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Verkrafte den Tod meines Katers nicht - ich weiß nicht wie ich ohne ihn leben soll

zitrone82

Neues Mitglied
Hallo,
ich bin neu hier im Forum und möchte erst mal ein bisschen was über mich erzählen.
Ich bin 35 Jahre alt, weiblich und zur Zeit noch arbeitslos. Mit meiner Schwester teile ich mir eine Wohnung.Im Oktober fange ich eine neue Ausbildung an. Leider bin ich psychich angeschlagen - ich bin Borderliner und kämpfe mich so durchs Leben.
2009 haben wir einen ca. 9 Jahre alten Kater aus einer Tierschutzorganisation adoptiert. Er kam aus Spanien und hat vermutlich viel mitgemacht. Ob er ausgesetzt wurde oder nie eine Familie hatte wissen wir nicht. Als er zu uns kam, war er ausgehungert, hatte ein struppiges Fell und hatte vor lauten Geräuschen und Füßen angst.
Mit der Zeit hat er immer mehr Vertrauen zu uns gefasst. Da ich die ganze Zeit zu Hause bin war ich seine Bezugsperson. Er war immer bei mir.
Nachts schlief er bei mir im Bett, abends haben wir zusammen Fernsehen geschaut, wenn er Hunger hatte, hat er mich geweckt oder ist um mich rumgelaufen bis ich ihn gefüttert hab.
Als meine Mutter 2014 starb, hatte er mich getröstet.
Dann plötzlich fing er vor zwei Monaten an schwer zu atmen. Als wir ihn zum Tierarzt brachten, stellte er fest, dass er einen Pleuraerguss hat und sofort in die Tierklinik muss.
Dort sind wir dann hingefahren und die haben ihn einfach mitgenommen, ohne uns zu sagen was die jetzt mit ihm machen. Sie haben ihn dann punktiert und ihn mit grosen Mengen Propofol ruhiggestellt. (Das alles haben wir erst später erfahren - in einer anderen Klinik!)
Angeblich sei er agressiv gewesen, dabei war er nie aggressiv beim Tierarzt. Er musste dann über Nacht bleiben und wir konnten nicht mal mehr zu ihm gehen. Wir wurden auch nicht auf etwaige Risiken bei der Punktion hingewiesen.
Als wir ihn abholen konnten, sagte man uns, dass ihm 150 ml klare Flüssigkeit abgesaugt wurde und er eine Herzschwäche + Nierenschwäche habe.
Seit diesem Zeitpunkt war er nicht mehr der Alte. Er war schwach, hatte keinen Appetit mehr und zog sich nur noch zurück. Dabei hatte er vorher noch gegessen, war aufmerksam und hatte getrunken. Eben wie immer, bis auf das schwere Atmen.
Deshalb brachten wir ihn auch zur Nachkontrolle vor vier Wochen in eine andere Klinik. Dort war er nicht aggressiv, weil die Tierärztin wusste wie man mit Tieren umgeht.
Beim Ultraschall ( ohne Betäubung!) stellte sie dann fest, dass er auch Flüssigkeit im Thorax hat. Sie punktierte ihn und diesmal war die Flüssigkeit trüb (es war Lymphflüssigkeit). Sie sagte uns, dass es ein Chylothorax sein könnte.
Da er kaum noch aß und trank, versuchten wir alles um ihn aufzupäppeln.
Und dann ging es ganz schnell. Vor drei Tagen bekam er kaum noch Luft und wir gingen zum Tierarzt.
Wir wussten, dass es keinen Sinn mehr machen würde ihn ein weiteres mal zu punktieren. Er hatte sich nur noch gequält und wir wollten ihn nicht leiden lassen. Ihm helfen ja, aber er konnte nicht mehr.
Der Tierarzt war unserer Meinung und wir ließen ihn gehen... Er sagte uns aber auch, dass er den Verdacht habe, dass bei der ersten Punktion der Chylus ductus verletzt worden war und deshalb die Lymphflüssigkeit austreten konnte. Ohne diese Verletzung hätte er noch länger gelebt, da man die normale Flüssigkeit mit den Medikamenten in Schach halten gekonnt hätte.
Ich kann einfach nicht mit dem Gedanken leben, dass ich vielleicht falsch gehandelt habe und ihn direkt in die andere Tierklinik hätte bringen sollen. Ich hätte es merken müssen, dass er krank ist.
Mir geht es so schlecht, ich kann nicht ohne ihn leben. Er fehlt mir so sehr. Jede Sekunde denke ich an ihn und die schönen Jahre, die wir hatten.
Ich habe keine Ahnung wie ich es schaffen soll, im Oktober die Ausbildung anzufangen.
Das Leben erscheint mir so leer ohne ihn.
Was soll ich nur tun?
 
G

GrayBear

Gast
Hallo Zitrone82,

wenn man eine so tiefe emotionale Bindung eingeht und sie erwidert wird, dann ist sehr verständlich, dass einen die Trauer und der Schmerz sehr mit nimmt. Zählt man dann noch die Umstände eures Abschieds dazu, ist wohl jeder berührt und versteht, wie weh das tut. In solchen Stunden wird einem noch mehr bewusst, was einem etwas bedeutet und worin die eigenen Hoffnungen bestehen.

Dass Dich Zweifel befallen, ob Du alles richtig gemacht hast und ob Du Dich nicht lieber anders hättest entscheiden können, ist auch sehr verständlich. Deine Gedanken kreisen um Deinen Verlust Deines Katers und suchen nach einem Ausweg, um den Schmerz zu vermeiden. Es ist sehr schwer, zu akzeptieren, dass er nicht mehr da ist. Deine Trauer kann Dich dabei in manchen Stunden fast überwältigen.

Die Betonung liegt auf "fast". Bei all dem Schmerz und all den scheinbar übermächtigen Gefühlen darfst Du bitte Deinen Verstand nicht "auf Weltreise schicken". Es ist wichtig, dass Du Dir manche Dinge ganz nüchtern und klar anschaust:

- Du hast ihn zum richtigen Zeitpunkt zu einer Tierklink gebracht, um ihm zu helfen.
- Behandlungsfehler passieren. Auch gute Tierärzte treffen manchmal falsche Entscheidungen. Das ist traurig, aber wahr und auch nicht zu ändern.
- Du hast Dich auf Dein Gespür verlassen und eine andere Klink gewählt, Deine Intuition funktioniert. Gut gemacht.
- Du hast getan, was möglich und sinnvoll war. Mehr kann man nicht tun. Manches hat man nicht im Griff.
- Jedes Lebewesen stirbt irgendwann. Dies war sein Weg und der ist nun zu Ende. Für ihn gibt es nun keinen Schmerz, kein Leid und keine Not mehr.

Du musst Trauerarbeit leisten, lernen mit diesem schmerzlichen Verlust zu leben. Es gibt in Deiner Erinnerung eine Vielzahl von Momenten, die eure sind. Sein Vertrauen zu Dir, Deine Liebe zu ihm, das kann Dir niemand nehmen. Aber Du musst auch annehmen, dass zu dieser Liebe gehören muss, ihn gehen zu lassen.

Du schreibst, Du weißt nicht, wie Du ohne ihn Deine Ausbildung schaffen sollst. Sieh genau hin: Du lebst bereits ohne ihn weiter, triffst Entscheidungen, gehst Einkaufen, stehst auf, triffst Dich mit Freunden. In dieser Phase der Trauer nehmen einem die Tränen manchmal die Sicht, das ist wahr und das darf auch so sein. Was dann aber helfen kann, sind kluge und mitfühlende Entscheidungen.

Sieh bei allem Schmerz auch die Freude, die ihr aneinander hattet. Ehre sie, in dem Du ihr den Platz in Deiner Erinnerung bewahrst und nicht nur auf den Schmerz schaust. Es heißt, dass die Zeit alle Wunden heilt. Nach meiner Erfahrung stimmt das nicht. Wenn ich an die Lieben denke, die ich zurücklassen musste, dann gibt es in mir noch immer diesen Raum, in dem es nur Tränen, Trauer und Leid darüber zu spüren gibt. Dem muss man sich stellen. Du musst weinen, schreien, was immer für Dich trauern bedeutet.

Aber dann kommt nach einer gewissen Zeit der Moment, an dem man erkennen darf, dass es ein mehr an Schmerz, eine größere Trauer in einem nicht gibt. Jedes Gefühl hat einen Punkt, an dem man nicht MEHR fühlen kann. Dies ist dann der Moment, an dem aus Deiner Trauer und Deinem Schmerz Erinnerung werden darf. Mit der Erinnerung daran kann man leben lernen, mit der ständig präsenten Trauer ist das sehr schwer.

Deswegen schaffe Dir ein Umfeld, in dem es ok und sicher für Dich ist, in dem Maße zu trauern, in dem es FÜR DICH richtig ist. Es ist Dein Weg zu erfahren, dass Du größer bist, als Deine Trauer. Es geht jetzt um Dich. Für ihn hast Du alles getan. Du darfst trauern, Du darfst weinen und Du darfst diesen Schmerz haben und fühlen. Er ist ein Teil von Dir und Du hast das Recht, traurig zu sein. Auch das zählt zu einem respektvollen und mitfühlenden Umgang mit sich selbst.

Und wenn Du fühlst, dass Du alle Trauer gespürt hast, die es zu spüren gibt, dann verlasse diesen Raum der Trauer in Dir. Er ist nicht Dein Wohnzimmer. Er ist ein Teil Deiner Vergangenheit. Wenn Du wieder in diesem Raum gehst, wird wieder passieren, was dort passiert ist: Du wirst den Schmerz fühlen, Du wirst trauern. Aber es wird sich nichts verändern, es wird sich nichts bessern. Deswegen behalte diesen Raum in Dir als Erinnerung, aber schlage dort nicht Deine Zelte auf. Geh da nicht mehr hin, wenn Du das nicht willst. Denn da gibt es noch andere Erinnerungen und vor allem wird es neue Erinnerungen geben. Auch denen musst Du eine Chance lassen.

Wie Du das schaffen sollst? So, wie Du schon Dein ganzes Leben geschafft hast: Schritt für Schritt. Lass Deinem Verstand gerade seine Verwirrung, steh zu Deinen Ängsten und Zweifeln, traure. Aber verliere nicht auf Dauer aus dem Augen, was sonst noch ist. Sein Tod ist Realität, seine Zuneigung zu Dir aber auch. Im Laufe der Zeit werden Dir die schönen Erinnerungen wichtiger werden, wenn Du das zulässt. Auch das ist Deine Entscheidung.

Zum Schluss: in solchen Zeiten der Trauer ist es nicht leicht, die Herkunft der Gefühle auseinander zu halten. Wenn wir jemanden durch den Tod verlieren, mischt sich die Trauer und die Erinnerung womöglich mit schon erlittenen Verlusten und verstärkt sie erheblich. Das ist selten gut. Sei jetzt offen und klar und erlebe bewusst, was in Dir geschieht. Traure ganz bewusst und aufrichtig und nimm Dir die Zeit, die erforderlich ist. Und wenn Du nochmal Zeit dafür brauchst, dann ist das eben so. Das Herz will, was es will. Aber schau auch mit Deinem Verstand und nutze ihn. Manchmal holen einen die eigenen Hoffnungen, Wünsche und die Vergangenheit in Zeiten der Trauer ein und auch das will Schritt für Schritt bearbeitet werden.

Du hast mein tiefes Mitgefühl. Ich weiß, dass Du mehr und stärker bist als Deine Trauer.
Hab eine gute Zeit.
 
Zuletzt bearbeitet:

tukuna

Mitglied
Hallo,

ich weiß gar nicht so recht, wie ich Dich trösten kann. Bei Deinem Bericht kamen mir die Tränen. Es ist so schrecklich, wenn das geliebte Tier stirbt. Ich bin zweimal ohnmächtig geworden, als mein erster Hund ganz ohne Vorwarnung plötzlich durch einen schrecklichen Unfall starb. Ich fühle mit Dir und ich glaube zu wissen, wie du Dich fühlst. Aber denke bitte daran, Du hast nichts falsch gemacht. Woher solltest Du wissen, dass die erste Klinik Mist baut. Du wolltest nur das beste. Mache Dir keine Vorwürfe. Du hast wirklich alles getan und die richtigen Entscheidungen zum Wohl des Tieres getroffen. Trauer ist wichtig, so schwer sie auch ist. Die intensive Phase hat bei mir ein Jahr gedauert. Die Asche meines Hundes habe ich in seinem Lieblingswald verstreut und gedanklich jede Jahreszeit mit ihm nochmal durchlebt. Finde Deinen Weg der Trauer. Es wird irgendwann leichter. Mir hat es geholfen, einem anderen Hund ein gutes Heim zu geben. Bin zum Tierheim und ließ mir Tiere ohne Vermittlungschance zeigen. Das ist und soll kein Ersatz sein, nur eine sinnvolle Aufgabe. Ich wünsche Dir viel Kraft. Nach meinem Glauben siehst man sich in einem anderen Leben wieder.

Mitfühlende liebe Grüße,
tukuna
 
M

mindmachine

Gast
GrayBear hat es sehr schön geschrieben, dem kann ich mich nur anschließen.

Denk immer daran, dass Du Deinem Kater ein schönes Leben geschenkt hast. Er durfte Dank Dir Liebe und Vertrauen kennenlernen, das ist sehr wertvoll.
 

zitrone82

Neues Mitglied
Vielen Dank an euch alle für die lieben Worte. Ihr habt Recht, ich konnte nicht wissen, dass die Tierklinik Mist baut. Ich war heute bei meinem Hausarzt, der mir ein bisschen was zum beruhigen gegeben hat. Er hat mir auch zugehört, was mir enorm geholfen hat.
Heute ist der Schmerz schon etwas erträglicher als gestern, vielleicht weil ich auch besser geschlafen habe. Ich darf und werde den Kopf nicht hängen lassen. Mein Kater hat gekämpft und ich werde es auch tun - für ihn und mich.
 
S

stff

Gast
Guten Morgen Zitrone82,

es tut mir leid, dass du deinen geliebten Kater verloren hast. Dass du über seinen Tod nicht hinweg kommst, ist bedenklich. Kann möglicherweise der Tod deiner Mama der Grund sein, warum du deinen Kater nur schwer los lassen kannst? Hast du dies eventuell schon einmal in Betracht gezogen? Manchmal baut der Mensch zu einem Tier eine zu tiefe Bindung auf beziehungsweise macht sich von diesem abhängig, weil man sich zum Beispiel nach Liebe, die man von anderen Menschen (Familie usw.) nicht bekommen hat, sehnt oder schon einmal einen Verlust erlitten hat. Dann wiegt ein weiterer Verlust natürlich um so gravierender. Ich hoffe, ich konnte dir mit meinen Worten ein wenig helfen. Dir alles Liebe und Gute.

Gruß stff
 
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