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Wie die Fahne im Wind - oder - Mühsam, Plan verfehlt, erfolglos duch das Leben quälen

R

Rampenware

Gast
Ich erzähle von einem guten Freund:
Er könnte hier nicht schreiben, dazu hätte er keine Kraft, wahrscheinlich würde dann gerade seine Tastatur kaputt gehen oder die Seite wäre nicht aufrufbar. Oder sein PC würde nicht hochfahren. Oder er hätte in dem Zimmer Stromausfall. Wenn er seinen PC in ein anderes Zimmer schiebt- wäre da Stromausfall.
Würde er sich ein Laptop kaufen, dann würde plötzlich sein Router nicht gehen. Er würde vergeblich einen neuen Router kaufen, aus dem Internet - der wäre dann nicht passend, nicht kompatibel, weil der Privatverkäufer ihm das verschwiegen hätte. Trotz Mahnung würde nichts passieren, für eine Klage hätte er das Geld nicht und auch keine Zeit. Er würde merken, dass er nur einen Beitrag schreiben wollte, z.B. hier. Und seit Wochen nicht mal das schafft!!

Er ist ein intelligenter jung wirkender Mann. Er sieht Zusammenhänge, die andere oft nicht sehen. Oft erkennt er als einziger eine Lösung. Er ist eher zurückhaltend und ruhig. Wenn er was sagt, dann hat er sich schon dreimal das überlegt, ob er es sagen soll. Aber er hat keinen Erfolg. Ihm wird nicht gedankt. Er wird ausgenutzt und gemieden. Seine Ideen werden geklaut.

Er macht Vorschläge, damit sich jemand mit ihm trifft. Die Leute setzen dann seinen Vorschlag um, aber ohne ihn. Gehen ins Kino, ohne ihn. Gehen zum Tag der offenen Tür - ohne ihn. Melden sich in einem Kurs an - ohne ihn.

Er kann aber auch seine Ideen selber nicht umsetzen. Er braucht immer Motivation, die von Aussen kommt. Er braucht meistens Anerkennung. Er weiss vieles, ist sich aber unsicher, ob er sich doch nicht vielleicht doch irrt. Er möchte keine Fehler machen. Und grübelt und grübelt. Er hat Angst existenzielle Fehler zu machen. Bis er sich zu etwas durchgerungen hat.. vergehen Zeiten..
Bis er sich mal ein Smartphone gekauft hat.. vergingen knapp 6 Monate. In der Zeit hatte er kein Handy. Er hat stattdessen 6 Monate gesucht, wie er sein altes Handy reparieren kann. Hat einen Ersatzakku gekauft, hat einen original Ersatzakku gekauft, hat das Handy aufgeschraubt, dazu sich aber Spezialwerkzeug gekauft..hat ein anderes gleiches Handy gekauft um daran zu erkennen, welche Bauteile von seinem Handy am anderen Handy funktionieren und welches Teil im Aussschlussverfahren also defekt sein muss.. Dann hat er versucht aus zwei Handys ein Handy zu machen. Er hat es geschafft, aber die Daten, die er auf dem alten Handy im Handyspeicher hatte.. die waren nicht mehr lesbar.. waren weg.

Er hatte zuletzt Fotos von einer Bekanntschaft aus dem Internet gemacht. Diese hatte er zuhause auf den Computer übertragen wollen. Doch da ging das Handy wohl schon aus und nicht mehr an. Von dieser Frau hatte er nur die Handynummer und Fotos. Es war gut gelaufen. Aber danach konnte er keinen Kontakt mehr herstellen. Seine Simkarte war groß und bei den meisten neuen Handys sind die Simkartensteckplätze klein. Darum kaufte er auch kein neues anderes Handy. Weil er dachte ja, er werde sein eigenes Handy bald zum laufen bringen.

Dieser gute Bekannte ist so verstreut. Hat auch schon so leichte Messi Anwandlungen. So hat er ganz viele Socken und fast alle in Schwarz. Auch die mit Löchern wirft er nicht weg. Er meint, er könne damit mal sein Auto putzen oä. oder sie mal stopfen. Er meint, er müsse ja nicht so oft Wäsche waschen, wenn er so viele Socken habe. Da wird ein Problem augenscheinlich.

Für ihn muss vieles nur funktional sein. Nur so bekommt er es hin. In seiner Wohnung sind die Möbel wie ein Sperrmüllhaufen. Hat sich zusammengekauft und von Nachbarn genommen, was diese wegschmeissen wollten oder nicht mehr brauchten. Auch selber hat er gemerkt, dass er manchmal modrige Ledercouches oä bekommen hat- und dann musste er sie auf seine eigene Kosten entsorgen. Oder einen Schrank, bei dem Scharniere unreparabel rausgebrochen sind. Das merkte er erst, nachdem er 3 Stunden geschleppt und aufgebaut hatte.

Beruflich klappt es bei ihm nicht. Er sucht einen sinnlichen Job. Er möchte gerne Kontakte haben. Bevorzugt möchte er von Frauen bewundert werden und Dankbarkeit oder Anerkennung haben. Er wollte mal Lehrer sein - aber nur ganz kurz. Da hätte er das sagen nur formal. Aber er glaubt, dass er mit unruhigen und aufmüpfigen Kindern nur schwer zurecht kommt. Wobei ich glaube, da irrt er sich. Sein Selbstbild ist sehr fraglich.

Abitur hat er gemacht, weil er nie wusste, was er wirklich machen will. Er dachte wohl, er wird automatisch zum Beamten berufen oder so. Ihm war wegen seiner guten Noten oft gesagt worden, er werde später zur Elite der Gesellschaft gehören. Das Wort Elite war ihm damals nicht bekannt, er hat das Wort dann bei seinen Manschaftskollegen im örtlichen Kickerverein nachgefragt.

Später dachte er, wer werde Diplomat oder im auswärtigen Amt tätig sein, weil er Sprachen sehr schnell sehr gut konnte. Aber er kannte das mit der Konkurrenz nicht. Abitur hatte er ohne lernen geschafft. Aber auch ohne Ordnung. Ohne Systematik.
Auf jede Frage wusste er wie es geht, wie die Lösung ist, - weil es von irgendwo hängen geblieben war.

Nach dem Abitur merkte er, dass er unglaublicherweise trotz 1er Abitur seinen Wunschstudiumplatz nicht bekam. Auch das nächtse halbe Jahr nicht. Da sagte das Arbeitsamt ihm, er solle eine Ausbildung machen, zweigleisig fahren. Er kam so in den kaufmännischen Bereich und blieb bis heute in dem Bereich als Sachbearbeiter ohne Aufstiegschancen und mit geringem Gehalt.

In einer Firma bleibt er meist nur 3-4 Jahre. Dann sind alle Möglichkeiten ausgelutscht. Die Kollegen haben sich alle über ihn gestellt, seine Fähigkeiten werden wie selbstverständlich abgerufen- das Gehalt bleibt immer am untersten Limit. Seine Kollegen sind oft Quereinsteiger oder ehemalige Haupt- bzw. Realschüler. Die Sekretärinnen stellen sich über ihn, indem sie mit ihren erfolgreichen Männern angeben, die erfolgreiche Bauingenieure seien etc.

Nun hat er schon seine Midlife Crisis gehabt und ist als dicklicherer Mann aus der Sache rausgekommen. Eine Frau hat er immer noch nicht. Und mit dem Alter kommen auch bei ihm die Gebrechen. Knackende Knochen, schmerzende Bänder, Fettleibigkeit...

Er wohnt alleine in seiner Mietwohnung und auch da hat er Probleme mit Anschluss an Nachbarn etc.

Nun expandiert die Firma in der er angestellt ist und er soll ein Projekt bearbeiten. Er bekommt das aber nicht hin. Er ist weitgehend freigestellt, da er für die Tätigkeit nur ein Laptop und Internet benötigt. Aus dem Tagesgeschäft ist er schon weitgehend rausgefallen. Ihm wurden nach und nach Aufgaben entzogen. Nun hat er gehört, dass das seine letzte Chance sei in der Firma. Da er sonst nicht mehr dort bleiben könne, wegen Auftragsmangel.
Anstatt sich aber in der freigestellten Zeit dem beruflichen Erfolg widmen zu können, hängt er kraftlos zuhause herum. Zu lange hat man ihm eine Gehaltserhöhung vorenthalten. Zu unerwartet und kränkend kam für ihn die Anstellung in der untersten Schublade in der Hierarchie. Er macht Dienst nach Vorschrift, will mehr machen..und muss nun mehr machen, weil er sonst arbeitslos wird. Er wird panisch.

Und an einem ruhigen Abend erzählte er mir das, schaute aus dem Fenster und sagte.. "wie ein Staubkorn im Wind, werde ich getrieben. Wobei! - Haben wir überhaupt so viele Möglichkeiten im Leben, getrieben zu werden wie ein Staubkorn im Wind? Oder sind wir nicht doch wie eine Fahne? Festgebunden doch an den Mast unserer begrenzten Möglichkeiten? Wir können nur flattern.. aber nicht fliegen. Wir können nicht weg.. nur unsere Richtung anpassen...- wir flattern, wenn der Wind das zulässt und wir hängen.. wenn kein Wind mehr herrscht..."-" Wir denken, wir machen Wirbel! Wir denken wir machen Wind.. aber der Wind macht uns.."

Was soll ich ihm sagen?
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Lieber Gast "Rampenware",

soweit ich verstehe, gehört Dein Freund zu den hilfsbedürftigen Menschen, weil sie in ihrem Leben immer wieder an ihren Aufgaben scheitern. Anders ausgedrückt: diese Menschen verfügen hinsichtlich ihrer Probleme nicht über genügend Problemlösungsfähigkeiten.

Wenn "Du" für eine Problemlösung gut Klavier und Deine Schuhe zubinden musst, dann genügt es nicht, wenn Deine Klavierspielerfähigkeiten genial sind. Viele Aufgaben sind komplex und erfordern das Vorhandensein ganz unterschiedlicher Lösungsfähigkeiten.

Ein weiteres Handicap, warum Menschen scheitern, liegt in dem Mangel Prioritäten setzen zu können, sowie Kraft und Zeit richtig einzuschätzen und einzusetzen. Für mich wäre ein Techniker genial, der einen Schwarz-Weiss-Fernseher erfinden könnte, ohne auf bisherige Erfindungen zurückgreifen zu müssen. Wir beide wissen, so ein Fernseher hätte Null Markterfolg.
Es stellt sich immer die Frage: Was nützt es, wenn ich X besser mache als jeder andere - aber das wichtige Y nicht hinkriege oder noch nicht einmal merke, dass auch Y erforderlich ist?

So ein meist sehr liebenswürdiger und in jedem Fall liebenswerter Mensch braucht nach meiner Meinung einen Mentor. Dies ist ein Mensch, der zum X Deines Freundes das Y erkennt und helfen kann, das Y zu erstellen.

Zur Beziehung zwischen Mentor und Deinem Freund gehört nicht nur Wissen "gewusst wer was wie" sondern besonders auch eine gute Kommunikation und sehr viel Vertrauen. Mentor und Dein Freund müssen ein sehr gut eingespieltes Team sein. Weil der Mentor nicht in jeder Minute (auch am Arbeitsplatz) anwesend ist, ist es sehr wichtig, dass Dein Freund über alles kommuniziert, auch wenn es ihm nicht bedeutend erscheint, ja gerade dann ist die Kommunikation wichtig.

Ein Problem zwischen Mentor und Deinem Freund kann auftauchen, wenn Dein Freund eigensinnig ist. Einem solchen Menschen ist nur mit großem Kraftaufwand, wenn überhaupt, zu raten und zu helfen.

Kannst Du nicht der Mentor Deines Freundes sein?

Wenn Dein Freund keinen Mentor erhält, findet, will, dann muß er sein Leben leben... mit allen Konsequenzen.
Eine Alternative sehe ich nicht.

Jedoch sollte dieser Mensch von seiner Familie, von seinen Freunden, bedingungslos akzeptiert und geliebt werden.
Er ist eben so - wie er ist.

Dein Freund sollte spüren und wissen, dass die Anerkennung und Liebe zu ihm nicht von irgendwelchen Erfolgen abhängig ist. Ich glaube, dass ist das Wichtigste, was Du ihm sagen und immer vermitteln kannst.

Hinsichtlich seiner Arbeitsplatzsituation würde ich überlegen, ob ich nicht als Aussenstehender den Chef anspreche und eine menschliche Lösung finde, die auch dem Unternehmen Vorteile verschafft.

Ein 08/15-Arbeitsplatz ist ggf. nicht für Deinen Freund geeignet. Evt. findet sich im Unternehmen jemand, der die Vorteile, das große Wissen (= X1) und Können (= X2) Deines Freundes erkennt und nutzt und das fehlende Y zum Teamerfolg beisteuern kann.

Ich hoffe, ich habe mich verständlich ausgedrückt. Bitte frage nach, wenn Dir etwas unklar ist.

LG, Nordrheiner
 

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