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Psychopharmaka moralisch vertretbar?

Hallo zusammen,

ich habe bei meiner ersten "echten" Sitzung (also die nach dem Erstgespräch) von meinem Therapeuten ein Rezept für Psychopharmaka bekommen, die mir in der nächsten Zeit dabei helfen sollen, meine Stimmungsschwankungen etwas im Zaum zu halten. Hab das Rezept erst einmal dankend angenommen und war einfach nur froh, dass mir geholfen wird.

Zu Hause habe ich es dann sofort durch meinen Aktenschredder gejagt.
Auf der Fahrt nach Hause habe ich über das Thema Psychopharmaka nachgedacht... Ich kann mir schon vorstellen, dass sie unglaublich hilfreich bei der Behandlung sein können (sofern man denn mal das richtige Präparat für sich gefunden hat), besonders in "Härtefällen", in denen sie das Leben überhaupt irgendwie wieder ertragbar machen.

Mir persönlich erschien der Gedanke, dass ich das natürlichste und menschlichste in meinem Leben, nämlich meine Gefühlswelt, durch irgendwelche Chemikalien beeinflusse, regelrecht pervers...


Wie denkt ihr darüber?


Gruß
incognito
 
Ich halte nichts von Psychopharmaka. Ich will ich sein, in jeder Situation, egal wie ich mich dabei fühle. Nur schon der Gedanke, dass ich von irgendwelchen Tabletten abhängig wäre um mein Leben zu meistern würde mich krank machen.
 
Für mich sind Psychopharmaka vertretbar, wenn Gefahr für das eigene Leben besteht. Wie kommt deine Therapeuten nach einer Sitzung schon Psychopharmaka zu vergeben? Klingt für mich nicht gerade professionell, oder lag schon vorher eine Diagnose durch einen anderen Arzt vor?
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie kommt deine Therapeuten nach einer Sitzung schon Psychopharmaka zu vergeben? Klingt für mich nicht gerade professionell, oder lag schon vorher eine Diagnose durch einen anderen Arzt vor?

Ob das jetzt "professionell" ist oder nicht, darüber erlaube ich mir kein Urteil. Vielleicht hätte ich aber deutlicher schreiben sollen: Ich muss/soll diese Tabletten nicht sofort und regelmäßig nehmen, sie sind eher als Vorsichtsmaßnahme gedacht. Ich soll sie nehmen, falls ich mich über mehrere Tage hinweg so richtig mies fühle, um "Schlimmeres zu verhindern".

Wandel meinte:
Ich halte nichts von Psychopharmaka. Ich will ich sein, in jeder Situation, egal wie ich mich dabei fühle. Nur schon der Gedanke, dass ich von irgendwelchen Tabletten abhängig wäre um mein Leben zu meistern würde mich krank machen.

Ja, genau das denke ich auch. Wenn ich mich tatsächlich auf diese Tabletten einlassen würde, würde ich mir damit irgendwie mein eigenes Versagen attestieren - dann hätte ich nur noch ein Problem mehr.
 
Prinzipiell finde ich die moralisch schon vertretbar. Das Problem ist nur, dass sie oft leichtfertig verschrieben werden und selbst Psychiater und Ärzte ein Auge zudrückt, wenn es z.B. um Langzeitschädigungen oder - teils heftige - Nebenwirkungen geht. Wenn jemand sie wirklich braucht, sollte er natürlich auch welche bekommen. Manchmal geht es eben nicht anders.
Zuerst sollten aber alle anderen Ursachen für das psychische Unwohlsein ausgeschlossen werden (z.B. diverse Mängel aufgrund falscher Ernährung) und man sollte auch schauen, wie weit man mit Gesprächen etc. kommt.

Ist sicher ein Thema, das kritisch hinterfragt werden sollte. Schließlich steht dahinter auch eine mächtige Lobby, die möglichst viel Geld machen will... und dass Leute teilweise vorschnell einen Diagnosestempel aufgedrückt bekommen, steht für mich außerfrage.
 
Hi,

also zunächsteinmal ist der Begriff Psychopharmaka sehr weit gefasst und Pauschalisierungen ziemlich sinnlos. Wer noch nie welche genommen hat hat wahrscheinlich eine völlig falsche Vorstellung von ihrer Wirkung.

Mir selbst ist kein Präperat bekannt, dass tatsächlich die Persönlichkeit verändert, ganz ehrlich, für einige wärs vllt sogar hilfreich wenn die das könnten, aber wie gesagt das ist nciht der Fall.

Psychopharmaka stellen kein künstlich dauerhaftes "gute-Laune-alles-glücklich-Feeling" ein. Das mag in Satirekreisen gerne mal so gesehen werden, hat mit der Reälität aber nichts zu tun.

Je nachdem welche Studien man anschaut und unter welchen Testbedingungen geprüft wurde haben die Medikamente sogar gar keine Wirkung, bzw wirken nicht bei jedem (z.T. auch andere Sorten nicht).

Meiner persönlichen Erfahrung nach ist das wirklich höchste was man erwarten kann ein leichtes "mitteln" des Gefühlslevels, soll heißen, die richtig tiefen Phasen werden etwas abgemildert (sind aber immer noch da und tief genug) während auch die Hochs nicht mehr ganz so hoch sind. Eine psyschiche oder körperliche Abhängigkeit bestand bei mir noch nie. Konnte immer von einem Tag auf den anderen aufhören die zu nehmen ohne erkennbare Entzugserscheinungen. Dabei rede ich vor allem von Anti-Depressiva.

Nun zu Frage obs moralisch vertretbar ist. Wenn du mit der natürlichkeit des Lebens argumentierst, dann nicht. Jedewede Form von Krankheit ist ebenfalls natürlich und demnach wären sämtliche medizinischen Verfahren moralisch nicht in Ordnung.
 
erschien der Gedanke, dass ich das natürlichste und menschlichste in meinem Leben, nämlich meine Gefühlswelt, durch irgendwelche Chemikalien beeinflusse, regelrecht pervers...

So aehnlich habe ich auch mal gedacht. Es gibt aber Ereignisse, die einen Menschen von einer Sekunde zur anderen voellig aus der Bahn werfen. Und da ist meiner Meinung nach ein Psychopharmakon durchaus eine zeitlich begrenzte vertretbare Hilfe, den Tag einigermassen zu ueberstehen. Man sollte aber verantwortungsvoll damit umgehen und nicht kritiklos schlucken.

Meine Tabletten nehme ich sehr unregelmaessig. Wenn ich sie aber nehme, bin ich froh, dass es sie gibt. Bereits die Vorstellung, dass ich sie zur Verfuegung habe, wenn es mir sehr schlecht geht, ist schon ein gewisses beruhigendes Gefuehl fuer mich.
 
Ganz ehrlich, ich finde Psychopharmaka nicht vertretbar. Tabletten können keine Probleme lösen und das wissen auch die Ärzte.
Nur die sind hilflos und stehen in der Pflicht den Patienten auf psychischer Ebene zu helfen, wissen aber nicht wie.
Die meisten Menschen suchen im Leben nur Wohlbefinden statt Sinn und deshalb ist unser Verständnis von einer Besserung immer mit dem Gedanken an mehr Wohlbefinden verknüpft. Das nutzt die Pharma-Industrie aus um "Wohlbefinden" durch chemikalische Erzeugnisse zu vertreiben. Und die Ärzte nehmen das dankend an, da sie dadurch Ihrer Verantwortung nachkommen können, dem Menschen zu mehr Wohlbefinden zu verhelfen. Und ich benutze bewusst den Begriff Wohlbefinden, denn darum geht es en Menschen, die diese Tabletten einnehmen. Jeder der einmal total vom Leid in die Enge getrieben wurde, weiß, dass man dann andere Auswege als Tabletten sucht und auch findet!

Wer an einen Sinn im Leben glaubt, der lässt sich von widrigen Ereignissen und Hindernissen im Leben nicht mehr so schnell abschrecken! Wahre Hilfe von Ärzten wäre es, den Menschen Anleitung zur Selbsthilfe zu geben. Und kein Psychotherapie kann ohne Glaube/ Sinnfrage erfolgreich funktionieren, wenn man sich immer als ein herausgetrenntes, sterbliches Etwas begreift und in der "Therapie" ständig dazu angewiesen wird mit dem Vergrößerungsglas sein eigenes Leben zu betrachten. Dann wird man sich im Kreis drehen, bis das physische Leben ein Ende hat.

Das Erste was jeder begreifen muss ist, das die Physische Welt Eine vergängliche WIRKLICHKEIT ist, aber nicht DIE Wirklichkeit, neben der Nichts anderes mehr besteht. Die Sterblichkeit betrifft nur die materielle Welt wozu übrigens auch Gedanken und Gefühle gehören. Das Bewusstsein ist an sich frei, solange es sich nicht mit der Sterblichkeit, also der materiellen Form identifiziert. Und das Bewusstsein ist unsterblich!

Wir haben uns zu sehr daran gewöhnt uns mit unseren Gedanken/Gefühlen und physischen Körpern zu identifizieren, dass wir unser ICH- Gefängnis gewohnt sind, und Angst vor der Freiheit haben, vor der Grenzenlosigkeit, denn wenn das Bewusstsein ohne ICH ist, ohne sterbliche Form, dann ist es fei. Ziel ist es, im Leben diese Unsterblichkeit des Bewusstseins, das die Buddhisten Nirwana nennen zu erkennen, dazu muss aber das sorglich gepflegte Ich Stück für Stück "abgebaut" werden, damit der Blick frei ist und nicht beengt, von vergänglichen Gedanken, Gefühlen und Sorgen die sowieso allesamt mit der Zeit vergehen.

Das ist zum Beispiel mit dem Spruch von Thomas Carlyle ausgedrückt:

"Das, was wir Tod nennen, ist in Wahrheit der Anfang de Lebens"

Oder:

Wir können nicht leben ohne zu sterben.

(weiß leider nicht vom wem=)
 
Mich zum Beispiel ließen meine psychische Erkrankungen nicht mehr im geringsten ich selbst sein. Und wenn sich nach etlichen Jahren und Versuchen keine passenden Medikamente gefunden hätten, durch die ich wenigstens teilweise wieder "ich" sein kann - weil sie die psychischen / biochemischen Störungen bekämpfen, welche physiologisch eben einfach nicht zu mir gehören - wäre ich schon längst vollends den Bach runtergegangen.

Für mich heißt das also, besser ein pillenverseuchtes, aber halbwegs erträgliches "ich", als ein noch schwerer krankes oder total kaputtes.

So sind die Unterschiede.
Wen es nicht so schlimm getroffen hat und wem es möglich ist, ohne Tabletten zu leben und er selbst zu sein - super - der möge und sollte das auch tun.
 

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