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Anonymus

Gast
Gegen den Strom schwimmen - ein sinnloses Unterfangen?

Seit jeher existierten Dinge, die im besonderen Maße das Interesse und die Sympathie der Menschen weckten. Sei es nun im Bereich der Kleidung, Haare, Möbel, Verhaltensweisen, Gesellschaft oder Lebensweise. In den Jahrhunderten tat sich dafür ein Begriff hervor, der dies alles als „Mode“ zusammenfasst. Wer mit der Mode geht ist „chic“ oder, wie man heute bevorzugt sagt, „in“. Wer „chic“ bzw. „in“ ist, ist beliebt, anerkannt und hat im Leben gute Chancen heißt es, und im Grunde stimmt es auch. Viele Verkäufer haben das erkannt, machten die Mode teurer als sie ist und den gehobenen Lebensstil nahezu unerreichbar.
Das ständige Streben nach Ansehen, die sorgfältige Auswahl von Kleidung, Frisur, Schmuck und Geruch um äußerlich nicht aus dem Rahmen zu fallen und das Bedürfnis, das zu tun, zu tragen, zu denken, zu mögen, zu glauben und nicht zu glauben, was die anderen tun, tragen, denken, mögen und glauben ist für viele wichtiger als alles andere und bestimmt Leben und Alltag damals wie heute. Immerhin ist es doch bedeutend einfacher sich der Meinung derer anzuschließen, die offenbar in so großer Anzahl von ihr überzeugt sind. „Was brauchste Grundsätze, wenn du’n Apparat hast?“ (aus K. Tucholskys „Ein älterer, aber leicht besoffener Herr“) Doch schon damals wie heute gibt es Menschen, und es ist nicht zu leugnen, dass es sich dabei ausgesprochen oft um junge Menschen handelt, die die gesellschaftliche Norm und den Gruppenzwang verfluchen und die nur belächeln können, die, meist mehr schlecht als recht, versuchen die High Society zu imitieren und mit dem Strom zu schwimmen.
Hippies, Punks, Gothics, aber auch die Alternativen - alle unterscheiden sie sich ungemein in Aussehen, Verhalten und Idealen, doch eins haben sie alle gemeinsam: den Wunsch etwas zu verändern und aus der Normgesellschaft auszubrechen. Die gesellschaftliche Norm- und Akzeptanzschwelle bewusst zu übertreten, zog bei der großen Masse bisher immer Unverständnis, Unsicherheit und sogar offene Ablehnung nach sich. Klischees und abwertende Ausdrücke wurden kreiert und es fallen Worte wie „inakzeptabel“, „irre“ oder „verrückt“.
Doch wissen die diese Menschen, was sie sagen? Was bedeutet „verrückt“ denn eigentlich? Eine eher positive Definition, die vielleicht sogar von den als verrückt Beschimpften selbst aufgestellt wurde lautet folgendermaßen:
Verrückt = nicht in der Masse eingeengt
Was sehnen wir uns doch alle danach sich von der grauen Masse abzuheben. Doch einige scheinen zu glauben, dass sie das am besten erreichen, wenn sie bewusst jeden Trend mitmachen, wobei sie insgeheim nur versuchen ihren eigenen Stil zu finden. Doch je länger diese Suche dauert, desto mehr glaubt man, es ist sinnlos und das Beste wäre, seinem Alter ein wenig mehr zu entsprechen. Es war schon immer das Bestreben des Menschen alles in begreifbare Formen zu pressen, denn alles, was man nicht kennt, wird als gefährlich betrachtet, weil man nicht weiß, wie es funktioniert. Und was liegt näher, als das abzustoßen, was einem Angst macht? Unter dieser Einstellung haben allerdings die zu leiden, die es bei Gott nicht darauf anlegen anders zu sein und so zu provozieren. Und um so anders zu sein, fehlt heutzutage nicht sehr viel. Äußere Makel wie z. B. Übergewicht, eine hohe Stirn, blasse Haut, eine kräftige Nase, Pickel, abstehende Ohren, Überbiss und andere Abweichungen von der Vorstellung wie jemand auszusehen hat und seien sie noch so klein, bieten eine wunderbare Zielscheibe für Spott,
Hohn und Hänseleien, (siehe auch den Ausspruch „Kinder können grausam sein.“), auch wenn sich dieses durchaus menschliche Verhalten nicht nur auf Schulkinder bezieht, denn auch Erwachsene erfreuen sich am Zynismus, der sich gezielt auf die Schwächen der Mitmenschen richtet. Andere runterzumachen gibt einem ein sofortiges Gefühl der Überlegenheit und steigert das eigene Selbstbewusstsein, lenkt man auf diese Weise doch gleichzeitig von seinen eigenen Fehlern und den guten Seiten des Gegenübers ab. Die, die diese Attacken ohne Aggression und mit Würde ertragen kann man als starke Menschen bezeichnen.
Doch auch das Verhalten ist mit ganz genauen Grenzen versehen. Wer mit 13 Jahren schon klassische Musik hört und klassische Literatur den Jugendzeitschriften vorzieht, ist entweder überheblich oder ein Streber oder gar beides. Wer nicht mitlacht, wenn alle anderen lachen, hat wohl keinen Funken Humor. Ein erwachsener Mensch, der noch gerne Kinderzeichentrickserien guckt ist in der geistigen Entwicklung anscheinend ein paar Jahre zurückgeblieben. Ein Mädchen, das schon als Kleinkind lieber im Schmutz spielt und auf Bäume klettert und sich im Teenager-Alter nicht schminkt und nicht anfängt sich für Jungs zu interessieren kann doch nicht ganz normal sein, oder? Und ein Junge, der sich für kreative Innendekoration, Farbkontraste und Mode ausspricht gilt doch sowieso als zukünftiger Anwärter für das „Mahdi-Gras-Festival“. Aber auch Banalitäten (z.B. Salami mit Marmelade essen) führen bei vielen Menschen zu dem dringenden Bedürfnis diese Leute zu kritisieren, als merkwürdig abzustempeln und die Schublade mit der Aufschrift „verrückt“ zu stecken.
Die sind anders als wir, so jemanden nennt man alternativ und unabhängig. Die laufen ihren lächerlichen Träumen hinterher. Warum akzeptieren die unsere rationale Welt nicht, was macht die zu etwas Besonderem? Traurige Gewissheit, dass genau diese Gedanken den Verstand und oft auch das Mundwerk beherrschen. Und auf dieser Basis keimt das Unkraut, das wir als Rassismus, Intoleranz und Ausländerfeindlichkeit kennen.
So kommt es, dass der Begriff „verrückt“ im Sprachgebrauch etwas anders verwendet wird als nach erster obiger Definition. Negativer eben, weil, alles was anders ist kann ja nicht gut sein. Ja, manche schmerzt es sogar so sehr aus dem üblichen Verhaltensmuster auszubrechen, dass sie in so einem Zweifelsfall, der sie unweigerlich dazu zwingt etwas anders zu machen, eine totale Reizüberflutung im Gehirn zu haben scheinen und einfach gar nichts mehr von sich geben oder mit sturem Unverständnis reagieren, auch wenn sich ihnen der neue Weg des Denkens und Handels bereits als logisch nachvollziehbar und vorteilhaft erwiesen hat. Jedoch die alltäglichen Verrücktheiten scheinen niemanden zu stören. Tägliches Abschlachten im Fernsehen oder nachbarliche Streitigkeiten um Gartenzwerge und Maschendrahtzäune, bellende Hunde und verbranntes Laub. Die tägliche, harte Arbeit um am Monatsende eine entsprechend hohe Zahl auf dem Kontoauszug zu sehen, die, wenn sie sofort durch die entsprechenden handaufhaltenden Stellen geteilt wird, hoffentlich genau aufgeht. Den turmhohen Berg von Formularen und Gutachten, die man bewältigen muss, um sich aus der Umklammerung des Arbeitgebers zu lösen und sich selbständig zu machen. Wirklich, die Gesellschaft macht uns das eigenständige handeln nicht einfacher. Sie regiert uns mit Angst, die Angst von der Gesellschaft verstoßen zu werden und vor der Einsamkeit, die einen dann zwangsläufig überkommt. Sich dagegen aufzulehnen ist dem normalen Menschen aus gesellschaftlicher Sicht nicht gestattet. Umso schwieriger ist es zu akzeptieren, dass Menschen, die das nötige Kleingeld haben, im Falle des abweichenden Verhaltens, nicht als „verrückt“ sondern lediglich als „exzentrisch“ bezeichnet werden. Leider leben wir in einer Gesellschaft, die individuelle Verhaltensweisen nur dann anerkennt, wenn sie offensichtlich zu irgendeinem Erfolg beitragen oder beigetragen haben. Irgendwie "anders" zu sein, ohne davon zu profitieren, einfach weil man so ist oder gerne so sein möchte, will kaum einem so recht in Kopf gehen.
Lohnt es sich bei so einer grausam uneinsichtigen Gesellschaft überhaupt noch anders zu sein? Nun, sicherlich ist es nicht einfach, aber warum sollte man sich den Spaß am Leben derart nehmen lassen? Nur weil andere uns den Spaß nicht gönnen? Nur weil die anderen in der Angst leben das „anders sein“ könnte in Mode kommen und plötzlich gelten sie selbst als „inakzeptabel“? Bestimmt nicht. Aber keinesfalls darf man sich sagen lassen: „Sei anders!“ denn sobald man nur anders ist, um genauso alternativ zu sein wie die anderen, hat man schon wieder den Fehler gemacht, der Gruppe zu folgen. Niemand hat gesagt, dass es leicht wäre sich von der großen Masse abzuheben. Es ist ein schmaler Grad auf dem man wandelt. Und das Gleichgewicht kann man nur halten, wenn die eigene Attitüde aus der eigenen Überzeugung heraus entsteht. Ich persönlich habe eine schlechte Meinung von denjenigen, die behaupten sie seien anders als normale Menschen, weil sie jetzt einer Gruppe angehören, die sich anderen Idealen verschrieben hat als vorher. Das bedeutet für mich aber nur, dass er sich von der einen in die andere Norm begeben hat. Wer sich aus den Möglichkeiten, die uns die Welt, das Leben, die Kulturen, die Gesellschaft und die Subgruppen geben nur das herauspickt, was er wirklich mag, glaubt und will und sich eigene Möglichkeiten erschafft und seiner Vorstellung nach handelt und lebt, der ist wirklich “nicht in der Masse eingeengt“. Und wenn sich die Einstellung ändert, dann ändert sie sich eben. Dem eigenen Willen zu folgen ist wichtig und ebenfalls den Mitmenschen ihren Willen zu lassen, auch wenn man von ihrem Verhalten alles andere als begeistert ist. Anderen den eigenen Willen zu lassen ist immer wichtig, denn, nicht vergessen, sie machen das, was sie für richtig halten, und sei es, sich den Normen hinzugeben.
Diese Art von Toleranz ist etwas, dass jeder Mensch lernen sollte.

Habe ich als hausaufgabe für deutsch verfasst. Kann man doch so abgeben, oder?
Und wie steht ihr zu dem Thema?
 
Hallo Anonymus!

Erstaunliche Wortwahl für jemanden, der noch zur Schule geht!

🙂

Nun, ich denke, gegen den Strom sollte man nur schwimmen, wenn dieser nicht in die Richtung fließt, wo unser Ziel ist.

Dazu muß man natürlich erst mal ein Ziel für sich gefunden haben.

Auf der Suche danach braucht man eine Orientierung. Leider bekommen Jugendliche die meist nicht von zu Hause mit. In der Schule findet man sie auch nicht.
Was bleibt dann als Informationsquelle?: Das Fernsehen z.B.
Dort wird uns „beigebracht“, was modern ist, was man unbedingt braucht und was schön und was hässlich ist. Und wie man mit anderen umgeht.

Nur wenige begreifen, dass die Medien und auch die Politik gar kein Interesse daran haben, aus uns selbstständig denkende und gut gebildete Menschen zu machen. Und das deshalb, weil solche Leute gefährlich sind, indem sie den gigantischen Schwindel durchschauen, der uns täglich vorgegaukelt wird.

Was soll man denn von einer Gesellschaft halten, die ein x-faches an Mitteln ausgibt, um den Mars zu besiedeln, anstatt unseren Planeten würdevoll und behutsam zu behandeln und junge Menschen gut auszubilden???.........

Fazit: 95% des Fernsehprogramms und 100% der Werbung sind ausschließlich dazu da, den Menschen komplett zu verblöden, zu manipulieren, und vor allem Kindern und Jugendlichen die letzten Kröten aus der Tasche zu ziehen, und sie zu „stolzen Besitzern“ von blankem Müll zu machen!

In diesem Gewusel soll der Mensch nun seine Individualität finden. Nicht einfach!
Sich einer Gruppierung anzuschließen ist für viele dann der einzige Ausweg.
Ob das nun politisch orientierte Gruppen sind oder religiöse Gemeinden oder sonst was, ist egal.
Aber innerhalb solcher Organisationen gibt es meist auch Gesetze, die wieder an uns rummanipulieren.

Und solange der Mensch solchen Manipulationen ausgesetzt ist, wird er kaum seine Individualität finden können.
Er muß lernen , sich diesen Beeinflussungen weitgehend zu entziehen.

Dann, in einer ruhigen und harmonischen Umgebung kann man auf sich selbst schauen, in sich hineinhören und sich fragen:

-Gefallen mir die Schlaghosen wirklich, über die ich ständig stolpere? -Läßt es sich wirklich auf 20cm-Absätzen bequem und gesund laufen, oder mache ich mich zum Gespött?
-Tut es mir wirklich gut, bei 10 Grad minus meinen Hüftspeck zu zeigen?
-Bin ich echt so hässlich, dass ich mein Gesicht schminken muß?
-Was sagt eigentlich mein Geldbeutel zu meinem Sportwagen?
-Ist es nicht super, an einem Tag 20 Leuten zu begegnen, die auch den Duft von Boss tragen?

Man meint, „in“ zu sein, und wird eigentlich nur belächelt; vielleicht nicht von „Gleichartigen“, aber von denen, die sich ihre Individualität leisten können. Im Sinne von reifer Persönlichkeit.

Das sind Menschen, die das anziehen, was SIE für chic halten und worin sie sich wohl fühlen.
Diejenigen, die einen Duft tragen, den SIE sich selbst ausgesucht haben und der ihnen gefällt.
Diejenigen, die ihre eigene Natürlichkeit, ihren Körper respektieren und seinen Bedürfnissen Rechnung tragen.
Das sind die Menschen, die nicht auf Reaktionen anderer schauen, weil sie es nicht nötig haben!
Sie sind beständig und wechseln nicht monatlich die Frisur oder Haarfarbe. Aber dennoch sind sie offen für Neues, ohne alles gleich mitzumachen.

Individualität ist eine Form von Freiheit. Also eben NICHT unbedingt das tun, was einem vorgemacht wird. Aber auch nicht grundsätzlich alles ablehnen.
Schauen und für sich selbst abwägen, was einem gut tut und gefällt. Ohne auf den Nachbarn zu schielen!

Individualität und provokante Selbstdarstellung sind verschiedene Dinge.
Das erste ist Wohlfühlen, das zweite ist auf Reaktionen anderer gerichtet.

Sich selbst mögen und respektieren inklusive der eigenen kleinen Macken und Fehler. Sich ein Ziel definieren. Aber niemals eine Marionette sein!
Sich einen eigenen Stil gönnen ohne provokant sein zu wollen.

Das ist Individualität! Das ist Freiheit!

Marcus
 
schöner aufsatz, anonymus, und schöner kommentar, marcus..

das höchste, was der mensch erreichen kann, sind eigene gedanken und eine eigene meinung - hat m.w. schon goethe gesagt..

tja, die werbung ersinnt allerlei methoden, um uns sogar unbewusst zu manipulieren.

aber ich glaube, man kann feststellen dass es immer mehr werden, die das erkennen und es sich nicht mehr antun.

da ist das pendel in die falsche richtung ausgeschlagen. früher bei den nazis hies es: du bist nichts, dein volk ist alles. heute: individualität als schein-individualität, abhängig von outfit, gruppenzugehörigkeit und was weiss ich...
in der menschliche evolution finden sich immer diese pendelbewegungen.

aber wo ist heute die solidarität geblieben ? warum tun wir uns so schwer, den anderen in seiner eigenen individualiät zu akzeptieren, auch wenn sie nicht der unseren entspricht ? kommen wir mal zu unsrer mitte, hört diese pendelei mal auf ?

dahin müssen wir menschen kommen, und ich bin überzeugt, das tun wir..

peter
 

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