Hallo Bravely,
ich kenne das Gefühl. Ich hab das gleiche Problem. Ich hab das Thema vor Kurzem mit meinem Partner diskutiert, wir machen da keinen Hehl draus, wir haben beide keine Freunde. Und er hat mir eine völlig andere Sichtweise aufgeführt, die ich noch nie in Betracht gezogen habe: Wir sind einfach zu langweilig. Wir bieten eigentlich nichts, was andere besonders beeindruckt. Menschen suchen ja meistens nach Gemeinsamkeiten, wenn man so den Mainstream betrachtet. Eine Form von Oberflächlichkeit, die wir nicht bieten. Können. Wollen.
Ich war immer der Meinung, Menschen finden keine Freunde, weil sie irgendeinen Knacks haben, einen an der Waffel, oder wirklich negative Eigenschaften, die niemand schätzt. Und weil ich uns beide als "Normalos" empfunden habe, habe ich nie verstanden, warum wir keine Kontakte haben. Aber das mit der Langeweile passt. Wir mögen wandern, Tiere, unseren Garten, wir "saufen" nicht, Party ist auch nichts für uns, wir sind nicht tätowiert und haben sonst auch keine moralischen Eskapaden auf Lager. Wir sind durchaus kontaktfreudig, besonders ich - weder auf der Arbeit, noch in der Freizeit habe ich Schwierigkeiten, mit Menschen in Kontakt zu treten. Aber oft bin ich vom sozialen Gefüge irritiert und kann Signale nicht korrekt einschätzen. Ich stelle mir oft vor, dass ich mit verschiedenen Menschen gerne mehr Kontakt - halt eine Freundschaft - eingehen wollen würde, aber wie kommt man dahin? Und selbst wenn ich ein paar Schritte weiter komme, Sympathie gegenseitig vorhanden ist und man Handynummern tauscht - geht es einfach an einem Punkt nicht weiter.
Nur ein Beispiel: Ich habe Kontakt zu der Ex eines männlichen Kumpels. Haben uns gut verstanden, wir trafen uns zum Essen bei mir, haben gekocht, einen lustigen Abend gehabt. Der neue Partner sagte, das müssten wir unbedingt wiederholen! Zu Weihnachten kommt sogar unerwartet eine Postkarte, mit den Worten, wir müssen uns unbedingt wieder treffen. Es folgt auch eine Urlaubskarte. Auf eine Gegeneinladung warten wir schon über ein Jahr! Per Whatsapp kommt auch nichts, manchmal eine Reaktion auf den Status mit einem Smilie, noch nicht mal einem Text. Ich habe nach ihrem Urlaub gefragt, Details abgeklopft, hat sie auch alles beantwortet - aber ich, die ja auch im Urlaub war, wurde gar nichts gefragt, obwohl sie es wusste. Ist das Freundschaft? Ich glaube wohl eher nicht. Was spiele ich für eine Rolle? Für mich undurchschaubar. Und so ging es mir schon ganz oft.
Eine lange Zeit hat mich das alles echt belastet. Nun sehe ich mich eigentlich als Einzelgänger und erwäge gar nicht, dass sich das mal ändert. Manchmal sinniert man vielleicht darüber, aber mir geht es mit der Einstellung nicht schlecht. Aber die Irritation bleibt und lässt mich manches mal unsicher sein.
Ich war schon in der Schulzeit eher alleine. Zumindest ab der Gesamtschule. Aus dem Elternhaus kenne ich Geselligkeit auch nicht unbedingt, was wahrscheinlich auch ein Faktor ist, der mitspielt.
Geholfen hat Dir mein Beitrag jetzt wahrscheinlich auch nicht, aber Du bist nicht allein
.
Bin gespannt, was andere zu dem Thema sagen.
Viele Grüße!
Süßholz