Ich finde die ganze Konstellation sehr schwierig. Für mich ist weder der Ehemann, noch die Mutter ein/e Heilige/r.
Zum Sachverhalt. Wir sprechen hier von einer Ehe, bei der kulturell bedingt ein Ehepartner finanziell vom anderen abhängig ist. Dieser Ehepartner bringt ein Kind mit in die Ehe. Es wird über eines Todesfallabsicherung des Kindes gesprochen und einseitig abgelehnt. Es wird dennoch ein Vetrag über eine monatliche Leistung von 50 Euro geschlossen. Den Vertrag schließt der erwerbslose Ehepartner ohne Wissen des Erwerbstätigen ab. Die Prämien werden vom
gemeinsamen Haushaltsgeld gezahlt. Nachdem der heimliche Vertrag dem erwerbstätigen Ehepartner bekannt wird, empfindet dieser das Vertrauensverhältnis als irreversibel gestört. Es steht als Resultat eine Trennung im Raum.
Ich glaube insoweit haben alle die Fakten gleich verstanden? Das Problem, dass ich hier auf beiden Diskussionsseiten sehe ist auf ziemlich extreme, polarisierte Interpretationen zurückführbar
Insofern möchte ich meine folgenden Zeilen als Überlegungen und keine schlußendlichen Weisheiten verstanden wissen.
Es gibt durchaus Familien, in denen das Verhältnis zwischen Mann und Frau gemessen an deutschen Maßstäben, bestenfalls äusserst kompliziert und im äussersten Fall auch durch unbegründete männliche Dominanz brutal geprägt ist. Das sollte man nicht vergessen. Kulturell bedingt unterwerfen sich die Frauen durchaus freiwillig diesem Dogma - ich finde es schwer als Deutsche hier die "Schuld" bei der Frau zu sehen, denn man muss davon ausgehen, dass sie mit diesem Dogma erzogen und groß geworden ist, dieses also zum Weltbild geworden ist, an dem nur schwer von aussen ohne Schäden gerüttelt werden kann. Zudem wehre ich mich ganz und gar gegen einen grundsätzlichen Anspruch des Mannes auf "Respekt". Respekt muss man sich verdienen, den kann man nicht per se einfordern! Ein Mann, der seiner Frau verbietet einem Erwerb nachzugehen, hat in meinen Augen schon mal grundsätzlich kein wie auch immer geartetes Recht Respekt einzufordern, denn er respektiert seine Frau auch nicht!
Hierzu fehlen mir auch noch einige Angaben - hätte die Mutter denn gerne gearbeitet? In wieweit hätte sich das auf das Einkommen ausgewirkt? Was hätte dafür geändert werden müssen, bspw. wären zusätzliche Betreuungskosten für das Kind entstanden etc.? Kümmert sich die Mama vielleicht eventuell gerne um den Haushalt? Welche Gründe wurden für das Verbot vorgebracht?
Dass eine Mutter ihr Kind finanziell absichern möchte kann ich sehr gut nachvollziehen. Allerdings eröffnet sich mir hier ein ganzer Fragenkatalog, der es schwer macht den Abschluss dieses Vertrages zu beurteilen. Ich weiss aus persönlicher, sehr leidvoller Erfahrung, wie schlimm es ist, wenn der Ehepartner ohne Absprache einfach Verträge abschließt - vor allem dann, wenn der Überblick über die finanzielle Situation gänzlich fehlt. Insofern ist ein solches Verhalten doch schon vom Grunde her problematisch. Allerdings darf man hier nicht ausser Acht lassen, dass der Vertrag schon zehn Jahre lief, augenscheinlich ohne dass ein existenzieller Schaden eingetreten ist.
Bei der dürftigen Informationslage stellen sich mehrere Fragen, wie, warum dem Ehemann erst nach zehn Jahren auffiel, dass der Vertrag lief, wäre die Haushaltskasse wirklich so knapp gewesen, wie eingangs behauptet, wären 50 Euro eine Menge Geld gewesen, die unweigerlich aufgefallen wären. Wenn schon darüber gesprochen wurde, warum hat man nicht versucht gemeinsam einen Konsens zu finden - Todesfallversicherungen gibt es schon für wesentlich weniger hohe Beiträge, warum wurde nicht nach einer günstigeren Alternative gesucht? Jetzt komme ich zu einer wesentlich pikanteren Frage, die sich mir in dem Zusammenhang stellt: warum befürchtete die Mutter denn eine solche Versicherung zu benötigen? Hatte sie vielleicht sogar Angst vor ihrem Ehemann oder hatte sie eine ungünstige gesundheitliche Diagnose? Wie gestaltete sich das Verhältnis zu dem Kind, warum gab es Anlass zu vermuten, der Ehemann würde sich im Todesfall nicht ausreichend kümmern? Und schließlich wodurch fiel der Vertrag letztendlich doch auf?
Die Reaktion des Mannes ist nach meinem Dafürhalten deutlich übertrieben. Ich komme mal eben kurz darauf zurück, dass mein Mann mir auch Verträge ins Haus gebracht hat, die uns in der Gesamheit allerdings, an den Rand des finanziellen Ruins gebracht haben. In diesem Zusammenhang habe ich auch die Drohung einer Trennung ausgesprochen. Allerdings wird hier nur ein Vorfall beschrieben - insoweit kann ich das nicht ganz nachvollziehen. Kulturell ist es mir aber bewusst, dass in diesem Kulturkreis dem Ehemann ein "Gesichtsverlust" bei seinen Freunden droht. Ich kann das als deutsche Frau nicht nachvollziehen, da ich von meinem Mann gewohnt bin, dass der seinen Freunden gegenüber mehr Selbstvertrauen besitzt, als dieses auf so wackelige Beine wie temporär begrenzte Beziehungszustände zu begründen! Zudem ist es für mich ein Unding diese emotional empfundene Unzulänglichkeit der Frau anzulasten.
Es schließen sich also folgende Fragen zum Sachverhalt an. War das eine einmalige Sache oder gab es mehr Verträge? Gab es noch andere, Vertrauen erschütternde Vorkommnisse? Erfolgte die Ansage der Trennung aus eigenem Antrieb oder durch Freunde? Würde die Mutter nicht letztlich besser ohne direkte Beziehung auskommen? Müsste die Mutter noch mit weiteren Repressalien rechnen? Und was mich doch sehr interessieren würde - wie steht das Verhältnis zwischen Ehemann und Kind?
Das sind nur ein paar Gedanken, die mir bei den Schilderungen so kommen. Ich finde die Mutter hat sich nicht sehr geschickt und auch nicht vertrauenswürdig verhalten. Allerdings ist das Verhalten des Ehemannes meiner Meinung nach nicht geeignet eine friedliche Beziehung zu führen. Es provoziert geradezu Trotz- und Fehlverhalten. Natürlich gibt es immer andere Wege und Möglichkeiten, allerdings finde ich das Verhalten der Mutter bis zu einem gewissen Grad durchaus nachvollziehbar!