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Was macht das "DU" aus?

Dredd

Aktives Mitglied
Heute mal etwas Philosophisches - die Frage danach, was dir/mir die Persönlichkeit gibt.
Das "Ich" und das "Du" - was ist das? Wer oder was legt es fest?

Ich komme ja aus einer der technischen Wissenschaften, glaube nicht an ein göttliches Wesen oder bin sonstwie religiös. Trotzdem... an diesem Thema hab ich einen Narren gefressen...

Wir haben den Menschen erforscht, die Funktion seiner Organe, die Weiterleitung von externen Reizen und auch Teile des Hirns. Auch wenn Letzteres sicher noch die meisten Rätsel aufgibt, sind weite Teile bekannt und ihre Eigenheiten bestimmt. Die Kommunikation zwischen Nervenzellen, die Umsetzung von Signalen zur Aktivierung weiterer Neuronen, der grobe Ablauf der Datenverarbeitung... es ist alles auf einer logischen Ebene zu erfassen.

Der Organismus ist - bis auf kleine Eigenheiten - bei jedem Menschen ident. Die Abläufe sind von der Natur auf das (derzeitige) Optimum getrimmt; durch Mutationen verändern sich nur winzigste Anteile. Warum ist es uns also möglich zu Denken? Emotionen zu emfinden? Unsere Grundbausteine sind gleich, doch warum sind wir trotzdem so verschieden?

In einem deterministischen Bild: Ich sehe die Farbe rot. Mein Auge detektiert die Wellenlänge über Stäbchen und Zapfen, die Muskulatur im Auge stellt durch Reizung des Gehirns das Objekt scharf. Elektrochemische Stimuli übertragen die Information in mein Gehirn - ich habe die Information "rot". Der Ablauf ist bei jedem Menschen gleich und demnach wird jeder Beobachter die Information "rot" gleich interpretieren.

Dem ist aber nicht so. Ich kann mit "rot" verschiedenste Dinge/Erinnerungen/Emotionen verknüpfen und kein Mensch erlebt dabei das gleiche wie "Ich". "Du" hast andere Vorstellungen zu "rot" - einen Sonnenuntergang, an dem dir dein Partner seine Liebe gesteht.. "rot" - Liebe, Sonnenuntergang. Bei einem anderen "Du" - der Traumberuf: Arzt. Das Retten von Leben im OP.

Die grundlegende Information ist ein und die selbe, doch verbindet jeder von uns etwas Anderes damit. Die biologischen Prozesse sind jedoch exakt gleich...

Es gibt keinen Determinismus.

Was sagt ihr dazu?

lg

Dredd
 

Burbacher

Aktives Mitglied
Dredd,

Du fragst:

"Heute mal etwas Philosophisches - die Frage danach, was dir/mir die Persönlichkeit gibt.
Das "Ich" und das "Du" - was ist das? Wer oder was legt es fest?"

Deine Fragestellung finde ich sehr spannend. Wenn man, wie ich, erlebt hat, wie Kinder aufwachsen, wie sie zunächst in der dritten Person von sich reden, um dann oft unerwartet das Ich über die Lippen bringen, ist das ein höchst spannender Vorgang, und bewegend ist er auch.

Einer meiner beiden Söhne brachte dieses "Ich" über die Lippen zu einer Zeit, als er noch kaum sprechen konnte, wofür ich bis heute noch keine hinreichende Erklärung gefunden habe. "Ich will" und "ich auch", hörten wir den kleinen Kerl, als er seine ältere Schwester aus einer Flasche Saft trinken sah.

Da begreift ein Mensch sich als ein eigenständiges Wesen. Das, so sehe ich es, geschieht in Abgrenzung zum und in der Erfahrung des Du.

Beides hängt wohl unlösbar zusammen.

Burbacher
 

Dredd

Aktives Mitglied
Hey Burbacher!

Ich find's ja auch genial, dass ein Kind bis zu einem gewissen Alter (müsste nochmal nachlesen, wann das beginnt) zwischen sich selbst und seinen Geschwistern keinen Unterschied sieht. Das "Selbst" prägt sich eben wie du schreibst erst später aus.

Das "ich will" deines Sohns ist ja sogar Teil der Fragestellung. Gibt es diesen Willen oder ist alles, was erlebt wird, durch die Natur fixiert? Der Körper - chemisch/physikalisch/biologisch betrachtet - funktioniert (grundsätzlich) wie deiner oder meiner oder der deines Sohnes, und trotzdem sind die Entscheidungen, die wir treffen, völlig verschieden, obwohl uns die gleichen Abläufe steuern.

Die Natur ist ein faszinierendes Gebilde.

lg

Dredd
 

Dredd

Aktives Mitglied
Servus Nicht Konform

Ich würde gar nicht soweit gehen und die Forschung an sich auf einzelne Ergebnisse herunterzuteilen, sondern die Vereinigung zu einem vollständigen Erklärungsmodell, welches zunächst widerlegt werden muss. Genau die Frage nach der "logischen Ebene" beschäftigt...

Das Beispiel war mit einer Farbe sicher ungünstig gewählt. Eine Kugel oder ein Rechteck wäre angebrachter... es geht aber mehr um die mit dem Objekt verbundenen Eindrücke, welche von Mensch zu Mensch unterschiedlicher nicht sein können.

Die deterministische Komponente wollte ich ähnlich zum 'laplace'schen Dämon' konstruieren. Kenne ich einen Punkt, kann ich vorhersagen, wie sich das System entwickelt. Unter Berücksichtigung der biologischen Grundlagen, ist dann ein "Ich" oder ein freier Wille überhaupt möglich?

Danke vielmals für deine Antwort!

Dredd
 

Burbacher

Aktives Mitglied
Vielleicht ist der Hinweis hilfreich, dass es in unserem durchaus komplexen Hirn keine Sektion gibt, die man als den eigentlichen Ort ansehen könnte, an dem das Ich auszumachen wäre.
Diesen Ort gibt es nicht. Ich sehe das Ich und Du als einen dialogischen Prozess zwischen Innenwelt und Außenwelt, was gleichzeitig bedeutet, dass beide einer ständigen Veränderung unterworfen sind. Meinem Ich begegne ich immer dann, wenn ich auch dem Du begegne. Menschen, die sich abschließen, ihr Ich isolieren, geht nicht nur der Bezug zur Außenwelt verloren, sondern auf Dauer auch zum eigenen Ich.
Der Mensch ist auf Sozialität angelegt.

Burbacher
 

Jusehr

Sehr aktives Mitglied
Es gibt keinen Determinismus.

Was sagt ihr dazu?
Ich sehe hier eine Teilung in zwei Bereiche. Es gibt einen Determinismus im Bereich der Natur und es gibt einen Bereich der Freiheit (Moral, Verantwortungsvolles Handeln etc.), über den ich und andere Menschen verfügen. Beide Bereiche können durchaus miteinander vermengt sein oder gleichzeitig nebeneinander bestehen und sich beeinflussen.

Interessante philosophische Gedanken zum Thema liefert meines Erachtens David Hume in seiner Enquiry Concerning Human Understanding.
 

Dredd

Aktives Mitglied
Danke für den Link Jusehr!

Burbacher, interessante Überlegung, dass sich soziale Isolation den Bezug zu sich selbst verlieren lässt. Trotzdem bleibt die Frage, was es dir/mir/uns ermöglicht, frei zu Denken, Entscheidungen zu treffen und Situationen nach unseren Vorstellungen zu meistern.

lg

Dredd
 

Burbacher

Aktives Mitglied
Danke für den Link Jusehr!

Burbacher, interessante Überlegung, dass sich soziale Isolation den Bezug zu sich selbst verlieren lässt. Trotzdem bleibt die Frage, was es dir/mir/uns ermöglicht, frei zu Denken, Entscheidungen zu treffen und Situationen nach unseren Vorstellungen zu meistern.

lg

Dredd
Danke Dredd. Diese Fragen lassen sich sicher nicht in ein paar Sätzen beantworten. Gleichwohl gebe ich zwei Stichworte: Ziel und Wahrnehmung.
Habe ich ein Ziel, weiß ich also, wohin ich will? In diesem Zusammenhang zitiere ich gerne die "Fabel vom Seepferdchen" von Robert F. Mager, deren Kernsatz sinngemäß lautet: "Wenn Du nicht weißt, wohin Du willst, kommst Du ganz schnell dort an, wohin Du gar nicht wolltest."
Habe ich ein Ziel, dann bin ich anderen nicht mehr ausgeliefert, kann mich gegen Vereinnahmungen schützen, wenn ihre Vorgaben sich mit meinem Ziel nicht decken. Ich ziehe mir ja auch keine Schuhe an, die mir nicht passen und in denen ich nicht wirklich laufen kann.
Als zweites kommt meine Wahrnehmung ins Spiel. "Hilft m i r diese Entscheidung? Bringt sie m i c h weiter? Oder folge ich einem fremden Impuls, einem anderen Interesse?"
Ich habe es in meinem Leben etliche Male und überaus bitter erfahren, dass ich immer in der Sackgasse landete,. wenn ich gegen meine eigene Wahrnehmung handelte. Da bin ich mir und meiner Bedürfnisse inzwischen sehr bewusst.
Sieht dann das Ergebnis so aus, dass ich ein Maß an Stimmigkeit empfinde zwischen den Zielen und meinen realen Umständen, dann in der Tat tritt - jedenfalls bei mir - eine Zufriedenheit ein, die ich nicht nur als angenehm, sondern auch als in höchstem Maße stabilisierend empfinde.
Ich sags einfach: Dann ruhe ich in mir.

Burbacher
 

Dredd

Aktives Mitglied
Hey Burbacher,

wiedermal danke für die Antwort - schade, dass man sich in diesem Unterforum nicht für die Beiträge bedanken kann. Wobei, Knöpfchen drücken ist ja auch nicht wirklich ein angemessener Dank...

An dieser Stelle brauchst du aber wieder eine klare Vorstellung des Ichs - wie willst du beurteilen, ob dir eine Entscheidung hilft oder nicht? Wie bewertest du Situationen, die unbekannt für dich sind? Klar, Extrapolationen oder Interpolationen gewisser bekannter Formen/Größen/Strukturen wird möglich sein, doch wie erfasst das Ich/Du diese Dinge emotional oder baut eine neue Beziehung zu einem Objekt auf? An dieser Stelle wird doch bereits ein gewisser Erfahrungsschatz vorausgesetzt - wie wird dieser erworben, ohne jetzt Erziehung unserer Eltern und dem sozialen Umfeld einzugehen?

Was ermöglicht DICH?

lg

Dredd

Ach ja: war Mager nicht der bekannte Erziehungswissenschaftler? Müsste mal googlen...
 

Burbacher

Aktives Mitglied
Hallo Dredd,

wieder stellst Du sehr interessante Fragen. Ich bin gerade recht beschäftigt, antworte dir aber später gerne.
Hab noch etwas Geduld bitte.

Gruß

Burbacher
 

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