Wieso klammern sich die Menschen so sehr an den Gedanken, dass jedes Leben schützenswert ist?
Wir, als Gesellschaft, opfern ständig Menschenleben und das für weit niedere Motive als das Leid eines Menschen auf seinen eigenen Wunsch zu beenden.
Wir fahren Auto. Statistisch gesehen sterben viele Tausend Menschen jedes Jahr. Wir wissen auch, dass die Mortalitätsrate von Verkehrsunfällen abhängig ist von der Geschwindigkeit. Würden wir alle 50er Zonen in 30er Zonen ändern oder allgemein Autos für den Privatgebrauch verbieten (und z.B. das ÖVN ausbauen), würden sehr viele Menschen noch leben. Doch wir nehmen den Tod dieser Menschen in Kauf - aus wirtschaftlichen Gründen oder aus Bequemlichkeit. Wir wollen billig einkaufen, z.B. Klamotten, in dem Wissen, dass die Fabriken, in denen sie im Ausland produziert werden, nicht sicher sind und es sicherlich eine statistische Kennziffer gibt, wieviele Hosen auf einen toten Menschen kommen, der durch einen Arbeitsunfall ums Leben gekommen ist. Zahlen wir mehr, retten wir mehr Leben.
Wir nehmen den Tod von Menschen für viele Dinge in Kauf. Die meisten werden wahrscheinlich denken, dass es zu weit hergeholt wäre und es einen Unterschied macht, ob ich nun Klamotten bei Kik kaufe oder aktiv Sterbehilfe leiste und ja, es macht einen Unterschied; zwar keinen rationalen, aber einen moralischen. Unsere Moral ist maßgeblich von unserem Gefühl geprägt verantwortlich zu sein. Je intransparenter oder weiter weg die Verantwortung ist, desto akzeptabler ist es.
Für die meisten macht es nämlich auch einen Unterschied, ob jemand von der Klippe fällt und ich ihm nicht helfe oder ob ich ihn selbst runterstoße. Das Ergebnis bleibt jedoch das Gleiche!
Ich empfinde Menschen, die aus moralischen Gründen aktive Sterbehilfe ablehnen als Heuchler.
Die Angst ist natürlich berechtigt, dass, macht man die gesetzliche Tür dazu erst einmal auf, es ausgenutzt werden kann.
Die Angst hingegen, dass unsere Gesellschaft durch ein Gesetz zur aktiven Sterbehilfe verroht, weil ältere oder kranke Mitbürger, die der Gesellschaft zur Last fallen, moralisch gezwungen werden, sich umzubringen (umbringen zu lassen), da es diese Alternative ja nun gibt, sehe ich nicht! Der Mensch hat eine natürliche Tötungshemmung. Aktive Sterbehilfe erfolgt nur auf den eigenen Wunsch! Wir werden niemanden dazu bedrängen es zu tun, nur weil es gesetzlich nicht mehr sanktioniert wird. Menschen können sich auch jetzt schon umbringen, wenn ihnen danach ist. Vielleicht wird es einige Fälle geben, in denen die gesetzliche Sterbehilfe ausgenutzt und entgegen des Willens des Menschen genutzt wird, aber wie beim Autofahren wären dies die Kollataralschäden, die wir für den größeren Nutzen in Kauf nehmen, in dem wir z.B. terminal kranken Menschen gestatten, sich helfen zu lassen in Würde zu sterben.