Immer wenn ich Egoismus andeutete, schrie sie und drehte durch. Es war ihr wichtig, sehr wichtig sogar, das Allerwichtigste, dass ich sie als Selbstlos erkenne und benenne. Sie ist so dermaßen vehement in ihrem Vorgehen gewesen, dass sie meinen Widerstand letztendlich durchbrach. Sie ist immer noch so... Und auf diese Weise kam es dazu dass sie mir immer und immer wieder einredete dass sie selbstlos sei, und ich, um ihren Wutausbrüchen zu entgehen, nahm an was sie sagte. Verinnerlichte es.
Das ist doch wahre Dummheit....
Selbst auch wenn mir Zweifel kamen an ihrer Redlichkeit, betonierte sie diese Zweifel mit ihrer vehementen Art hernieder. Sie antwortete mir niemals auf meine Fragen, sie ging nie auf mich ein. Das einzige was ihr wichtig ist ist der Umstand, dass sie selber Vorteile erlangt. Und sie beklagte sich, dass niemand ihr Achtung schenkte, ihr nie dankte, sie also verkannt wurde. Obwohl sie den Menschen in ihrer Umgebung so sehr half.
Ich habe ihr viel gedankt, mit Worten, mit kleinen Geschenken, mit meiner Zeit und Aufmerksamkeit die ich ihr schenkte. Ich interessierte mich wirklich für sie, ich interessiere mich auch immer noch für sie. Aber ich erlange das Bewusstsein dass sie dieses Interesse missinterpretieren würde.
Dass ich ihr dieses, mein Interesse, nicht zeigen darf. Es ist genau so wie gesagt wurde, schenkt man ihr ein Lächeln weidet und höhlt sie einen gleich vollkommen aus....
Es ist so traurig.
Alle meine Errungenschaften, alle meine Erfolge.... kann ich nicht mit ihr teilen. Denn sie bagatellisiert sogleich ALLES herunter was ich tue oder getan habe.
Ich bin aus dem Rehasaustall geflüchtet weil ich dort falsch therapiert worden bin, doch das sieht sie anders. Sie wollte dass ich dort bleibe. Sie hat ja auch Geld bekommen dafür, aber das ist eine andere Geschichte... Ich habe, entgegen meinen Behinderungen, den Führerschein erlangt. Ich habe die Schule erfolgreich beendet, ich habe Abschlüsse, ich habe Freunde, Freunde die immer noch zu mir halten, ich habe gearbeitet, ich habe ein Kind, ich bin gerade dabei eine Umschulung zu machen, meine Chefin weiß von meiner Behinderung, sie weiß auch wie schwer es mir meine Mutter macht, und trotzdem hält sie zu mir...
Ich habe eigentlich angesichts all des Mists welcher mir passiert ist doch großes Glück gehabt. Aber meine Mutter scheint nicht von dieser Welt zu sein, sie sieht viele Dinge einfach gänzlich anders. Mein Bruder hat sich lange schon von seiner Herkunftsfamilie "getrennt", wie er es sagt. Er nimmt nicht mehr Teil. Diesen Kindergarten braucht er nicht sagt er....
Ich meine, all das weiß ich. Auf intelektueller Ebene. Doch trotzdem hadere ich. Es fällt mir trotzdem schwer. Das ganze Geschehen tut mir leid... Dabei frage ich mich wieso ich Reue empfinde?! Ich frage mich, hätte ich nicht irgendwo anders entscheiden können so dass das alles hätte abgewendet werden können?
Mein Kind ist jetzt da, dadurch muss ich mich nun auf andere Dinge konzentrieren und kann nicht mehr auf meine Mutter achten. Doch trotzdem bliebt ein Zweifel... Bin nicht doch ich schuld an allem?