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Schuld am Liebeskummer meines besten Freundes

G

Gast

Gast
Hallo,

dies ist das erste Mal dass ich in ein Online-Forum schreibe, aber ich weiß mir einfach nicht mehr zu helfen. In meinem Bekanntenkreis ist niemand der mir eine neutrale Meinung geben könnte.
Ich (weiblich, 20) bin schuld am Liebeskummer meines besten Freundes und ich weiß nicht was ich tun soll.

Angefangen hat es vor sieben Jahren als wir zusammen in eine Schulklasse kamen und das blieben wir auch bis zum Abi. Wir haben uns eigentlich immer ganz passabel verstanden, wie Kollegen eben. In der 10. kamen wir uns mal näher, er hat angefangen mir lang Non-sense-Gedichte per SMS zu schreiben und ich hab immer entsprechend drauf geantwortet, wir hatten unsere Freude dran. Dann kam wohl bei ihm zuhause ein Problem auf (habe ich jetzt rausgefunden) und er wurde ziemlich unausstehlich. Über die folgenden Jahre hat sich das wieder gebessert und wir haben uns immer besser verstanden.

Im Abijahr haben wir dann angefangen uns Emails zu schreiben. Ich hatte meine Freude dran, wir haben über alles Mögliche geschrieben (tiefgründige Fragen, Witze, Rätsel, Probleme oder uns einfach nur gegenseitig aufgeheitert) und irgendwie ist es immer mehr geworden. Wir haben uns täglich geschrieben, quasi alles berichtet was wir im Moment so machen, es war fast wie eine Sucht. Im August letztes Jahr hat er mich dann gefragt ob wir mal was zusammen unternehmen wollen und mir wurde unwohl. Ich habe ihm vorsichtig gesagt dass ich keine Beziehung möchte (was nicht an ihm liegt, ich bin generell nicht in dem Sinne an Jungs interessiert) und er hat mir gestanden dass er in mich verliebt ist, und das wohl schon seit einigen Jahren. Er hat mir gesagt dass ich die wichtigste Person in seinem Leben bin und er alles für mich tun würde, und ich glaube ihm sogar. Nun gut, wir haben die Situation irgendwie geregelt gekriegt und weiter Emails geschrieben, noch mehr als vorher.
Kurz nach Weihnachten hat er mir von einem Traum erzählt den er hatte: es ging darin um ein romatisches Beisammensein. Wieder habe ich ihm gesagt dass es mir sehr leid tut, aber dass ich nicht die Frau für sein Leben sein werde die er gefunden zu haben glaubt. Er hält mich für die Richtige, die perfekte Partnerin und träumt von einem Leben mit mir, mit Ehe und Kindern und allem drum und dran, etwas das ich nicht will. Diesmal denke ich dass es durchgedrungen ist und er angefangen hat zu akzeptieren dass seine Träume in dem Sinne nicht wahr werden. Um mich nicht zu verlieren hat er versucht mich auf die Schwesterebene zu stellen und das hat auch einigermaßen funktioniert. Jetzt im Januar war Examenszeit (wir sind zusammen auf der Uni, verschiedene Studiengänge, aber einige Kurse gemeinsam), und ich habe gemerkt dass mir die vielen Emails zu viel wurden. Wir haben uns täglich gesehen, waren öfter mal zusammen spazieren und trotzdem haben wir soviel geschrieben. Ich war einfach nicht mehr ich selbst, hatte für nichts mehr Zeit und es wurde quasi zur Sucht sofort zu antworten. Außerdem ging es mir nicht gut dabei weiter mit ihm zu schreiben wo ich doch weiß, dass er nach der "Richtigen" sucht und es doch eine Qual sein muss, mir schreiben zu dürfen aber mich nie ganz haben zu können, mal abgesehen davon dass er auf die Art nie andere Frauen kennenlernt. Noch dazu hat meine Familie angefangen Probleme zu machen weil mein intensiver Emailverkehr auch Auswirkungen auf mein Privatleben hatte. (Wir wohnen beide nich daheim).
Da er gerade das Thema angeschnitten hatte, ich solle bitte ganz offen und ehrlich zu ihm sein wenn mich irgendetwas stören würde und ihm auf gar keine Fall etwas vormachen (vermutlich weil er gespürt hat dass ich ab und zu aus Rücksicht auf seine Gefühle nichts gesagt habe), habe ich ihm eröffnet dass ich die Emails gerne etwas reduzieren würde. (Momentan sind Semesterferien, ich sehe ihn also nicht und die ganze "Gespräche" laufen wie immer über Email (es besteht das ungeschriebene Gesetz über Probleme nicht zu reden, nur zu schreiben)). Er hat zuerst gefasst drauf reagiert und gesagt dass er sich schon so etwas gedacht habe, weil auch er wüsste dass es zuviel war und dass er kaum noch etwas anderes tat als zu warten dass ich mich melde, weil ich irgendwie zum Mittelpunkt seines Lebens geworden bin. Er sagte, er würde jetzt nichts mehr schreiben bis ich mich wieder melden möchte. Drei Tage habe ich mich nicht gemeldet (unter gegebenen Umständen eine lange Zeit), dann haben wir uns zum letzten Examen wiedergesehen und ich war schockiert zu sehen wie schlecht es ihm geht. Mir ging es eigentlich ganz gut. Endlich hatte ich wieder Zeit, und ich war wieder mehr ich selbst. Deshalb stand auch mein Entschluss fest mich den Rest der Semesterferien (zwei Wochen) nicht zu melden und uns beide auf Entzug zu setzen. Auch das habe ich ihm mitgeteilt, mitsamt dem Wunsch dass er darüber weg kommt.
Es gibt einige Probleme die das Ganze komplizierter machen. Er hat ein sehr schwieriges Elternhaus mit einem Vater der die gesamte Familie tyrannisiert, war eine Zeit lang depressiv und hat keinen Menschen mit dem er über seine Probleme, Ängste, Gefühle, Träume oder Gedanken reden kann. Der einzige Mensch mit dem das ging war ich, dadurch entstand die paradoxe Situation dass ich ihm wehgetan habe (wenn ich sagte dass ich seine Liebe nicht erwiedere) und ihn dann tröstete. Er schien sich auch beide Male als ich ihm den Korb gegeben habe wieder recht schnell zu fangen. So wie jetzt habe ich ihn noch nie gesehen. Er ist völlig am Boden, hat das Gefühl sich mir aufgedrängt zu haben (was nur bedingt stimmt) und diesmal kann er mit niemandem drüber reden.
Ich machen mir Sorgen um ihn, denn er ist mein bester Freund und ich habe Schuldgefühle weil ich ihn da rein gestürzt habe. Ich hätte niemals soviel Kontakt zulassen dürfen, das weiß ich jetzt, aber jetzt ist es zu spät. Ich würde ihm gerne helfen, weiß aber nicht wie und ob das überhaupt geht, es tut mir weh ihn so zu verletzen. Ich brauche den Abstand. Gleichzeitig habe ich Angst ihn vollständig zu zerstören und fühle mich wie ein totaler Egoist. Ich bin einfach ratlos. War es richtig auf Abstand zu gehen?
Im Moment kann ich auch mit niemandem darüber reden. Meine Familie kann das Thema nicht mehr hören und ist froh dass ich endlich eine Kontaktpause eingelegt habe und meine einzige Freundin mit der ich drüber reden könnte ist auch sehr eng mit ihm befreundet (wenn auch nicht halb so eng wie ich).
Sorry für den langen Beitrag, ich weiß mir nicht mehr anders zu helfen. Es musste einfach mal raus.
 

Elis

Mitglied
Hallo Gast,

ich finde deine Sorge um deinen besten Freund richtig berührend, weil das zunächst einmal zeigt, dass du sehr viel Mitgefühl für ihn hegst und dich in seine Situation wohl gut einfühlen kannst.

Deine Selbstvorwürfe sind sicherlich sehr belastend für dich, wie man aus deinen Zeilen ja gut erspüren kann. Du meinst es aber einfach nur gut mit ihm und bist auch ehrlich ihm gegenüber, auch wenn du die Zeit nun nicht mehr zurückdrehen kannst, weil er nun offenbar eben sehr intensive Gefühle für dich entwickelt hat und in dir offenbar eine zentrale emotionale Bezugsperson sieht. Dadurch sind die "Körbe", die du ihm gegeben hast aus seiner Erlebniswelt vermutlich eine Katastrophe, was an seiner veränderten Verfassung für dich nun deutlich geworden ist.

Ich bin selbst auch gerade seit Wochen in einer ähnlichen Situation und erkenne mich daher glaube ich ganz gut in der Rolle deines besten Freundes wieder, weil sich kurz vor Weihnachten meine Freundin nach 6 Jahren Beziehung von mir getrennt hat und ich auch sehr traurig darüber bin, dass sie mich abgewiesen und den Kontakt nach so langer intensiver Zeit zu mir abgebrochen hat.
Genau wie du für deinen Freund war auch meine Freundin für mich die zentrale Bezugsperson mit der ich ebenfalls über alles reden konnte. Auch die häusliche Situation war bei mir jahrelang vergleichbar: also auch bei mir Psychoterror/Gewalt vom tyrannischen Vater ausgehend und chronische Depressionen.

Wie du siehst bist nicht du die Schuldige, sondern wenn man das so ausdrücken kann die psychosoziale Dynamik zwischen dir und deinem besten Freund vor dem Hintergrund der ganzen Lebenssituation. Du warst offenbar immer viel wichtiger für ihn als er für dich, zumindest auf der emotional tieferen Liebes-Ebene, die sich bei ihm entwickelt hat und bei dir eben nicht. Diese Sucht mit dem extrem ausgeprägten Schreiben kenne ich auch von mir, da ich mit meiner Freundin z.B. jeden Tag zig SMS geschrieben habe und auch mein privates Umfeld komplett dafür zurückgestellt wurde und wir beide keine Freunde außer uns beide hatten. Da war es sozusagen vorprogrammiert, dass es wie bei euch am Ende einen Leidenden geben muss, sobald bei dem Einen mehr Gefühle vorhanden sind. Denn dann ist das Gegenüber (in diesem Falle du) in einem schrecklichen Dilemma des Verantwortungsgefühls für den betreffenden Freund und dem inneren Bedürfnis zur Wahrhaftigkeit vor dir selbst und ihm gegenüber. Denn obwohl du ihn nicht verletzen willst, tust du es zwangsläufig, wenn du moralisch integer bleiben willst, da du ja ihn auch nicht tiefere Gefühle für ihn vorspielen solltest, die du für ihn nicht hegst.

Bei manchen Problemen im Leben gibt es Leiden, egal welche Entscheidung man fällt. Das ist die Grundkonstellation für eines Dilemmas: entweder du leidest, wenn du dich selbst verleugnest und ihm etwas vorspielst oder er leidet, wenn du ihm gegenüber integer auftrittst und seine emotional tieferen Bedürfnisse abweist, die er an dich heranträgt.

Ich finde das Leben in vielerlei Hinsichten oft so furchtbar traurig und weiß auch nicht genau, was ich dir aus meiner Perspektive heraus nun raten soll. Ich selbst wünsche mir z.B. dass meine Freundin irgendwie noch einmal eine tiefere Verbindung zu mir findet, die bei ihr irgendwann verloren ging. Doch solange das nicht der Fall ist hätte ich mir gewünscht, dass sie mir wenigstens als platonische Freundin verbunden bleibt und nicht den Kontakt ganz zu mir abbricht. Vielleicht sollte ich dir nun also raten, ihm wenigstens ein Halt zu bleiben, auch wenn es für ihn schmerzhaft ist, dass er mit dir nicht mehr auf diese Ebene kommen kann, die er wünscht. Manch andere hier im Forum würden dir vielleicht aber raten, dass du nun stärker auf Abstand gehst, zumal du ja schreibst, dass du diesen Abstand brauchst. Nach eine gewissen Zeit könntet ihr vielleicht ein für euch beide emotional gesundes Maß an Kontakt finden, sofern dein Freund es aushält, mit dir nicht mehr so intensiv Kontakt zu haben.

Ich hoffe sehr, dass du eine weise Entscheidung für dich treffen kannst. Aus Sicht deines Freundes sieht das natürlich wieder ganz anders aus, da er vielleicht genauso wie ich gerade noch ganz traurig und zerstört darüber ist, dass du seine Gefühle nicht erwidern kannst. Wenn ich dein Freund wäre, würde ich also wohl versuchen, dich zurückzugewinnen oder völlig zu resignieren. Bei ihm ist wohl Letzteres eingetreten. Das ist wirklich bitter, aber so schrecklich ist das Leben oftmals. :-(
Also ich tendiere dazu, dir noch ein paar weitere Meinungen - außer meiner persönlich befangenen Meinung! - einzuholen und dann mit dir selbst auszumachen, wann du bereit bist, irgendwie wieder auf ihn zuzugehen, ohne, dass es für euch beide unerträglich wird. Im Idealfall stelle ich mich (als neutraler Beobachter unabhängig von meinem eigentlichen Beziehungswunsch gegenüber meiner Freundin) vor, dass ihr alles Positive zwischen euch beiden wiederbelebt, was für euch beide emotional okay ist. D.h. dass ihr weiterhin für einander da seid und als beste Freunde immer ein offenes Ohr füreinander habt. Wenn dann irgendwie doch noch mehr Gefühle deinerseits für ihn daraus erwachsen, weil du ihn anders wahrzunehmen bereit bist als bisher, dann wäre das für deinen Freund natürlich wunderschön. Wenn du allerdings einen partnerschaftlichen Freund auf noch intimerer Ebene kennenlernst wird sich zeigen, ob er das noch mitmacht oder ob er daran emotional zerbricht. Das Leiden des Lebens lauert also um jede Ecke aber ich wünsche dir sehr viel Glück, dass es bei euch auf ein erträgliches Maß reduziert werden kann.

Besten Gruß,

Elis
 
Zuletzt bearbeitet:
G

Gast

Gast
@Elis

Vielen herzlichen Dank für die ausführliche Antwort! Es hat schon geholfen zu wissen dass es noch andere gibt denen es ähnlich geht (auch wenn das natürlich nicht schön ist) und zu hören dass jemand die Situation versteht.
Ich habe die Hoffnung dass wir nach den zwei Wochen unsere Freundschaft langsam sanieren können, denn verlieren möchte ich ihn wirklich nicht. Du hast Recht wenn du sagst dass es ein Dilemma ist und egal wie ich mich verhalte Leiden dabei rauskommt. Auch das hilft, denn es nimmt mir einen Teil der Schuldgefühle zu wissen, dass es keinen perfekten Ausweg gibt.
Die ganze Situation ist verfahren und ich hoffe einfach dass es irgendwie gut ausgeht.
Auf jeden Fall wünsche ich auch dir viel Mut und Kraft über den Verlust deiner Freundin wegzukommen. Und nochmals danke.

Toni
 

Elis

Mitglied
Hallo Toni,

gern geschehen und danke für deine Rückmeldung. :) Es freut mich, dass ich dir ein wenig helfen konnte und genauso meinte ich das auch mit deinen Schuldgefühlen: Bei einem Dilemma gibt es keine leidfreie Lösung und somit auch keine Wahlfreiheit dahingehend, dass das Leiden durch moralisches Handeln verhindert werden könnte.

Ich wünsche dir auch viel Kraft dafür, dass eure Freundschaft trotz dieser schweren Situation auf veränderter Grundlage bald weiter bestehen kann und ihr das beste daraus macht, was für euch möglich ist. Es wäre nämlich sehr traurig, wenn ihr gar keinen Kontakt mehr hättet, nachdem ihr euch so lange sehr gut verstanden habt. Vielleicht kann es ihn ja auch nach Verarbeitung des Schmerzes irgendwann wenigstens trösten, dass du ihm dann als beste Freundin weiter erhalten bleibst und immer für ihn da bist.

Lieben Gruß und alles Gute,

Elis
 

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