es eher Erwartungen anderer, denen du glaubst, gerecht werden zu müssen?
Der einfache Sachbearbeiter ist nichts schlechtes - wo wären wir ohne diese??

Mir persönlich kommt es auf Status und Besitztümer weniger an, aber Geld brauche ich natürlich trotzdem zum Leben. Das handhabt jeder Mensch ein bisschen anders. Manche legen halt mehr Wert auf Status und Karriere, andere bevorzugen einen anderen Weg. Und viele bringen sich bloß über die Runden :)

An dem Punkt habe ich auch lange mit mir gehadert, aber ich glaube, so langsam bin ich diesbezüglich mit mir im Reinen. Ich habe bis jetzt auch keine klassische steile Karriere hingelegt, aber das ist in Ordnung so. Wer weiß, wozu es gut war. So wie du es beschrieben hast, konntest du ja auch viele unterschiedliche Erfahrungen sammeln. Und das sehe ich als etwas gutes und wertvolles an.

Dennoch denke ich schon, dass in unserer Gesellschaft oft das Gefühl vermittelt wird "wer viel leistet, ist viel wert", oder so ähnlich. Aber vielleicht denkt man das auch bloß über sich selbst?

Wie alt bist du denn? Wenn du nicht gerade kurz vor der Rente stehst, besteht ja für dich immer noch die Möglichkeit, beruflich mehr zu erreichen, wenn es denn dein Wunsch ist. Genau an der Stelle würde ich persönlich zuerst überprüfen: was sind wirklich deine innersten Werte, und wo versuchst du eher, dich anzupassen?

Gibt es in deinem derzeitigen Beruf keine Aufstiegsmöglichkeiten? Das kann ja auch über eine Weiterbildung etc. gehen. Ich habe schon den Eindruck, dass du noch mehr erreichen willst.

Ich glaube nicht, dass man bei etwas auf Dauer Erfolg haben kann, wenn man keinen Sinn darin sieht, was man tut. Dann wird es extrem müßig. Man braucht etwas, das einen antreibt; etwas, bei dem man das Gefühl haben kann, was bewirken zu können. So ist das jedenfalls bei mir.

Und mal ganz nebenbei: nur weil man Vorstand bei Daimler ist, heißt das noch lange nicht, mit seinem Leben zufrieden zu sein :) Wieviele Vorstände würden sich manchmal was anderes im Leben wünschen? Bestimmt mehr, als du denkst...

Ich finde es super, dass du dir die Frage "Worauf kommt es im Leben wirklich an?" überhaupt stellst. Ich bin sicher, dass du das für dich herausfinden und dein Leben entsprechend danach ausrichten kannst.

Viel Erfolg dabei!
 
T

Tilly1901

Gast
Also ich bin Mitte 30. Wahrscheinlich ist da der berufliche Zug sowieso schon abgefahren.

Wenn ich zusammenfassen würde könnte ich sagen

Ich bin unter meinen potentiellen Möglichkeiten, weiß aber nicht was so richtig zu mir passen würde. Gleichzeitig lasse ich mich stark von anderen beeinflussen und vergleiche diese mit meinem Leben. Denkt man sich die Arbeit weg, wäre ich nicht mal so unzufrieden. Immerhin kann ich jedes Jahr Urlaub bestreiten, habe eine gute Beziehung und bin finanziell nicht in größeren Nöten.

Aber du hast Recht, ich meine es gibt entweder alles oder nichts, und wenn ich diversen Leuten das Wasser nicht reichen kann gehöre ich halt zu den Verlierern. So denke ich jedenfalls. Und am Schlimmsten sind wie gesagt immer irgendwelche Treffen bei denen ich schon froh bin wenn mal jemand äußert dass er kein Dr. oder Master ist. Es macht halt manchmal den Eindruck als wären alle anderen immer mit oder durch irgendwas besonders erfolgreich. Das sind wie eine Art Zwangsgedanken, und dadurch resultiert natürlich auch Unsicherheit und fehlendes Selbstbewusstsein. Ich empfinde das irgendwie immer wie eine Art Makel in der heutigen Gesellschaft.
 
G

GrayBear

Gast
Hallo Tilly1901,
allein im letzten Jahr haben sich zwei meiner erfolgreichen Kollegen das Leben genommen, weil sie beide innerhalb von wenigen Wochen große Aufträge verloren haben, die Bank die Konten gesperrt und die Frau die Fliege gemacht hatte. Beide fuhren große Autos und zumindest der eine war ein richtig sympathischer Kerl. In manchen Stunden kam ich mir daneben wie ein feiger, dämlicher und weniger als mittelmäßiger Dummbatz vor. Mein Nachbar fährt Porsche, hat ein großes Haus, aber seinen Sohn habe ich noch nie lachen sehen. Und jetzt kommts: alle Not kommt vom Vergleichen. Und ich hab noch mehr Haare auf dem Kopf, als er. Du weist nicht, was "die Anderen und Erfolgreicheren" dafür aufgeben, hinter sich lassen oder für immer abschreiben mussten. Manchmal auch garnichts. Manchmal fällt Dein Samenkorn zwischen zwei Steine und Du musst als Blume froh sein, wenn Du überhaupt den Kopf in die Sonne bekommst. Ja, das ist nicht gerecht. Ich habe mich früher auch oft gefragt, was ich noch hätte besser machen können?
Heute weiß ich: nichts. Denn wenn ich es gekonnt hätte, dann hätte ich es doch gemacht! Meine Prioritäten lagen eben wo anders. Nelson Mandela hat es das "Kleinspielen" genannt. Ich musste mir vor Jahren einfach einmal eingestehen, dass ich im Grunde genau da bin, wo ich sein will. Manche "schwere Aufgabe" und tolle Chance habe ich sausen lassen, habe mich zu blöd angestellt, war zu langsam und zu schlecht vorbereitet oder kam nicht in die Puschen. Und wem soll ich dafür den Vorwurf machen? Und ja, manchmal gehört auch einfach ein Quäntchen Glück dazu.

Kennst Du den Witz von Mosche und seinem Lotterielos? Mosche betet jeden Abend über dreißig Jahre um einen 6-ser im Lotto, jeden Abend. Eben während eines solchen Gebets wird es plötzlich taghell in seinem Zimmer und eine donnernde Stimme füllt den Raum: "Mosche, guter Mosche, gib mir eine Chance, kauf Dir ein Los!!". Ich liebe diesen Witz.
Steig einfach ab von diesem bockigen Bullen, den Du da gerade reitest. Dir tut nur der Hintern weh und sonst passiert nichts. Was Dich von den Erfolgreichen unterscheidet? Dass sie in manchen oder auch vielen Dingen Getriebene sind und ihre Ziele im "Außen" liegen. Und dass wahrscheinlich auf jeden Erfolgreichen 100 Leute kommen, bei denen es am Timing, am Können oder an was weiß ich gefehlt hat. Mein ehemaliger Ziehsohn hat mir mit 17 sein Lebensmotto genannt: "Get rich or die tryin'". Es ist von 50 Cent. Mir fiel die Kinnlade runter. Meine Engagement muss sich auch daran messen lassen, was ich bereit bin, dafür zu geben.
Wenn Du auf Magengeschwür, Stresspusteln und mieße Laune stehst, dann vergleiche Dich weiter und klebe überall ein Zettelchen "besser", "schlechter" hin und werde zu einem unzufriedenen Dauernörgler, der seine Energie und Kraft verschwendet. Oder begeistere Dich wirklich für etwas, lass Dich zu 100% auf etwas ein und bleib aber dabei bei Verstand. Richard Branson wurde nach dem Geheimnis seines Erfolgs gefragt. Er hat kurz geschmunzelt. "Manche Menschen machen eine Firma auf, investieren alles und scheitern. Andere machen fünf Firmen auf, zwei davon sind erfolgreich. Ich mache jedes Jahr 50 neue Firmen auf und auch ich muss davon 20-30 wieder schließen, aber das nennt man dann trotzdem einen Erfolg". Leg Deinen Focus auf das, was in Deinem Leben funktioniert, brenne für etwas und bezahle auch den Preis dafür.
Frag Dich, was ist es Dir wert und schieb den Midlife-crisis-Scheiß beiseite.
Danke, dass mir durch Deine Zeilen wieder etwas klar geworden ist.
Alles Gute

PS: Gerade lese ich, dass Du Mitte 30 bist. Ist das Dein Ernst? Da geht es erst richtig los! Das Gaspedal ist das rechte, nicht das in der Mitte!
 
A

#AE

Gast
Also ich bin Mitte 30. Wahrscheinlich ist da der berufliche Zug sowieso schon abgefahren.
Hier kann ich GrayBear nur zustimmen, denn dann hast du ja nochmal 30 Jahre Berufsleben vor dir, oder? ;)
Da lohnt es sich meiner Ansicht nach auf jeden Fall, diese Zeit gut zu gestalten.


Ich bin unter meinen potentiellen Möglichkeiten, weiß aber nicht was so richtig zu mir passen würde.
Vielleicht helfen dir folgende Fragen: Was hat denn bisher am besten zu dir gepasst und warum? Was genau hat dir das dann gegeben?

Würdest du dich selbst als einen empathischen Menschen bezeichnen?
Also liegt dir eher der Umgang mit Menschen oder bevorzugst du eher sachliche Dinge/Aufgaben?


Aber du hast Recht, ich meine es gibt entweder alles oder nichts, und wenn ich diversen Leuten das Wasser nicht reichen kann gehöre ich halt zu den Verlierern. So denke ich jedenfalls. Und am Schlimmsten sind wie gesagt immer irgendwelche Treffen bei denen ich schon froh bin wenn mal jemand äußert dass er kein Dr. oder Master ist.
Im Endeffekt sind das auch nur Titel. Davon bräuchte man sich eigentlich nicht einschüchtern zu lassen. Eher Respekt vor dem Erreichten? Denn derjenige hat mit Sicherheit viel Zeit und Aufwand dafür investiert, aber eben auch viel anderes einbüßen müssen, wie GrayBear schon schrieb. Eine Frage der Prioritäten. Derjenige hat für sich dann eben gemerkt/entschieden, dass ihm das wichtig ist. Sonst hätte er den Doktor gar nicht.

Es macht halt manchmal den Eindruck als wären alle anderen immer mit oder durch irgendwas besonders erfolgreich. Das sind wie eine Art Zwangsgedanken, und dadurch resultiert natürlich auch Unsicherheit und fehlendes Selbstbewusstsein. Ich empfinde das irgendwie immer wie eine Art Makel in der heutigen Gesellschaft.
Macht ein Titel einen Menschen erfolgreich?
Was ist Erfolg überhaupt? Was verstehst du persönlich darunter? Definiere das für dich!

Zu jedem Erfolg gehören auch Misserfolge, wie GrayBear schön an Beispielen veranschaulicht hat. Versuch und Irrtum... ganz menschlich. Fehler machen ist in Ordnung und Misserfolge ernten auch. Das mindert den eigenen Wert nicht. Es kann aber zum Wachstum verhelfen.
 
T

Tilly1901

Gast
Danke für eure Worte, vor allem an GrayBear.

Ich weiß auch nicht so genau woher diese Gefühle kommen. Es scheint wie eine Infektion zu sein, der Titel "Get rich or die tryin´" passt eigentlich sehr gut. Das ist einer der Filme die einem suggerieren sollen: du musst auf jedenfall etwas erreichen, alles oder nichts. Ähnlicher Film: das Streben nach Glück. Von solchen Kandidaten habe ich auch welche im Freundeskreis. Über was anderes außer Karriere, Geld und den neuen Daimler kann man sich mit denen gar nicht unterhalten.

Und ihr habt recht, auf jeden Überflieger kommen wahrscheinlich etliche die eben aus irgendwelchen Gründen nicht dafür gesegnet sind. Wenn da nur dieser Gedanke nicht wäre der mir immer wieder sagt: hättest du mehr machen können/ sollen bzw. die sofortige Polarisation sobald dieses Thema in irgendeiner Form auftritt.
Manchmal sieht man auch privat oder im TV Personen oder Stars, wo ich mir manchmal denke: die kochen doch alle auch nur mit Wasser. Was ist also deren Geheimnis, das ich für mich nicht entdeckt habe? Oder wenn ich mal ganz tief unten bin auch : warum der, warum ich nicht :(
 

Darknessgirl

Aktives Mitglied
Guter Beitrag, GrayBear.

Ich mag diese "Alles oder nichts"-Mentalität nicht so sehr. Das Leben besteht meistens aus den Zwischenfarben.

Ich muss nicht unbedingt alles aufopfern und hergeben, um für andere da zu sein, aber auch nicht meine gute Stube vergessen, um ganz nach oben zu kommen.

Ich hätte keine Lust, für alles jeden Cent umdrehen zu müssen, aber mit einer Milliarde wäre ich nicht zwangsläufig glücklich.

Am Besten ist, zu sagen "I did it my way". Wenn du also unzufrieden bist mit deinem bisherigen Weg, dann skizziere doch vielleicht mal deinen bisherigen Weg und was du dir vorstellst, und wir schauen, was man dir individuell für deinen beruflichen Weg noch raten kann.

Ansonsten gilt, zu akzeptieren, was man nicht ändern kann.
 
..........Mensch ist das hier eine Schatzkiste , ich nehm ganz viel mit.

Junger Mann von 30 hör mal auf den grauen Bär, seine Worte sind echt ,direkt und wahr....

Warum meßt ihr Jungs euch immer an anderen.....?

Bestimmt bist du ein liebenswerter Mensch , mit tollen Talenten....

Die Sanfte Schlange
 

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