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Wie würdet ihr jetzt an meiner Stelle vorgehen? Berufliche Perspektiven?

G

Gelöscht 109092

Gast
Hallo liebes Forum,

ich hätte ein paar Fragen. Ich studiere eine Geisteswissenschaft, die ich hoffentlich bis spätestens nächsten Sommer mit einem Bachelor-Abschluss vorerst beendet haben werde. Allerdings sehen die Berufsaussichten für einen deutschen Philologen sehr sehr schlecht aus. Ich habe gehört, dass Praktika während des Studiums die Chancen auf eine spätere Anstellung erhöhen, aber ich bin mir unsicher, welche Praktika da gemeint sind, da ich im Netz relativ wenig finde. Nun ist es so, dass ich einige Studenten kenne, die während des Studiums nebenbei auch ganz andere Praktika machen. Das würde mich sehr interessieren, ebenso wie Berufsausbildungen, die man auch während des Studiums bewältigen könnte. Auch hätte ich Interesse an wirtschaftlichen Themen bzw. Lehrgängen dazu. Leider habe ich nur eine AHS-Matura, was bedeutet: klassische Allgemeinbildung mit Mathe, Physik, Latein und Italienisch. Ich habe keine technische oder wirtschaftliche Oberstufe besucht, die man mit einem Ingenieur oder bestimmten Know-How im Rechnungs- und Bankwesen beendet. Da ich Mitte 20 bin, mache ich mir extrem viel Druck. Ich bin mir unsicher, ob es klug wäre auf Risiko ein Wirtschaftsstudium nach dem Bachelor zu beginnen. Ich frage mich auch, wie viele Dinge man sich theoretisch privat oder durch Kurse aneignen kann. Ich bin z.B.: sehr kreativ und habe erst im Nachhinein bemerkt, wie dumm es war nicht etwas im Design-Bereich zu machen. Aber ich habe immer das Gefühl, dass mir die Zeit davon läuft. Und mich würden so unendlich viele interessieren, aber ich kann meine hundertprozentige Passion nicht benennen. Wichtig ist mir, aber vor allem berufliche Sicherheit und ein Einkommen, das ausreicht um das Haus meiner Familie aufrecht zu erhalten, welches diese mir vererben wollen. Wenn ich die vielen jungen Startup-Unternehmer und Technik-Studenten sehe (ich war nur mäßig in Naturwissenschaften und diese Studienfächer haben sehr hohe Abbrecher-Quoten) begleitet mich immer die Angst vor sozialem Abstieg, da die Zukunft unseres Arbeitsmarktes sich sehr auf Digitalisierung, sowie technische und naturwissenschaftliche Fächer auszurichten scheint (was natürlich auch ein subjektiver Eindruck meinerseits sein kann). Nun ist wirklich die Frage, wie es weitergeht.
 

Werner

Sehr aktives Mitglied
Hallo Chaosstudent,
ich denke, dass ich deine Gedankengänge und deine
Ängste einigermaßen nachvollziehen kann; deshalb
mal von mir, dem mehr als doppelt so alten :) eine
Rückmeldung dazu.

Vorneweg mal philosophisch: die Zukunft ist in ge-
wisser Weise immer "unsicher", speziell die, die vom
Fortbestehen eines status quo abhängt. Wie schnell
sich Umstände ändern können, auch für ganze Bran-
chen, haben wir die letzten Wochen wieder einmal
erlebt. Mit diesen Unsicherheiten, die der Welt nun
einmal immanent sind, muss man sich wohl oder übel
arrangieren.

Zu deiner Vielseitigkeit: Ich habe auch lange gemeint,
ich müsste "das eine Thema" für mich finden; bis ich
erkannt habe, dass ich selbst, mein Leben, dieses "eine
Thema" ist und meine Vielseitigkeit und meine Kreati-
vität für einen einzelnen Beruf oder ein einzelnes
Thema zu weitreichend sind. Marilyn Monroe hat es
mal so ausgedrückt: Ich hätte nie nur Hausfrau sein
können, ich hatte zu viel Fantasie.

Rein beruflich nun. Wenn du nächstes Jahr dein Erst-
studium beendet hast und dann noch eine Ausbildung,
ein Zweitstudium oder auch ein Eigenstudium in einem
Bereich machst, der deine kreative Seite bedient (und
die Möglichkeit hast, nebenher deinen Lebensunterhalt
zu verdienen), dann bist du auf dem Arbeitsmarkt oder
auch auf dem Markt der freien Berufe ein "Exot" im
besten Sinne. Wie viele Grafiker sind z. B. auch Geistes-
wissenschaftler? Unser Grünen-Vorsitzender Habeck
ist ja auch Geisteswissenschaftler und fällt dadurch, ähn-
lich wie Frau Merkel als Physikerin, in der Politik auf.

Die Mischungen sind wertvoll, weil sie verschiedenste
Perspektiven erlauben. Und wenn ich meine berufliche
Biografie anschaue, habe ich 70-80 % in eigener Regie
und eigenen Interessen folgend gelernt. Die "Fertig-
studienfächer" geben ja extrem viele Inhalte vor, durch
die man sich durchquälen muss, um einen Abschluss zu
bekommen. Ich habe mich zum Glück für Fächer interes-
siert, für die es gar keine Studiengänge gab – dafür gibt
es von "meiner Sorte" auch heute nur ganz wenige und
der Konkurrenzdruck ist geringer.

Nach meiner Erfahrung kommen die wichtigen Themen
im Lauf des Lebens auf einen zu, wenn man dafür offen
ist. Ihnen hinterherzulaufen bringt meistens nur Frust.

Zum Haus: An meiner Wiege stand auch die Erwartung,
dass ich das Haus meines Urgroßvaters, für das sich
schon zwei weitere Generationen aufgeopfert hatten,
mit meinen Geschwistern übernehmen und ihm einen
Großteil meines Lebens opfern sollte. Zum Glück haben
wir Geschwister irgendwann verstanden, dass das nur
ein freiwilliges Angebot der Vorfahren war und keine
naturgegebene Pflicht :) ... und haben es verkauft und
mit dem Geld unsere eigenen "Häuser" gebaut bzw.
uns etwas zu unserem Leben passendes gekauft. Im
Haus der Vorfahren leben jetzt andere Menschen, die
sich darin sehr wohlfühlen, so wie alle vor ihnen dort.

In der Hoffnung, dich auf gute Gedanken gebracht zu
haben, grüßt dich
Werner
 

Daoga

Urgestein
Bei Philologie denke ich irgendwie immer an Übersetzer. Mit Schwerpunkt Technik (Physik, Mathe)? Technikhandbücher müssen nämlich auch übersetzt werden, wehe man geht über so einen Text mit einem automatischen Übersetzungsprogramm drüber, dann kriegt man den berühmten Text mit der "Puffunterlage" (Luftmatratze war gemeint!). Oder an eine Stelle beim Patentamt, wo Patentanmeldungen geprüft werden müssen. Da wärst Du in guter Gesellschaft, ein gewisser Einstein hat da auch mal für ein paar Jahre gearbeitet ... und was hindert Dich daran, ein Zusatzstudium in Sachen Design noch hinterherzuschicken? Je vielfältiger desto besser, wenn man es sich leisten kann.
 
G

Gelöscht 86383

Gast
Ich habe beobachtet, dass sich Geisteswissenschaftler tendenziell eher in fachfremde Aufgaben einarbeiten können als klassische Naturwissenschaftler oder reine Kaufleute. Eben weil sie es gewohnt sind, denn gerade Geisteswissenschaften lassen sich schwer abgrenzen.
Also ruhig etwas selbstbewusster auftreten. :)
 
G

Gelöscht 109092

Gast
Ich habe beobachtet, dass sich Geisteswissenschaftler tendenziell eher in fachfremde Aufgaben einarbeiten können als klassische Naturwissenschaftler oder reine Kaufleute. Eben weil sie es gewohnt sind, denn gerade Geisteswissenschaften lassen sich schwer abgrenzen.
Also ruhig etwas selbstbewusster auftreten. :)
Das hat etwas Beruhigendes. Aber ich habe ehrlich gesagt ein wenig berufliche Angst, aufgrund der Folgen der Digitalisierung. Sollte die Arbeitswelt tatsächlich dermaßen komplex werden, wie es einige Leute behaupten, dann wird es schwierig sich in diesen Bereich das notwendige Wissen, mal so nebenbei anzueignen. Oder siehst du das entspannter?
 
G

Gelöscht 86383

Gast
Das hat etwas Beruhigendes. Aber ich habe ehrlich gesagt ein wenig berufliche Angst, aufgrund der Folgen der Digitalisierung. Sollte die Arbeitswelt tatsächlich dermaßen komplex werden, wie es einige Leute behaupten, dann wird es schwierig sich in diesen Bereich das notwendige Wissen, mal so nebenbei anzueignen. Oder siehst du das entspannter?
Teils, teils. Die Digitalisierung macht vieles komplexer,ja -aber eben auch vieles einfacher. Eigentlich soll sie die Dinge auch einfacher machen. Sicher, das gelingt nicht immer...
Ich kenne ein paar Lehrer, die sich sehr ostentativ gegen Neue Medien ausgesprochen haben, damit partout nciht umgehen können und wollen - und jetzt natürlich so richtig gekniffen sind.
Aber so ein jemand wirst Du nicht sein, hey, wir schreiben hier ja schließlich ;)
Wegen Corona springen ja jetzt quasi alle auf den fahrenden Zug auf, insb. Schulen und Bildungsträger.
Es muss und wird nicht jeder (Voll-)Informatiker (bin auch keiner geworden), aber eine gesunde Neugierde ist vorteilhaft. Kenntnisse, die über Medienkompetenz (inklusive Neue Medien) hinausgehen, sind sicher vorteilhaft, je nach Kontext vielleicht HTML oder eine andere Auszeichnungssprache (Markdown bspw.); im (natur-)wissenschaftlichen Kontext LaTeX. Wird MS Office verwendet, kann es auch Sinn machen, sich über Makros schlau zu machen. Sicher ist es auch nicht verkehrt, grob zu verstehen, wie Datenbanken funktionieren. Mit Python kann man auch so einiges machen.... Sind nur Beispiele!

Naja, was immer es sei, ich würde Dir einfach eine gesunde Neugierde empfehlen. Vielleicht brauchst Du solche erweiterten Kenntnisse auch nicht unbedingt. Je nachdem, wo Du landen wirst...
So lange Du Dich nicht aktiv gegen solche Entwicklungen sperrst, und eine gewisse Neugierde hast, würde ich sagen,kannst Du es auch eher entspannt sehen.
Es gibt viele einsteigerfreundliche Tutorials, und so mancher lernt auch erst recht spät Dinge, die über Medienkompetenz hinausgehen. Als ich anfing mich das erste Mal mit HTML zu beschäftigen, war ich immerhin schon 28.
 

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