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Wie soll es weitergehen?

O

Oli

Gast
Hallo, erstmal. Ich bin neu in diesem Forum :) und eher durch Zufall darauf gestoßen.

Ich stehe an einer Stelle in meinem Leben, an der ich nicht mehr weiter weiß, aber von vorne:

Ich bin Jahrgang 1971. Durch häufige Umzüge bedingt durch den Beruf meines Vaters und damit verbundener Schulwechsel verlief mein Schulleben nicht gerade sehr geradlinig. Das hatte dann auch zur Folge, dass ich durch die 10. Klasse Gymnasium rasselte und nicht wiederholen konnte, da ich zuvor bereits die 9. Klasse wiederholt hatte.
Ich muss dazu sagen, dass ich seit ich klein war außerordentlich gut zeichnen und Geschichten schreiben konnte. Mir wurde bereits in der Grundschule attestiert, dass meine Geschichten absolut druckreif seien. In Deutsch, Fremdsprachen und musischen Fächern war ich immer überdurchschnittlich gut. Leider wurde ich im Elternhaus jedoch immer auf das mir verhasste Mathe getrimmt, wahrscheinlich, weil mein Vater Ingenieur und der totale gefühlskalte Techniker war und ist. Da fielen dann so Sprüche wie: "Wenn du in Mathematik nichts wirst, dann wirst du mal Müllfahrer (Anmerkung: ich persönlich habe überhaupt nichts gegen Müllfahrer!)" usw. Bereits damals lebte ich irgendwann in einer totalen Zukunftspanik. Aber anstatt mich dahingehend zu fördern, unternahmen meine Eltern damals alles, dass ich nur ja nicht vom technischen Zweig wegkomme.

Nun gut - 1990 stand ich also plötzlich gänzlich ohne Schulabschluss und einem eher mittelmäßigen Zeugnis da. Ich begann eine Lehre zum Zahntechniker, musste diese aber nach etwa 3 Monaten wieder aufgeben, da ich die chemischen Mittel nicht vertrug. 1991 bekam ich dann eine Lehrstelle als Raumausstatter mit Option einer Lehrzeitverkürzung auf 2 Jahre. 1993 bestand ich die Gesellenprüfung und von da an hatte ich nur noch einen Wunsch: schulisch weiterzumachen!
Also ging ich auf die Berufsaufbauschule und holte innerhalb eines Jahres die mittlere Reife nach, sogar mit 1 in Mathe.
Während dieser Zeit wuchs in mir auch der Wunsch, Lehrer zu werden. Deshalb nahm ich an einer Aufnahmeprüfung zur Ausbildung zum Förderlehrer teil, bestand mit Bravour und wollte ab September die Ausbildung beginnen. Leider erfuhr ich erst eine Woche vor Ausbildungsbeginn, dass ich - entgegen der Behauptungen der Berufsberatung - kein Anrecht auf finanzielle Unterstützung habe. Da ich etwa 300km weiter weg hätte ziehen müssen, blieb mir nichts anderes übrig, als das ganze in letzter Minute zu canceln und auf die Berufsoberscchule zu gehen, dort holte ich dann das Abitur nach. Allerdings eher so lala, da ich von Berufs wegen mal wieder auf den technischen Zweig gezwungen wurde. Anschließend begann ich ein Berufsschullehramtsstudium, doch auch hier bekam ich dann gesagt, keine Förderung usw, da Elterneinkommen zu hoch usw.

Zu dieser Zeit begann ich für ein Nachhilfeinstitut NAchhilfestunden zu geben. Da ich trotzdem irgendwann mit 8000 Mark verschuldet war, weil das Studium eine Menge Geld kostete und ich mich somit nicht mehr ruhig aufs Studium konzentrieren konnte, brach ich erstmal ab und arbeitete 3 Jahre lang in einem Supermarkt.

Während dieser Zeit begann ich dann selbstständig Nachhilfe zu geben und der Zulauf wurde enorm. Ständig wurde ich weiterempfohlen und konnte mich vor Aufträgen fast nicht mehr retten. Das ist bis heute so. Ich habe es sogar geschafft, dass Schüler mit einer 5 in Mathe (!) zum Schluss die beste Abschlussprüfung der Schule schrieben.
Durch einen glücklichen Zufall erfuhr ich während dieser Zeit, dass ich die allgemeine Hochschulreife anerkannt bekomme, was mir plötzlich sämtliche Lehrämter eröffnete; Berufsschule hatte ich eigentlich nur gewählt, weil es der einzige Lehramtsstudiengang war, den ich studieren durfte. Also entschied ich mich, nochmal auf Lehramt auf Realschule zu studieren. Kurz vor Studienbeginn hatte ich dann leider einen Bandscheibenvorfall, der erstmal dazu führte, dass ich sämtliche Infoveranstaltungen nicht besuchen konnte und auch keine Klausuren mitschreiben konnte, da ich erst in der dritten Woche aus der Reha zurückkam. Im folgenden Semester litt ich noch sehr unter dem Bandscheibenvorfall, konnte nur wenige Veranstaltungen besuchen und versuchte, wenigstens ein paar Sitzscheine zu ergattern.

So allmählich begann das viele zusätzliche Nachhilfegeben (täglich nachmittags, samstags, z.T. sonntags) mal wieder an meinen Kräften zu zehren. Dann kamen die Studiengebühren, ich musste noch mehr Geld verdienen, da ich wegen meines Alters weder Anspruch auf einen Studienkredit hatte, noch BaFöG bekam. Als dann im darauffolgenden Semester auch noch pünktlich zur Klausurenzeit ein Todesfall in der Familie war, entschloss ich mich, mich ein Semester zu exmatrikulieren um neue Kraft zu tanken und Geld auf die Seite zu legen. Zu dieser Zeit hatte ich das fachdidaktische Blockpraktikum an der hiesigen Realschule. Ich kam mit allen Lehrern und Schülern klar, alles klappte super und ich wurde in meinem Berufswunsch voll bestätigt. Auch mein Betreuungslehrer war voll des Lobes. Dann fand ich auch noch eine Freundin und hatte die wohl glücklichste Zeit meines Lebens, wollte mich zum Sommersemester wieder immatrikulieren und weitermachen. Doch dann kam der Alptraum.

Als meine Eltern davonWind bekamen, dass ich mich für ein Semester exmatrikuliert hatte, stellten sie mich eines Abends zur Rede, warfen mir unschöne Dinge an den Kopf, von wegen, ich schmeiße alles bloß hin usw. , ich solle mir mal so langsam um meine Rente GEdanken machen, oder ob ich mal bei HartzIV landen will. Was dann geschah, kann ich mir bis heute nicht erklären: ich bekam Panikattacken, Angstzustände, Depressionen und landete schließlich in der Nervenheilanstalt. Kaum wieder halbwegs gefangen habe ich einen unverschuldeten Autounfall mit Totalschaden und anschließend machte dann auch noch meine Freundin Schluss.
Und dann fiel ich erst mal ein tiefes Loch. Ich schlucke Antidepressiva und bin in therapeutischer Behandlung. Mein Vater war zu der Zeit geschäftlich unterwegs, hat aber bis heute nicht mal den Mut besessen, mit mir darüber zu reden.

Nun stehe ich da, mit 37 und weiß nicht, wie es weitergehen soll. Studium wieder aufnehmen (die Gedanken an mein Praktikum letztes Jahr lassen mir heute noch keine Ruhe - war einfach wunderschön), wissentlich, dass ich jetzt ins 5. Semester komme aber teilweise noch in den Startlöchern stehe und Gas geben muss. Plötzlich bieten mir meine Eltern sogar an, mich zu unterstützen, vielleicht musste es echt erstmal soweit kommen, zuvor musste ich mir anhören, dass ich mich einfach nicht genug reinknie. Aber ich habe eher das Gefühl, dass es nicht wirklich von Herzen kommt, eher, naja, wenn's halt sein muss...

Mit der Nachhilfe Fuß fassen?

Mittlerweile hat ein 2. Staatsinstitut für Förderlehrer eröffnet, das nicht so weit weg wäre und täglich mit dem Zug erreichbar wäre. Die Aufnahmeprüfung müsste ich nochmal machen. Aber es wäre halt ne Ausbildung: kein ständiges Hinterherrennen zu Kurseinschreibungen usw., sondern sogar ein geregelter Stundenplan und eine absehbare Zeit.

Meine 3 Jahre jüngere Schwester hat mit 18 die Lehre hingeschmissen, Quali gar nicht erst versucht, 3 Kinder in die Welt gesetzt (jedes von nem anderen) und bis vor kurzem nur von HartzIV gelebt. Die älteste der 3 Töchter ziehen meine Eltern groß, wobei ich sie auch viel dabei unterstützt habe - heute muss ich mir anhören, ich hätte doch nichts für sie getan.
Meine Schwester ist bei meinen Eltern stets herzlich willkommen... ich werde als der Sündenbock hingestellt, der alles bloß hinschmeißt:
ich habe die Lehre durchgezogen, BAS durchgezogen, BOS durchgezogen, 3 Jahre Arbeit in einem Supermarkt durchgezogen, es bis auf die Uni gebracht... müsste eigentlich doch alles auch im Sinne meiner Eltern gewesen sein, aber nein...

Was, wenn ich das Studium doch nicht mehr schaffen sollte, oder keine Anstellung bekomme? Leider haben meine Eltern genau das Gegenteil von dem erreicht, was sie wollten. Davor war ich trotz allem immer positiv eingestellt, dass ich meinen Weg gehen werde und alles klappen wird. Jetzt leider nicht mehr so wirklich...
 
Zuletzt bearbeitet:

Polux

Aktives Mitglied
Hallo Oli,
Hmmmm ach ja die Eltern.... :) - damit umgehen zu lernen ist ja nicht so einfach.

Eine interessante Geschichte hast du da und auch schon viel geschafft und geleistet. Ganz toll ist, dass du schon herausgefunden hat worin du gut bist und was du machen möchtest - Lehrer sein. Und anscheinend bist du auch wirklich ein guter. Davon gibt es leider nicht so viele und du kannst sehr stolz darauf sein.

Auch, dass du eine Möglichkeit gefunden hast Lehrer zu sein ohne eine Lehramtausbildung ist gut. Nicht viele habe die Phantasie und die Ausdauer ihren Traum auch auf Umwegen zu erreichen.

Die Rückschläge die du hattest sind sicher unschön gewesen und wirken sicher auch noch nach. Vielleicht ist es dir möglich dich auf die positiven Aspekte davon zu konzentrieren. Das würde die negativen zwar nicht 'aufheben' aber weniger 'wichtig' machen. Durch all diese Erfahrungen bist du sicher auch gewachsen. Kannst dir jetzt gut vorstellen wie Menschen von ihren Emotionen 'überfallen' werden können, hast schmerzlich erfahren was Zukunftsängste sind, kennst das tiefe Loch nicht nur vom hören sagen. Diese Erfahrungen hast du - ob du willst oder nicht - es ist deine Entscheidung ob du die wenigen guten Seiten daran mehr beachtest oder dich auf alles Negative konzentrierst.

Zu deinem weiteren Weg - anscheinend hat dich die Schule noch nicht so ganz los gelassen :) und du hast die Möglichkeit diesen Traum wahr zu machen. Natürlich wird es nicht einfach sein - nur - wann ist es das? ;) Das einzige was sich nach meiner Erfahrung an den Problemen ändert ist die Benennung und die Art. Jetzt, als Mensch in den 'mittleren' Jahren habe ich einige die ich mit 20 nicht hatte - aber andere auch wieder nicht mehr - zum Glück!

Und ja - du wirst Schwierigkeiten lösen müssen, es kann sein du bekommst keine Anstellung, es ist möglich, dass du scheiterst, es ist sehr wahrscheinlich, dass Steine auf dem Weg auftauchen.... es ist auch möglich, dass du die Probleme löst, Lehrer wirst an einer Schule unterrichten wirst, eine neue Frau kennen lernst, glücklich und zufrieden leben wirst.

Du schreibst du warst immer positiv eingestellt. Du hast nun einiges erlebt - das kannst du nicht mehr zurück drehen - etwas nach zu trauern was in der Vergangenheit liegt ist zwar manchmal wichtig - auf Dauer ändert es allerdings nichts am Problem.
Eine Möglichkeit ist etwas Neues zu suchen - du könntest z.B. realistisch sein und sagen 'ich weiss es nicht - aber ich tue mein bestes um mein Ziel zu erreichen - spannend' :)
Erfolg. Polux
 

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