Also ich würde das begrüßen zu erfahren, was denn konkret vorgefallen ist.
Das musst du nicht. Schreibe das, was für dich okay und verkraftbar ist. Wir wollen nichts verlangen und nichts fordern. Ich kann deinen Schmerz verstehen und ich finde wichtig, dass du dich nicht gezwungen fühlst dich hier komplett zu offenbaren und alles niederzuschreiben. Höre auf dich. Du bist wichtig.
Wir lernten uns kennen im Mai 2017. Es war anfangs sehr schön. Wir haben auch später noch oft gute Momente gehabt, aber so gut wie damals war es nie mehr. Wir waren beide Ausländer in Japan und haben sehr bald nach Beginn der Beziehung Lust auf einen Trip gehabt. Also sind wir nach Osaka gereist und haben dort ein Wochenende verbracht.
Ich habe einer japanischen Bekannten Fotos davon geschickt, was meine Ex dann im Oktober rausfand. Ich hatte außerdem einer anderen Bekannten mein Leid geklagt, da wir wie jedes Pärchen uns eben manchmal gefetzt haben aber alles war normal und weil ich weit weg von zuhaus war, brauchte ich Leute zum reden.
Der Bekannten hab ich dann leider auch wie ein totaler Idiot Sachen erzählt wie zb meine Freundin wäre etwas langweilig, sei nicht mein Typ vom Körperbau, etc... Sehr gemeine Sachen eigentlich, und das während sie mich hat bei sich wohnen lassen gratis. Hatte ja vorher meinen Job verloren. Also da habe ich mich echt verhalten, das ging gar nicht.
Das fand sie dann also raus, und nach dem Abend war es nie mehr so wie vorher. Sie ist ausgerastet, sowas hat man noch nicht gesehen. Hat mich als Fremdgeher beschimpft, obwohl ja in der Form weder körperlich noch emotional irgendwas gelaufen war. Ich hatte halt nur einer Bekannten fiese Sachen erzöhlt wie ein gemeiner Kerl.
In der Nacht musste ich auf dem Boden schlafen ohne Decke. Sie hat mich geschlagen, getreten. Das waren dann auf ihrer Seite die ersten roten Flaggen. Danach war sie wie entfesselt. Es dauerte Wochen bis Sie wieder normal mit mir redete, aber irgendwas war kaputt. Ich hatte ihr Vertrauen missbraucht, und sie hatte in einem Maße reagiert, wo ich innerlich eigentlich schon wusste dass ich jedes Recht hatte zu sagen, ich bin weg.
Über Weihnachten flog ich heim, wo ich mit meinen Eltern darüber redete. Sie rieten mir, mich zu trennen. Meine Ex rastete aus, nannte mich einen Feigling am Telefon, als ich versuchte, zu erklären dass ich unschlüssig bin wie wir das ganze fortführen sollen, wenn überhaupt. Ich knickte ein und kam zurück zu ihr, tat mein bestes für Sie.
In der Zwischenzeit hatte ich nochmal den Job gewechselt und hatte Glück gehabt, hatte einen guten Job gefunden. Das war im April 2018. Kurz bevor es los ging, spendierte mir meine Freundin zum Geburtstag ein Wochenende in einem Kurort in den Bergen mit heißen Quellen. Ich freute mich natürlich, aber verhielt mich wieder wie der letzte Penner. Viele Situationen habe ich vergessen oder verdrängt, weiß aber, dass ich Sie oft wütend gemacht hab.
Gleichzeitig hatte sie aber auch eine Art an sich, echt wütend zu werden wegen dem lächerlichsten Kinderkram, also quasi fies und zickig zu werden wenn sie nicht bekam was sie wollte. Das zog sich wie ein roter Faden durch die Beziehung. Als wir zu dem Kurort fuhren mit dem Zug, wollte Sie dass ich an der Information nach einer Karte frage. Da mein Japanisch schlecht war, zögerte ich. Sie wurde direkt und völlig unverhältnismäßig wütend.
Im Kurort übernachteten wir in einem Hotel in den Bergen. Es lag noch Schnee. Für sie, als Filipina, was ganz besonderes. Ich hingegen, ganz der Undankbare, hatte nur Augen für den schlechten Zustand des Hotels. An allem nörgelte ich rum, obwohl ich außer meinem Zugticket nichts für das Wochenende bezahlt hatte. Pfui.
Nun war es so, dass das Hotel tatsächlich echt runter gekommen war. Aber ich hätte ja trotzdem etwas Dankbarkeit zeigen können, oder. Und das ist nun etwas, das sich bei mir selbst wie ein roter Faden durchzieht. Es war nicht so, dass ich TATSÄCHLICH undankbar war. Im Gegenteil, mir war immer bewusst, wieviel sie für mich tat, wie viel Geld sie für mich ausgab, etc... aber ich zeigte es nicht. Im Gegenteil, ich hatte immer nur Augen für das Schlechte. Stichwort von vorher, dysthyme Persönlichkeit. Zwar die guten Dinge immer wahrnehmen können, aber das nie zeigen. Sich stattdessen immer unwillkürlich auf das Schlechte konzentrieren.
Dazu muss man sagen, typisch Philippinen war ihre Familie in.... sagen wir mal höflich, sehr bescheidenen Verhältnissen. Ihre Mutter leitet eine kleine Schule aber der Vater, ein Koch, kann durch eine Rückenverletzung nicht mehr lang in der Küche stehen oder laufen. In 2018 kam dann die Regierung in Manila und sagte der ganzen Nachbarschaft: Haut alle ab, nächste Woche kommen die Bulldozer, hier werden neue Apartments und Shopping Malls gebaut. So läuft das da.
Und was tat meine Freundin, sie schloss über Nacht einen Kredit für ein Haus in Manila ab. Das Haus kostete soweit ich weiß knapp 84.000 Euro. Nach unseren Standards ein Schnäppchen, dort eine Summe an der eine Familie 30 Jahre lang knappst. Meine Freundin kaufte also sofort ein Haus für ihre Familie obwohl sie wusste, dass sie, wenn sie den Vertrag abschließt und jeden Monat 1000 Euro nach Hause schickt, selbst nicht mehr genug zum Leben hat. Sie hat keine Sekunde gezögert. Ich fand das gefährlich aber auch unglaublich bewundernswert.
Am nächsten Morgen machten wir vor der Busfahrt heim Fotos im Schnee. Sie machte einen Schneeengel. Ich war so glücklich. Ich freute mich so für sie und für uns, ich genoss den Moment. Ich lachte, ich hatte Spaß. Und was war das schlaueste was mir einfiel, als ich sah wie sie den Schneeengel machte? Ich sagte sie sieht aus wie ein gestrandeter Wal. Was bin ich eigentlich für ein dämlicher Bastard? Dass ich total happy bin und dann sowas sage. Einfach null Erfahrung habe im Umgang mit Menschen, null Einfühlvermögen.
Wobei das nicht stimmt. Ich bin extrem einfühlsam. Aber ich labere bevor ich denke. Immer wieder. Und das war so ein Moment. Echt das letzte. Klar war sie total traurig. Und ein Teil von mir will jetzt sagen, hey, das war unangebracht, aber sooo irre schlimm doch auch nicht. Aber eigentlich war es doch schon schlimm... oder? Und deswegen sag ich, ich weiß nicht mehr was ich noch glauben soll. Ob ich ein totales Scheusal war oder harmlos aber dumm, oder völlig unschuldig, oder doch was dazwischen.
Weil ich im neuen Job den ganzen Tag unterwegs war, sahen wir uns nicht mehr sehr lang jeden Tag. Sie stand jeden Morgen um 5:30 auf und kam um 18.00 heim. Ich begann jeden tag um 8:30, und arbeitete bis 21:00. Wenn ich heim kam, war sie schon im Bett, aber wir taten unser bestes. Brachten uns gegenseitig Einkäufe mit, oder Take Out Essen, etc.
Aber die riesigen Schulden machten ihr sehr zu schaffen. Oder besser gesagt, die tatsache dass sie von 30 Euro in der Woche lebte umgerechnet. In einem Land vergleichbar mit der Schweiz wo ein Kaffee schon schnell 10 Euro kostet.
Ich kaufte in der Zeit fast exklusiv die Einkäufe und was man eben braucht im Alltag. Ich beschwerte mich auch nicht. Ich hatte damals schon das Gefühl, ihr etwas schuldig zu sein dafür wie ich sie hintergangen hatte im Vorjahr. Heute denke ich, ich hab damals nur geglaubt, ich könnte diese "Schulden" finanziell abarbeiten. Dass ich quasi Frieden in der Beziehung erkaufen könnte. Aber das war natürlich total der Holzweg. Denn ich verhielt mich weiterhin unmöglich und tat ihr sehr weh.
In den Philippinen ist Familie alles. Irgendwann wurde es mir etwas zu bunt, da ich erfuhr, dass ihre Geschwister, insgesamt 4, sich nicht weiter am Hauskredit beteiligten. Ihr große Schwester gab der Mutter wohl 100 Euro. Meine Freundin gab 1000. Das ganze stand in keinem Verhältnis. Ich vergaß aber auch, dass die Schwester in den Philippinen weitaus weniger verdiente als meine Freundin und ich in Japan. Das ignorierte ich dummerweise, ganz der europäische Ignorant, und irgendwann nannte ich ihre Schwester im Zorn fett, hässlich und faul, und ob sie sich nicht schämt.
Das krasse war auch hier wieder: Mein Erbsenhirn dachte, ich sage da etwas gutes, weil ich nämlich einfach nicht wollte, dass meine Freundin sich so kaputt arbeitete und am Ende kaum ihr Lunch bezahlen konnte. Ihre Situation (Die, wie ihr gleich erfahrt, sogar noch viel schlimmer war als ich dachte) wurde immer trostloser, trauriger. Ich dachte ich tue etwas richtiges und wichtiges.
Großer Fehler. Meine Freundin ging auf mich los wie eine Berserkerin. Schlug mich viele male. Blaue Flecken hatte ich. Blutige Kratzer. An dem Tag warf sie zum ersten Mal meine ganzen Sachen hinaus auf die Straße. Das geschah dann ab da immer und immer wieder wenn wir uns stritten, sie war wie entfesselt. Obwohl sie mich an dem Tag mehrfach geschlagen hatte, sah ich das ganze als "den zweiten Schlag" nachdem sie mich schon mal geschlagen hatte. Und redete mir immer ein, wenn es zu einem dritten Schlag kommt, bin ich für immer weg.
Es wurde klar, dass meine Freundin schwer depressiv geworden war durch den Kredit und die Geldnot. Ich selbst verdiente auch nicht sehr viel, gerade genug um uns mit dem nötigsten auszufangen und sie ab und zu ins Restaurant auszuführen... Auch hier wieder dachte ich, ich könnte Frieden in der Beziehung erkaufen. Meine Freundin aß oft und viel und fast immer ungesund. Das hatte Auswirkungen auf ihr Aussehen, besonders ihr Hautbild.
Ende Teil 1/4