Selbstständig machen - nur womit, wenn man nichts wirklich gut kann?

Hallo,

ich bin jetzt fast 30 und die Arbeitswelt frustriert mich extrem, denn leider ist es so, dass ich nahezu überall bisher nur ausgenutzt und veräppelt wurde (falsche Versprechungen im Bewerbungsgespräch, schwammige Formulierungen in Arbeitsverträgen, schlechte Bezahlung etc.)

Ich muss ehrlich sagen, dass ich immer neidvoll auf die Menschen schaue, die sich mit irgendwas selbstständig gemacht haben und damit supererfolgreich sind. Ein Freund von mir war z.B. jahrelang Hobbyfotograf, heute verdient er damit sein Geld und konnte somit seinen Job kündigen und nun das tun, was wirklich seine Leidenschaft ist.

Mir ist schon bewusst, dass nicht alles Gold ist was glänzt und dass man als Selbstständiger nicht selten mehr arbeiten muss als ein normaler Angestellter, aber damit hätte ich auch kein Problem. Mir geht es eigentlich hauptsächlich darum, dass ich nicht jeden Morgen aufstehen und ins Büro gurken MUSS mit dem Gedanken, dass ich jetzt bis 17 Uhr nix anderes mehr sehen werde als meinen Schreibtisch.

Home Office würde mir im Grunde schon genügen. Aber Stellen mit diesen Möglichkeiten sind natürlich rar gesät und entsprechend begehrt.

Daher bin ich schon seit Monaten am Überlegen, wie bzw. womit ich mich selbstständig machen könnte, aber im Gegensatz zu anderen habe ich keine supertollen Hobbys und ich kann ehrlich gesagt auch nichts wirklich gut. Habe wie gesagt eine Ausbildung im Büro gemacht und dabei blieb es.

Gibt es auch die Möglichkeit zur Selbstständigkeit, wenn man eben nichts so wirklich gut kann?

Vor allem ist es vorher wichtig zu checken, ob man für die Selbständigkeit geeignet ist. Dazu gehören gewisse Grundkenntnisse in der Wirtschaft und ein entsprechendes Kapital im Hintergrund (grade wichtig für die Vorauszahlungen, die das Finanzamt und evtl. die BGen einfordern).

Am besten nimmst du an einem Existenzgründerseminar teil, dann kannst du prüfen, ob du geeignet bist. Denn "einfach nur arbeiten" ist dann nicht, selbständig sein bedeutet auch, viel "Papierkrieg" mit Ämtern und Behörden.

Als Selbstständiger muss man in der Regel mehr arbeiten, als 40 Stunden/Woche.
Besonders in der Gründungsphase.

Ich denke auch manchmal drüber nach, allerdings gibt es kaum etwas, wo man nicht eine Menge Startkapital braucht.
Im Onlinevertrieb braucht man ausser Waren und einer Platform wenig Kapital, aber der Onlinemarkt ist im Grunde gesättigt, ein Großteil der neu gegründeten Shops macht irgendwann wieder dicht.

Ich würde auch nie krampfhaft versuchen, mich mit IRGENDWAS auf Teufel komm raus selbstständig zu machen.
Es muss schon etwas sein, wo man ganz genau weiss, dass man davon leben kann. Alles andere ist russisches Roulette.

Hallo. Ich stimme Kerstin1976 vollkommen zu.

Außerdem finde ich es wichtig, zu schauen, für was man wirklich Interesse hat. Was ist deine Leidenschaft - gibt etwas, wofür du "brennst"? Jeder gute Unternehmer hat auch eine Unternehmens-Vision. Diese trägt das ganze, gibt Richtung und könnte in schwierigen Zeiten der Grund sein, nicht aufzugeben.

Was ist deine Vision?

Zuerst braucht es eine Idee.
Will ich nur mit Waren handeln - also Waren irgendwo einkaufen und weiterverkaufen
Will ich selbst etwas herstellen
Kann ich alles selbst machen oder brauche ich andere Leute dazu
Will ich ausschließlich übers Internet verkaufen
Oder brauche ich ein Ladengeschäft
Da gibt es soviele Fragen am Anfang - mal völlig unabhängig vom Behördenkram.

Ich bezweifle übrigens, dass es leicht ist, als Fotograf genügend Geld zu verdienen.

Ja, du verbringst als Selbstständiger viel Zeit mit der Tätigkeit, noch mehr als Angestellter. Zudem sichert sie deinen Lebensunterhalt, du kannst auch nicht einfach mal den Job wechseln.

Deshalb ist es schon wichtig, dass du dich damit identifizieren kannst.

Es klingt so, als würdest du dich selbstständig machen wollen, weil du gehört hast, dass es bei anderen klappt oder weil du nicht weißt, was du sonst machen sollst.

Das ist kein guter Antrieb dafür. Du solltest schauen, was du aus deiner eigenen Situation machen kannst.

Wovon lebst du denn jetzt, bist du arbeitssuchend gemeldet oder hast du aktuell einen Job?

Wenn Büro für dich nicht das Richtige ist, dann ist evtl. eine Umschulung oder zweite Ausbildung eine Gelegenheit?
Oder du machst erst einmal ein Praktikum, um herauszufinden, was für dich passen könnte?

Und was passiert wenn es nicht klappt mit der Selbständigkeit?

Als Angestellter hast du jeden Monat ein regelmäßiges Einkommen.

Als selbständiger Unternehmer gibt es auch Monate in denen es möglicherweise nicht läuft (vor allem in der Gründungsphase) und dann dauert es noch einige Monate bis es richtig läuft und du einen gewissen Kundestamm aufgebaut hast.

Gibt genug Leute die deshalb in der Insolvenz gelandet sind.

LG Yado

Dann gehts in Hartz 4 - aber das Ganze heißt eben auch Unternehmertum. Wir unternehmen etwas und damit kann man auch scheitern.

mikenull meinte:

Dann gehts in Hartz 4 - aber das Ganze heißt eben auch Unternehmertum. Wir unternehmen etwas und damit kann man auch scheitern.

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Das Insolvenzverfahren wurde ja schon angesprochen (sollte einen aber nicht unbedingt von der Selbständigkeit abschrecken, das passiert auch Arbeitnehmern).

Im schlimmsten Fall wird man in den Knast gesteckt. Da es eine Krankenversicherungspflicht gibt (und die Krankenkassen SEHR schnell bei einer Kündigung dabei sind, wenn man nicht rechtzeitig bezahlt) ist das Risiko höher, auch bei laufendem Geschäft sind ganz schnell ein Leben lang unglücklich zu machen. Von den Zahlungsfristen der BGs und der Finanzämter mal abgesehen.
Das größte Risiko ist aber die Zahlungsmoral der Kunden. Die ist über die letzten 10 Jahre hinweg so schlecht geworden, dass ich mittlerweile bei meiner Tätigkeit, in der ich nebenbei selbständig bin, bei manchen Vorkasse oder/und Anzahlung verlange.

Jemande, der so gar keinen Plan hat, wie der TE, sollte nicht einfach so selbständig werden.