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Opferentschädigung Grundrente Anrechnung beim Unterhalt?

hawkeye

Mitglied
Hallo, gibt es hier jemanden im Forum, der nach dem Opferentschädigungsgesetz eine Grundrente erhält und gleichzeitig Ehegattenunterhalt/Trennungsunterhalt bezieht oder selber zahlen muss? Die Grundrente wird ja als Einkommen angerechnet, nur wenn man die Grundrente für die gesundheitlichen Folgen (Medikamente, Therapien etc) nachweisbar nutzt, ist die Grundrente nicht als Einkommen zu bewerten. Vielleicht gibt es hier zufällig jemanden, der mit der Thematik schon in Berührung war...
 

hawkeye

Mitglied
Das hatte ich auch gehofft, aber beim Unterhalt sieht die Welt leider anders aus. Die Grundrente wird beim Unterhalt angerechnet. ABER wenn man seine Grundrente für seinen gesundheitlichen Mehraufwand verwendet und dieses ggf. auch belegen kann, wird es nicht als Einkommen angesehen. Aber genau das wird juristisch hochinteressant, da schwer zu definieren ist, was genau als Mehraufwendungen anerkannt werden.

Eine BVG-Grundrente wird auch wegen der wirtschaftlichen Folgen der erlittenen Schädigung gewährt und soll in der Regel zum Bestreiten des Lebensunterhalts der Familie mit dienen (BSG in SozR Nr 6 zu § 1266 RVO). Sie ist daher bei der Berechnung des Unterhalts den Einkünften voll zuzurechnen. Jedoch sind schädigungsbedingte Mehraufwendungen vorweg abzusetzen.​
 

Silan

Aktives Mitglied
Zitat aus dem Link, den ich dir geschickt habe:

Die Grundrente hat eine Doppelfunktion. Sie enthält Elemente der Abgeltung eines ideellen und eines wirtschaftlichen Schadens.

Die ideelle Komponente soll dem Beschädigten einen Ausgleich für den Verlust an Gesundheit und Lebensfreude bringen, die wirtschaftliche Komponente soll vor allem die Mehraufwendungen, die durch die Schädigungsfolgen bei der Lebensführung entstehen, ausgleichen.


Die Grundrente hat keine allgemeine Unterhaltsfunktion !

*

Wegen ihres entschädigungsrechtlichen Charakters ist die Grundrente auch in anderen Rechtsgebieten geschützt.

Zitat Ende.

Und genau so kenne ich es auch. Mir haben die schon oft versucht, die Grundrente anzurechnen, bislang ohne Erfolg.
 

Vermisst

Aktives Mitglied
Hallo die grundrente ist absolut nirgends anzurechnen. Weder wenn Eltern Pflege brauchen oder ein Kind fremd untergebracht wurde und man Unterhalt leisten muss oder wenn ein Kind auszieht und der Anwalt wissen will welches Einkommen man hat..... Ich kenne keine Situation.... Auch bei der DD Tabelle hat die grundrente nix zu suchen
 

hawkeye

Mitglied
Hallo ihr beiden, danke für die Einschätzungen. Ganz so einfach und leicht ist es im Bereich Unterhalt leider nicht. Das hatte ich auch gehofft, aber es stellt sich etwas komplizierter dar:

Die Grundrente nach § 31 BV gilt als Teil der Kriegsopferversorgung ach der Zielsetzung des Bundesversorgungsgesetzes zwar als Entschädigung für den Verlust der körperlichen Integrität und als Ausgleich für Mehraufwendungen infolge der Schädigung. Sie steht dem Beschädigten aber auch zu Deckung des tatsächlichen Lebensbedarfs zur Verfügung, und zwar je nach den Verhältnissen des Einzelfalls teilweise des schädigungsbedingt besonderen als auch des allgemeinen Bedarfs. Deshalb ist die Rente grundsätzlich als Einkommen zu behandeln, soweit sie nicht durch den tatsächlichen Mehrbedarf aufgezerrt wird. Grds. gilt nach der Rspr. §1610a

Das ist also die Grundlage, die eher negativ für mich ist. Nur wenn meine Grundrente für den Mehrbedarf genutzt wird, ist sie nicht anrechnungsfähig. Und an dieser Stelle wird es nun extrem juristisch. Wer muss nun beweisen/belegen, dass ich z.B eine Grundrente von 500€ für meinen Mehraufwand nutze oder eben auch nicht.

Dazu gibt es folgendes Urteil: OLG Koblenz, Beschluss vom 02. August 2017 – 13 UF 172/17 –, juris 1.Mit der Vorschrift des § 1610a BGB wird dem Geschädigten die Beweislast dafür abgenommen, dass die bezogenen Entschädigungsleistungen tatsächlich zur Deckung des schadensbedingten Mehrbedarfs erforderlich sind. Vielmehr obliegt es dem Gegner des Geschädigten, im Unterhaltsverfahren durch Vollbeweis die entsprechende gesetzliche Vermutung zu widerlegen.(Rn.54) 2. Den Geschädigten trifft allerdings eine sekundäre Darlegungslast. Im Rahmen dieser ist allerdings wieder zu beachten, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 1610a BGB den Geschädigten im Unterhaltsverfahren gerade von einer detaillierten Darlegungsobliegenheit befreien wollte und hierbei die dadurch für den Prozessgegner auftretenden Beweisschwierigkeiten bewusst in Kauf nahm.(Rn.56) […]In diesem Sinn kommt der Grundrente nach § 31 BVG sowohl eine immaterielle als auch eine wirtschaftliche Ausgleichsfunktion zu, wobei die Bedeutung der letzteren häufig überwiegt. Über diese beiden Ausgleichsfunktionen hinaus hat die Beschädigten-Grundrente nach der ursprünglichen Zielsetzung des Bundesversorgungsgesetzes - für den Bereich der öffentlichen Sozialleistungen - nicht auch die Aufgabe, den allgemeinen Lebensunterhalt des Beschädigten und seiner Familie sicherzustellen. Diesem Zweck dient vielmehr die Ausgleichsrente nach § 32 BVG (vgl. BGH NJW 1981, 1313 m.w.Nw.). Damit wird die Grundrente aus der Sicht des öffentlichen Sozialrechts zur Bestreitung des Lebensunterhalts nur insofern gewährt, als sie den zum Lebensunterhalt gehörenden Mehraufwand ausgleichen soll, der durch die Schädigung bedingt ist (vgl. BGH NJW 1981, 1313 m.w.Nw.)


Es stellen sich nun also zwei Fragen: Welche Dinge außer Therapie, Medikamente etc werden als Mehraufwand juristisch akzeptiert? Private Massage, Schwimmen, Taxifahrten (da man z.B keine Bahn mehr fahren kann), Kino, Fitness....? Man könnte sich ne Menge vorstellen, wenn man sich den Zweck einer Grundrente anschaut:


Die Grundrente hat eine Doppelfunktion. Sie enthält Elemente der Abgeltung eines ideellen und eines wirtschaftlichen Schadens.
Die ideelle Komponente soll dem Beschädigten einen Ausgleich für den Verlust an Gesundheit und Lebensfreude bringen, die wirtschaftliche Komponente soll vor allem die Mehraufwendungen, die durch die Schädigungsfolgen bei der Lebensführung entstehen, ausgleichen.


Zusätzlich muss die Gegenseite mit einem Vollbeweis belegen, dass ich die Grundrente NICHT für meinen Mehraufwand nutze, sondern das Geld z.B spare. Gleichzeitig muss ich aber durch eine sekundäre Darlegungslast ggf. belegen, dass meine Grundrente für den Mehraufwand genutzt wird. Auch das ist juristisch schwer einzuschätzen, wann und in welcher Form ich das in der Praxis machen muss.
Interessant noch der oben genannte Paragraph 1610a:

1610a
Deckungsvermutung bei schadensbedingten Mehraufwendungen


Werden für Aufwendungen infolge eines Körper- oder Gesundheitsschadens Sozialleistungen in Anspruch genommen, wird bei der Feststellung eines Unterhaltsanspruchs vermutet, dass die Kosten der Aufwendungen nicht geringer sind als die Höhe dieser Sozialleistungen.



Wie schätzt ihr die Lage ein?





 

logig

Mitglied
ich habe keine ahnung wie versucht wird, die Grundrente beim Unterhalt anzurechnen.

We allerdings bereits hiervor gesagt, gibt in vielen Rechtsgebieten Streitigkeiten darum, wo eingenenltich immer entschieden worden ist, dass die Grundrente im entefekt nicht angerechnet wird.

Soweit die Grundrente angerechnet wird, was ja auch in der Prozeßkostenhilfe möglich ist, wurde entsprechend der selbe Betrag als Schädigungsbedingte Aufwendungen abgezogen und € 100,-- Einnahmen minus € 100,-- Aufwendung bleibt beim selben.


Wie du aus dem Urteil zetierst hat "die Grundrente wenn nur als Lebensunterhalt gewährt, als sie den als Mehrbedarf ausgleichen soll, der durch die Schädigung bedingt ist."

Gleichzeitig steht hier, dass es dem Gegner (also wer den Unterhalt zahlt) zu mit voll zu beweisen, dass du weniger Aufwendungen hast. Wurde das gemacht?

So wie ich das Urteil vestehe, obliegt dir nur dann eine secundäre Dahrlegungslast. Und zwar nur für den Teil der für Mehraufwendung zum Lebensunterhalt sind. Zumal wer will den jetzt die Entscheidung nehmen welcher anteil für den Teil ist, welcher zum Lebensunterahlt für die Mehraufwendungen ist. Schon dies ist individuell anders.

Dann kannst du immer noch überlegen, wie du akumentiest, dass a) der Anteil für die Mehraufwendungen für dich nur X hoch ist und dann was du alles an Schädigungsbedingten Mehraufwendungen hast und zwar alles was für du nimmst um mit der Schädigungs klar zu kommen, rein individuell und ab was im Sinne Krankheitsbezogen normalerweise gesehen wird. Also ich brauche Schädigungsbedingt, auch schon mal neh Schoki. Ich würde da alles sehen was du bereits aufgeführt hast. Ja, wenn du keine ÖVM mehr fahren kann, zählt der Mehrwert der Taifahten auch dazu. GGgf. würde ich versuchen, dies durch Ärztliche / Therapeutische Schreiben zu akumentieren.

Um einen Vollbeweis von der Gegenseite zu führen, müsten diese ja deine kompletten Ausgaben die du hast aufführen und klar machen, was grade jeder davon für den Lebensunterhalt benötigt, sprich das du auch die Grundrente nur dafür ausgibst, was du sonst auch ohne die Schädigungs ausgeben würdest. Wenn du allso vor der Schädigung immer schon den Betrag der Grundrente Schulden zu leben gemacht hast und jetzt die Grundrente genau für diese Ausgaben verwendest, dann hätte die Gegenseite eine Akumentation, dass du eben die Grundrente nicht für die Schädigungsfolgen, sondernt nur für den Lebensunterhalt der nicht schädigungsbedingt ist, aufwendest.

Die Gegenseite steht aus meiner Sicht auf dünnen Eis, wenn sie durchbekommen will, dass ein Teil der Grundrente angerechnet wird.

Gibt es Urteile vom Bundesgesetzen hierzu?

Kannst du nicht mal einen Anwalt/inn für Familienrecht, welche/r auch OEG macht befragen? Familienrecht und Opferententschdigung liegt teilweise leider nah beieinander.
 

hawkeye

Mitglied
Ja, ich habe am Donnerstag einen Termin bei einer Anwältin für Familienrecht. Ich gehe aber davon aus, dass sie trotz langjähriger Erfahrung mit dem Thema OEG bzw OEG im Unterhaltsrecht noch nicht zu tun hatte. Da werde ich sicherlich schon etwas weiter sein. Aber wenn ich ihr das ganze so präsentiere wie hier, wird sie sicherlich einiges dazu sagen können.

Dass die Gegenseite einen Vollbeweis bringen muss, ist für die Gegenseite ein großes Problem, da ich nur eine sekundäre Darlegungslast habe. Wie soll da der Vollbeweis funktionieren? Und grundsätzlich wird ja nach Paragraph 1610a davon ausgegangen, dass die höhe der Grundrente für den Mehraufwand benötigt wird...

Grundsätzlich sehe ich es auch so, dass die Gegenseite es sehr schwer haben wird. Die Vorteile liegen gefühlt bei 80:20 bei mir. Das ganze muss aber gut vorbereitet sein und wird am Ende nur mit einem Anwalt funktionieren, da die Gegenseite sicherlich versuchen wird das ganze abzuschmettern. Juristisch auf alle Fälle ein interessantes Feld..
 
Zuletzt bearbeitet:

Silan

Aktives Mitglied
Damit wird die Grundrente aus der Sicht des öffentlichen Sozialrechts zur Bestreitung des Lebensunterhalts nur insofern gewährt, als sie den zum Lebensunterhalt gehörenden Mehraufwand ausgleichen soll, der durch die Schädigung bedingt ist (vgl. BGH NJW 1981, 1313 m.w.Nw.)
Der Satz sagt doch eigentlich alles, was es zu beachten gibt. Eine Grundrente wird nur dann gewährt, wenn der schädigungsbedingte Mehraufwand vorliegt. Heißt, wenn es einen schädigungsbedingten Mehraufwand gibt wird der in Höhe des Grades der Schädigung geleistet. Ohne Mehraufwandsbedarf auch keinen GDS (Grad der Schädigung), denn diese soll ja genau das beziffern. Ein GDS zeigt IMMER die Höhe des Mehraufwands an, nichts anderes.
 

hawkeye

Mitglied
Der Satz sagt doch eigentlich alles, was es zu beachten gibt. Eine Grundrente wird nur dann gewährt, wenn der schädigungsbedingte Mehraufwand vorliegt. Heißt, wenn es einen schädigungsbedingten Mehraufwand gibt wird der in Höhe des Grades der Schädigung geleistet. Ohne Mehraufwandsbedarf auch keinen GDS (Grad der Schädigung), denn diese soll ja genau das beziffern. Ein GDS zeigt IMMER die Höhe des Mehraufwands an, nichts anderes.

Schon richtig, aber warum wird die Grundrente trotzdem im Unterhaltsrecht offiziell als Einkommen angerechnet? Einfach die Grundrente nicht anrechnen und gut ist, wird die Gegenseite nicht akzeptieren, da es juristisch erst einmal angerechnet wird. Und dann geht es eben um das Thema Vollbeweis für die Gegenseite, dass ich das Geld für die Mehraufwendungen gar nicht nutze. Ich habe wiederum die sekundäre Darlegungslast, dass ich es dafür nutze....

Es geht also weniger darum, ob das Geld für meinen Mehraufwand gedacht ist, sondern ob ich es auch dafür nutze!

Das ist das Problem und bespreche ich morgen mit der Fachanwältin für Familienrecht...
 

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