Erst einmal vielen Dank für eure Antworten!
Das sind wirklich viele Ideen, von denen natürlich auch ich ein paar selbst schon hatte - aber es ist auch einfach schön, solche Gedanken "von Außen" zu bekommen. Und es freut mich vor allem, das niemand so etwas wie "Arbeit ist halt nicht immer Spaß" oder "Da muss jeder durch" gesagt hat, was halt so die Standardperspektiven meiner Familie sind - und mit Freunden kann ich leider schwer über das Thema reden, da etwa die eine Hälfte glücklich in der Forschung ist, und die andere in komplett anderen Bereichen (ohne Studium, mit Ausbildung etc.) arbeitet, und somit zwar versuchen kann, sich in mich hineinzuversetzen, aber das alles nicht aus eigener Anschauung kennt.
Mir ist jetzt, als ich über die Anregungen, für die ich sehr dankbar bin, nachdachte, etwas aufgefallen, das vermutlich bei mir und bei vielen anderen, die sich umorientieren wollen, ein großes Problem ist: Sobald ich über einen Vorschlag für eine Alternative - z.B. Quereinstieg Lehrer, Unternehmensberatung, andere Staatsstelle, Mittelbaustelle etc. - nachdenke, sage ich in Gedanken sofort "Ja, aber ...", sehe gleich viele Gründe, warum das alles auch nicht gut ist bzw. noch schlechter sein könnte als die jetzige Situation, verwerfe die Option, und bin wieder auf das Hier-und-Jetzt zurückgeworfen.
Ich glaube, das ist das zentrale, was ich ändern muss: Ich sammle jetzt einfach mal alle Optionen, die ihr und die ich selbst sehe, und verwerfere erst einmal gar nichts davon, sondern scanne Job-Portale etc. nach Angeboten in diesen Bereichen. Und dann bewerbe ich mich einfach mal und schaue, was zurückkommt und wie Gespräche laufen - verlieren kann ich ja so nichts.
Und vielleicht probiere ich das, was
@cucaracha und
@_Alpha_ vorgeschlagen haben, und rede mal mit dem lokalen JobCenter - laut Website machen die ja auch wirklich Job- und Neuorientierungsberatung. Nur wohne ich in einer Kleinstadt, wo trotz riesigem Studentenanteil in der Bevölkerung das Arbeitsamt laut Erzählungen von Bekannten und Kollegen praktisch absolut nicht auf Akademiker ausgerichtet ist - eine Kollegin, die nach ihrer Promotion nicht verlängert wurde und sich deshalb übergangsweise arbeitslos mledete, wurde 2018 sogar aufgefordert, sie solle sich durch einen Word-Kurs weiterqualifizieren ...
Das hat mich jetzt aber auf eine andere Idee gebracht, die ich auch umgesetzt habe, und die vielleicht auch für andere, die sich neuorientieren wollen, geeignet ist: Ich bin gerade Mitglied im BDP, also dem Psychologen-Verband geworden - dieser bietet für Mitglieder auch Berufsberatung, Weiterbildungsberatung oder Unterstützung, wenn man sich selbstständig machen will an. Vermutlich in der zweiten Januar-Woche kann ich dort einen Telefonberatungstermin wahrnehmen - und vielleicht bringt das mehr als die Coaches, bei denen ich früher war, da ich hier hoffentlich von jemand beraten werde, der ähnliche Situationen wie meine sowie mögliche Optionen, die man mit meinem Hintergrund hat, kennt. Und - um daraus nur was zu ziehen, das auch für andere Lesende interessant sein könnte - solche Berufsverbände gibt es sicherlich auch für andere Bereiche - vielleicht ist solche anzusprechen ja generell eine gute Idee.
Also: Nochmal danke für eure Gedanken und Zeit - wie man sieht nehme ich sie auf und arbeite an mir
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Noch kurz konkret zu ein paar der von euch genannten Ideen:
Das Thema Unternehmensberatung habe ich auch auf dem Schirm. Tatsächlich habe ich Wirtschaftserfahrung, da ich nach dem Master erst ein paar Jahre in einem Fraunhofer-Institut gearbeitet und dort auch Kooperationsprojekte mit mehr oder weniger bekannten Unternehmen gemacht habe. Auch vieles, was ich thematisch vorweisen kann (Konsumentenpsychologie, Produktentwicklung und -testung mit quantitativen und qualitativen Verfahren, "Trendthemen" wie Elektromobilität und Digitalisierung) wäre vermutlich für Unternehmen bzw. Unternehmensberatung relevant. Ich bin halt nur skeptisch, weil ausnahmslos jeder, den ich kenne, und der mal selbst in einer Beratung Praktikum gemacht oder sogar länger dort gearbeitet hat, erzählt, dass es fast immer - sorry für die Formulierung - asoziale Haifischbecken sind, und man sich körperlich und psychisch aufarbeitet, eben in der Hoffnung irgendwann übernommen zu werden. Das möchte ich nicht, da ich jetzt schon meist 50-60h Woche arbeite um irgendwie über die Runden zu kommen, und ich diese Zahl lieber verkleinern will, um mal neben der Arbeit auch irgendwie leben zu können und Energie für mehr soziale Beziehungen etc. zu haben. Aber es ist, wie gesagt, eine Option.
Und, ja, ich bin (leider) ziemlich flexibel, d.h. familiär nicht gebunden. Irgendwie war für mich immer alles ein wenig ein Kampf - das Studium, die direkte Zeit danach, dann die erste Neurorientierung, dann die Promotionszeit, und dann die Post-Doc, d.h. Nach-Promotionszeit, die ziemlich genau mit dem Corona-Anfang zusammenfiel - und irgendwie sind dabei nie stabile Beziehungen/Partnerschaften entstanden. Vielleicht auch, weil ich immer die (sicherlich dumme und unrealistische) Vorstellung habe, dass ich erst "mein Leben im Griff" haben muss, dass ich erst irgendwie genau wissen muss, wer ich bin und was ich mache und was ich weiter im Leben vorhabe, bevor ich dieses Leben dauerhaft mit jemanden teilen kann. Aber mit etwas Abstand betrachtet weiß ich natürlich, dass das illusionär ist, und niemand von uns jemals fertig ist, höchstens wenn wir tot sind, und dann ist es für Dating meist etwas zu spät.
Aber das positive davon ist, dass ich beruflich wirklich so ziemlich für alles offen wäre - am liebsten würde ich auch einmal im Ausland, idealerweise in Skandinavien, wo ich schon oft war und immer sofort heimisch und wohl gefühlt habe, arbeiten und leben - dafür mache ich auch gerade einen Norwegisch-Kurs.
Vielleicht ergibt sich ja auch in diese Richtung was.
Jedenfalls nochmal vielen Dank für euren Input!