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Persönlicher Umgang mit Notwehrsituation

B

BuIletproof

Gast
Hallo,
ich suche Austausch.

Meine Frage richtet sich an Menschen, die selbst schon einmal in eine Notwehrsituation gerieten und dabei selbst Gewalt angewendet haben bzw. anwenden mussten und deren/euren Umgang damit bzw. mit den Folgen für das eigene, innere Erleben.

Hat dies etwas mit euch gemacht bzw. hat es euch innerlich verändert? Seid ihr noch derselbe Mensch? Habt ihr es geschafft, die Notwehrtat, die angewandte Gewalt, mit euch selbst zu vereinbaren? Vermeidet ihr seither Konfliktsituationen aus Angst wieder die Kontrolle über euch selbst zu verlieren? Könnt ihr euch selbst noch vertrauen? Fühlt es sich für euch fremd an? Nicht zu euch gehörig? Schafft ihr es, die Gewalt mit euch selbst in Einklang zu bringen? Wenn der Angreifer euch gesagt hat, ihr habt nichts anderes verdient, ihr seid kein guter Mensch, Abschaum, was auch immer - wie trennt ihr das von der Notwehrsituation? Kennt ihr innere Ängste, in harmloseren Konfliktsituationen oder in harmloseren bedrohlichen Situationen trotzdem nochmal so zu reagieren bzw. zu handeln? Was hat das mit euch innerlich gemacht? Habt ihr Angst vor dem, was da in euch ist und sich in der Notwehr gezeigt hat?

Ich hoffe, ihr versteht was ich meine und worauf ich hinaus will?

Auch Anlaufstellen, wo man sich mit anderen über sowas austauschen kann und Literatur bezüglich der psychischen Folgen von Notwehrsituationen - sofern es sowas überhaupt gibt - sind sehr willkommen.
 

SFX

Aktives Mitglied
Hallo,

Ich war positiv überrascht, wie gut ich reagiert habe und mich selbst verteidigen konnte!

Natürlich war ich aufgrund der Eskalation total geschockt, aber nachdem der Schrecken verflogen war, hatte ich ein gutes Gefühl. Wie gut ich die Situation gemeistert habe, das hat mich bestärkt.

Ja und im Gegenteil: Ich bin mir nun meiner Stärke und Selbstsicherheit bewusst. Traue mich also noch eher, einzuschreiten falls nötig.

LG,
SFX
 
Zuletzt bearbeitet:
B

BuIletproof

Gast
Hallo SFX,
es hat deinen Selbstwert also eher bestärkt und etwas Positives in dir ausgelöst, oder verstehe ich dich da falsch? Was auch immer du getan hadt, um dich zu verteidigen - bist du damit fein? Oder bist du eher erschüttert darüber, dass du zu sowas fähig warst? (Antworte nur, wenn es für dich okay ist)
 
B

Bulletproof

Gast
Habe nur ich so Schwierigkeiten damit? Geht es denn niemandem so wie mir, dass ihr mit dem eigenen Gewaltpotential hadert und daraus eine Angst vor wenn auch nur vermeintlichen Konfliktsituationen erwachsen ist? Bin ich ein Alien, weil ich damit nicht klar komme und ich Angst vor mir selber habe anstatt es positiv zu sehen?
 
X

XXXXXGuest

Gast
Auch Anlaufstellen, wo man sich mit anderen über sowas austauschen kann und Literatur bezüglich der psychischen Folgen von Notwehrsituationen - sofern es sowas überhaupt gibt - sind sehr willkommen.

Habe nur ich so Schwierigkeiten damit? Geht es denn niemandem so wie mir, dass ihr mit dem eigenen Gewaltpotential hadert und daraus eine Angst vor wenn auch nur vermeintlichen Konfliktsituationen erwachsen ist? Bin ich ein Alien, weil ich damit nicht klar komme und ich Angst vor mir selber habe anstatt es positiv zu sehen?
Glaube ich nicht. Hatte bisher das grosse Glück, noch nie in eine Selbstverteidigungssituation zu geraten. darum kann ich nicht mit persönlicher Erfahrung weiterhelfen.

Fand aber dieses Buch sehr interessant:

Facing Violence von Rory Miller.

Ist schon etwas her, dass ich es gelesen habe, aber dieses moralische Erschrecken, das du beschreibst, war als mögliche Nachwirkung beschrieben, soweit ich mich erinnere kann.

Eine andere typische Reaktion scheint survivor's guilt zu sein. Glaube, es waren auch paar weiterführende Literaturhinweise im Buch.

In Deutschland kann evtl der Weiße Ring weiterhelfen. Ist vielleicht nicht genau das, was du brauchst, aber die beraten viele Gewaltopfer, nehme ich an, und sollten sich mit Reaktionen auskennen.

Falls jetzt oder später die Verarbeitung schwer fällt, kann vielleicht auch eine PTBS Therapie weiterhelfen (falls du die entsprechende Symptomatik entwickeln solltest, meine ich).

Ansonsten triffst du vielleicht auch in Selbstverteidigungskursen zumindest ein paar Menschen, die dich verstehen.

Habe den Eindruck, dass da zumindest manchmal Menschen sind, die sich schon mal verteidigen mussten.

Wenn du dir Sorgen um deine Reaktion machst, dann ist ein derartiger Kurs vielleicht ohnehin eine gute Idee.

Dort kannst du trainieren, wie man der Situation angemessen reagiert (also weder zu wenig noch zu viel).

Das gilt zumindest, wenn es ein gut gemachter, seriöser Selbstverteidigungskursen ist.
 

Daoga

Urgestein
Habe nur ich so Schwierigkeiten damit? Geht es denn niemandem so wie mir, dass ihr mit dem eigenen Gewaltpotential hadert und daraus eine Angst vor wenn auch nur vermeintlichen Konfliktsituationen erwachsen ist? Bin ich ein Alien, weil ich damit nicht klar komme und ich Angst vor mir selber habe anstatt es positiv zu sehen?
Wenn man ständig eingetrichtert bekommt, daß man "böse" ist, wenn man sich wehrt - mit Gewaltanwendung - weil ein Christ ja immer nur die andere Wange hinhalten soll und so, auch wenn er infolge dessen beraubt, vergewaltigt oder ermordet wird - dann hat man zweifellos ein schlechtes Gefühl.
Das sind künstlich eingetrichterte Schuldgefühle. Der perverse Auswuchs einer SadoMaso-Religion, die Leiden als was tolles verehrt und Leute, die sich wehrlos massakrieren lassen, als Märtyrer, denen man gefälligst nacheifern sollte. Und alle Bösewichte bleiben ungestraft und können weitermachen wie gehabt, denn "die Strafe verhängt Gott", und nicht wenige Vertreter dieser besagten Religion waren und sind bekanntlich selber Bösewichte. Irgendwann, in einem ominösen Jenseits, an das man auch gefälligst zu glauben hat, wo dann alle Guten und Leidenden fett belohnt werden und die Bösen bestraft.
Was natürlich alles billige Vertröste für Dumme und Leichtgläubige ist. Unsere ganze Gesellschaft ist mit solchem Gedankengut durchtränkt, da von Grund auf eben immer noch "christlich" geprägt.
Glücklicherweise merken heute immer mehr Menschen, was für eine verdrehte Psychologie da dahintersteckt, und wenden sich davon ab. Und sorgen lieber dafür, daß Bösewichte noch in diesem Leben per Justiz möglichst dauerhaft entschärft werden, statt auf die angebliche Gerechtigkeit eines wahrscheinlich gar nicht existierenden Gottes zu warten.

Das "Gewaltpotential" ruht in jedem Menschen. Das stammt noch von unseren Affenvorfahren her, und ohne es hätten wir als Spezies wahrscheinlich gar nicht bis heute überlebt. Es hängt von jedem selber ab, wie er damit umgeht, ob er es im Zaum halten kann und nur im Notfall zwecks Notwehr anwendet - was einem charakterlich intakten Menschen nicht schwer fällt - oder ob er es unkontrolliert gegen Unschuldige herausläßt und so selber zum Bösewicht wird.
 
G

Gelöscht 122046

Gast
Ich bin es zum Glück nicht, aber ich kann dennoch allen Frauen (und auch allen Männern) raten, einen Selbstverteidigungskurs zu besuchen!
Und ich bereue sehr, dass ich dies nicht meinen Kindern, vor allem meiner Tochter, angedeihen ließ.
Doch damals - es war irgendwie noch nicht so sehr das Thema wie heute....
Aber macht es (auch wenn wir keinen "Affen" als "Vorfahren" haben... ;))
 
G

Gelöscht 120516

Gast
Habe nur ich so Schwierigkeiten damit? Geht es denn niemandem so wie mir, dass ihr mit dem eigenen Gewaltpotential hadert und daraus eine Angst vor wenn auch nur vermeintlichen Konfliktsituationen erwachsen ist? Bin ich ein Alien, weil ich damit nicht klar komme und ich Angst vor mir selber habe anstatt es positiv zu sehen?
Nein, ich hatte damit auch Schwierigkeiten, ich nenne es meine dunkle Seite. Aber ich habe nur einer gewissen Person gegenüber die Kontolle über mich verloren und zurückgeschlagen usw.. Ansonsten, auch wenn mir jemand weh tut, reagiere ich nicht mit Gegenwehr.
Sollte ich wieder in so eine Situation kommen, werde ich mich wohl auch wieder wehren, denn niemand hat das Recht mir Gewalt anzutun!
Ich empfehle hauptsächlich Frauen das sie in einen Selbstverteidigungskurs gehen sollten, damit sie für den Fall des Falles gewappnet sind.
 
B

Bulletproof

Gast
Hallo,
danke für eure Antworten!
Facing Violence von Rory Miller.
Danke für diesen Buchtipp, ich werde es mir mal besorgen.
Eine andere typische Reaktion scheint survivor's guilt zu sein. Glaube, es waren auch paar weiterführende Literaturhinweise im Buch.
Ich habe weniger das Problem, dass ich mit Schuldgefühlen bezgl. meines Überlebens zu kämpfen habe. Natürlich habe ich mir oft gedacht oder mir gewünscht, es wäre besser gewesen, der hätte mich besser umgebracht, aber das ist ja etwas anderes. Schuldgefühle habe ich zwar eine Menge, aber deshalb jetzt nicht unbedingt. Ich mache mir eher große Vorwürfe, dass ich mein Leben jetzt nicht mehr besser hinbekomme und fühle mich schuldig denjenigen gegenüber, die viel schlimmeres erlebt haben und sich besser im Griff haben und hatten. Ich hatte andere Pläne mein Leben fortzuführen, aber ich bin immer weiter abgerutscht. Heute bin ich selbst jemand von den Überlebenden, deren Leben nur noch um die Vergangenheit kreist und davon bestimmt wird. Dafür schäme ich mich.

In Deutschland kann evtl der Weiße Ring weiterhelfen. Ist vielleicht nicht genau das, was du brauchst, aber die beraten viele Gewaltopfer, nehme ich an, und sollten sich mit Reaktionen auskennen.
Beratungsstellen sind eine gute Sache, aber auch dort finde ich keinen Austausch mit Menschen, die durch die Gewalt in der Notwehsituation mit sich im Konflikt stehen.
Falls jetzt oder später die Verarbeitung schwer fällt, kann vielleicht auch eine PTBS Therapie weiterhelfen (falls du die entsprechende Symptomatik entwickeln solltest, meine ich).
Ich kenne Traumatherapien, die habe ich auch gemacht. Eine ptbs Therapie kenne ich so jetzt nicht. Innerhalb der Gruppentherapie war es nicht erlaubt, sich darüber auszutauschen. Ein Gespräch mit dem Therapeuten ergab meist nur die Antwort: ja, ist normal, ist die ptbs. Da findet kein Austausch statt, wenn du verstehst, was ich meine?

Ansonsten triffst du vielleicht auch in Selbstverteidigungskursen zumindest ein paar Menschen, die dich verstehen.
Witzig dass du das schreibst, erst gestern war ich wieder im Training. Ich hatte jetzt eine längere Pause, aber zur Zeit gehe ich 3x die Woche in ein Dojo. Und genau dort begegne ich mir diesen meinen inneren Konflikten. Es wird dort recht grob trainiert. In diesem Training liege ich als Anfänger zu 80% am Boden, weil ich eben noch nicht über das Repertoire im Geist verfüge, um in den meisten Situationen mich wehren zu können. Die anderen dort sind da viel, viel weiter als ich und es wird nur von sehr wenigen darauf Rücksicht genommen. Für mich macht es das Training daher irgendwie immer sinnloser, denn es nützt mir absolut gar nichts, wenn Trainingspartner meine Unerfahrenheit immer nur ausnutzen um zu zeigen, was sie selbst drauf haben. Das triggert mich mehr, als es mir etwas nutzt. Es ist sehr schwer dort, aber ich versuche trotzdem immer etwas für mich mitzunehmen. Bis auf Schlägereien war dort leider noch niemand in der Situation sich ernsthaft mit grober Gewalt wehren zu müssen.
Es ist aber so, dass gerade in diesen Selbstverteidigungskursen bzw. im Dojo beim Training diese Notwehrerfahrung mir im Weg steht. Oft wird es ausgenutzt, dass ich mich sehr zurück halte und mich da selbst sehr kontrolliere, WEIL ich eben in mir die Angst habe, dass es passieren könnte, dass sich in mir wieder dieser Schalter umlegt. Das hemmt mich total und das wiederum sorgt dafür, dass ich eher aufgebe anstatt mich zu wehren. Es ist sehr kompliziert das zu beschreiben, was dann da in mir vorgeht. Es ist wie eine innere Barriere, die mich aber völlig blockiert. Der Lehrer sagte oft zu mir wenn ich dann fest am Boden lag, ja wehr dich halt, egal wie. Beisse, kratze, schlage. ABER das ist ja nicht der Sinn, weshalb ich einen solchen Kurs besuche. Ich möchte ja nicht lernen mich IRGENDwie zu wehren, sondern mich effektiv zu wehren, sprich die Techniken. Die lerne ich aber nicht, wenn man sich immer nur mit mir messen will und zeigen will, was man für ein toller Hecht ist, der mich in 2 Sekunden zu Boden bringt.
Also ja, ich besuche schon ein solches Training, aber es ist eher frustrierend, weil ich diese Barriere in meinem Kopf nicht aufgelöst bekomme. Ich habe seit dieser Notwehrsituation eine so tiefe Angst in mir vor meinem eigenen inneren Wolf, dass ich mich kaum traue mich zu wehren - aus Angst, dieser Wolf zeigt sich nochmal.
Wenn man ständig eingetrichtert bekommt, daß man "böse" ist, wenn man sich wehrt - mit Gewaltanwendung - weil ein Christ ja immer nur die andere Wange hinhalten soll und so, auch wenn er infolge dessen beraubt, vergewaltigt oder ermordet wird - dann hat man zweifellos ein schlechtes Gefühl.
Ich bin nicht religiös erzogen und habe damit auch sonst nicht so viel am Hut. Ich denke nicht, dass es daran liegt. Ich mag dieses Gleichnis mit Jesus sogar, weil es zeigt, wie ruhig man in einer Gewaltsituation bleiben kann.

Sollte ich wieder in so eine Situation kommen, werde ich mich wohl auch wieder wehren, denn niemand hat das Recht mir Gewalt anzutun!
Da bin ich ganz bei dir, dass niemand dieses Recht hat. Ich würde es wahrscheinlich auch wieder tun. Und trotzdem bekomme ich es nicht mit mir vereinbart und glaube, ich bin ein Monster.

Mir wäre das alles im Prinzip ja egal, wenn es mich nicht so blockieren würde. Da sehe ich halt einen Widerspruch bzw. einen inneren Konflikt in mir. Sehr schwer zu erklären.
 

Daoga

Urgestein
Die Blockade kommt daher, daß die Trainingspartner halt nur mit einem schnellen Sieg angeben wollen, aber keine "echten" Gegner sind, die es in böser Absicht auf Dich abgesehen haben. Denn wenn in einem echten Ernstfall der Überlebensinstinkt durchbricht, wehrst Du Dich wieder mit allem was Du hast, und das ist dann auch Dein gutes Recht.
Du solltest einfach den Dojo wechseln, Anfängertechniken lernt man am besten unter anderen Anfängern, nicht als Sandsack für die Fortgeschrittenen, das müßte der Lehrer aber auch erkennen.
 

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