Findefuchs
Sehr aktives Mitglied
Hallo Leute,
im anderen Corona-Thread hatte ich das Thema ja mal angeschnitten, nun dachte ich mir, dass ein eigener Thread dazu interessant sein könnte und Raum für eigene Diskussionen bietet.
Mittlerweile hat die Situation mit Corona ja jeden erreicht und ist in ganz Deutschland angekommen. Dazwischen gibt es aber ganz persönliche Geschichten und die eigene, individuelle Perspektive und wie alles zur Zeit erlebt wird. Mich würde interessieren, ob euch die letzten Monate verändert haben und wenn ja, wie ihr das bemerkt? Was hat sich im Unterschied zu "davor" geändert? Vielleicht gibt es aber auch Bereiche, die für euch völlig gleich und unberührt geblieben sind. Vielleicht wollt ihr mal erzählen.
Ich mache mal den Anfang:
im anderen Corona-Thread hatte ich das Thema ja mal angeschnitten, nun dachte ich mir, dass ein eigener Thread dazu interessant sein könnte und Raum für eigene Diskussionen bietet.
Mittlerweile hat die Situation mit Corona ja jeden erreicht und ist in ganz Deutschland angekommen. Dazwischen gibt es aber ganz persönliche Geschichten und die eigene, individuelle Perspektive und wie alles zur Zeit erlebt wird. Mich würde interessieren, ob euch die letzten Monate verändert haben und wenn ja, wie ihr das bemerkt? Was hat sich im Unterschied zu "davor" geändert? Vielleicht gibt es aber auch Bereiche, die für euch völlig gleich und unberührt geblieben sind. Vielleicht wollt ihr mal erzählen.
Ich mache mal den Anfang:
Versteckter Text, Trigger-Gefahr:
Ich merke bei mir, dass die letzten Monate mich sehr verändert haben. Ich kann noch nicht so richtig greifen, ob das alles eher positiv oder negativ sein wird für mich.
Für mich ist es eine sehr schwere Zeit. Was aber auch alleine an meinem Job liegt und dass ich einen systemrelevanten Beruf ausübe. Ich schreibe es nicht gerne, aber ich hatte selten so ein beschissenes Jahr wie jetzt. Bei mir haben sich die Ereignisse überschlagen: Zuerst starb meine Katze ziemlich dramatisch an Krebs. Gerade mal zwei Wochen später oder so wurden die Ausgangsbeschränkungen in Bayern verhängt. Und uns wurde mittgeteilt, was die Situation mit Corona für meine Berufsgruppe bedeutet. Und plötzlich kam ich in die Lage, wirklich damit konfrontiert zu sein nicht zu wissen, wie wir unsere Kinder, die wir betreuen (arbeite in einem Kinderheim) ausreichend mit Lebensmittel versorgen können. Das war sehr surreal.
Zur Zeit besteht mein Leben eigentlich gefühlt nur daraus, irgendwie die Stellung zu halten. Ich erlebe viel Leid und Corona nimmt viel Raum in meinem Leben ein, einfach alleine wegen meinem Beruf. Die Maßnahmen und Auflagen für uns auf der Arbeit ändern sich oft mehrmals am Tag, manchmal im Stundentakt. Wir sind jetzt bei der 9. Version des Dienstplanes innerhalb von 6 Wochen und haben bis jetzt den schulischen Part bei unseren Kindern voll übernommen, trotz straffer personaler Besetzung. Wir sind alle ziemlich überarbeitet und unsere Nerven teilweise sehr strapaziert. Wir leben auf der Arbeit maximal von Woche zu Woche, anders geht es nicht. Mittlerweile wurde auch für meine Berufsgruppe das Arbeitszeitgesetzt ausgehebelt, wir arbeiten auf Quarantänestationen und in der Notbetreuung und können jederzeit für Krankenhäuser abgezogen werden, wenn die Regierung das als notwendig erachtet. Bei uns in der Hauptzentrale war einige Zeit Corona ausgebrochen. Es hat einige Kollegen und Kids erwischt. Viele hatten Angst. Es war eine sehr angespannte Stimmung, vor allem wenn du erfahren hast "Auf Gruppe XYZ ist auch ein Coronafall aufgetreten." Die Regierung hat dann die geschlossene Kinder- und Jugendpsychiatrie leergeräumt, um Betten für Corona-Patienten auf diesen Stationen bereitstellen zu können. Diese Kinder und Jugendlichen werden jetzt auch von uns betreut.
Privat habe ich sehr darunter gelitten, meine Eltern nicht mehr sehen zu können. Mein Vater arbeitet auch in einem systemrelevanten Beruf. Da für uns das Risiko, sich zu infizieren viel höher ist, als für andere Berufe, überlegen wir aktuell, wie wir das handhaben wollen und können mit Kontakt. Mir fehlen die Treffen mit meinen Freunden. Jetzt kam vor kurzem raus, dass mein Kater auch Krebs hat und er in absehbarer Zeit - maximal wenige Wochen - auch sterben wird. So einer meiner letzter Anker, wenn ich nach harten Diensten nach Hause gekommen bin. Und ich frage mich ganz oft: Wo ist sie nur hin, die Zeit, wo vieles einfacher, schöner und beschwingter war? Obwohl uns Corona jetzt schon etwas länger begleitet, kann ich es manchmal noch gar nicht fassen und fühle mich wie in einem dieser futuristischen Filme.
Ich merke, ich bin sehr nüchtern geworden und mein Bild über Menschen hat sich wieder geändert. Ich schalte oft auf den Autopiloten, weil anders geht es nicht. Ich bin sehr, sehr, sehr enttäuscht von der Regierung. Und von manchen Menschen in meinem Umfeld. Aber gleichzeitig bin ich dann zutiefst berührt, wie manche einzelnen Leute sich verhalten. Wie selbstlos und hilfsbereit sie sind. Oder ich bin zutiefst berührt, wenn ich schöne Momente mit Kollegen und den Kindern habe. Die Zeit schweißt uns irgendwie noch mehr zusammen. Und das gibt mir oft in dieser schweren Zeit ein gutes Gefühl. Gerade wir Kollegen sind zusammengwachsen und unterstützen uns wo es geht und ja, das berührt mich oft sehr, wie wir uns eben unterstützen und auf unsere Art beistehen. Ich versuche auch das Beste aus mir herauszuholen und mein Bestes zu geben. So wie jeder meiner Kollegen! Wir alle arbeiten hart, jeder gibt sein Bestes und jeder versucht sich anzustrengen. Egal wie lang die Schichten sind. Oder wie knapp die Ressourcen. Ich habe in den letzten Monaten erfahren, wie stark ich sein kann und wie schnell ich mich beruflich gesehen plötzlich auftretenden und spontan wechselnden, teilweise sehr überraschenden Situationen anpassen kann. Ich bin sehr demütig geworden, weil ich (noch) gesund bin, meine Eltern auch und es meinen Freunden gesundheitlich gut geht. Ich habe das schon immer gewusst, weiß es aber jetzt nochmal mehr, wie flüchtig Glück sein kann. Und dass nichts selbstverständlich ist.
Ich bin sehr wütend, hilflos und frustriert, weil die Regierung meinen Arbeitsbereich (Kinder- und Jugendhilfe) leer ausgehen lässt. Wir bekommen nicht mal die Fahrtkosten anteilig bezahlt trotz der ganzen Mehr- und Überstunden und Notfalldiensten. Wir haben nicht ausreichend Ausrüstung und Material. Obwohl wir von der Regierung eingesetzt werden, wie sie lustig ist, unsere Arbeitszeitgesetze ausgehebelt wurden, wir auf den Quarantänestationen arbeiten, die Notbetreuung übernehmen und auch für den Dienst in Krankenhäusern abgezogen werden können (weil mein Beruf auch pflegerisch und medizinisch ist, nicht nur pädagogisch und therapeutisch), werden wir wahrscheinlich nicht die Prämie bekommen. (Chefetage verhandelt aktuell noch). Meine Kollegen und ich fühlen uns etwas mit Füßen getreten und wenig wertgeschätzt.
Für mich ist es eine sehr schwere Zeit. Was aber auch alleine an meinem Job liegt und dass ich einen systemrelevanten Beruf ausübe. Ich schreibe es nicht gerne, aber ich hatte selten so ein beschissenes Jahr wie jetzt. Bei mir haben sich die Ereignisse überschlagen: Zuerst starb meine Katze ziemlich dramatisch an Krebs. Gerade mal zwei Wochen später oder so wurden die Ausgangsbeschränkungen in Bayern verhängt. Und uns wurde mittgeteilt, was die Situation mit Corona für meine Berufsgruppe bedeutet. Und plötzlich kam ich in die Lage, wirklich damit konfrontiert zu sein nicht zu wissen, wie wir unsere Kinder, die wir betreuen (arbeite in einem Kinderheim) ausreichend mit Lebensmittel versorgen können. Das war sehr surreal.
Zur Zeit besteht mein Leben eigentlich gefühlt nur daraus, irgendwie die Stellung zu halten. Ich erlebe viel Leid und Corona nimmt viel Raum in meinem Leben ein, einfach alleine wegen meinem Beruf. Die Maßnahmen und Auflagen für uns auf der Arbeit ändern sich oft mehrmals am Tag, manchmal im Stundentakt. Wir sind jetzt bei der 9. Version des Dienstplanes innerhalb von 6 Wochen und haben bis jetzt den schulischen Part bei unseren Kindern voll übernommen, trotz straffer personaler Besetzung. Wir sind alle ziemlich überarbeitet und unsere Nerven teilweise sehr strapaziert. Wir leben auf der Arbeit maximal von Woche zu Woche, anders geht es nicht. Mittlerweile wurde auch für meine Berufsgruppe das Arbeitszeitgesetzt ausgehebelt, wir arbeiten auf Quarantänestationen und in der Notbetreuung und können jederzeit für Krankenhäuser abgezogen werden, wenn die Regierung das als notwendig erachtet. Bei uns in der Hauptzentrale war einige Zeit Corona ausgebrochen. Es hat einige Kollegen und Kids erwischt. Viele hatten Angst. Es war eine sehr angespannte Stimmung, vor allem wenn du erfahren hast "Auf Gruppe XYZ ist auch ein Coronafall aufgetreten." Die Regierung hat dann die geschlossene Kinder- und Jugendpsychiatrie leergeräumt, um Betten für Corona-Patienten auf diesen Stationen bereitstellen zu können. Diese Kinder und Jugendlichen werden jetzt auch von uns betreut.
Privat habe ich sehr darunter gelitten, meine Eltern nicht mehr sehen zu können. Mein Vater arbeitet auch in einem systemrelevanten Beruf. Da für uns das Risiko, sich zu infizieren viel höher ist, als für andere Berufe, überlegen wir aktuell, wie wir das handhaben wollen und können mit Kontakt. Mir fehlen die Treffen mit meinen Freunden. Jetzt kam vor kurzem raus, dass mein Kater auch Krebs hat und er in absehbarer Zeit - maximal wenige Wochen - auch sterben wird. So einer meiner letzter Anker, wenn ich nach harten Diensten nach Hause gekommen bin. Und ich frage mich ganz oft: Wo ist sie nur hin, die Zeit, wo vieles einfacher, schöner und beschwingter war? Obwohl uns Corona jetzt schon etwas länger begleitet, kann ich es manchmal noch gar nicht fassen und fühle mich wie in einem dieser futuristischen Filme.
Ich merke, ich bin sehr nüchtern geworden und mein Bild über Menschen hat sich wieder geändert. Ich schalte oft auf den Autopiloten, weil anders geht es nicht. Ich bin sehr, sehr, sehr enttäuscht von der Regierung. Und von manchen Menschen in meinem Umfeld. Aber gleichzeitig bin ich dann zutiefst berührt, wie manche einzelnen Leute sich verhalten. Wie selbstlos und hilfsbereit sie sind. Oder ich bin zutiefst berührt, wenn ich schöne Momente mit Kollegen und den Kindern habe. Die Zeit schweißt uns irgendwie noch mehr zusammen. Und das gibt mir oft in dieser schweren Zeit ein gutes Gefühl. Gerade wir Kollegen sind zusammengwachsen und unterstützen uns wo es geht und ja, das berührt mich oft sehr, wie wir uns eben unterstützen und auf unsere Art beistehen. Ich versuche auch das Beste aus mir herauszuholen und mein Bestes zu geben. So wie jeder meiner Kollegen! Wir alle arbeiten hart, jeder gibt sein Bestes und jeder versucht sich anzustrengen. Egal wie lang die Schichten sind. Oder wie knapp die Ressourcen. Ich habe in den letzten Monaten erfahren, wie stark ich sein kann und wie schnell ich mich beruflich gesehen plötzlich auftretenden und spontan wechselnden, teilweise sehr überraschenden Situationen anpassen kann. Ich bin sehr demütig geworden, weil ich (noch) gesund bin, meine Eltern auch und es meinen Freunden gesundheitlich gut geht. Ich habe das schon immer gewusst, weiß es aber jetzt nochmal mehr, wie flüchtig Glück sein kann. Und dass nichts selbstverständlich ist.
Ich bin sehr wütend, hilflos und frustriert, weil die Regierung meinen Arbeitsbereich (Kinder- und Jugendhilfe) leer ausgehen lässt. Wir bekommen nicht mal die Fahrtkosten anteilig bezahlt trotz der ganzen Mehr- und Überstunden und Notfalldiensten. Wir haben nicht ausreichend Ausrüstung und Material. Obwohl wir von der Regierung eingesetzt werden, wie sie lustig ist, unsere Arbeitszeitgesetze ausgehebelt wurden, wir auf den Quarantänestationen arbeiten, die Notbetreuung übernehmen und auch für den Dienst in Krankenhäusern abgezogen werden können (weil mein Beruf auch pflegerisch und medizinisch ist, nicht nur pädagogisch und therapeutisch), werden wir wahrscheinlich nicht die Prämie bekommen. (Chefetage verhandelt aktuell noch). Meine Kollegen und ich fühlen uns etwas mit Füßen getreten und wenig wertgeschätzt.