G
Gelöscht 117143
Gast
In letzter Zeit bin ich vermehrt in Plauderlaune (... und das ist meistens ein Zeichen dafür, dass es mir nicht gut geht).
Gerade fühle ich mich wieder sehr einsam, obwohl ich einen Partner habe und meine Eltern ja noch da sind. Aber ich vermisse die letzten Jahre. Und ich ärgere mich wieder, dass ich nicht schon früher Einsicht gezeigt habe.
Es ist in der letzten Zeit so viel passiert, dass es an mir nur noch vorbeizieht. Das Studium hat mein Leben verändert. Es war Segen, aber auch Fluch zugleich. Ich war, bevor das Studium anfing, in einer miserablen Zeit: Fachabitur geschafft, dann Anmeldefrist für die Hochschule verschoben, ein halbes Jahr perspektivlos gewesen, Einsamkeit, Depression - aber dann: die neue Chance. Neues Leben in einer neuen Stadt. Andere hatten Heimweh, ich hatte eher Fernweh. Angst hatte ich keine, zumindest hat sie mich nicht aufgehalten. Es war wunderschön. Es war so, als wäre mein Leben im Februar 2016 noch dem Suizid nahe gewesen und im März bereits wieder ein riesiger Blumenstrauß.
Ich habe mich in der neuen fremden Stadt sofort gut eingelebt. So, ein bisschen lost in paradise - aber ich habe an der Hochschule gleich Anschluss gefunden und war von meiner neu entdeckten Extrovertiertheit überrascht. Ich? Das schüchterne Mobbing-Opfer startet am ersten Veranstaltungstag schon eine Whats-App-Gruppe? Die wollen, dass ich Semesterspreche werde? Leute hängen richtig mit mir ab, interessieren sich für mich und laden mich sogar zu Partys ein? Moment, moment... das muss ich verarbeiten.
Ich habe viele Menschen kennengelernt und mit ein paar wenigen von ihnen ein paar Jahre mit verbracht - ich hatte zum ersten Mal, mit 22 Jahren, das Gefühl, dass ich irgendwo dazugehöre. Dass Menschen an mir interessiert sind. Dass sie meine Meinung zu etwas hören möchten. Dass sie mich um Rat fragen. Dass sie warten, bis ich ausgetrunken habe. Dass sie mich fragen, ob wir gemeinsam nach der Bibliothek etwas trinken wollen. Dass man mich - und da hast du es echt geschafft - fragt, ob ich beim Umziehen helfen kann.
Selbst einen Kumpel habe ich gefunden, mit dem ich meine Freizeit verbrachte. Ich dachte, Was-wäre-wenn-Spiele auf einem großen Rasen in der Innenstadt würde nur in Filmen stattfinden. Doch ich war mittendrin. Jedoch...
...da gab es etwas, was ich quasi glatt vergessen habe: das Studium. Oh. Ich habe ja gar nicht richtig gelernt. Wie lernt man eigentlich für 6 Klausuren, die auf dem Level einer Abitur-Abschlussprüfung sind? Wie das ist normal, dass man es verpennt hat? Egal, den anderen geht's auch nicht anders.
Das ging etwa 3 oder 4 Semester lang so. Aber dann kam die Schwärze. Man liegt abends im Bett und realisiert: du bist hier zum Studieren, nicht zum Leben. All das, was du hier tust, ist nur ein Nebeneffekt. Diese Leute um dich herum kümmern sich um ihre Zukunft, nicht um dich. Und plötzlich wird dir klar: du bist eigentlich total allein.
Plötzlich waren alle weg. Einer nach dem anderen. Kommilitonen, mit denen man viele wichtige Momente verbrachte verschwanden einfach. Aus den Augen, aus dem Sinn. Oder sie waren physisch da, aber man hatte keine Verbindung mehr. Auf einmal. Man ist durch Freuden, durch Aufregung, durch das gemeinsame Leiden, durch das gemeinsame Aufmuntern und durch gemeinsame Probleme gegangen. Man hat sich jeden Tag gesehen. Sie gehörten zu deinem Alltag. All das ist vergessen. Ohne, dass du es merkst. Einfach weg, als hätten die nie existiert. In Erinnerung bleiben sie nur, weil du sie ab und zu mal in den Sozialen Netzwerken herumgeistern siehst. Und dann fragst du dich, ob du diese Person eigentlich jemals gekannt hast.
Letztendlich realisiert man, dass man sich eigentlich nur etwas vorgemacht hat. Dass da nie etwas Tiefgründiges war. Man ist einfach zufällig denselben Weg gegangen. Man hat sich nie etwas bedeutet. Es tut manchmal echt weh, wenn man zufällig auf einem leeren Hof auf eine Person trifft, die mal eine zeitlang zu deiner festen Gruppe gehört hat und jetzt sich so kalt und distanziert anfühlt.
Als die Online-Veranstaltungen wegen Corona anfingen, habe ich niemanden mehr gesehen.
Ab und zu kommen mir so Flashbacks von früher. Man hat so viel in so kurzer Zeit erlebt, dass das Gehirn sich nicht mal alles merken kann. Wie wir dort auf dem Balkon deiner Wohnung saßen und uns über Blödsinniges und auch Privates unterhalten haben, wo ich dir gesagt habe, dass es mir total schlecht ginge - und dachte, das sei das Schlimmste ever. Aber dann ging alles nochmal gut.
Und viel später sieht man sich ein letztes Mal, flüchtig:
"Ach, du bist ja auch noch hier... wie geht's dir? Ich gehe noch kurz bei Herrn Maier vorbei, muss ihm was abgeben. Ich ziehe wieder zurück in die Heimatstadt. War schön, dich kennengelernt zu haben. Pass auf dich auf, ciau..."
Und jedes Mal ist es ein Abschied, der wehtut, weil du willst, dass alles so bleibt, wie es einmal war, weil man Angst hat, dass man solche Momente nie wieder haben wird. Aber diese Leute haben alle ihr eigenes Leben. Am Ende bleibst du wieder alleine zurück, als wäre nichts gewesen. Wie damals Februar 2016.
Gerade fühle ich mich wieder sehr einsam, obwohl ich einen Partner habe und meine Eltern ja noch da sind. Aber ich vermisse die letzten Jahre. Und ich ärgere mich wieder, dass ich nicht schon früher Einsicht gezeigt habe.
Es ist in der letzten Zeit so viel passiert, dass es an mir nur noch vorbeizieht. Das Studium hat mein Leben verändert. Es war Segen, aber auch Fluch zugleich. Ich war, bevor das Studium anfing, in einer miserablen Zeit: Fachabitur geschafft, dann Anmeldefrist für die Hochschule verschoben, ein halbes Jahr perspektivlos gewesen, Einsamkeit, Depression - aber dann: die neue Chance. Neues Leben in einer neuen Stadt. Andere hatten Heimweh, ich hatte eher Fernweh. Angst hatte ich keine, zumindest hat sie mich nicht aufgehalten. Es war wunderschön. Es war so, als wäre mein Leben im Februar 2016 noch dem Suizid nahe gewesen und im März bereits wieder ein riesiger Blumenstrauß.
Ich habe mich in der neuen fremden Stadt sofort gut eingelebt. So, ein bisschen lost in paradise - aber ich habe an der Hochschule gleich Anschluss gefunden und war von meiner neu entdeckten Extrovertiertheit überrascht. Ich? Das schüchterne Mobbing-Opfer startet am ersten Veranstaltungstag schon eine Whats-App-Gruppe? Die wollen, dass ich Semesterspreche werde? Leute hängen richtig mit mir ab, interessieren sich für mich und laden mich sogar zu Partys ein? Moment, moment... das muss ich verarbeiten.
Ich habe viele Menschen kennengelernt und mit ein paar wenigen von ihnen ein paar Jahre mit verbracht - ich hatte zum ersten Mal, mit 22 Jahren, das Gefühl, dass ich irgendwo dazugehöre. Dass Menschen an mir interessiert sind. Dass sie meine Meinung zu etwas hören möchten. Dass sie mich um Rat fragen. Dass sie warten, bis ich ausgetrunken habe. Dass sie mich fragen, ob wir gemeinsam nach der Bibliothek etwas trinken wollen. Dass man mich - und da hast du es echt geschafft - fragt, ob ich beim Umziehen helfen kann.
Selbst einen Kumpel habe ich gefunden, mit dem ich meine Freizeit verbrachte. Ich dachte, Was-wäre-wenn-Spiele auf einem großen Rasen in der Innenstadt würde nur in Filmen stattfinden. Doch ich war mittendrin. Jedoch...
...da gab es etwas, was ich quasi glatt vergessen habe: das Studium. Oh. Ich habe ja gar nicht richtig gelernt. Wie lernt man eigentlich für 6 Klausuren, die auf dem Level einer Abitur-Abschlussprüfung sind? Wie das ist normal, dass man es verpennt hat? Egal, den anderen geht's auch nicht anders.
Das ging etwa 3 oder 4 Semester lang so. Aber dann kam die Schwärze. Man liegt abends im Bett und realisiert: du bist hier zum Studieren, nicht zum Leben. All das, was du hier tust, ist nur ein Nebeneffekt. Diese Leute um dich herum kümmern sich um ihre Zukunft, nicht um dich. Und plötzlich wird dir klar: du bist eigentlich total allein.
Plötzlich waren alle weg. Einer nach dem anderen. Kommilitonen, mit denen man viele wichtige Momente verbrachte verschwanden einfach. Aus den Augen, aus dem Sinn. Oder sie waren physisch da, aber man hatte keine Verbindung mehr. Auf einmal. Man ist durch Freuden, durch Aufregung, durch das gemeinsame Leiden, durch das gemeinsame Aufmuntern und durch gemeinsame Probleme gegangen. Man hat sich jeden Tag gesehen. Sie gehörten zu deinem Alltag. All das ist vergessen. Ohne, dass du es merkst. Einfach weg, als hätten die nie existiert. In Erinnerung bleiben sie nur, weil du sie ab und zu mal in den Sozialen Netzwerken herumgeistern siehst. Und dann fragst du dich, ob du diese Person eigentlich jemals gekannt hast.
Letztendlich realisiert man, dass man sich eigentlich nur etwas vorgemacht hat. Dass da nie etwas Tiefgründiges war. Man ist einfach zufällig denselben Weg gegangen. Man hat sich nie etwas bedeutet. Es tut manchmal echt weh, wenn man zufällig auf einem leeren Hof auf eine Person trifft, die mal eine zeitlang zu deiner festen Gruppe gehört hat und jetzt sich so kalt und distanziert anfühlt.
Als die Online-Veranstaltungen wegen Corona anfingen, habe ich niemanden mehr gesehen.
Ab und zu kommen mir so Flashbacks von früher. Man hat so viel in so kurzer Zeit erlebt, dass das Gehirn sich nicht mal alles merken kann. Wie wir dort auf dem Balkon deiner Wohnung saßen und uns über Blödsinniges und auch Privates unterhalten haben, wo ich dir gesagt habe, dass es mir total schlecht ginge - und dachte, das sei das Schlimmste ever. Aber dann ging alles nochmal gut.
Und viel später sieht man sich ein letztes Mal, flüchtig:
"Ach, du bist ja auch noch hier... wie geht's dir? Ich gehe noch kurz bei Herrn Maier vorbei, muss ihm was abgeben. Ich ziehe wieder zurück in die Heimatstadt. War schön, dich kennengelernt zu haben. Pass auf dich auf, ciau..."
Und jedes Mal ist es ein Abschied, der wehtut, weil du willst, dass alles so bleibt, wie es einmal war, weil man Angst hat, dass man solche Momente nie wieder haben wird. Aber diese Leute haben alle ihr eigenes Leben. Am Ende bleibst du wieder alleine zurück, als wäre nichts gewesen. Wie damals Februar 2016.
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