Unser Gerechtigkeitssinn ist so ausgeprägt, dass wir für derart geschädigte Eltern, die einen so unfassbar schweren Verlust erleiden würden, eine gewisse Verständnis für ihre Tat aufbringen könnten.
Irgendwo hier in diesem Forum schrieb jemand, dass er froh sei, in einem System zu leben, in dem Selbstjustiz nicht erlaubt ist und es eine höhere Rechtssprechung gibt. Dem kann ich nur beipflichten.
Als der Staat die Rechtsprechung und Straffestsetzung als Monopol an sich zog, machte er gewissermaßen einen Vertrag mit dem Volk, in dem von Gerechtigkeit die Rede war. Das Verhängen von der jeweiligen Tat
angemessenen Strafen. Nicht schlimmer, aber auch nicht verharmlosend.
Im Gegenzug dafür verzichteten die Geschädigten auf eigene Racheaktionen, ein Fortschritt gegenüber der vorher gültigen Blutrache, die nicht selten ganze Familienklans zerstörte und ein friedliches Zusammenleben unmöglich machte.
Wenn der Staat aber heute wegen "modernem" Gutmenschentums (die Sorte Gutmenschentum, die zu Recht ein Schimpfwort ist) Täter mit nur einem Klaps auf die Hand laufen läßt, frei für die nächsten Übeltaten, während das Opfer dumm da steht und auf seinem Schaden sitzen bleibt, dann ist dieser alte Vertrag einseitig gebrochen. Und braucht daher auch von der anderen, der geschädigten Seite, nicht mehr eingehalten zu werden.
Genau das passiert, wenn ein Elternteil den Mörder des eigenen Kindes niederstreckt. Das Ausüben von Gerechtigkeit auf die eigene Kappe, weil der Staat dazu nicht mehr willens oder fähig ist. Jede solche Handlung ist somit ein Schlag ins Gesicht der modernen Rechtsprechung, die offensichtlich nicht mehr an Gerechtigkeit, die diesen Namen verdient, interessiert ist.
Wie heißt die alte Parole, wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht.
Und wer privat geübte Rache verhindern will, muß für echte Gerechtigkeit sorgen. Nicht für Täterverhätschelung.