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Wie schaffe ich es, meine Gefühle für einen alten Mann abzustellen?

A

Aljona

Gast
Hallo ihr,

ihr werdet es nicht glauben und auch ich kann es noch nicht fassen: mir wurde heute ein Festvertrag angeboten! Damit habe ich am allerwenigsten gerechnet.

Das Gespräch war ganz kurz. Die Heimleiterin wollte wissen, ob ich mich in dem Job wohl fühle und ob ich mir vorstellen könne, weiterhin dort zu arbeiten. Ich habe beides bejaht. Sie sagte mir, dass ich noch großen Entwicklungsbedarf habe und es für mich wichtig sei, mir weiterhin Unterstützung bei Kolleginnen oder meiner Vorgesetzten zu holen.

Denkt jetzt aber bitte nicht, dass ich mich so sehr darüber freue.
Zugegeben, im ersten Moment war ich euphorisch. Doch ich habe mir auch eure Meinung, dass ich für diesen Job nicht geeignet bin, sehr zu Herzen genommen.
Irgendwie war ich schon fest darauf eingestellt, diesen Arbeitsplatz hinter mir zu lassen.

Ich werde nun mein Bestes geben, um wieder so motiviert zu arbeiten wie zu der Zeit bevor ich den Eindruck gewann, dass man mich gern loswerden möchte. Ob ich natürlich die Meinung, die meine Kolleginnen inzwischen von mir haben, revidieren kann, ist fraglich.

Was den alten Herrn betrifft, so muss ich mich da sehr anstrengen, mehr Distanz einzuhalten.
Ich kann den Vorwurf, dass es unprofessionell ist, Bewohner während der Corona-Pandemie zu umarmen, verstehen. Allerdings ist dieser Körperkontakt ja nicht von mir ausgegangen, sondern kam ganz spontan von ihm. Ich gebe ihm zur Begrüßung nicht einmal die Hand und ziehe meine Hand auch meistens weg, wenn er sie nimmt.

Heute haben wir allein "Mensch ärgere dich nicht" gespielt. Ich finde es immer süß, wie glücklich man einige Bewohner mit diesem simplen Spiel machen kann. Dabei war der alte Herr wenig auf das Spiel konzentriert und war stattdessen wieder voll im Flirtmodus. Ich habe das ignoriert und werde auch alles dransetzen, das in Zukunft zu tun. Ich weiß, dass ich sonst gewaltigen Ärger bekomme. Inzwischen ist mir voll bewusst, dass ich mir keine Selbstbestätigung durch einen alten und dementen Mann holen darf.

Meint ihr, es besteht wenigstens noch ein Funke Hoffnung, dass ich noch besser in diesen Job reinwachse?

Vielleicht hat es auch ein wenig mit Willensstärke zu tun.
Man kann so vieles erreichen, wenn man es nur möchte.
 
G

Gelöscht 79650

Gast
Orientiere dich am Verhalten der älteren und erfahrenen Pflegerinnen/Betreuerinnen.
Das Argument "ER will diese Umarmungen ja!" zieht nicht. Das musst du verinnerlichen. Was er will, ist in dieser Hinsicht bedeutungslos.
Und bitte schreib nicht von "Flirtmodus", das kommt sehr schräg rüber.
Du wirst vermutlich hier noch zu lesen bekommen, dass du eigenständig kündigen sollst. Ich sehe das nicht so. Der Mensch ist stets lernfähig. Lerne Distanz, arbeite professionell und freu dich über den Job.
Und überlege dir mal in Ruhe, wie du Nähe in deinen privaten Bereich bringen kannst. Wünschst du dir einen Partner?
 
A

Aljona

Gast
Danke für die Antworten und eure Glückwünsche!

Vielleicht nehme ich vieles wirklich zu persönlich und habe teilweise Dinge in ein Verhalten hineininterpretiert, die nicht da waren.

Meine Vorgesetzte ist sicherlich oft genervt von mir und hat es wohl so an die Heimleitung weitergegeben, dass bei mir noch großer Entwicklungsbedarf besteht. Trotzdem schätzt sie evtl. auch meine Zuverlässigkeit und mein freundliches Wesen.

Berdine, ich danke dir für deine guten Ratschläge, um meinen Job in Zukunft besser zu erledigen. Ich schätze diese Anregung sehr, denn ich bin eher eine Person, der es schwer fällt, strukturiert zu arbeiten. Ich bin zeitweise etwas chaotisch.

Solange ich den Festvertrag noch nicht in Händen habe, bin ich immer noch etwas unsicher.
Ich habe Angst, dass sich vorher noch jemand über mich beschwert, weil ich dem alten Herrn so viel Zeit widme.

Heute habe ich ihn kurz im Zimmer besucht, weil ich seine Armbanduhr zur Reparatur gebracht hatte und ihm die Uhr und das Wechselgeld zurückgeben wollte. Er war schon wieder verzweifelt wegen seiner Frau und ich versuchte wieder, ihm mitfühlend zu erklären, dass seine Frau doch verstorben ist. Es kam fast zu einer Eskalation, als sein Mitbewohner dazwischenrief, dass sie doch tot ist. Die beiden haben sich daraufhin wüst beschimpft. Als ich mit dem alten Herrn das Zimmer verließ, sagte er, dass er mich gern drücken würde, aber ich habe es nicht zugelassen. Nur fiel es mir verdammt schwer!

Kurz vor Dienstende habe ich mich noch für eine Viertelstunde zu ihm gesetzt, aber genau das darf ich nicht mehr machen. Wir sind dann nie allein, weil noch die Präsenzkraft dort rumwuselt. Ich wollte mich noch ganz unverfänglich mit ihm über die Nachrichten unterhalten. Doch er wich vom Thema ab, wohl weil er sich nicht erinnern konnte, was er nachmittags in der Tageszeitung gelesen hatte.

Er kam darauf zu sprechen, dass ich alleine lebe und wollte den Grund wissen. Ich antwortete, dass ich eben den Richtigen nicht gefunden habe. Er fragte, ob ich denn schon mal einen Freund hatte, was ich bejahte. Es war mir sehr unangenehm, weil die Präsenzkraft mithörte. Vor allem, als er dann noch nachhakte, ob ich etwas Schlimmes erlebt habe. Damit hatte er auch noch einen wunden Punkt bei mir getroffen. Ich sagte, dass ich darüber nicht sprechen wolle.
Möglicherweise ist es seiner Demenz geschuldet, dass er mir solche distanzlosen Fragen stellte, vor allem im Beisein einer anderen Person.

Als ich ging, sagte mir eine Pflegekraft vorwurfsvoll, dass ich mich sehr von Herrn X vereinnahmen lasse. SIE habe ja kein Probem damit.
Das mag sein, aber sie könnte es weitergeben und ich Ärger bekommen.
Wenn ich meinen Festvertrag nicht aufs Spiel setzen möchte, muss ich das dringend abstellen!

Schroti, du hast mich gefragt, ob ich mir einen Partner wünsche.
Ich habe einige sehr schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht, auch Gewalterfahrungen. Das hat mich - so glaube ich - auch ein Stück weit traumatisiert.
Nach meiner letzten Trennung vor mehreren Jahren habe ich mir fest geschworen, in Zukunft die Finger von Männern zu lassen. Was ich gehabt hatte, wollte ich einfach nicht mehr, immer nur verletzt und benutzt zu werden. Ich habe nie wieder jemanden an mich rangelassen.
Einige Männer machten Annäherungsversuche, aber ich haben ihnen jedes Mal klar gemacht, dass ich nur freundschaftlichen Kontakt möchte. So hatte sich das dann immer schnell erledigt.

Seltsamerweise habe ich erst durch den alten Herrn bemerkt, dass mir aber im Grunde etwas fehlt. Er hat mir so oft erzählt, wie liebevoll die Ehe mit seiner Frau war.
Einmal, als er immer wieder meine Hand genommen und er mich vor ein paar Tagen mal umarmt hat, wurde mir bewusst, dass ich mich wie jeder normale Mensch nach liebevoller Zuwendung sehne.
Nur weiß ich nicht, ob ich mein Misstrauen überwinden kann.

Im Moment ist wahrscheinlich das Wichtigste, dass ich meinen Job nicht durch mein unbedachtes Verhalten verliere.
 
G

Gelöscht 116559

Gast
Hallo Aljona, der ältere Herr ist für dich als Partner unerreichbar, da er zu alt ist und zudem sehr krank. Deine schlechten Erfahrungen mit Männern in Beziehungen und dein gleichzeitiger Wunsch nach Liebe und Geborgenheit haben diese Sehnsüchte auf einen Menschen projiziert, der nicht für eine partnerschaftliche Beziehung in Frage kommt.
Du hast sehr schlechte Erfahrungen gemacht und wurdest sehr verletzt. Diese Wunden musst du dir anschauen, wahrscheinlich ist professionelle Unterstützung notwendig.
 
S

SchwesterS.

Gast
(...)
Als ich mit dem alten Herrn das Zimmer verließ, sagte er, dass er mich gern drücken würde, aber ich habe es nicht zugelassen. Nur fiel es mir verdammt schwer!

Kurz vor Dienstende habe ich mich noch für eine Viertelstunde zu ihm gesetzt, aber genau das darf ich nicht mehr machen. Wir sind dann nie allein, weil noch die Präsenzkraft dort rumwuselt. Ich wollte mich noch ganz unverfänglich mit ihm über die Nachrichten unterhalten. Doch er wich vom Thema ab, wohl weil er sich nicht erinnern konnte, was er nachmittags in der Tageszeitung gelesen hatte.

Er kam darauf zu sprechen, dass ich alleine lebe und wollte den Grund wissen. Ich antwortete, dass ich eben den Richtigen nicht gefunden habe. Er fragte, ob ich denn schon mal einen Freund hatte, was ich bejahte. Es war mir sehr unangenehm, weil die Präsenzkraft mithörte. Vor allem, als er dann noch nachhakte, ob ich etwas Schlimmes erlebt habe. Damit hatte er auch noch einen wunden Punkt bei mir getroffen. Ich sagte, dass ich darüber nicht sprechen wolle.
Möglicherweise ist es seiner Demenz geschuldet, dass er mir solche distanzlosen Fragen stellte, vor allem im Beisein einer anderen Person.
(...)
Liebe Aljona,
auf solche persönlichen Fragen solltest Du nicht mal ansatzweise antworten. V.a. wenn
du - wie Du sagst - eh nicht darüber sprechen willst. Egal, ob jemand zuhört oder nicht. Privat ist privat. Geh nicht drauf ein, lenk den Herrn ab, fang ein andere Thema an...
Geh auf Distanz.
Behandle den Herrn wie die anderen Bewohner dort auch. Einen Bewohner zu bevorzugen geht in diesem Job nicht. Alle werden gleich behandelt - ob man sie nun mehr oder weniger mag. Ich weiß, es klingt doof, aber sie zahlen dafür. Im Grunde sind es Kunden. Sie bezahlen für Dienstleistungen. Und jetzt stell Dir vor, Du bezahlst 20 Euro und bekommst ein Schnitzel mit Pommes und dein Nebenmann zahlt 20 Euro und bekommt ein 5-Gänge-Menü. (Der Vergleich hinkt, ich weiß :) Aber mir fällt nichts besseres ein).

Geh zur Arbeit, sei dort präsent. Sei nett, sei freundlich, sei für die Bewohner da. Aber dann geh nach Hause, sei Du selbst und leg diesen "Ach-der-arme-Herr"-Schalter" um.
Er hat in Deinem Privatleben nichts zu suchen.
Ich hoffe Du schaffst das irgendwie. Anders wirst Du in der Pflege / Betreuung nicht glücklich. Dort braucht man einen gewissen Abstand, eine gewissen "Kühle". Beides bedeutet ja nicht, dass Du schroff oder unhöflich zu den Dir anvertrauten Senioren bist...

...und bitte, bitte keine Umarmungen in dieser Zeit!

Dir alles Liebe.
 
A

Aljona

Gast
Ihr helft mir mit euren Antworten sehr weiter.
Vielen Dank dafür!

Ich weiß, dass es absolut nicht in Ordnung ist, einen Bewohner zu bevorzugen und ihm mehr Zeit zu widmen als Anderen. Denn es ist ja so, jeder Bewohner zahlt auch für die Betreuung durch den sozialen Dienst.

Es hilft mir auch ein bisschen, dass ihr mir klar gemacht habt, dass ich lediglich meine Sehnsüchte auf den alten Herrn projiziere. Trotzdem empfinde ich meine Gefühle für ihn manchmal als echte Gefühle. Dann ist es sogar richtig schmerzhaft, realisieren zu müssen, dass er für eine partnerschaftliche Beziehung nicht infrage kommt.

Mir ist bewusst, dass ich meinen Job und evtl. auch den Festvertrag gefährde, wenn ich weiterhin auffalle.
Am Freitag wurde ich von der Wohnbereichsleiterin sehr ungehalten aus dem Dienstzimmer rauskomplimentiert, weil dort schon zwei Pflegekräfte saßen. Vielleicht nehme ich das jetzt auch wieder zu persönlich, doch sie ist normalerweise eine sehr umgängliche und lockere Person. Möglicherweise passt es ihr auch nicht, dass ich so auf den alten Herrn fixiert bin. Sie bekommt oft mit, wenn ich in sein Zimmer gehe oder das Zimmer verlasse, weil ihr Büro direkt gegenüber liegt.

Am Freitag ging ich mit dem guten Vorsatz zum Dienst, nur andere Bewohner zu besuchen und ihn nur kurz im Aufenthaltsraum zu sprechen. Doch daraus wurde nichts, denn mein Dienst begann ungünstigerweise kurz nach dem Mittagessen, wo die meisten Bewohner ihren Mittagsschlaf machen. Also suchte ich dann doch den alten Herrn in seinem Zimmer auf, weil er sich zwar oft hinlegt, aber nicht schläft. Er lag auf dem Bett, setzte sich und bat mich, mich neben ihn aufs Bett zu setzen. Ich tat das und er nahm meine Hand. Irgendwie empfand ich das dann doch als zu intim und ich nahm auf einem Stuhl Platz. Als wir uns einen längeren Moment ansahen, fragte er mich, was ich gerade denke. Ich sagte, dass ich ihn sehr mag. Seine Antwort war, dass er mehr auch nicht erwarten könne. Allein schon wegen des großen Altersunterschieds. Das klang nicht enttäuscht, sondern ganz nüchtern.

Wir haben uns noch längere Zeit über ganz banale Dinge unterhalten. Ein persönliches Gespräch wie vor ein paar Tagen würde ich nicht mehr zulassen, und er wird sich auch nicht mehr daran erinnern.

Mir geht es auch gar nicht mehr darum, ihm irgendwie näher zu kommen.
Ich bin froh, wenn ich ihm mein Mitgefühl zeigen kann, wenn er wieder so traurig ist, dass seine Frau nicht mehr da ist. Er sagt dann, er möchte mich nicht ständig damit belästigen, aber ich beruhige ihn, dass ich gern für ihn da bin.
Am Freitag habe ich noch die Räder seines Rollators gesäubert, die nach unserem letzten Spaziergang total verschmutzt waren. Ihm kamen vor Rührung die Tränen, dabei ist es das Selbstverständlichste der Welt.

Was meine Erfahrungen mit Männerbekanntschaften betrifft, so glaube ich inzwischen auch, dass ich das nur mit professioneller Hilfe verarbeiten kann.
Ich habe das große Problem, dass ich nicht mehr vertrauen kann. Es ist gut möglich, dass ich mich auch aus dem Grund in den alten Herrn "verliebt" habe, weil ich von Anfang an wusste, dass er für mich unerreichbar ist.
 
A

Aljona

Gast
Hallo Berdine,

ich habe das Gefühl, dass ich inzwischen auf einem ganz guten Weg bin.

In den vergangenen Tagen habe ich mich nicht mehr so auf den alten Herrn fixiert.
Zwar fühle ich mich immer noch sehr aufgrund seines netten und aufgeschlossenen Wesens und seines unvergleichlichen Lachens zu ihm hingezogen, aber ich mache mir auch klar, wie weit seine Demenz fortgeschritten ist. Er scheint sich auch ein bisschen von mir entfernt zu haben. Plötzlich nimmt er nicht mehr meine Hand und es kommen keine Schmeicheleien mehr. Er ist in Gedanken nur noch mit seiner Frau beschäftigt. Es vergeht kein Tag, an dem er nicht seine Angehörigen und den Bestatter anruft und ihnen erzählt, dass seine Frau verschwunden ist. Wenn er mir dann erzählt, dass er ständig dieselbe Antwort bekommt, muss ich ihm das ja als Wahrheit bestätigen. Er wird dann immer ein wenig grantig.

Gestern hat er mich sogar beleidigen wollen. Auf dem Titelblatt einer Zeitschrift war die Moderatorin von "Bauer sucht Frau" abgebildet. Der alte Herr meinte, dass er sie toll finde, und wir tauschten uns über die Sendung aus. Ich sagte dann scherzhaft, dass ich mich vielleicht auch mal für die Sendung bewerben sollte. Er antwortete: "Bei Kühen und Schweinen könnte ich mir dich gut vorstellen".
Ich habe in dem Moment sicherlich etwas perplex geguckt. Er entschuldigte sich und sagte, er habe das nicht böse gemeint.

So langsam wird es auch anstrengend für mich, weil sich alles um das "plötzliche Veschwinden" seiner Frau und das unmögliche Verhalten seines Mitbewohners dreht.
Ich habe versprochen, ihn diese Woche noch mal zum Friedhof zu begleiten. Auch wenn es nicht dazu beiträgt, den Tod seiner Frau zu realisieren.

Ich habe mich jetzt wieder mehr um andere Bewohner gekümmert und das teilweise als sehr erfüllend empfunden. Ich mag die meisten und möchte einfach kein schlechtes Gewissen haben, weil ich sie wegen eines bestimmten Bewohners vernachlässigt habe.

Auch möchte ich nicht mehr negativ auffallen und meinen Job gefährden.
Zumal sich zwei Bewohnerinnen über mich beschwert haben, dass ich bei Gruppenangeboten oft zu leise spreche. Daran muss ich noch arbeiten und darf mir nicht noch darüberhinaus etwas zuschulden kommen lassen.

Es ist bei uns so geregelt, dass immer nur zwei Personen zur gleichen Zeit im Dienstzimmer sein dürfen. Deshalb hat die Wohnbereichsleiterin mich auch rauskomplimentiert. Wobei ich aber vermute, dass auch ihr aufgefallen ist, wieviel Zeit ich mit dem alten Herrn verbracht habe.

Ich hoffe sehr, dass es mir gelingt, auf diesem Weg zu bleiben!
 
A

Aljona

Gast
Hallo Berdine,

ich möchte dir noch kurz antworten.

Ich möchte den Job jetzt auch nicht mehr dadurch gefährden, indem ich dem alten Herrn zu viel Zeit widme. Das habe ich in den vergangenen Tagen auch ganz gut hinbekommen.

Leider ist es so, dass er jetzt geistig ganz rapide abbaut. Vermutlich hängt es mit den beiden Schicksalsschlägen zusammen, die er innerhalb weniger Monate zu verkraften hatte.

Am Samstag bin ich mit ihm noch mal zum Friedhof gegangen.
Ich fand es ganz lieb, wie bemüht er da um mich war. Er nahm seinen Rollator und bot mir an, für mich den Rollator seiner Frau mitzunehmen, damit wir uns zwischendurch mal setzen können.
Wir haben eine schöne weihnachtlich dekorierte Schale mit zum Grab genommen. Ich bin aber nicht sicher, ob er es wirklich verstanden hat, als wir am Grab standen. Er zeigte überhaupt keine Emotionen, als er den Namen seiner Frau und seines Sohnes las. Anschließend machten wir noch eine kurze Pause, setzten uns auf eine Bank und er hielt meine kalten Hände in seinen warmen. Ich habe das als so einen innigen und friedlichen Moment empfunden.

Gestern sprach er mit einer Bewohnerin darüber, wie sehr er seine Frau vermisst. Die Bewohnerin sagte ihm, er müsse lernen, ohne seine Frau weiterzuleben. Natürlich war er wieder traurig. Er antwortete ihr, dass er aber froh sei, mich kennengelernt zu haben.

Ich habe für mich inzwischen erkannt, wie wichtig es ist, mich ein wenig von ihm zu distanzieren. Er ist teilweise sehr auf mich fixiert und sucht mich, wenn ich nicht zu sehen bin.
Wenn ich weiterhin so viel Nähe zuließe, wäre es mein Untergang, wenn er stirbt. Kolleginnen nimmt es auch mit, wenn ein Bewohner stirbt, den sie besonders gemocht und lange betreut haben. Doch sie können nach kurzer Zeit damit abschließen, während ich ihn wahrscheinlich sehr lange schmerzlich vermissen würde.

Ich hoffe, dass ich jetzt auf einem guten Weg bin. Auch wenn ich ihm noch vor ein paar Tagen gesagt habe, dass wenn er nicht aufpasse, ich ihn mitnehmen würde. ;-)
Was mir sehr leid tut ist, dass er Weihnachten voraussichtlich keinen Besuch bekommen wird. Das wird ganz schwer für ihn, mitzubekommen, wie andere Bewohner von Angehörigen besucht oder zu ihnen nach Hause abgeholt werden. Doch so gern ich es wollte, ich kann da nichts für ihn tun.

Ich wünsche dir auch alles Gute und frohe Weihnachten und danke dir für deine hilfreichen Beiträge!
 
G

Gelöscht 116444

Gast
Anschließend machten wir noch eine kurze Pause, setzten uns auf eine Bank und er hielt meine kalten Hände in seinen warmen. Ich habe das als so einen innigen und friedlichen Moment empfunden.
Hallo Aljona,

wenn ich mich auch nochmal mit einem kritischen Einwand einklinken darf: Was soll das ständige Gekuschel mit dem Herrn? Aktuell leiden Angehörige massiv darunter, ihre Leute im Heim nur nach Anmeldung, Sicherheitsvorschriften, mit Maske und viel Abstand sehen zu dürfen. Dazu nur 2 verschiedene Angehörige pro Woche. Und in deinen Beiträgen ist nicht eine Spur von Maske oder gebotener Distanz zu lesen.

Ganz abgesehen, dass ich es langsam seltsam finde. Wie gehen bei euch die anderen Kräfte mit den Bewohnern um? Tragt ihr Masken? Immer? Oder wird hier und da mal bisschen Nähe verteilt? Da wundert einen eigentlich wenig.

Aljona, nicht nur wegen Corona. Du überschreitest die professionelle Distanz massiv. Du bist dort die Betreuung, keine Angehörige. Und die werden derzeit am Händchenhalten gehindert, aus gutem Grund.

Sorry, wenn es hart rüberkommt, aber ich bin sehr froh, dass meine Mutter professioneller betreut wurde. Natürlich wurde geholfen, geredet etc., aber das alles geht so nicht in der Position.

Kannst du ggf. die Station wechseln und deinen Lieblingssenior extra besuchen? Und bitte halte aktuell den Abstand ein. Für alle anderen umstehenden ist das auch existentiell, da eine Infektion sich nicht sofort bemerkbar macht und sich munter verteilt.
 

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