Hallo sunshine97,
je älter man wird, um so mehr fängt man an, die Welt und die Menschen zu sehen, wie sie sind. Es sei denn, man stellt sein eigenes Wunschdenken und die inneren Filter so ein, dass die Wirklichkeit nicht zu einem vordringen kann. Das wird dann aber ganz schnell richtig böse.
So manche Erkenntnis, die sich in Deinem Alter einem "aufdrängt" ist ernüchternd, manches ist traurig und fühlt sich kalt an. Das sind oft auch die Dinge, vor denen Eltern ihre Kinder wenigstens eine gewisse Zeit beschützen wollen. Bei Dir hat das scheinbar nicht so gut geklappt. Schade, das tut mir leid für Dich. Das meine ich ganz ehrlich.
Ich kann sehr gut verstehen, dass Dir diese Erkenntnisse weh tun, dass Du darüber traurig bist. Sie gehören leider zum weniger schönen Teil des Erwachsenwerdens und bleiben niemandem erspart. Menschen können unsicher, egoistisch, brutal, rücksichtslos, dumm, gemein, schlampig, ignorant, vergesslich und noch so vieles mehr sein und das hat Auswirkungen auf die Mitmenschen. Davon bist aber auch Du nicht ausgenommen. Auch Du hast sicher schon Dinge vergessen, übersehen, ignoriert oder mit Absicht "verbockt." Das alles ist Dir bekannt.
Es ist möglich, dass Deine schlimmen Gedanken körperliche Ursachen haben. Das solltest Du von einer kompetenten Ärztin oder einem Arzt abklären lassen. Aber das allermeiste kennen viele Menschen, auch ich, aus dem eigenen Erleben. Warum bleibt man vier Jahre in einer Beziehung, die im Grunde keine ist? Warum ist man nicht aktiver, witziger, intelligenter, unbeschwerter? Warum fällt einem manches so schwer oder zumindest immer schwerer, als es anderen zu fallen scheint? Warum haben andere einen großen Freundeskreis, und, und, und?
Ganz ehrlich? Das Leben ist zu kurz, um all diese und die dann noch folgenden Fragen so aufzuarbeiten, dass daraus ein sinnvoller Plan werden kann. Das Gute dran ist: vieles von diesem Mist kannst Du da hin tun, wo Mist hingehört. Ich habe Dir kein Patentrezept, keinen "Geheimschalter", den man nur finden muss, damit sich all das ändert.
Dein Lebensweg ist eine Folge von großen und kleinen Entscheidungen, von Entscheidungen anderer Menschen, von Zufällen und noch so einigen Dingen. Manche davon kannst Du beeinflussen, manche nicht. Ja, manchmal kommt es darauf an, dass Du witziger sein solltest, anders gekleidet und was weiß ich. Wenn es gerade nicht "passt", dann bist Du entweder flexibel und reagierst, oder Du setzt die Sache in den Sand. Ok, lerne daraus, schüttle Dir den Staub aus dem Mantel, rücke dein Krönchen zurecht und geh weiter. Ja, das ist schon alles. Stelle Fragen, ergründe die Dinge, begreife, was nicht funktioniert hat, was Du hättest besser machen sollen, aber BEHALTE DIE INITIATIVE IN DEINER HAND.
Ob Du eine rießige Lücke auf dieser Welt hinterlassen würdest? Den Einschlagskrater des Meteoriten, der scheinbar die Saurier ausgelöscht hat, sieht man heute kaum noch. Blöder Vergleich, ich weiß. Aber wenn Du nicht mehr da bist, was schert es Dich dann noch? Ich möchte Dir damit sagen, dass Du lernen musst, Deine Prioritäten anders zu setzen und dass Du Deine Konzentration auf Dinge und Menschen lenken MUSST, die Dich Deinen Zielen näher bringen können. Und wenn Du merkst, dass Du falsch liegst, dass es (wieder) nicht funktioniert, dann entscheide neu, denke um, und mach weiter.
Wenn Dir gerade nach "Serie schauen" ist, dann weist Du, dass das verschwendete Zeit sein wird. Ok, aber dann geniese diese Zeit wenigstens. Füttere "den bösen Wolf", wenn es eben sein muss und dann höre damit wieder auf.
Sich selbst unter ein Brennglas zu legen und sich selbst bis in die Eingeweide zu analysieren und zu betrachten, bringt oft nur das: Schmerzen, Unwohlsein, Ratlosigkeit und miese Laune. DANN LASS ES!! Ja, das ist manchmal nicht einfach. Ich habe gelernt, dass man manchmal das "Große Ganze" beiseite lassen muss, und einfach nur seinen Einkauf als nächsten Schritt sehen darf. Ich habe mir einen Handstaubsauger gekauft, weil ich immer wieder an "dem großen Ding" gescheitert bin. Für die große "Saugstauber" (Bezeichnung meiner Tochter) - Tour war und ist nie genug Zeit. Na gut?! Dann vergeude ich eben meine Zeit mit dem kleinen, heulenden Ding. Ich brauche ziemlich sicher länger damit, aber gegen die Wollmäuse gewinne ich deswegen so manche Schlacht.
Soll heißen: tu Dir nicht selbst noch weh, bezweifle nicht Du auch noch, dass Du einige Ecken und Kanten hast. Kritisiere Dich nicht noch zusätzlich, dass Du so bist, wie Du bist. Wende Dich wichtigeren Dingen zu. Wenn Du Dich nur mit Deinen Schwächen beschäftigst, kostet Dich das viel mehr Kraft, als wenn Du mit Deinen Stärken arbeitest.
Ohne Steuerberater und Spülmaschine würde mein Leben wahrscheinlich nach 8 Wochen auseinanderbrechen. Zumindest fühlt es sich so an. Auch Du hast "Ecken", die Du gerade nicht "auskehren", "weichspülen" kannst. Dann ist das eben so! Menschen, die mit dem Herzen sehen können, werden das erkennen und die anderen ... sollen sie doch hinschauen wo sie wollen und sich ihre Gedanken machen. Das tun sie ohnehin und Du kannst es nicht aufhalten. Warum sich also Gedanken machen?
Wenn DU heute nicht witzig bist, dann eben nicht! Wenn Deine Chancen gerade nicht auf einem weißen Schimmel an Deiner Zimmertür vorbei gallopieren, dann ist "ein Tag im Bett verbracht" vielleicht gar keine schlechte Idee. Ich kann Dir zum Thema "Nimms leicht" keine Tipps geben, denn ich weiß nicht wie das geht. Ich kann nahezu nichts "leicht" nehmen. Aber ich kann mich für Dinge entscheiden, die mir Spaß machen. Ich kann in der Stadt in ein Cafe sitzen, mir einen Comic kaufen und einen Kakao trinken. Ja, dabei wird man als fast 60-jähriger Mann sogar von 5-jährigen ungläubig angestarrt.
Dieses Leben macht mir jeden Tag Angst und so oft muss ich mich fragen, ob ich den nächsten Schritt noch schaffe, ob ich die Kurve wohl noch kriege, ob ich noch genügend Mut habe, genug Kraft habe. Oft genug ist die Antwort "Nein". Und dann versuche ich die Lektion meiner Oma: "Wenn Du den Keks nicht ganz in den Mund stecken kannst, dann zerbrich ihn vorher!". Wenn es heute nicht zum ganz großen Projekt reicht, dann mache etwas anderes, vielleicht kleiners. Strafe Dich nicht dafür. Was Dich heute nicht umbringt, gibt Dir morgen eine neue Chance.
Halte Dich nicht so sehr mit Dingen auf, die eben schlecht gelaufen sind. Wenn Du ein schweigsamer Mensch bist, dann schreibe! Du hast eine klare Sicht auf Deine Situation, findest verständliche Worte, kannst Gefühle ausdrücken, kommst ehrlich rüber. Das ist ein Talent.
Du darfst nicht vergessen, dass wir Menschen bis zur letzten Sekunde unseres Daseins lernen und üben müssen. Leider lernen wir am besten aus unseren und anderen Fehlern und die muss jemand machen. Meine Erfolgsliste in diesem Punkt kann ich nicht mehr überschauen und leicht fällt mir das wirklich nicht. Aber ich entscheide, wohin und worauf ich meine Aufmerksamkeit richte und ja, dazu muss man sich sehr oft zwingen und leichter wird es auch nicht. Und immer wieder geht es auch schief. Na und? Ich bin kein Meteorit, der Saurier killt! Meine Brötchen sind kleiner und mein "Impact" auch.
Du bist nicht Deine Geschichte. Du musst nicht die Geschichte Deiner Eltern fortsetzen, musst nicht bis an den Rest Deines Lebens über die Unfähigkeiten Deines Ex-Freundes nachsinnieren. Deine Entscheidungen verändern Deinen Lebensweg. Auch das ist so wahr, wie dass die Sonne einem den Pelz verbrennen kann.
Wenn Du gerade wieder im Bett "verfaulst", dann zieh Dich einfach an, geh 15 Minuten um den Block und leg Dich dann wieder hinein. Durchbrich immer wieder diese "Abwärtspirale" mit etwas Chaos. Nicht lange darüber nachdenken, nicht darauf warten, bis "alles einen Sinn macht". Rufe ehemalige Freunde an, ohne dass Du Dir Gedanken über die Folgen machst. Sag, dass Du anrufen wolltest, Dich eigentlich nicht traust, aber es nicht dabei belassen willst und auch nicht weißt, was nun werden soll. Etwas Chaos. Na und? Vom "Nicht anrufen" wird es auch nicht besser.
Als erwachsener Mensch muss man lernen, für sich selbst einzustehen. Du musst lernen und akzeptieren, dass auch Du etwas brauchst, Dich um Dich kümmern musst, fragen musst, wenn Du etwas brauchst. Es ist einfach so. Niemand kann in Deinen Kopf kucken. (S)Einem Kind kann man vieles ansehen. So sollten es gute Eltern machen. Deine Eltern haben es nicht getan, nicht gewollt oder vielleicht nur einfach nicht besser hinbekommen. Das ist jetzt Geschichte. Du bist (fast) erwachsen. Also rede mit den Menschen. Die richtigen und klaren Worte hast Du ja schon, wie man so liest.
Wenn Dich niemand fragt, dann frag Du. Wenn Dich niemand anruft, dann ruf Du an. Wenn zu Dir niemand kommt, dann geh Du zu jemandem. Alles andere ist viel schlimmer. Triff andere und neue Entscheidungen. Und morgen ist auch noch ein Tag, aber leben kannst Du nur heute. Und jetzt muss ich meine Spülmaschine ausräumen, weil ...