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Stillstand - wie breche ich aus?

Nozomi

Neues Mitglied
Folgen der PC-Sucht. 10 Jahre verloren

Hallo da draußen.

Vor ein paar Tagen ist mir etwas bewusst geworden, wovor ich all die Jahre die Augen verschlossen habe. Im Alter von 18 Jahren war ich in eine PC-Sucht gerutscht und seit dem habe ich praktisch alles verloren. Die Schule habe ich geschmissen, alle realen Freunde von mir gestoßen, nie eine Ausbildung gesucht, nie einen Job gehabt. Die Erde drehte sich zwar weiter, aber für mich hat sich seither im Wesentlichen nichts geändert. Auch mein Charakter ist irgendwie "zurückgeblieben". Ich bin nun 28 Jahre alt, aber fühle mich geistig keinen Tag älter wie damals mit 18.

Ich habe eine soziale Phobie entwickelt, habe keine realen Kontakte zu Menschen. Ich lebe im Ausland auf dem Land, bei meiner Mum (Rentnerin). Wenn Besuch kommt (Putzfrau, Gärtner, Freunde von meiner Mum), verbarrikadiere ich mich in meinem Zimmer und tue so als würde ich Schlafen. Nach wie vor hocke ich Tag ein- Tag aus am Computer. Ich mache NICHTS Anderes seit 10 Jahren. Keine Hobbies, keine Ziele, keine Träume. Gar nichts. Ich weiß oftmals nicht welchen Tag wir haben, oder wie das Wetter draußen ist. Vor 4 Jahren habe ich auch angefangen die online Kontakte von mir zu weisen. Bedeutet, ich habe eigentlich bis auf 1-2 Personen keinen Kontakt mehr zu virtuellen "Freunden".

An meinem PC spiele ich momentan die Sims mit ihrem perfekten Haus, ihren perfekten Jobs, Familie, Freunde usw. und irgendwie hat mich das ein bisschen wach gerüttelt. Denn deren Leben, was ich so perfekt gestaltet und gesteuert habe, hätte mein Leben sein können. Mir ist klar geworden, dass die Sucht zu Spielen schon lange nicht mehr das Problem ist. Mein Problem ist es, was es aus mir gemacht hat. Dass ich nicht mehr weiß wie es anders geht, dass ich nicht mehr sozialisiert bin. Ich weiß nicht wie ich außerhalb meines Zimmers Leben soll. Ich habe keine Ahnung wie ich Fuß fasse bzw. womit ich anfangen könnte. Ich habe niemanden der mir da raus helfen könnte. Meine Mutter ist schon alt und hockt selber nur den ganzen Tag vor dem Fernseher und mit fremden Menschen halte ich es nicht aus (Ich bekomme Panik). Eine Therapie ist keine Option, da ich die Sprache nicht mal kann. Wobei das vielleicht ein guter Ansatz wäre, wenn ich die Sprache langsam für mich lerne.

Ich weiß nicht genau, was ich mir hier von euch erhoffe. Vielleicht hat jemand einen guten Rat für mich. Ich bin nicht verzweifelt, ich bin ziemlich gut darin derartige Gefühle zu unterdrücken. Aber 10 Jahre meines Lebens sind bereits vergeudet und ich schätze, es wird höchste Zeit die Kurve zu kriegen.

Liebe Grüße & eine gute Nacht

Nozomi
 
Zuletzt bearbeitet:

Mozu

Aktives Mitglied
Guten Abend, und willkommen im Forum :)

Ich glaube, ich kann ein bisschen verstehen, wie man in so ein Leben irgendwie "hineinrutschen" kann, und wie schwierig es ist, etwas zu verändern, das sich so tief in dich eingebrannt hat. Dazu kommen noch die Ängste, die du in der Zwischenzeit bekommen hast.. wirklich keine leichte Situation!
Aber irgendwie, und versteh das bitte nicht falsch, finde ich deine Situation auch interessant und spannend! Irgendwie weckt das in mir ein bisschen die Abenteuerlust.. du stehst im Moment ganz unten, dein ganzes weiteres Leben ist eine komplett weisse Leinwand.. es gibt keine Richtung, die schon eingeschlagen wurde, und du kannst von dort aus praktisch überall hingehen. Eigentlich prima Voraussetzungen für ein Videospiel, in dem man sich den Helden auch aus dem nichts aufbaut und sich erstmal Waffen und Ausrüstung und alles andere in einer fremden Welt beschaffen muss. Klingt doch irgendwie cool! Aber ich will mich echt nicht über dich lustig machen oder so.. das war nur meine erste Assoziation. Ich denke, es ist wichtig, dass du versuchst, in kleinen Schritten zu denken und nicht an dem grossen Berg, der vor dir steht, zu verzweifeln.. meiner Erfahrung nach ergeben sich manche Dinge ganz von alleine, wenn man andere langsam anpackt.

Ein paar Sachen interessieren mich.. falls du sie beantworten magst: Du sagst, du lebst im Ausland und sprichst die Sprache nicht.. wie seid ihr denn dazu gekommen, dort hinzuziehen? Hast du weitere Familienmitglieder in Deutschland (oder sonstwo?), und wenn ja, wie verstehst du dich mit denen? Und wie ist es mit deiner Mutter - was sagt sie dazu? Wie ist so eure tägliche Interaktion? Ah, und spricht sie die Sprache dieses Landes? Und wie genau verbringst du eigentlich den Tag? Also, am Rechner kann man ja unglaublich viel machen, okay, Sims spielen ist eine Sache, aber was sind die anderen? Und was ist mit Kochen, Essen, Haushalt, Einkaufen? Und wie geht es dir gesundheitlich? Klingt nämlich erstmal nicht so gesund, also körperlich, immer nur rumzusitzen.

So, und ein paar Ideen, wie du weiter vorgehen, oder besser: anfangen kannst, habe ich auch: erstens finde ich es eine hervorragende Idee, die Sprache des Landes zu lernen, erstmal vielleicht nur für dich, mit einem Anfänger-Lehrbuch, aber unbedingt mit CD.. wenn deine Mutter die Sprache spricht, dann bitte sie, mit dir zu üben und deine Aussprache zu verbessern - wenn nicht, dann lernt zusammen. Ich würde am Anfang noch gar nicht zu weit denken.. die Interaktion mit fremden Menschen, die dir jetzt noch so viel Angst macht, fällt dir vielleicht leichter, wenn du wenigstens ihre Sprache sprichst. Wenn du dich einigermassen sicher fühlst, kannst du ja vielleicht mal einkaufen gehen oder in eine Bücherei oder ins Schwimmbad.. oder irgendwohin, wo man ein klein wenig Smalltalk machen muss, aber nicht zu viel, du willst ja klein anfangen. Und zweitens, der Frühling ist da! Wie wäre es, wenn du anfängst, regelmässig aus dem Fenster zu gucken? :) Du sagst, du lebst auf dem Land, das klingt doch prima! Dann könntest du doch anfangen, immer mal rauszugehen.. einfach nur durch die Gegend spazieren, dabei triffst du vermutlich nichtmal allzu viele Leute. Vielleicht kannst du ja deine Mutter mitnehmen. Die Bewegung, die frische Luft und der Sonnenschein werden dir gut tun, ausserdem ist es eine Erholung für deine Augen und bringt dich vielleicht auf andere Gedanken. In der Natur zu sein ist meiner Meinung nach die allerbeste Methode, um irgendwie zurück ins Leben zu finden und ein bisschen Bodenhaftung zu bekommen.

Hey, und halt uns doch hier auf dem Laufenden! Ich würde zu gern erfahren, wie du dich schlägst :)
 

Nozomi

Neues Mitglied
Hallo s23w und vielen Dank :)
Vor allem für deine Reaktion & Ideen. Keine Sorge, ich habe es nirgends so aufgefasst, als würdest du dich über mich Lustig machen. Es hat mir sogar irgendwie einen etwas optimistischeren Blick auf meine Situation gegeben.

Dann versuche ich mal deine Fragen zu beantworten.

Ins Ausland sind wir gegangen, als meine Mum in Frührente ging und feststellen musste, dass das Leben in Deutschland für sie zu teuer sein würde. Darum hat sie sich ein Land ausgesucht, wo sie mit ihrem Renteneinkommen sorglos leben kann. Da ich bereits alles verloren hatte, habe ich mich natürlich entschieden mitzukommen. Das tat ich. Zwischendurch war ich 2 mal wieder in Deutschland, um festzustellen dass ich nicht mehr in der Lage bin alleine zu Leben.

Ich habe zwar Verwandtschaft in Deutschland, aber keinen Kontakt. Meine Mum hatte während meines Aufenthalts in Deutschland sogar mal um Unterstützung für mich gebeten, damit ich zurück ins Leben finde, aber sie wurde zurückgewiesen.

Meine Mutter hat sich schon lange damit abgefunden, dass ich so bin wie ich bin. Sie ist nur froh, dass ich bei ihr bin und nicht über 2500km weit weg. Immerhin haben wir nur noch uns. Wir machen nicht viel miteinander, ab und zu spielen wir Gesellschaftsspiele und unterhalten uns, aber das war es auch schon. Sie geht Einkaufen, den Haushalt erledigt eine Nachbarin gegen Bezahlung (Ich muss zugeben, dass ich schon immer sehr chaotisch war und meinem Zimmer sieht man das auch an - hier kann man keinen rein lassen. Ich räume fast nie auf und blende alles aus, was mich stören müsste).

Meine Mum spricht die Sprache nicht und hat von Anfang an gesagt "Ich bin zu alt dafür, eine neue Sprache zu lernen. Ich kann mich auch so Verständigen" und damit hatte sich das Thema für sie erledigt. Also wenn ich die Sprache lerne, dann muss ich das allein tun. Falls ich je dazu in der Lage sein werde, könnte ich mit unserer Nachbarin/Haushaltshilfe ein bisschen üben... Ich weiß von meiner Mutter, dass sie da Spaß dran hätte.

Mein Tag sieht aus: Ich stehe auf, gehe an den PC - spiele was oder schaue ne Serie. Irgendwann Frühstücke ich, schaue dabei ebenfalls wieder ne Serie. Und so verläuft das dann den ganzen Tag. Entweder schau ich was, oder ich spiele was. Und irgendwann bin ich müde (meistens Morgens um 8 oder so) und gehe schlafen. Ich bemühe mich ab und zu bei meiner Mutter zu sitzen und mit ihr zu Plaudern, oder mit ihr was zu Spielen. Aber das sind vielleicht 2 Stunden über Tag zusammengerechnet. Sie schaut auch nur Serien die ganze Zeit. Sie würde auch nie freiwillig mit mir Spazieren gehen. Wenn sie Einkaufen muss schiebt sie das teilweise bis zu 3 Wochen auf, weil es ihr meistens nicht gut geht. Ich will gar nicht daran denken, was wäre wenn sie plötzlich nicht mehr da ist. Denn sie ist alt und achtet nicht auf sich. Geht nicht zum Arzt und raucht wie ein Schornstein.

Gesundheitlich geht es mir auch nicht wirklich gut. Meine Kniescheiben verrutschen dauernd, ich hab ne Art Hexenschuss der sich immer mal wieder meldet. Vor über einem Jahr habe ich mir hinter dem Schulterblatt einen Nerv eingeklemmt, seitdem habe ich jeden Tag Schmerzen - mal mehr mal weniger. Natürlich habe ich Übergewicht, allerdings habe ich das schon mein ganzes Leben lang (Seit der Grundschule). Damals wegen einer unbehandelten Schilddrüsenunterfunktion und heute nur noch wegen mangelnder Bewegung. Meine Ernährung ist nicht außergewöhnlich schlecht, aber ich könnte schon mehr drauf achten.

Also Schwimmbad, Bücherei, Einkaufen.. das sind alles noch Wörter die für mich bedrohlich hervorstechen. Allein die Vorstellung macht mich schon nervös. Aber ich denke, mit Spazieren gehen , Luft & Natur .. das klingt nach einem guten Anfang. Wenn man bei uns aus dem Haus geht, gibt es nur 2 Wege. Einer führt ins Zentrum des Dorfes und der Andere nach oben auf die Felder. Wenigstens habe ich die Möglichkeit mich zu entscheiden. Ich schätze so langsam bekomme ich einen Überblick über das, womit ich anfangen kann ohne es zu überstürzen. Eine Sprach-CD habe ich übrigens sogar schon.

Vielleicht werde ich hier im Forum ein Tagebuch oder so führen .. dann kann man meinen Werdegang verfolgen, wenn man es möchte. Das könnte für mich selbst auch eine kleine Stütze sein, um nicht so leicht aufzugeben. :eek:
 

Mozu

Aktives Mitglied
Hallo! :)

Ich finde, das ist ganz schön mutig, so weit weg zu ziehen, einfach so. Ist bestimmt keine einfache Situation, auch wenn man einfach "nur" ein wenig schüchtern ist. Vor allem, wenn man die Sprache so gar nicht spricht. Wie macht denn deine Mutter das, wie verständigt sie sich mit der Nachbarin zum Beispiel? Englisch?

Klingt doch gut, dass die Nachbarin sogar Spass daran hätte, mit dir zu üben! Das ist doch ein Ziel, auf das du hinarbeiten kannst. Ah ja, und wie wäre es, wenn du mal mit deiner Mum mitgehst zum Einkaufen? Das ist bestimmt auch irgendwie spannend, in einem fremden Land in den Supermarkt zu gehen. Mir gefällt sowas immer :)
Vielleicht fällt es ihr dann auch leichter, sowas gleich zu erledigen, wenn sie Hilfe dabei hat. Übrigens stelle ich mir das ziemlich schwer vor, wenn die eigene Mutter auch so ähnliche Probleme hat :/

Jetzt wo ich das so lese über deinen Tagesablauf, noch zwei andere Ideen:
Mir hilft es enorm, früh aufzustehen. Also nicht SUPER früh, obwohl das irgendwie auch cool ist, aber so 7 Uhr beispielsweise funktioniert für mich gut. Irgendwie habe ich dann das Gefühl, dass der Tag viel länger ist und ich habe mehr Energie und fühle mich viel motivierter, Dinge zu erledigen.
Und die zweite Sache ist: ich würde mir wohl am Anfang mal 3 Tage Zeit nehmen, um mein Zimmer (also deins :D) gründlich aufzuräumen und sauber zu machen. Ich bin auch ein sehr unordentlicher Mensch, aber äusserlich Ordnung zu schaffen hilft mir manchmal, mich irgendwie innerlich zu sortieren, und es ist ein richtig schönes Erfolgserlebnis.

Die Idee mit dem Tagebuch hier finde ich toll! :) Was ich manchmal mache, ist ein Protokoll zu führen.. ich mach das am Rechner, da dauert es nicht so lange und mein Rechner ist eh die ganze Zeit an :eek: Ich mache das, wenn ich ungewöhnlich viel zu tun habe oder wenn ich gerade sehr unmotiviert bin oder so.. ich habe verschiedene Kategorien, z.B. Haushalt, Arbeit, Essen, Freunde, Videospiele, ... Erstens ist es interessant, zu sehen, womit man eigentlich konkret die ganze Zeit verbringt (manchmal hat man doch das Gefühl, dass schon wieder ein Tag herumgegangen ist, ohne dass man irgendwas geschafft hat), und zweitens erledige ich dann irgendwie mehr, nur weil ich es aufschreibe.. es verändert sich alleine dadurch, genauso wie ich mehr trinke, wenn ich messe und aufschreibe, wie viel ich trinke :D

Naja, das sind nur ein paar Tipps, vielleicht kannst du etwas davon gebrauchen.. aber setz dich nicht unter Druck, denn wenn du nicht ein aussergewöhnlich diszipilinerter Mensch bist, geht es dann sicher schief, wenn du versuchst, zu viel auf einmal zu verändern.
 

SoulEmblem

Mitglied
Einen schönen guten Abend Nozomi!

s23w hat eigentlich schon alles angesprochen und ich kann mich ihrem Beitrag nur anschließen, aber ich möchte trotzdem noch was dazu schreiben.

Erstmal finde ich es wirklich super, dass du dich hier angemeldet hast. Du hast den richtigen Entschluss gefasst, dich hier mal ein wenig mit anderen auszutauschen. Hier kommst du sozusagen mal unter andere Menschen und findest vielleicht die Motivation die du brauchst oder kommst auf ganz neue Ideen.

Ich empfinde es auch als eine gute Idee, sich erstmal kleine Ziele zu setzen. Ein geregelter Tagesablauf wäre schon mal eine gute Idee. Anfangs ist es noch ungewohnt und man fühlt sich schlapp, aber nach einiger Zeit und wenn man es durchhält, fühlt es sich gut an. Der Tag kommt einem dann wirklich viel länger vor. Es ist ein schönes Gefühl Morgens mit der Sonne und dem Gesang der Vögel aufzuwachen und die ersten Sonnenstrahlen zu genießen. Einfach das LEBEN spüren!

Was ich aber ganz wichtig finde, ist, dass du lernst mit der Zeit selbstständiger zu werden. Du musst dir immer vor Augen führen, was mal wäre, wenn deine Mutter nicht mehr da wäre. Versuche dich nach und nach an den alltäglichen Dingen. Lerne die Sprache. Schmeiß ein wenig den Haushalt. Versuch mal was zu kochen. All solche Sachen eben. Setz dich aber nicht unter druck, mach alles mal so nach und nach. Vielleicht findest du ja auch Spaß daran? :)

Und versuche einfach positiv zu denken. Du sagst zwar, dass die letzten 10 Jahre vergeudet waren... aber ist das wirklich so? Du hast sicher Erfahrungen gemacht, die andere Menschen nicht gemacht haben. Vielleicht nützt es dir ja mal und du kannst anderen Menschen in einer ähnlicher Situation helfen.
 

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