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Schlechtes Verhältnis zu den Eltern - Vater jetzt im Seniorenheim

BiBär

Neues Mitglied
Hallo allerseits,
ich schreibe mal einfach drauf los, und zwar:
Ich bin 52 Jahre alt und habe mich bisher noch nie in irgendeinem Forum angemeldet oder geschrieben. Es ist also meine späte Premiere - war halt von je her ein Spätentwickler.
Mein Verhältnis zu meinen Eltern war nie besonders gut. Es war weder das Problem, dass meine Eltern schlechte Menschen waren/sind auch wenn einige Kindheitserfahrungen ziemlich mies mit meiner Mutter waren. Allerdings lebt meine Mutter nicht mehr und ich möchte ihr von ganzem Herzen den Frieden wünschen, den sie wie ich denke im Leben nicht finden konnte. Es war mir aber auch nach dem Tod meiner Mutter nicht möglich, ein intensiveres Verhältnis zu meinem Vater zu entwickeln. Zum einen war mein Vater schon 79 zu dem Zeitpunkt - da ist nach all den Jahren das Aufholen ziemlich schwer und zum anderen haben wir wenig gemeinsame Interessen. Es war bei meinen Eltern eh immer ziemlich schwer, Gehör zu finden. Ich denke der "Status" Kind war das einzig verbindende - was für ein Mensch wirklich dahinter steckt war weniger interessant. Meine Mutter hatte viel mit depressiven Verstimmungen zu kämpfen und wenig Sinn für anderer Leute Probleme. Mein Vater war mehr daran interessiert, seine Ruhe zu haben. Wenn ich mal angerufen habe, wurde der Hörer direkt an meine Mutter weiter gereicht.
Ich hatte immer wieder versucht, den Kontakt abzubrechen - mich einfach nicht mehr zu melden. Aber ich habe zwei Schwestern, die die Familie immer versucht haben zusammen zu halten. Was an sich sehr lobenswert ist - meine Schwestern sind wirklich liebe Menschen und ich habe die beiden auch sehr lieb. Aber der anhaltende Kontakt zu meinen Eltern hat mich immer zwischen Wut, Widerwille und schlechtem Gewissen pendeln lassen. Meine Schwestern verstehen das auch - beiden geht es nicht so viel besser. Nur durch deren Kinder / meine Neffen haben sie (eben für die Kinder) einen noch etwas anderen Kontakt. Meine Neffen sind mit meinen Eltern ziemlich gut ausgekommen.
Zudem will ich hier absolut offen und ehrlich sein: Mit mir ist es auch nicht unbedingt einfach. Ich habe Probleme, mit Kontakten und die daraus resultierenden Gefühle. Ich schätze, ich bin hypersensibel. Um das zu erklären: Ich bin nicht netter als unsensible, empfinde aber alles sehr, sehr intensiv. Mansche Familientreffen - auch wenn es nett war und kein böses Wort gefallen ist - haben sich im Nachhinein angefühlt als hätte man mir emotional permanent mit einem Finder gegen den Brustkorb gepiekst. Ich nehme Emotionen von meinem Gegenüber ziemlich intensiv auf und meine eigenen kommen noch dazu. Dadurch bin ich mittlerweile schon ziemlich kontaktarm geworden. Meine Schwestern sind da komplett anders. Das ist für beide nicht leicht zu verstehen - aber sie versuchen es!
Jetzt ist bei uns die Situation so, dass mein Vater (mittlerweile 86 Jahre alt) in einem Seniorenheim untergebracht ist, da er sich weder körperlich noch geistig alleine versorgen kann. Er ist durch ein recht hohes Gewicht und jahrelange Mangelbewegung nicht mehr allzu mobil und zudem noch geistig ziemlich strubbelig. Bezüglich des geistigen Zustands streiten sich da die Gemüter bei der Ursache - es kann größtenteils durch einen Schlaganfall verursacht sein oder/und beginnende Demenz.
Tja und mein Problem ist, dass ich einfach nichts mit ihm anzufangen weiß, wenn ich ihn besuche.
Dadurch dass wir auch vorher nicht viel miteinander Kontakt hatten und eher oberflächliche Gespräche, fehlt mir Gesprächsstoff. Es fällt mir wahnsinnig schwer ihn zu besuchen. Ich fühle mich ihm so gar nicht verbunden.
Tja, und jetzt weiß ich gar nicht, was für einen Rat ich eigentlich erwarte. Ideen, meinen Vater zu beschäftigen haben mir meine Schwestern schon zu Hauf gegeben - mit ihm raus an die frische Luft usw. Zugegebenerweise möchte ich die Besuche aber einfach nur schnell wieder hinter mich bringen.
Sollte mir trotzdem jemand zu meinem Problem was schreiben wollen, würde ich mich freuen.
Es hat aber irgendwie gut getan, das mal aufzuschreiben. Und schon mal lieben dank fürs lesen und fürs offen für andere sein - auch es sich um einen etwas verknorzt verkorksten Neuzugang handelt ;).
 

recuperation

Aktives Mitglied
Ich kann das nachvollziehen.

Es ist schwer, sich einzugestehen, dass zu einer Person, zu der eigentlich eine enge Verbindung bestehen sollte, einfach keine vorhanden ist. Mir ging es in Bezug auf meinen Vater vor dessen Tod ähnlich. In meinen Augen ist es aber nicht deine Aufgabe, jetzt einseitig eine Verbindung herzustellen, wo vermutlich zeitlebens keine war. Du bemühst dich ja um ihn, obwohl es dir unangenehm ist und nicht leicht fällt (was ich wie gesagt verstehe). Was darüber hinaus geht, kann man nicht erzwingen.
 

Eva

Aktives Mitglied
Hallo @BiBär,

erst einmal willkommen im Forum.

Wenn ich korrekt gerechnet habe, ist dein Vater 1935 geboren. Meiner (lange verstorben) ist Jahrgang 1930, also ähnlich. Das ist eine ganz andere Generation. alleine von der Erziehung, und auch weil er noch ein Stück vom Krieg mitbekommen hat.

Mein Vater hat den Telefonhörer auch immer an meine Mutter weiter gereicht. Die Männer von damals waren noch ganz anders. Gefühle zeigen war ein no go. Ich habe mich ewig von meinem Vater nicht geliebt gefühlt, eben weil er keine Gefühle zeigen konnte. Auch konnte ich mit ihm eigentlich über nichts reden, außer "Schönes Wetter heute" und so etwas. Dadurch war ich auch oft in seiner Gegenwart verkrampft. Hat sehr lange gedauert, bis ich begriffen hatte, dass es eine ganz andere Generation war, und er auch nur ein "Produkt seiner Erziehung" war. Zum Glück waren wir seit einigen Jahren im Reinen, als er Anfang 60 J. starb.

Vielleicht haben dich meine wenigen Zeilen zum nachdenken angeregt.
 

violina

Mitglied
Verbringe einfach etwas Zeit mit ihm auf eine Weise, die auch für dich angenehm ist. Auch ich kann mit meinen Eltern nicht besonders gut reden. Irgendwann habe ich vorgeschlagen, mal Rummycub zu spielen, was ich selber ganz gerne machen. Seitdem spielen wir das bei jedem Besuch, alles andere wie eine Tasse Kaffee trinken und kurz was erzählen, gruppiert sich locker drumherum. Das klappt erstaunlich gut. Manchmal muss man auch nicht so in die Tiefe gehen, ein bisschen relativ angenehme Zeit miteinander zu verbringen hat auch seinen Wert. Am Ende des (nicht zu langen) Besuchs sind beide Seiten dann ganz zufrieden.
 

BiBär

Neues Mitglied
Hallo allerseits,
eure Kommentare und Ratschläge haben mich wirklich gefreut.
Das Verhältnis zu meinem Vater werde ich jetzt nicht mehr verbessern können - er ist schon sehr durcheinander. Aber ich weiß natürlich letztendlich, dass ihm die Besuche trotzdem gut tun.
Ich bin allerdings auch nicht sehr oft bei ihm - ich will weg von diesem Zwang den ich immer empfunden habe. Da haben mir deine Worte Recuperation sehr gut getan.
Eva, ich denke allerdings auch wie du dass mein Papa genauso ein Produkt seiner Zeit / seiner Kindheit und seines Umfeldes ist wie letztlich jeder von uns. Ich möchte nicht mit Schuldzuweisungen auf meinen Vater eindreschen - das hat er weder verdient noch würde es irgendwem nützen.
Ich schätze, ich versuche meine Besuche gem. Violinas Klämmerchen ;) nicht zu lang werden lassen. Dann fällt mir das Wiederkommen vielleicht nicht so schwer. Und beim nächsten Mal werde ich ihn einfach mal kurz um den Block schieben - dann gibt es von außen mehr Anregungen. Das hilft uns beiden vielleicht weiter.
Also ihr Lieben - vielen lieben Dank und wenn ihr an dieser Stelle über eure Sorgen und Nöte schreiben wollt bin ich liebend gerne mal für euch da!
 

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