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seelische folgen nach suizid eines elternteiles?

G

GastinAB

Gast
hallo,

ich muß einmal hier etwas anfragen, ohne meinen namen zu nennen.

zur sachlage:
ich habe einen freund, den ich sehr gern habe, oder der mir sehr nahe ist. obwohl wir seit einigen monaten sehr große probleme haben. die liegen aber wohl nicht so sehr an unserer beziehung selbst oder auch nur an mir, auch wenn sicher jeder von uns zweien seine ecken und kanten hat.

aber mein freund stammt aus einem elternhaus, in dem viel schief gelaufen ist. er muß zu einem teil eine ziemlich schreckliche kindheit gehabt haben. zum einen waren seine eltern wohl alkoholiker, trotz guter bildung und arbeit. aber das problem zieht sich wohl durch alle schichten, habe ich jetzt gelernt. dazu kamen traumatische erlebnisse mit den eltern in ihrem suff. die kinder, mein freund und seine geschwister, mußten also viel schlimmes erleben und auch viel verantwortung übernehmen, die eigentlich die eltern gehabt hätten sollen.

nun erlebe ich, daß mein freund seit einigen monaten trotz unserer guten beziehung in eine immer schlimmere krise schlittert. ich habe auch lange gebraucht, um dies von mir selbst und meinem anteil daran abgrenzen zu können. mich selbst führt es natürlich auch an meine grenzen. aber darum geht es mir an dieser stelle nicht.

er zieht sich immer mehr zurück. und selbst wenn ich ihn auch seit gut einem halben jahr nur selten zu gesicht bekomme, und schon allein das unsere beziehung sehr strapaziert, so habe ich noch immer von allen menschen den meisten kontakt zu ihm.
er ist auch vor einigen wochen beurlaubt worden, sitzt jetzt also zuhause. allein. und so ohne ablenkende arbeit habe ich eigentlich noch mehr angst um ihn. obwohl ich ihm versprochen habe, daß ich ihm zeit gebe, daß er sich um sich selbst kümmern kann. und er hat mir versprochen, daß er sich jetzt endlich auf den weg macht, um sich hilfe zu suchen.

der punkt ist, weshalb ich dies thema anschneide. ich habe erst heute erfahren, daß sein vater suizid begangen hat vor einigen jahren. daß er unter schlimmen umständen gestorben ist, wußte ich aber schon vorher. mein freund war zwar schon erwachsen, als dies passierte. aber mit dem kindheitshintergrund scheint ihn dies sehr tief getroffen zu haben. da er nicht viel erzählt (aber immerhin schon etwas), kann ich nur vage sagen, daß es zum einen mit schuldgefühlen zu tun hat. er selbst sei schuld am tod des vaters, habe ihn sogar "umgebracht". aber es ist auch eine riesenwut da. sein vater hält immer noch "die hand auf ihn", läßt ihn nicht los.
irgendetwas aus diesem erleben lastet so stark auf ihm, daß es seine ganzen lebensadern abschnürt. es geht ihm oft wirklich sehr schlecht. und er läßt dann auch niemanden zu sich. (nur manchmal mich. und dann geht es ihm auch schnell wieder besser, gott sei dank)

nun meine frage:
es ist seit einigen jahren immer besser bekannt und erforscht, wie es kindern aus alkohol- und anderen suchtfamilien geht. es wird auch langsam bekannter, wie es kindern geht, die mißbrauchserfahrungen machen mußten oder andere gewalterfahrungen.

um meinen freund besser verstehen zu können und weil ich ihn wirklich sehr gerne habe, (obwohl es mich tatsächlich auch an meine belastungsgrenzen führt), habe ich dazu in den letzten moanten einige bücher gelesen. so zb. über alkoholkranke familien, über die kindheit und die folgen in einer solchen familie aufgewachsen zu sein. aber auch über co-abhängigkeit, worüber ich durch zufall in dem zusammenhang gestoplert bin. darüber bin ich aber besonders dankbar. denn es hilft mir, mich vor den gröbsten fehlern zu schützen und überhaupt mich selbst in dem zusammenahng auch zu schützen. denn es wäre ja wohl kaum hilfreich, wenn ich selbst über all das auch noch krank würde.

weiß aber jemand hier aus dem forum, mit welchen folgen kinder leben, die in so einem familiären umfeld groß geworden sind und deren eltern(teil) sich dann später selbst getötet hat? gibt es dazu internetseiten, bücher, foren etc.? ist dies überhaupt schon als thema bekannt? nicht zuletzt natürlich ist es wichtig, wenn man dort erführe, wie man mit solch einem menschen umgeht, der ein solcher hinterbliebener ist.

bisher habe ich lediglich selbsthilfegruppen gefunden, wo man zumindest auf der interentseite aber auch nicht besonders viel erfährt zum thema.

ich danke euch schon jetzt für eure mithilfe und anteilnahme und das lesen dieses beitrages

liebe grüße

a.b.
 

Werner

Sehr aktives Mitglied
Hallo a.b.,

so verständlich dein Wunsch ist, alles genau "verstehen" zu wollen - du kannst das nicht aus Büchern erlesen und wohl nur dann echt verstehen, wenn du es selbst erlebt hast. Dieses Ziel (verstehen) scheint mir unpassend zum Problem. Passender denke ich, wäre, zu erfahren, was deinem Freund gut tut/gut tat und dann "mehr davon" zu machen, ihn dabei zu unterstützen - also eher Zukunft und Gegenwart als Vergangenheit. Ich würde ihn an deiner Stelle regelmäßig nach seinem Ziel fragen, und ob du ihn dabei unterstützen kannst, es zu erreichen. Er will sicher nicht nur über den Suizid seines Vaters oder seine Kindheit definiert werden, auch wenn das (weil ungewöhnlich) natürlich geradezu dazu einlädt ...

Gruß, Werner

P.S. Mein Vater ist auch durch Suizid gestorben, als ich noch recht klein war.
 
G

GastinAB

Gast
hallo werner,

ich verstehe sehr gut, was du meinst. es ist auch dies, was mein freund immer möchte: einfach ein normales leben. nicht darüber definiert werden, was die vergangenheit war, nicht mehr quasi "gezeichnet" sein müssen. einfach normales leben.
und darüber haben wir uns, als wir uns kennenlernten, auch getroffen. und das verbindet uns auch noch immer. es gelingt uns trotz der nun schon monate dauernden krise von meinem freund immer noch wieder, ein paar momente unbeschwertheit zu haben, die uns gut tun. und diese momente sind mir gold wert. ihm bestimmt auch.

aber diese krise, in die er gerutscht ist, die ist nicht wegzuleugnen. sie belastet ihn ganz im besonderen. und er sucht auch mich davor zu schützen, auf seine art. allerdings mit völlig untauglichen mitteln, die mich erst recht stark belasten.
so sind wir beide mit der situation ganz schön überfordert. und könnten eine so schöne beziehung haben, weil wir uns beide sehr gern haben. aber irgendetwas ist da noch sehr stark, was das alles so stark gefährdet.

und ich drohe dabei auch in kreisläufe zu geraten, die diese krise nur noch weiter verstärken könnten. das habe ich aus den büchern zumindest über erwachsene kinder aus alkoholikerfamilien schon begriffen. und es verlangt mir einiges ab, dem gegenzusteuern. undd abei auch nicht noch kopflastig zu werden, meinenf reund nicht als "patient" zu sehen und ihn so zu behandeln, sondern ihn weiterhin als meinen freund zu haben. und ihm auch zu sagen, womit ich überlastet bin. etc. zb. daß ich nicht seine ersatztherapeutin sein kann, weil das nicht meine aufgabe ist und weil es mich auch gnadenlos überfordert. denn ich habe trotz der bücher nicht wirklich ahnung, was ich ihm raten sollte, was er tun sollte. er selbst ist aber auch mit sich überfordert, denn er weiß auch viele dinge nicht, wie er sie anpacken soll. einfach schlicht, weil er es zu hause nicht gelernt hat. und auch bis heute nur mangelhaft (vergleichbar mit jemandem, der anstatt auf seinen eigenen beinen auf krücken läuft).

also deswegen versuche ich die balance zu halten und mit der zeit zu lernen, zu verstehen. bücher sind nicht das leben. das ist schon klar. aber aus eigener erfahrung kenne ich nun einmal nicht diese erfahrungen. und ich bin froh drüber. denn allein wenn ich daran denke, wie es mir ginge, wenn ich als kind dies erlebt hätte, bricht in mir das chaos aus. und genau so denk ich wird es auch bei meinem freund aussehen.
darum wünscht er sich nichts sehnlicher als normalität. eine normalität, die aber nicht zu erreichen ist, denk ich, wenn man sie nur mit verdrängung zu erreichen sucht. dann holt einen das verdrängte nämlich hintenrum und zur unzeit wieder ein. wie es jetzt eben auch ist. die alpträume und all das, was ihn jetzt so lähmt, das ist für mich (so erklär ich mir das laienhaft) dasjenige, was er versucht krampfhaft zu vergessen, zu verdrängen.
und von solchen verhaltensweisen gibt es so einige, die sich ganz fest mit der vergangenheit verknüpfen lassen. die sind im falle von kindern aus alkohol- und suchtfamilien auch gut bekannt. was ein vorteil ist, weil man sie so auch erkennen kann und lernen kann, mit ihnen umzugehen. gemeinsam!

ich kann auch gut verstehen, daß du meinst, ich solle ihn unterstützen, ihn danach fragen, was ihm gut tut etc. ja, die positive förderung und verstärkung. mit der habe ich auch angefangen, als ich noch gar nicht so recht wußte, worauf ich mich da einließ. aber ich merkte sehr schnell, daß mich das begann zu überfordern. denn die bedürfnisse meines freundes wurden immer größer. er hielt sich imemr mehr an mir fest, fühlte sich andererseits überfordert, eine beziehung zu führen, zog sich zurück dewegen und und und. irgendwann fiel mir auf, gott sei dank recht schnell, daß er immerzu im mittelpunkt stand. allein seine bedürfnisse waren es noch, die zählten. und trotzdem war es nie ausreichend. für mich und meine bedürfnisse war gar kein platz mehr in der beziehung. alles drehte sich um ihn.
von diesem zeitpunkt an habe ich begonnen, mich stärker zurückzunehmen,w as mir ziemlich schwer gefallen ist udn auch reichlich tränen gekostet hat. aber es war nötig. heute ist mir klar, vorläufig wird es innerhalb der beziehung auch weiterhin nur wenig platz für mich geben, obwohl er mich ja wirklich sehr gern hat. das muß mein freund erst mit der zeit lernen, geht nicht von heute auf morgen. udn so mußte ich mir außerhalb der beziehung meinen freiraum vergrößern. und das bedeutete, daß wir uns ein stück weit voneinander entfernten. was ängste freisetzte, bei ihm wie bei mir usw.

ach, es ist alles so kompliziert. ich gebe zu, ich wünschte, es gäbe ein patentrezept, wie man ein essen kocht bspw., einen goldenen weg, um mit diesen schwierigkeiten umgehen zu lernen. auch darum lese ich diese bücher. und hoffe insgeheim wahrscheinlich, doch noch ein solches patentrezept zu finden, wie mit dieser komplizierten situation umzugehen ist.

ich kann meinen freund nicht umkrempeln. dazu habe ich nicht das recht. daß udn was er verändert, das muß er schon allein herausfinden und in angriff nehmen, bestenfalls mit mir zusammen. aber ich kann es nicht für ihn tun oder entscheiden. das ist auch ganz schön schwer, für mich.

ja, aber trotz allem, obwohl sich das so kompliziert anhört vermutlich, und auch tatsächlich ist oft genug, wir haben uns wirklich sehr gern, jeder von uns den anderen. und wie gesagt, es gibt imemr wieder noch diese momente, die mit gold nicht aufzuwiegen sind, die ich nie missen möchte. einfach zb. wenn er mich für einen moment anschaut und etwas sagt, was so goldrichtig ist, daß es in mir knack macht und mein inneres sagt: genau dafür und manches mehr liebe ich dich. und möchte nicht mehr ohne dich sein.

aber wie kommen wir mit den schattenseiten klar, die die vergangenheit noch wirft, auch mich selbst dabei übrigens nicht ausgenommen? ich könnte jedenfalls gut darauf verzichten, daß es diese vergangenheit gibt, die alkoholikerfamilie genauso wie den suizid des vaters. schon allein: was soll ich mit so einer schwiegerfamilie anfangen? auf die ist nie und nirgends verlaß. es gibt überhaupt keine unterstützung von dort.

weißt du, was ich mein?

gruß a.b.
 

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