wie geht es anderen alleinlebenden Singles während Corona?
Ich lebe eh bereits seit vielen Jahren allein und bin beruflich sehr engagiert, habe insofern weiterhin viele virtuelle Kontakte und daß ich jetzt von daheim aus arbeiten kann, war eine eher entspannende Erfahrung bisher; zudem ist das Arbeitspensum jetzt endlich mal so, daß ich ohne Überstunden klarkomme.
Meine Wohnung ist groß und schön, der nächste Supermarkt ist in Fußnähe, ein Park liegt direkt nebenan und ich gehe frühmorgens gern dort joggen, wenn es noch menschenleer ist.
Ich habe also unter Corona bisher nicht nur nicht gelitten, sondern im Gegenteil ein spannendes Jahr hinter mir - was jetzt aber nicht heißt, daß ich das Leid um mich herum nicht wahrnehme und mir wünsche, daß es nur für mich allein nun ewig so weitergeht. Klar tue ich das nicht, aber eine andere Antwort auf Deine Frage wäre voll gelogen.
Corona hat übrigens auch deutlich gezeigt, daß häusliche Wohngemeinschaften ein echter Stressfaktor sein können - einige meiner KollegInnen sind vor ihrer Familie geradezu ins Büro geflüchtet, weil sie es nicht länger aushielten, 24/7 mit denen aufeinanderzuhocken. Leider soll es in vielen Familien ja auch vermehrt zu häuslicher Gewalt kommen jetzt - na jedenfalls bin ich auch so einfach nur dankbar, allein durch diese Zeit gehen zu können.
Mitleidsbekundungen gegenüber Singles
im Allgemeinen kotzen mich inzwischen regelrecht an (das meint jetzt nicht Dich, sondern ist eine allgemeine Feststellung,
@Neverleaving). Seit den 1990ern ist es aber auch medial sehr gesellschaftsfähig geworden, "uns" mal mehr, mal weniger subtil als defizitäre Wesen darzustellen - das war in den 1980ern noch völlig anders, da waren "wir" sogar noch ein gesellschaftliches Leitbild, weil damals die freie Entfaltung des Individuums großgeschrieben wurde (auch und vor allem, um sich von Gruppenkonformitätszwängen deutlich abzusetzen).
Mag sein, daß es Menschen gibt, die unfreiwillig Single sind und deshalb darunter leiden - geschenkt. Aber was mich betrifft, ich brauche und will diese Form von "Mitleid" nicht, zumal sie eh nicht von Herzen kommt - diejenigen, die es nötig haben, sich selbst aufzuwerten, indem sie einen anderen Lebensstil abwerten müssen, sind bestenfalls neugierig oder klatschsüchtig; als ernsthaft interessiert nehme ich sie für gewöhnlich nicht wahr.
Ich hoffe, daß meine Antwort hier nicht zu enttäuschend für jene ist, die "uns" Singles gern leiden sähen, um sich selbst etwas wohler mit der 24/7-Nähe zu ihren eigenen Hausbewohnern fühlen zu können und möchte nochmal betonen, daß es mir fernliegt, jene armen Teufeln zu ignorieren, die wegen Corona ihre blanke Existenz verloren haben. Aber wie gesagt: Für mich ganz persönlich war es ein relativ interessantes Jahr und ich sehe umgekehrt auch keinen Grund, hier einen auf weinerlich zu machen, nur um nicht damit aufzufallen, daß es mir letztlich verdammt gut ging damit.
Ich wünsche Euch allen hier einen guten Rutsch nach 2021 und daß die Situation sich so bald wie möglich wieder für jene bessert, denen sie tatsächlich konkret geschadet hat. Das kommt von Herzen!
JS